Bemerkungen über den Brief an die Kolosser

Kolosser 1,19-23

Bemerkungen über den Brief an die Kolosser

Mit dem „Vorrang“ Christi „in allem“ sind zwei wichtige Erwägungen verbunden. Zunächst: Es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen. Es war nicht eine Teiloffenbarung Gottes, auch nicht eine Offenbarung irgendwelcher Art; das hätte in irgend einem Menschen sein können. Sondern hier war es das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen. Das ist die Wahrheit über die Person Christi, über die Herrlichkeit des im Fleisch gekommenen Herrn. In Bezug hierauf sagt Er selbst: „Wenn ich durch den Geist Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch hingekommen.“ Wir wissen ja, dass alles, was Er tat und redete, immer durch die Kraft  des Heiligen Geistes geschah. So wahrhaftig gefiel es der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen.

Wir haben schon früher bemerkt, dass Er der Erstgeborene aller Schöpfung genannt werden konnte, weil Er eine göttliche Person ist. Dieser Titel beruht auf der Tatsache, dass Er Gott war, der alles erschaffen hat und erhält. Aber hier finden wir mehr. In Ihm zu wohnen, war das Wohlgefallen der ganzen Fülle. Hier handelt es sich nicht nur um Tun oder Handeln, sondern um Wohnen, Er mochte handeln oder nicht. Die hier gemachte Feststellung ist also in der Tat höchst umfassend und reich.

Dann aber gibt es in dieser Stelle (Vers 20) noch eine andere Entfaltung der Wahrheit, die Seine Herrlichkeit weiter ausführt, noch einen anderen Grund für die Unbestreitbarkeit Seines Vorrangs: Durch Ihn, den Christus, ist die Versöhnung geschehen. Der ganzen Fülle der Gottheit gefiel es, in Ihm zu wohnen und durch Ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen. Die ganze Ausdrucksweise ist eine eigentümliche, so gewählt, weil, wenn ich mich nicht sehr täusche, die Absicht darin liegt, uns zu zeigen, dass die ganze Fülle der Gottheit in Christus wohnte, und nicht etwa eine Person dieser göttlichen Fülle unter Ausschluss der anderen gehandelt hätte. Sie alle hatten einen Ratschluss, nicht bloß ähnliche Ratschlüsse, wie es bei so manchen Geschöpfen der Fall ist, sondern einen und denselben. Die Absicht ist also, keine Person zu einer anderen in Gegensatz zu bringen, sondern festzustellen, dass es der ganzen Fülle wohl gefiel, in Ihm zu wohnen. Diese allgemeine Form wird absichtlich gewählt. Dann geht der Geist Gottes von der Tatsache, dass Er Gott und Mensch in einer Person ist, über zu dem Werk, das Gott durch Ihn getan hat.

Gewaltig war das Werk, das geschehen musste, denn der Mensch war vollkommen von Gott abgewichen, war feindselig und tot. Keine Herrlichkeit konnte ihn zurückgewinnen, selbst nicht die der Gottheit in Christus. Dazu war ein Werk anderer, ich möchte sagen, tieferer Art nötig. Auf dieses Werk weisen die Worte hin:

„Durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes“. (Vers 20)

