Der Brief an die Kolosser

6. Die abschließenden Grüße (Kapitel 4,7-18)

Der Brief an die Kolosser

Die Grüße, mit denen der Brief schließt, stellen ein schönes Bild christlicher Liebe, eines gegenseitigen Interesses an den jeweiligen Umständen und eine zarte Fürsorge für das geistliche Wohlergehen des Volkes Gottes dar. Dieses herzliche Miteinander gab es im christlichen Bereich in den Tagen, bevor die Versammlung in ihrem praktischen Zustand als ein gemeinsamer Zeuge Gottes ruiniert wurde und das Volk Gottes durch Trennungen und Zersplitterungen gekennzeichnet wurde.

Tychikus und Onesimus

„Alles, was mich angeht, wird euch Tychikus kundtun, der geliebte Bruder und treue Diener und Mitknecht im Herrn, den ich ebendeshalb zu euch gesandt habe, damit er eure Umstände erfahre und eure Herzen tröste, mit Onesimus, dem treuen und geliebten Bruder, der von euch ist; sie werden euch alles kundtun, was hier geschieht“ (Verse 7-9).

Zwei Brüder im Herrn - Tychikus und Onesimus - wurden im Dienst miteinander verbunden, um diesen Brief an die Versammlung in Kolossä zu übermitteln. Voller Dankbarkeit kann der Apostel von Tychikus nicht nur als von einem „Bruder“ sondern als von einem „geliebten Bruder“ sprechen. Er nennt ihn nicht nur einen „Diener“ sondern einen „treuen Diener“. Und er ist nicht nur ein Knecht, sondern ein „Mitknecht“ mit dem Apostel im Herrn.

Diese christlichen Züge waren bei diesem Diener so gleichmäßig vorhanden, dass seine Liebe seine Treue nicht behinderte und seine Treue nicht seine Gemeinschaft mit anderen ausschloss.

Onesimus war einer der Heiligen aus der Versammlung in Kolossä und wird ebenfalls als ein treuer und geliebter Bruder empfohlen, auch wenn hier nichts darüber gesagt wird, dass er im öffentlichen Dienst beteiligt war. Vielleicht war er kein „begabter“ Bruder. Wenn wir uns erinnern, dass er von seinem sozialen Stand her ein Sklave war, zeigt die Empfehlung, die er von Paulus erhielt, wie sehr er den Ermahnungen entsprach, die der Apostel soeben über Sklaven gegeben hatte.

Diese zwei Brüder würden den Geschwistern in Kolossä „alles“ kundtun, was Paulus und die Interessen des Herrn in Rom betraf. Um dem Apostel einen Bericht zurückzubringen, würde Tychikus ihre Umstände erfahren und zugleich ihre Herzen ermutigen, indem er ihnen von dem tiefen Interesse des Apostels an ihrem Zustand erzählen konnte. Die Liebe rechnete mit ihrem Interesse an den Umständen des Apostels, wie seine Liebe wünschte, ihre Umstände zu erfahren.

Aristarchus, Markus, Jesus

„Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Neffe des Barnabas, dessentwegen ihr Befehle erhalten habt (wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf), und Jesus, genannt Justus, die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind Mitarbeiter am Reich Gottes, die mir ein Trost gewesen sind“ (Verse 10.11).

Der Apostel spricht dann von drei Brüdern, die aus der Beschneidung sind. Zuerst nennt er Aristarchus, der während der Zeit des Abfassens dieses Briefes Mitgefangener von Paulus war.

Dann kommt Markus, der Verwandte von Barnabas, dessentwegen sie schon Befehle erhalten hatten, die Paulus anscheinend nicht noch einmal wiederholen musste. Diese Befehle waren offenbar nicht geeignet für einen öffentlichen Brief. Es scheint so, dass die Versammlung in Kolossä gehört hatte, dass Markus sich früher von der Missionsarbeit abgewandt hatte. So war es dazu gekommen, dass Paulus ihn später nicht auf die zweite Missionsreise hatte mitnehmen wollen. Daraufhin war Markus mit seinem Verwandten Barnabas nach Zypern gesegelt (Apg 15,37-39).

Paulus war es wichtig, dass die Kolosser jetzt erfuhren, dass Markus sein Vertrauen wieder vollständig zurückgewonnen hatte. Daher empfahl er ihn auch zur Aufnahme, wenn dieser zu ihnen kommen würde. Aristarchus, Markus und auch Justus waren offenbar die einzigen Brüder aus der Beschneidung, die mit dem Apostel am Reich Gottes mitarbeiteten und ihm während seiner Gefangenschaft in Rom zur Ermunterung dienten.

Epaphras, Lukas und Demas

„Es grüßt euch Epaphras, der von euch ist, ein Knecht Christi Jesu, der allezeit für euch ringt in den Gebeten, damit ihr vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes steht. Denn ich gebe ihm Zeugnis, dass er viel Mühe hat um euch und die in Laodizea und die in Hierapolis“ (Verse 12.13).

