Betrachtung über Hebräer (Synopsis)

Kapitel 12

Betrachtung über Hebräer (Synopsis)

Der Brief geht jetzt, unter Bezugnahme auf die Gefahren, die in besonderer Weise den hebräischen Christen drohten, zu den praktischen Ermahnungen über, die aus der in ihm enthaltenen Unterweisung durchaus geeignet waren, ihnen Mut einzuflößen. Umgeben von einer Wolke von Zeugen, wie die von Hebräer 11, die alle die Vorzüge eines Lebens des Glaubens an noch nicht erfüllte Verheißungen zu erkennen gaben, sollten sie sich angetrieben fühlen, in die Fußstapfen dieser Getreuen zu treten, indem sie den vorliegenden Wettlauf mit Ausharren liefen und vor allem von jeder Schwierigkeit hinweg 1 auf Jesum blickten, der die ganze Laufbahn des Glaubens, gestützt durch die vor Ihm liegende Freude, durchlaufen und, nachdem Er das Ziel erreicht, seinen Sitz in der Herrlichkeit zur Rechten Gottes genommen hatte.

Diese Verse stellen uns den Herrn nicht als Den vor, der den Glauben schenkt, sondern als Den, der selbst die ganze Laufbahn des Glaubens durchlaufen hat. Andere hatten einen Teil des Weges durchschritten, hatten einige Schwierigkeiten überwunden, aber der Gehorsam und das Ausharren des Herrn waren jeder Prüfung, für welche die menschliche Natur empfänglich ist, unterworfen gewesen: die Menschen, der Widersacher, das Verlassensein von Gott – alles war gegen Ihn. Seine Jünger flohen, als Er in Gefahr war. Sein vertrauter Freund verriet Ihn. Er suchte nach einem, der Mitleid mit Ihm haben möchte, aber Er fand keinen. Die Väter (von denen wir im vorigen Kapitel gelesen haben) vertrauten auf Gott und wurden errettet, aber Jesus war ein Wurm und kein Mann. Seine Kehle war entzündet vom Rufen. Seine Liebe zu uns, sein Gehorsam gegen seinen Vater überstiegen alles. Er trug den Sieg davon durch Unterwerfung und nahm seinen Sitz in einer Herrlichkeit, deren Erhabenheit im Verhältnis steht zu der Größe seiner Erniedrigung und seines Gehorsams und welche die einzig gerechte Belohnung war für seine vollkommene Verherrlichung Gottes an der Stätte, wo Er durch die Sünde verunehrt worden war. Die vor uns gestellte Freude und Belohnung sind nie die Beweggründe des Wandels des Glaubens. Dass sie es für Christus nicht waren, wissen wir, aber sie sind es ebenso wenig für uns. Sie sind eine Ermunterung für diejenigen, die im Glauben wandeln.

Jesus, der die Ihm gebührende Herrlichkeit erreicht hat, wird für uns ein Beispiel in den Leiden, durch die Er ging, um jene Herrlichkeit zu erlangen, und deshalb sollen wir weder den Mut verlieren noch ermatten. Wir haben noch nicht, wie Er, unser Leben verloren, um Gott zu verherrlichen und Ihm zu dienen. Es ist bemerkenswert zu sehen, auf welche Weise der Apostel die gläubigen Hebräer zu bewegen sucht, sich von jedem Hindernis, seien es Sünde oder Schwierigkeiten, frei zu machen, als ob sie es nur, gleich einer unnützen Bürde, wegzuwerfen brauchten. Und in der Tat, wenn wir auf Jesum schauen, ist nichts leichter als das, wenn wir nicht auf Ihn sehen, ist allerdings auch nichts unmöglicher.