Die ganze Schöpfung war durch den Fall des Menschen mit ins Verderben gezogen, und hier nun haben wir den unermesslichen Plan Gottes in seinem Entwurf vor uns: die Versöhnung aller Dinge, nicht der Menschen, sondern der Dinge. Es war das Wohlgefallen der Gottheit, alle Dinge mit Gott zu versöhnen. Aber weder das Fleisch gewordene Wort selbst, noch die in Ihm wohnende Fülle reichte für diesen verzweifelten Fall aus. Empörung, Krieg war da. Friede musste gemacht werden, und der konnte nur durch das Kreuz Christi zustande kommen. Mit einem Wort: Versöhnung ist nicht die Frucht der Menschwerdung, so dankenswert diese ist. Was die Versöhnung angeht, war die Menschwerdung machtlos. Sie bringt Gnade und Wahrheit in Christus vor uns — Gott selbst in der kostbarsten Entfaltung heiliger Liebe. Nichts ist für einen Menschen, der Christus gefunden hat, an und für sich wichtiger, als bei Ihm und Seinen Wegen hier auf der Erde zu verweilen und sich darin zu erfreuen. Alles in Ihm war vollkommene Harmonie. Unvergleichliche Gnade erstrahlte, wo immer Er sich bewegte. Alles war vollkommen, und doch wäre alles umsonst, alles fruchtlos geblieben; denn der Mensch war wie unfruchtbarer Sand. Daher das andere, von dem vorigen ganz und gar verschiedene Mittel, das wir in den Worten finden: „durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen“. Die ganze in Ihm wohnende Fülle war unzureichend. Sie brachte Gott zum Menschen, aber nicht den Menschen zu Gott. Der ganzen Gottheit gefiel es, in Ihm zu wohnen, und das nicht etwa nur vorübergehend — die Sache ist ganz unabhängig von der Salbung mit dem Heiligen Geiste, die zu ihrer Zeit erfolgte. Es war die beständige Wonne der ganzen Gottheit, in Ihm als in einem Menschen zu wohnen. Aber der Mensch hatte sich so weit entfernt, dass ihn dies nicht erlösen konnte. So kann über die Sünde nicht hinweggegangen werden. Weder Gott selbst, in der Person Christi auf die Erde gekommen, noch Seine selbstlose Güte und unermüdliche geduldige Liebe, noch irgend etwas von dem, was sich in Christus fand, auch nicht alles zusammen, vermochte die Sünde zu beseitigen oder den Sünder auf rechtmäßige Weise zurück zu bringen. Hier musste die Versöhnung hinzukommen „durch das Blut seines Kreuzes“.

Alle Dinge müssen also versöhnt werden, wie wir sehen. Friede ist gemacht worden „durch das Blut seines Kreuzes“. Es ist ein lieblicher und beruhigender Gedanke, dass alles getan worden ist, um die Zusammenfassung aller Dinge um Christus her zu sichern, und es ist jetzt nur noch eine Frage der von Gott in Seiner Weisheit für passend gehaltenen Zeit, dass Christus an der Spitze von allem geoffenbart werde. Soweit das Werk, von dem alle Wirkung ausgeht, in Betracht kommt, bleibt nichts mehr zu tun übrig. Mittlerweile beruft Gott die Heiligen, die mit Christus alles teilen sollen. In Römer 8 lesen wir, dass die ganze Schöpfung seufzt und auf die Offenbarung der Söhne Gottes wartet. Diese sind die Erstlingsfrucht. Alles war durch die Sünde der Eitelkeit unterworfen. Aber nun hat Er, der hernieder kam, — Gott, geoffenbart im Fleisch — die Last der Sünde auf sich genommen und hat Frieden gemacht durch das Blut Seines Kreuzes. So hat Er alles getan, was für Gott und für den Menschen nötig war. Alles ist geschehen. Der Preis ist bezahlt. Das Werk ist angenommen, so dass wir auch hier sagen können: „Alles ist bereit.“ Es würde durchaus mit der Gerechtigkeit Gottes in Übereinstimmung sein, wenn Gott schon jetzt die Schöpfung von jeder Spur von Elend und Verfall reinigte. Wenn Er wartet, so geschieht es, um noch mehr Seelen zu retten. Seine Langmut ist Errettung. Finsternis und Schwachheit werden verschwinden, wenn unser Herr mit Seinen Heiligen kommt. Für die Welt freilich ist Sein Erscheinen mit ihnen in Herrlichkeit ein kritischer Zeitpunkt. Die Offenbarung Christi und der Versammlung (Ekklesia) vom Himmel her ist nicht die Entrückung. Sie geschieht vorher. Die Offenbarung ist das Erscheinen des Bräutigams und der dann verherrlichten Braut vor der Welt.