Wir haben schon im früheren Teil des Briefes gesehen, dass Epaphras unter den Gläubigen in Kolossä als ein treuer Diener Christi gearbeitet hatte. Nun lernen wir, dass er zwar nicht länger bei ihnen war, dennoch aber inbrünstig für sie und die Nachbarversammlungen in Laodizea und Hierapolis in seinen Gebeten rang. Es scheint so, dass er sich bewusst war, dass der Feind einen direkten Angriff auf diese Versammlungen unternahm, um sie durch religiöse Mittel von Christus abzuziehen. Angesichts dieses Widerstands spricht der Apostel davon, dass Epaphras „allezeit für euch ringt in den Gebeten“. Das ist eine nützliche und ermutigende Erinnerung daran, dass das Gebet eine mächtige Waffe ist, die wir dem Widerstand des Feindes entgegensetzen können.

Darüber hinaus hatte Epaphras nicht nur den Wunsch, dass die Anstrengungen des Feindes vereitelt würden. Er bat dafür, dass die Heiligen „vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes“ stünden. Epaphras wusste, dass erwachsene Christen, die in der Wahrheit gegründet sind und so den Willen Gottes erkennen, in der Lage sind, jeden Angriff des Feindes abzuwehren.

„Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt, und Demas“ (Vers 14).

Lukas wird der „geliebte Arzt“ genannt. Das zeigt, dass seine irdische Berufung als Arzt nicht unvereinbar war mit seiner viel höheren Berufung im Dienst als Begleiter des Apostels auf dessen Reisen, und auch als inspirierter Schreiber des Evangeliums und der Apostelgeschichte.

Die Erwähnung von Demas ohne ein Wort der Empfehlung wirkt unheilvoll im Licht der nächsten und letzten Erwähnung dieses Bruders im zweiten Brief an Timotheus (2. Tim 4,10). Dort lesen wir, dass Demas Paulus verlassen und den gegenwärtigen Zeitlauf lieb gewonnen hat. Es spricht für den Apostel, dass er jemand war, mit dem niemand zusammenarbeiten wollte, der den gegenwärtigen Zeitlauf liebgewonnen hatte.

Laodizea

„Grüßt die Brüder in Laodizea und Nymphas und die Versammlung, die in seinem Haus ist. Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so macht, dass er auch in der Versammlung der Laodizeer gelesen werde und dass auch ihr den aus Laodizea lest;“ (Verse 15.16).

Der Apostel sendet Grüße an die Geschwister in Laodizea und an jemand, dessen Haus der Versammlungsort von Gottes Volk in dieser Stadt war. Offenbar erkannte der Apostel, dass die Versammlung in Laodizea denselben Gefahren ausgesetzt war, die auch die Versammlung in Kolossä bedrohten. Daher befiehlt er, dass dieser Kolosserbrief auch in Laodizea vorgelesen wurde. Der späteren Geschichte Laodizeas können wir entnehmen, dass sie nur wenig auf diesen Brief gehört oder schnell vergessen haben, die in diesem Brief ausgesprochenen ernsten Warnungen vor dem Eindringen des religiösen Fleisches zu Herzen zu nehmen. Gerade dieses religiöse Fleisch bringt die Seele von Christus weg und hin zur „Befriedigung des Fleisches“ (Kol 2,6.18.23). Das hatte bei ihnen schließlich dazu geführt, dass sie mit sich selbst zufrieden waren und sich ihrer geistlichen Reichtümer rühmten, so dass sie sogar der Meinung waren, nichts weiter zu bedürfen, obwohl Christus draußen stand (vgl. Off 3,14 ff.).

Das, was auf die Versammlung in Laodizea zutraf, gilt auch für die Christenheit. Sie hat den Warnungen des Apostels wenig Bedeutung beigemessen. Das Ergebnis dieser Haltung ist, das sie durchsäuert ist von Modernismus, Ritualismus und Aberglauben. Wie die Laodizeer rühmt sich die Masse der bekennenden Christenheit ihres Reichtums. Sie nennen sich nach Christus, verleugnen aber die Herrlichkeit seiner Person sowie die Wirksamkeit seines Werkes und eilen so der Zeit zu, in der Christus sie aus seinem Mund ausspeien wird.

Archippus und Schlussbemerkungen

„…und sagt Archippus: Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Vers 17).

Anscheinend hatte Archippus eine besondere Botschaft nötig, um den Dienst auch auszuführen, den er im Herrn empfangen hatte. Wie viele von uns benötigen dieselbe Ermahnung. Denn angesichts der vielen Entmutigungen und im Blick auf den Widerstand könnten wir träge werden. Aber unsere Aufgabe ist es, in jedem kleinen Dienst auszuharren, den der Herr uns anvertraut hat, auch wenn wir im Moment nur wenig Frucht sehen.

„Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Gedenkt meiner Fesseln. Die Gnade sei mit euch!“ (Vers 18).

Der Apostel schließt den Brief mit dem üblichen Gruß seiner eigenen Hand. Er erinnert die Kolosser an seine Fesseln, das Zeugnis seiner Liebe zum Herrn und zu den Heiligen. Diese Liebe führte ihn dazu, die Gefangenschaft zu erdulden und die Wahrheit nicht aufzugeben. Zum Schluss befiehlt er die Heiligen der Gnade Gottes an.

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