Es gibt zwei Dinge wegzuwerfen: jede Bürde und die Sünde, die unsere Füße umstricken will; denn der Apostel spricht von solchen, die in der Rennbahn laufen. Das Fleisch, das menschliche Herz, ist mit Sorgen und Schwierigkeiten beschäftigt, und je mehr wir an sie denken, desto mehr werden wir durch sie beschwert. Auch wird das Herz angelockt durch den Gegenstand seiner Wünsche, von denen es sich nicht losmacht. Unser Kampf richtet sich also gegen ein Herz, das die Sache liebt, gegen die wir ankämpfen. Wir trennen uns innerlich, in unseren Gedanken, nicht von dieser Sache. Wenn wir auf Jesum blicken, so ist der neue Mensch tätig. Ein neuer Gegenstand ist vorhanden, der uns mittels einer neuen Zuneigung, die in einer neuen Natur ihren Platz hat, von allem anderen entlastet und losmacht, und in Jesus selbst, auf den wir blicken, gibt es eine wirkliche Kraft, die uns freimacht. Gerade dadurch, dass wir alles mit Entschiedenheit wegwerfen, wird die Sache leicht, dadurch dass wir auf das blicken, was das Herz mit anderen Dingen erfüllt und in einem höheren Bereich beschäftigt, wo ein neuer Gegenstand und eine neue Natur aufeinander wirken, und in diesem Gegenstand gibt es eine wirkliche Kraft, die das Herz völlig in Anspruch nimmt und alle Gegenstände ausschließt, die nur auf die alte Natur einwirken. Das, was als eine Bürde gefühlt wird, legt man leicht und gern ab. Wenn man einen bestimmten Gegenstand im Auge hat, einen bestimmten Zweck verfolgt, so beurteilt man jede Sache nach ihrer Wirkung auf diesen Gegenstand. Wenn ich z. B. in einer Rennbahn laufe und alle meine Gedanken auf den Preis gerichtet sind, so wird selbst ein Sack mit Gold zu einer Bürde für mich, und es wird mir nicht schwer, ihn wegzuwerfen. Nun, wir müssen auf Jesum sehen. Nur in Ihm können wir alles, was uns hindern will, leicht und ohne Rückhalt wegwerfen. Wir können die Sünde nicht durch das Fleisch bekämpfen.

Es gibt aber noch eine andere Art von Prüfungen, die von außen kommen und nicht weggeworfen werden können, sondern ertragen werden müssen. Christus ging, wie wir gesehen haben, durch sie. Wir haben nicht, wie Er, sogar bis zum Vergießen unseres Blutes widerstanden, lieber als dass wir in der Treue und im Gehorsam gefehlt hätten. In diesen Prüfungen handelt Gott wie ein Vater: Er züchtigt uns. Sie kommen vielleicht, wie bei Hiob, von dem Feind, aber die Hand und die Weisheit Gottes sind darin. Er züchtigt diejenigen, die Er liebt. Wir dürfen deshalb die Züchtigung weder gering achten noch uns durch sie entmutigen lassen. Wir dürfen sie nicht gering achten, denn Er züchtigt nicht ohne Beweggrund noch ohne Ursache, und zudem ist es Gott, der es tut, auch dürfen wir uns nicht entmutigen lassen, denn Er züchtigt uns in Liebe. Wenn wir unser Leben für das Zeugnis des Herrn und im Widerstand gegen die Sünde verlieren, so ist unser Kampf beendigt, und das ist nicht Züchtigung, sondern die Ehre des Leidens mit Christus. Der Tod ist in diesem Fall die Verneinung der Sünde. Wer gestorben ist, ist frei von der Sünde. Wer im Fleisch gelitten hat, ruht von der Sünde. Aber bis zu diesem Punkt ist das Fleisch in praktischem Sinn (denn wir haben das Recht, uns für tot zu halten) noch nicht zerstört, und Gott weiß, wie die Offenbarung der Treue des neuen Menschen, der für den Herrn leidet, zu vereinigen ist mit der Züchtigung, durch die das Fleisch getötet wird. Der Dorn im Fleisch des Paulus zum Beispiel vereinigte diese beiden Dinge. Er war schmerzlich für ihn in der Ausübung seines Dienstes, denn es war etwas, das geeignet war, ihn bei seinem Predigen verächtlich zu machen (und das ertrug er um des Herrn willen), aber zugleich hielt es sein Fleisch im Zaum.

Nun, wir waren unseren natürlichen Vätern unterworfen, die uns nach ihrem Gutdünken züchtigten (V. 9+10); wie viel mehr sollten wir dem Vater der Geister 2 unterworfen sein, der uns zu Teilhabern seiner eigenen Heiligkeit macht! Beachten wir hier die Gnade, auf die der Schreiber des Briefes sich beruft. Wir haben gesehen, wie sehr die Hebräer der Warnung bedurften. Sie neigten dahin, in der Laufbahn des Glaubens zu ermatten. Das Mittel, dies zu verhindern, besteht ohne Zweifel darin, es nicht an der nötigen Warnung mangeln zu lassen, aber doch auch die Seele völlig in Verbindung mit der Gnade zu bringen. Das allein kann Kraft und Mut geben durch Vertrauen auf Gott. Wir sind nicht zu dem Berg Sinai gekommen, zu dem Gesetz, das Forderungen an uns stellt, sondern zu dem Berg Zion, wo Gott seine Macht offenbarte, indem Er Israel durch seine Gnade in der Person des erwählten Königs wiederherstellte, als im Blick auf die Verantwortlichkeit des Volkes alles völlig verloren und jede Beziehung zu Gott auf diesem Boden unmöglich geworden war, denn die Bundeslade war verloren. Es gab keinen Gnadenstuhl, keinen Thron Gottes mehr unter dem Volk. „Ikabod“ war auf Israel geschrieben (1. Sam 4).