Nachdem der Apostel so die allgemeine Versöhnung der geschaffenen Dinge erwähnt hat, wendet er sich zu dem, womit jene so eng verbunden ist:

„Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde waret nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er aber nun versöhnt. (Vers 21)

Ich zweifle nicht daran, dass hier ein beabsichtigter Gegensatz vorliegt. Die Versöhnung aller Dinge ist noch nicht vollendet. Wohl ist die Grundlage gelegt. Sie ist aber noch nicht in Anwendung gebracht worden. Aber auf uns, die wir glauben, ist die Versöhnung bereits angewandt. Uns, die wir uns in diesem fürchterlichen Zustand befanden, „hat er versöhnt in dem Leibe seines Fleisches durch den Tod“.

Ich weise erneut darauf hin, dass der Leib Seines Fleisches, die Menschwerdung, für diesen Zweck an und für sich nichts genützt hat, nichts nützen konnte, ja, dass auch die ganze leibhaftig in Ihm wohnende Fülle der Gottheit es nicht konnte. Für den schuldigen Menschen konnte nur „durch den Tod“ etwas bewirkt werden, nicht durch Christi Geburt, noch durch Seine im Leben entfaltete Kraft, sondern „durch den Tod“; nicht durch Sein Tun, so göttlich gesegnet alles auch war, sondern durch Sein Leiden.

Ich verweise ferner auf die beiden Ausdrücke „Blut seines Kreuzes“ und „Tod“. In dem ersten, „das Blut seines Kreuzes“, ist weit mehr der Gedanke an einen für den Frieden bezahlten Preis enthalten, während der Ausdruck Sein „Tod“ als die Grundlage unserer Versöhnung passender erscheint. Auf jeden Fall widerspricht „in dem Leibe seines Fleisches durch den Tod“ der Auffassung, als ob die Menschwerdung das Versöhnungsmittel gewesen sei. Diese Tatsache führt zu Erwägungen tiefster Art. Sie zeigt, wie Gott auf das allerfeierlichste gerechtfertigt worden ist. Sie zeigt auch die der Gerechtigkeit entsprechende Grundlage unserer Vergebung und unseres Friedens sowie der Befreiung von allem, was uns an Sünde und deren Folgen zur Last gelegt werden könnte.

„Um euch heilig und tadellos und unsträflich vor sich hinzustellen.“ (Vers 22)

Von welch gesegneter Bedeutung der Tod Christi nun auch ist — Gott selbst kann keinen Fehler an uns finden oder uns etwas zur Last legen (denn das ist hier gemeint), so vollkommen wirksam zu unseren Gunsten ist der Tod Christi —, so wird doch stets unser Festbleiben vorausgesetzt, denn der Apostel fährt fort:

„wenn ihr anders in dem Glauben gegründet und fest bleibet und nicht abbewegt werdet von der Hoffnung des Evangeliums.“ (Vers 23)

Ich fasse dieses „Wenn“ entschieden als Bedingung auf und als nichts anderes.

In Kapitel 3,1: „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid ... „, ist die Bedeutung eine andere. Wohl ist es dasselbe Wort. Es sollte aber zum richtigen Verständnis immer Rücksicht auf die Textverbindung genommen werden. Hier in Kapitel 1 haben wir es, wie ich bestimmt glaube, mit einer Bedingung zu tun, während das dritte Kapitel einfach von einer vorausgesetzten Tatsache aus urteilt und ermahnt. Das würde aber in Kapitel 1 keinen Sinn haben.

Wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die es anders bedingen, so ist fast jeder Mensch vor der Bekehrung geneigt, auf seine eigene Gerechtigkeit zu bauen. Ist er aber an sich selbst zu Schanden geworden und hat er die Rechtfertigung aus Glauben durch Gottes reine Gnade in Christus Jesus erfahren, so ist oft die Neigung vorhanden, ungestüm ins Gegenteil umzuschwenken. Wird er dann in der Wahrheit gereifter, so sind nicht länger eigene oder andere Ansichten maßgebend für ihn. sondern er gelangt zu etwas, was unendlich größer ist: Zu den Gedanken Gottes, wie sie in Seinem Worte geoffenbart sind. Die Teile dieses Wortes, die ohne Bedingung sind, müssen auch ganz uneingeschränkt angenommen werden, während wir die mit einer Bedingung verknüpften in ihrer vollen Kraft auf uns einwirken lassen sollten.

