Im Paradies

Die Versammlung des lebendigen Gottes: Gottes Lustgarten, jetzt und in der Zukunft

„Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, meine Braut, ein verschlossener Born, eine versiegelte Quelle. Was dir entsprosst, ist ein Lustgarten von Granatbäumen mit edlen Früchten, Zyperblumen samt Narden; Narde und Safran, Würzrohr und Zimt, samt allerlei Weihrauchgehölz, Myrrhe und Aloe samt allen vortrefflichsten Gewürzen“.

Hohelied 4,12–14

Das Paradies Gottes

Der Garten Eden war Gottes Lustgarten, aber durch den Sündenfall ist das irdische Paradies schon bald verloren gegangen. Es gibt jetzt jedoch ein neues, das heißt ein himmlisches Paradies, wo die entschlafenen Gläubigen bereits jetzt bei Christus sind. Christus verhieß dem Übeltäter, der mit Ihm gekreuzigt war: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Die Entschlafenen hören dort laut dem Apostel Paulus unaussprechliche Worte, die ein Mensch auf der Erde nicht sagen darf (2. Kor 12,4).

Dieses himmlische Paradies wird im letzten Bibelbuch mit Nachdruck das Paradies Gottes genannt. Die Sünde und das Versagen des ersten Menschen - mit allen entsprechenden üblen Folgen - sind dann endgültig gebannt. Wer im irdischen Kampf in der Kraft Gottes überwindet, darf für immer „von dem Baum des Lebens, der in dem Paradies Gottes ist“, essen (Off 2,7). Der Baum des Lebens ist Christus selbst. Er nannte sich selbst „das grüne Holz“ (Lk 23,31). Er war mit einem „Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit“ zu vergleichen (Ps 1,3).

Das „Essen“ von diesem Baum des Lebens bedeutet, sich von seiner Person zu ernähren, an seinem Leben teilzuhaben. In diesem Bild wird unsere völlige Abhängigkeit von Ihm zum Ausdruck gebracht. Es geht hier in der Tat um einen grundlegenden geistlichen Segen, der das Vorrecht jedes wahren Gläubigen ist. Durch den Glauben dürfen wir uns jetzt schon von Ihm „ernähren“ und an seinem Leben, dem ewigen Leben, teilhaben. Das wird auch im Himmel so sein, doch dann in aller Vollkommenheit. Im Paradies Gottes, wo Sünde und Tod auf ewig weggetan sind, gibt Christus den Seinen „von dem Baum des Lebens“ zu essen.

Dieses Paradies Gottes wird bald aus dem Himmel herniederkommen - in der Gestalt des Neuen Jerusalems, dem Zentrum der Regierung Gottes -, und der Baum und das Wasser des Lebens werden dann im kommenden Friedensreich zum Heil der Menschheit sein. Die Blätter der Bäume werden zur Heilung der Nationen dienen (Off 22,2). Das Essen von der Frucht des Baumes selbst ist offensichtlich nur den himmlischen Heiligen, den Bewohnern der Stadt, vorbehalten (vgl. Off 2,7; 22,14).

Die Versammlung Gottes

Doch es gibt auch eine andere, aktuelle Anwendung 1. Es gibt mehr als nur die entfernte Vergangenheit (im 1. Buch Mose) und die möglicherweise sehr nahe Zukunft (in der Offenbarung). Die Versammlung des lebendigen Gottes ist nämlich in dieser Zeit der „Lustgarten“ Gottes auf der Erde, wenn das auch leider nicht immer deutlich sichtbar ist. Entsprechend den Gedanken Gottes soll die Versammlung „ein verschlossener Garten“ und „eine versiegelte Quelle“ für Ihn und für den Herrn Jesus sein. Diese beiden Bilder sprechen von vollkommener Absonderung vom Bösen und Hingabe an den himmlischen Bräutigam.

Das bringt uns zu dem, was wir in Hohelied 4 finden, worauf schon früher hingewiesen wurde. Der Bräutigam sagt dort von der Braut: „Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, meine Braut, ein verschlossener Born, eine versiegelte Quelle. Was dir entsprosst, ist ein Lustgarten [wörtl. ein Paradies] von Granatbäumen mit edlen Früchten, Zyperblumen samt Narden; Narde und Safran, Würzrohr und Zimt, samt allerlei Weihrauchgehölz, Myrrhe und Aloe samt allen vortrefflichsten Gewürzen“ (Hld 4,12–14).

Es gibt also zahlreiche Früchte und Kostbarkeiten, die der Bräutigam bei seiner Braut vorfindet. Das ist auch der Fall bei der Versammlung, die der Gegenstand der Freude des Herrn ist. Ihr himmlischer Besitzer findet seine Freude an ihr. Christus findet in seinem „Lustgarten“ Erquickung, denn Er sieht dort allerlei edle Früchte wie Granatäpfel (die in der Bibel immer mit dem Priesterdienst und mit dem Heiligtum in Verbindung stehen). Die Frucht des Geistes ist dort reichlich vorhanden. Ja, es gibt sogar vortreffliche Gewürze und wohlriechendes Räucherwerk: Narde und Safran, Würzrohr und Zimt, Myrrhe und Aloe. Diese Gewürze - vor allem die „Narde“ - sprechen von der Anbetung und das „Räucherwerk“, der „Weihrauch“, von den geistlichen Opfern, die wir als Gläubige bringen dürfen (Ps 141,2; Joh 12,3; Off 8,3).