Darum sagt der Apostel, wenn er von Heiligkeit spricht: Gott handelt in Liebe mit euch, selbst in euren Leiden. Er ist es, der euch nicht nur freien Zugang zu sich durch das Blut und durch die Gegenwart Christi für uns im Himmel gegeben hat, sondern der sich auch beständig mit all den Einzelheiten eures Lebens beschäftigt. Seine Hand ist in allen euren Prüfungen. Er denkt unaufhörlich an euch, um euch zu Teilhabern Seiner Heiligkeit zu machen. Es wird hier nicht Heiligkeit auf unserer Seite gefordert (So notwendig diese allezeit ist), sondern Gott will uns Seiner Heiligkeit teilhaftig machen. Welch eine unendliche und vollkommene Gnade! Welch ein Mittel! Es ist das Mittel, durch das wir Gott vollkommen genießen können.

Gott erwartet nicht, dass wir für die Gegenwart diese Seelenübungen angenehm finden (sie würden ihre Wirkung nicht hervorbringen, wenn sie es wären), aber hernach, wenn der Wille gebrochen ist, bringen sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit hervor (V. 11). Der Stolz des Menschen wird gebeugt, wenn er gezwungen wird, sich dem zu unterwerfen, was seinem Willen entgegen ist, und Gott nimmt einen größeren und immer köstlicheren Platz in seinen Gedanken und in seinem Leben ein.

Auf dem Grundsatz der Gnade nun werden die Hebräer ermahnt, sich gegenseitig auf dem Glaubenspfad zu ermuntern und darüber zu wachen, dass die Sünde nicht unter ihnen aufsprosse, sei es indem sie in die Wünsche des Fleisches willigten, oder die christlichen Vorrechte für irgendetwas von der Welt aufgaben. Sie sollten so mutig vorangehen, dass ihre für alle sichtbare Freude und Segnung (und diese ist stets ein klares und über den Feind triumphierendes Zeugnis) die Schwachen fühlen ließe, dass dieselben Dinge auch ihr gewisses Teil seien. Auf diese Weise würde jenen Kraft und Heilung, statt Entmutigung, dargereicht werden. Der Pfad der Gottseligkeit hinsichtlich der Umstände sollte leicht gemacht werden, zu einem gebahnten Pfad für schwache und gelähmte Seelen, und diese würden, mehr noch als die stärkeren Seelen, die Annehmlichkeit und den Wert eines solchen Pfades empfinden. Die Gnade ist, wie schon gesagt, der Beweggrund, der für einen solchen Wandel gegeben ist, aber sie wird hier in einer Form vorgestellt, die es nötig macht, sie näher zu betrachten.

Wir sind nicht zu dem Berg Sinai gekommen, sagt der inspirierte Schreiber. Dort hielten die Schrecken der Majestät Gottes den Menschen in einer bestimmten Entfernung. Keiner durfte Ihm nahen. Sogar Mose fürchtete sich und zitterte vor der Gegenwart des HERRN. Das also ist es nicht, wozu der Christ gebracht worden ist. Aber dann wird, im Gegensatz zu diesen Beziehungen zu Gott, der ganze 1000-jährige Zustand in allen seinen Teilen vorgestellt, jedoch gemäß der Kenntnis, die wir jetzt von diesen verschiedenen Teilen (als dem, was wir hoffen) haben. Wir gehören zu diesem allem, aber selbstverständlich sind diese Dinge noch nicht in Erscheinung getreten. Nennen wir sie der Reihe nach. Zion, das himmlische Jerusalem, die Engel und allgemeine Versammlung, die Versammlung der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel angeschrieben sind, Gott, der Richter aller, die Geister der vollendeten Gerechten, Jesus, der Mittler des neuen Bundes, und endlich das Blut der Besprengung, das besser redet als das Blut Abels (V. 22- 24).