Das „‚Wenn“ in unserem Verse bringt der Apostel nicht etwa deswegen hinein, um unsere Rechtfertigung als eine bedingte hinzustellen. Die Gnade rechtfertigt den Gottlosen, und zwar voll und ganz. Von einer Bedingung kann da keine Rede sein. Es wäre eine Leugnung der Gnade. Bei alledem sind aber ohne Frage Bedingungen vorhanden. Aber inwiefern? Nun, Gott lässt uns nicht mit voller Gewissheit erkennen, wer die wirklich Glaubenden unter denen sind, die den Namen Jesu bekennen. Selbst in jenen frühen Tagen gab es solche, die der Wahrheit eine Zeit lang folgten und sie dann aufgaben. Andere achteten das reine Evangelium gering im Vergleich mit Philosophie und Satzungen, oder waren zumindest geneigt, diese hinzuzufügen. Daher das Wort des Apostels: „Wenn ihr anders in dem Glauben gegründet und fest bleibet“. Hier haben wir es zweifellos mit einer Warnung zu tun, damit die aus Gott Geborenen in dem Glauben beharren.

Aber außerdem ist noch etwas anderes zu beachten. Können nicht wirklich aus Gott Geborene schwanken und gar für eine Zeit einem Irrtum verfallen? Solange dies der Fall ist, kann ich von ihnen, die den Glauben verlassen haben, nicht sagen, dass sie heilig und tadellos vor Gott seien. Von früheren Geschehnissen her mag man vielleicht Hoffnung haben; aber so lange eine Seele auf diese Weise durch den Feind der grundlegenden Wahrheit entfremdet worden ist, kann und darf ich nicht zu vertrauensvoll von ihr als aus Gott geboren reden. Es hieße, den Unglauben als etwas Geringfügiges zu behandeln und für die betreffende Seele die Gefahr, in der sie sich befindet, zu vermehren, indem man leicht darüber hinweggeht. Daher sagt der Apostel: „wenn ihr fest bleibt.“ Dem Grundsatz nach ist das gleiche auf den anzuwenden, der im Dunkel ungerichteter Sünde dahinlebt.

So sehen wir in 1. Korinther 5, dass ein Mensch, der sich grober Sünde schuldig gemacht hatte und darum hinausgetan worden war, als ein „Böser“ behandelt werden sollte, obgleich der Heilige Geist in demselben Kapitel von dem mit der Zucht verbundenen Zweck spricht, nämlich, dass sein Geist errettet werden möchte usw. Und der zweite Brief beweist, dass er trotz allem ein wahrhaft Gläubiger war, der auf seine Buße hin als ein Wiederhergestellter wieder in die Gemeinschaft aufzunehmen war.

Der Heilige Geist weiß natürlich alles vollkommen. Wir aber können nur nach dem urteilen, was vor Augen ist, wenn Gott zulässt, dass es vor uns gebracht wird. Dies ist eine Übung von praktischem Wert für unsere Seelen, denn es ist oft schwierig, sich richtig gegenüber jemandem zu verhalten, der von der Gemeinschaft ausgeschlossen worden ist. Wir sind im Stande, uns zu wenig aus solchen Fällen zu machen, und was ist die Folge einer derartigen Handlungsweise? Die Betreffenden gehen einen anderen Weg. Die zur Wiederherstellung vorhandene innerliche Kraft ist nur schwach. Die Sünde wird oberflächlich gerichtet. Wenn wir sie dagegen tief fühlen, so haben wir den ernstlichen Wunsch, der Betreffende möge zurückkehren. Es sollte uns ein Schmerz, eine tiefe Trauer sein, wenn Seelen vom Tische des Herrn entfernt werden müssen. Wäre dem so, dann würde unser beständiger Wunsch sein, ihren Zustand zu erkennen und sie wiederhergestellt zu sehen.