So kannte auch das erste Paradies - jedenfalls das Land Hawila, wo der Pison floss - noch andere Reichtümer als Wasser und Baumfrüchte. Dort gab es Gold von guter Qualität und Edelsteine, nämlich den Stein Onyx. Außerdem gab es dort ein wohlriechendes Balsamharz, das Bedolach (1. Mo 2,12). Gold und Edelsteine sprechen von göttlicher Herrlichkeit, Majestät und Pracht. Wir finden sie auch im Neuen Jerusalem wieder (Off 21,18–21). Die Stadt hat die Herrlichkeit Gottes, denn Er hat seine Herrlichkeit auf sie gelegt. Die verherrlichte Versammlung ist mit dem Ruhm ihres Herrn und Bräutigams geschmückt.

Das wohlriechende Balsamharz spricht vom heiligen Räucherwerk, das inmitten der Erlösten zur Ehre Gottes und des Lammes aufsteigt (vgl. Off 5,8; 8,3). Unsere Anbetung gehört Ihm dann ganz allein, bis in alle Ewigkeit.

Der Tempel und die Stadt Gottes

Wer darf dieses Paradies betreten? In Offenbarung 2 und 3 werden die treuen Gläubigen jedes Mal als „Überwinder“ angesprochen. Es gibt inmitten der versagenden Christenheit glücklicherweise immer Menschen, die ein offenes Ohr für den Ruf des Heiligen Geistes haben.

Die Briefe an die ersten drei Versammlungen enden mit einer Verheißung des Segens für diese „Überreste“, aber bei den letzten vier Versammlungen werden zuerst die Überwinder angesprochen und erst danach folgt der Refrain: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“ Dies zeigt uns, dass ab Thyatira keine Wiederherstellung für die gesamte Kirche mehr möglich ist. Der Heilige Geist erwartet es nur noch von den Überwindern.

Die erste Versammlung - die in Ephesus - repräsentiert die allgemeine Stellung der Versammlung Gottes. Der Charakter, womit der Herr sich selbst hier vorstellt, ist ebenfalls allgemein. Er hat Macht über die Sterne und wandelt inmitten der goldenen Leuchter. Die Verheißung für die Überwinder ist der allgemeine christliche Segen: das Teilhaben am Leben, das nur in Christus zu finden ist, nämlich das Essen vom Baum des Lebens, der im Paradies Gottes ist (Off 2,7). Das Teilhaben an der Person Christi führt zur Identifikation mit Ihm und mit seiner herrlichen Zukunft. Das wird in besonderer Weise im Brief an Philadelphia beschrieben.

Philadelphia bekommt keinen einzigen Tadel vom Herrn. Diese Versammlung steht von der Ungerechtigkeit im Haus Gottes ab und hat sich für Christus als der Heilige und Wahrhaftige im Gehorsam gegenüber seinem Wort und in Treue gegenüber seinem Namen abgesondert. Auf dieser Grundlage gibt sie der Wahrheit von der Versammlung nach der Schrift Ausdruck. Sie besitzt zwar nur eine kleine Kraft, aber bald wird der Wert ihrer Treue sichtbar werden. Wenn die Versammlung mit Christus in Herrlichkeit erscheint, hat sie darin einen bleibenden Platz - wie die Säulen Jakin und Boas im Tempel. Was sie jetzt in aller Schwachheit zum Ausdruck bringt, wird dann in Vollkommenheit gesehen werden. Dieser überwindende Überrest hat Anteil an der Herrlichkeit des Herrn und am Tempel und der Stadt Gottes, die dann aus dem Himmel herniederkommen wird (Off 3,10–12).

Philadelphia gibt bereits jetzt als ein treuer Überrest den Gedanken Gottes hinsichtlich der Versammlung Ausdruck und wartet auf die Zeit, wenn alle diese Pläne und Gedanken in Herrlichkeit erfüllt werden. Sie hält nicht nur an dem „Plan“ über die Versammlung fest, wie das im Wort gezeigt wird, sondern ist sich auch bewusst, dass dies bald auf herrliche Weise in Erfüllung gehen wird: Sie wartet auf das Paradies Gottes, auf das neue Jerusalem.

Es gibt also einen engen Zusammenhang zwischen Philadelphia und der Versammlung, wie sie bald in Herrlichkeit offenbart werden wird. Dies wird auch in den Verheißungen deutlich angegeben, die hier den Überwindern geschenkt werden: „Wer überwindet, den werde ich zu einer Säule machen in dem Tempel meines Gottes, und er wird nie mehr hinausgehen; und ich werde auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen neuen Namen“ (Off 3,12).

Diese scheinbar schwachen Gläubigen sind dann also ein Beispiel für Kraft im Tempel Gottes und darüber hinaus anerkannte Bürger der himmlischen Stadt. Das Tragen der herrlichen Namen Gottes, Christi und des neuen Jerusalem spricht von Anerkennung und Verbundenheit, von Einsmachung. Unsere Zukunft liegt in dieser himmlischen Stadt, die die Herrlichkeit Gottes besitzt und mit ihrem Glanz die Erde erleuchten wird.

In Offenbarung 21 und 22 wird dieses Thema weiter ausgearbeitet, und dort sehen wir erneut die enge Einheit, die zwischen Gott und Christus einerseits und der verherrlichten Versammlung andererseits besteht. Ihren paradiesischen Zustand und ihre Segnungen verdankt sie der Anwesenheit des Baumes und Wassers des Lebens, die hier deutlich beschrieben werden (Off 21,6; 22,1.2.14.19).

Fußnoten

  • 1 Es geht hier um eine praktische Anwendung des Hohenliedes. Viele Ausleger betonen zu Recht, dass die Braut im Alten Testament das Volk Israel ist. Am Berg Sinai ist es einen Ehebund mit dem HERRN eingegangen, und die Wüstenreise war die Verlobungszeit (Jer 2,2). Die Versammlung ist jedoch die Braut Christi, und der individuelle Gläubige kennt ebenfalls ein deutliches Liebesband mit Ihm.
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