Wir haben von Zion als einem Grundsatz gesprochen. Es ist die Dazwischenkunft der unumschränkten Gnade (in dem König) nach dem Verfall und inmitten des Verfalls Israels, die das Volk, nach den Ratschlüssen Gottes in Herrlichkeit, sowie sein Verhältnis zu Gott selbst wiederherstellt. Es ist die Ruhe Gottes auf der Erde, der Sitz der königlichen Macht des Messias. Aber, wie wir wissen, ist die Ausdehnung der Erde bei weitem nicht die Grenze des Erbes des Herrn. Zion auf der Erde ist die Ruhe des HERRN. Es ist nicht die Stadt des lebendigen Gottes. Das ist das himmlische Jerusalem, gleichsam die himmlische Hauptstadt seines Reiches, die Stadt, die Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott selbst ist. Nachdem der Schreiber das Zion hienieden erwähnt hat, wendet er sich naturgemäß zu dem Jerusalem droben, aber dies führt ihn in den Himmel, und da erblickt er sich denn mit dem ganzen Volk Gottes inmitten einer Menge von Engeln, der großen allgemeinen Versammlung 3 der unsichtbaren Welt. Doch es gibt einen ganz besonderen Gegenstand, auf dem sein Auge in dieser wunderbaren und himmlischen Szene ruht. Es ist die Versammlung der Erstgeborenen, deren Namen in den Himmeln angeschrieben sind. Sie waren nicht dort geboren, noch dort einheimisch wie die Engel, die Gott vor dem Fall bewahrt hat. Sie sind die Gegenstände der Ratschlüsse Gottes. Sie gehen nicht nur in den Himmel ein. Sie sind die herrlichen Erben und Erstgeborenen Gottes nach seinen ewigen Ratschlüssen, nach denen sie im Himmel angeschrieben sind. Die Versammlung, gebildet aus den Gegenständen der Gnade und jetzt in Christus berufen, gehört durch die Gnade dem Himmel an. Sie ist nicht der Gegenstand der Verheißungen, die, da sie deren Erfüllung auf Erden nicht erlangt hat, ihrer sicherlich im Himmel sich erfreuen wird. Nein, schon jetzt ist kein geringeres Vaterland als der Himmel ihr Teil. Dort ist ihr Bürgerrecht. Die Verheißungen sind gar nicht an sie gerichtet worden. Die Erstgeborenen haben keinen Platz auf der Erde. Der Himmel ist durch Gott selbst für sie zubereitet. Dort sind ihre Namen durch Ihn angeschrieben. Der erhabenste Platz in den Himmeln ist ihnen gegeben, höher als die Handlungen Gottes in seiner Regierung, in den Verheißungen und im Gesetz auf der Erde.

Das führt uns in diesem Herrlichkeitsgemälde weiter, zu Gott selbst. Aber nachdem wir einmal zu dem höchsten Punkt gelangt sind, zu dem, was das Vortrefflichste in Gnade ist, wird uns Gott in einem anderen Charakter vorgestellt, nämlich als der Richter aller, als Der, der aus der Höhe hernieder schaut, um alles zu richten, was hienieden ist. Damit kommen wir zu einer weiteren Klasse der gesegneten Bewohner der himmlischen Herrlichkeit: zu denen, die der gerechte Richter als die Seinigen anerkannt hat, bevor die himmlische Versammlung offenbart war, zu den Geistern der vollendeten Gerechten. Sie haben ihren Lauf vollendet und im Kampf gesiegt. Sie erwarten nur noch die Herrlichkeit. Sie haben mit den Wegen und Handlungen Gottes auf der Erde in Verbindung gestanden, aber treu, ehe die Zeit der Segnung der Erde gekommen ist, haben sie ihr Teil und ihre Ruhe im Himmel.

Dennoch war es der Vorsatz Gottes, die Erde zu segnen, allein Er konnte es nicht tun nach der Verantwortlichkeit des Menschen: sogar sein Volk war nur wie Gras. Gott wollte deshalb einen neuen Bund mit Israel errichten, einen Bund der Vergebung, und wollte diesem Bund entsprechend das Gesetz in das Herz seines Volkes schreiben. Der Mittler dieses Bundes war schon erschienen und hatte alles getan, was zu dessen Errichtung erforderlich war. Die Heiligen unter den Hebräern waren zu dem Mittler des neuen Bundes gekommen: so war der Segen für die Erde bereitet und ihr gesichert.

Schließlich war das Blut Christi auf der Erde vergossen worden, wie das Blut Abels durch Kain, aber anstatt, wie dieses, von der Erde um Rache zu schreien, so dass Kain ein Flüchtling und ein unsteter Mensch wurde (ein treffendes Bild der Juden, die des Todes Christi schuldig sind), ist es die Gnade, die redet, und das vergossene Blut schreit, um Vergebung und Frieden für diejenigen zu erlangen, die es vergossen haben.