Es heißt nicht: wenn ihr in Glauben gegründet bleibt, sondern „in dem Glauben“. Wenn Paulus von dem gemeinsamen Glauben spricht, so meint er die Sache, die geglaubt wird. Redet er z. B. von dem einen Glauben“, so denkt er nicht an die Wirklichkeit unseres Glaubens, sondern an die vorliegende angenommene Wahrheit. Handelt es sich dagegen darum, ob wirklich gläubig oder nicht, so erhebt sich die Frage: Wie kann jemand als ein Gläubiger anerkannt werden, wenn er den Glauben aufgegeben hat?

Die moderne Zeit pflegt die Menschen stark auf das Innerliche oder Individuelle zu verweisen. „Der Glaube“ hingegen ist eine Offenbarung, die nicht von innen kommt, sondern die dem Glaubenden von außerhalb angeboten wird. Es ist eine große Gnade, dass der Wahrheit, der Wahrheit in der Person Christi, in diesen letzten Tagen wieder eine hervorragende Stellung gegeben worden ist. Über den im Herzen bei jemand vorhandenen Glauben kann man kein absolut gültiges Urteil fällen; aber über den Glauben, den der Betreffende bekennt, kann man urteilen und sagen, ob das, was er bekennt, die Wahrheit ist oder nicht.

Wenn jemand den Glauben bekennt, und es ist in Worten und Handlungen nichts vorhanden, was klar das Gegenteil beweist, so möchte die Liebe gern annehmen, dass wirklicher Glaube da ist. Jemand mag aufrichtig sein in dem, was falsch ist, oder unaufrichtig in dem, was richtig ist. Wer will da die rechte Entscheidung treffen? Aber die Wahrheit ist ein unbiegsamer Maßstab. Wollte man auf Grund dessen urteilen, was eines Menschen Herzenszustand ist, so könnte man überhaupt kein Urteil fällen, denn wer außer Gott kann da urteilen? Handelt man dagegen auf Grund des Glaubens, so sind wir gehalten zu richten, sobald jemand gegen die Wahrheit verstößt, indem er aufgibt was er bekannte. Die Frage danach, was der Betreffende in seinem Herzen glauben mag, haben wir in Gottes Hand zu legen.

Nachdrücklich setzt der Apostel noch hinzu:

„und nicht abbewegt werdet von der Hoffnung des Evangeliums.“ (Vers 23)

Die gläubigen Kolosser waren in Gefahr, vom richtigen Weg abzugleiten, denn sie bemühten sich, durch asketische Übungen oder Anstrengungen anderer Art heiliger zu werden, statt dass sie Christus als Maßstab zu ihrer Selbstprüfung anlegten. Aber nein, sagt der Apostel, das ist nicht der richtige Weg. In dem Leib Seines Fleisches durch den Tod werdet ihr heilig und tadellos hingestellt, „wenn ihr anders in dem Glauben gegründet und fest bleibet und nicht abbewegt werdet von der Hoffnung des Evangeliums, welches ihr gehört habt“.

Was ist nun „die Hoffnung des Evangeliums“? Sie befindet sich in einem himmlischen Christus, der für uns starb und uns die Zusicherung gibt, dass wir dort bei Ihm sein werden. Die Hoffnung Israels (des Gesetzes kann man kaum sagen) war die Erde. Diese „Hoffnung des Evangeliums“ dagegen ist droben. Die Kolosser verloren, sicher ohne sich dessen bewusst zu sein, aber doch praktisch ihre himmlische Hoffnung aus den Augen, weil der Gedanke, Christus die Philosophie oder Satzungen hinzuzufügen, darauf abzielt, dem Gläubigen Christus zu rauben. Das ist, was Paulus das Evangelium nennt, das sie gehört hatten. Er würde kein anderes zulassen. Dieses Evangelium war

„gepredigt worden in der ganzen Schöpfung, die unter dem Himmel ist, dessen Diener ich, Paulus, geworden bin“.

Wie stellt der Apostel doch das hin, was etliche damals - und auch heute geschieht es nicht anders - so wegwerfend behandeln wollten, nämlich ein Diener des Evangeliums zu sein! Nicht darauf sah er, was ihn in den Augen derer, die auch Bekenner sein mochten, erhob, sondern darauf, was Gott und Seiner Gnade in Christus die Ehre gibt. Daher liegt hier ein entsprechender Nachdruck auf dem „Ich“.

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