Man wird bemerken, dass hier, obgleich von den verschiedenen Teilen der 1000-jährigen Segnung und ihren Grundlagen die Rede ist, dennoch alles dem gegenwärtigen Zustand der Dinge entsprechend vorgestellt wird, ehe jene Zeit der Segnung von Seiten Gottes kommt. Wir haben teil daran, was unsere Beziehungen betrifft, aber es ist hier nur die Rede von den Geistern der Gerechten des Alten Testaments und von dem Mittler dieses neuen Bundes. Der Bund selbst ist noch nicht errichtet. Das Blut schreit, aber die Antwort, soweit sie sich in irdischer Segnung kundgibt, ist noch nicht gekommen. Das ist leicht zu verstehen. Es entspricht genau dem bestehenden Zustand der Dinge und wirft sogar viel Licht auf die Stellung der hebräischen Christen und auf die Lehre des Briefes. Die wichtige Sache für sie war, dass sie sich nicht von dem abwendeten, der vom Himmel her redete. Mit Ihm hatten sie es zu tun. Wir haben sie mit allem in Verbindung gesehen, was vorhergegangen war, d. h. mit dem Zeugnis des Herrn auf der Erde, aber tatsächlich hatten sie es in jener Zeit mit dem Herrn selbst zu tun als Dem, der vom Himmel her redete. Seine Stimme hatte damals die Erde erschüttert, aber jetzt, indem Er mit der Autorität der Gnade und vom Himmel her redete, kündigte Er die Auflösung von allem an, worauf das Fleisch sich stützen oder das Geschöpf seine Hoffnung setzen konnte.

Alles, was erschüttert werden kann, wird aufgelöst werden. wie viel gefährlicher ist es daher, sich von Dem, der jetzt redet, abzuwenden, als selbst von den Geboten des Sinai! Diese Erschütterung aller Dinge (wovon hier oder in der ähnlichen Stelle in 2. Pet 3 die Rede ist) geht augenscheinlich über das Judentum hinaus, obwohl sie in besonderer Weise ihre Anwendung auf dasselbe findet. Das Judentum war das System und der Rahmen der Beziehungen Gottes zu den Menschen auf der Erde, entsprechend dem Grundsatz ihrer Verantwortlichkeit. Alles das war von der ersten Schöpfung, aber die Quellen waren vergiftet. Der Himmel, der Sitz der Macht des Feindes, war entweiht und verderbt. Das Herz des Menschen auf der Erde war verdorben und empörerisch. Gott will nun alles erschüttern und verändern. Das Ergebnis wird eine neue Schöpfung sein, in der Gerechtigkeit wohnen wird.

Inzwischen wurden die Erstlinge dieser neuen Schöpfung gebildet. Im Christentum machte Gott den himmlischen Teil des unerschütterlichen Reiches aus, und das Judentum, der Mittelpunkt des irdischen Systems und der menschlichen Verantwortlichkeit, war dem Verschwinden nahe. Der Apostel kündigt daher die Erschütterung aller Dinge an, die Beiseitesetzung alles dessen, was als gegenwärtige Schöpfung besteht. Betreffs der Gegenwart sagt er nur: „Wir empfangen ein unerschütterliches Reich“ und fordert uns auf, Gott zu dienen mit wahrer Frömmigkeit, weil unser Gott ein verzehrendes Feuer ist, nicht, wie manche sagen: Gott außer Christus, sondern: unser Gott (V. 29). Der Ausdruck „verzehrendes Feuer“ bezeichnet seinen Charakter in heiliger Majestät und im gerechten Gericht über das Böse.

Fußnoten

  • 1 Es ist nicht Gefühllosigkeit im Blick auf die schwierigen Umstände, sondern ein Aufschauen zu Jesu, wenn jene vorhanden sind. Das ist das Geheimnis des Glaubens. „Seid um nichts besorgt“, hätte nicht gesagt zu werden brauchen, wenn es nichts gäbe, was geeignet wäre, Sorge zu erwecken. „Abraham sah nicht seinen eigenen, schon erstorbenen Leib an“ (Röm 4,19).
  • 2 Der Ausdruck: „Vater der Geister“ steht einfach im Gegensatz zu „Väter nach dem Fleisch“.
  • 3 Das hier mit „Versammlung“ übersetzte griechische Wort wurde für ein Zusammenkommen des ganzen griechischen Volkes gebraucht, während das in „Versammlung der Erstgeborenen“ benutzte Wort nur die Gesamtheit der Bürger eines einzelnen Staates umfasste.
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