Einführende Vorträge über 1. und 2. Könige

2. Könige 1-2

2. Könige 1

Es ist bereits bemerkt worden, dass der Auftrag oder zumindest der eigentliche Dienst Elias mit seiner Klage gegenüber den Kindern Israels aufhörte. Gott nimmt ihn beim Wort. Elia hatte gegen und nicht für Israel gesprochen. Tatsächlich war er zu einem Dienst mit richterlichem Charakter berufen worden, doch hätte er in Gemeinschaft mit allen sein sollen, die auf Gottes Seite standen, sich für seinen Namen einsetzten. Diesbezüglich fehlte es ihm an innerer Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes. Den vollständigen Überrest des Volkes nach Auswahl der Gnade gab es. Dieser war zwar wie nichts in den Augen Elias, doch sehr wertvoll in den Augen Gottes. Es ist daher offensichtlich, dass Gott und sein Diener sich im Widerspruch zueinander befanden. Und da dies der Zustand dieses Dieners war, legte er sein Amt praktisch nieder. Gott nimmt ihn von diesem Moment an beim Wort und ernennt Elisa zu seinem Nachfolger. Trotzdem nimmt Gott ihn nicht im Zorn weg. Ganz im Gegenteil: Obwohl es der Mangel an Gnade für das Volk Gottes war, der den Herrn an seinem Diener, dem Propheten, erzürnt hatte, gab es von Seiten Gottes keinen Mangel an Gnade. Elia bleibt also; wenn auch nicht so wie zuvor. Dabei erkennen wir einen gewissen Übergang in seiner Stellung, bevor der Herr ihn aufnimmt. Als er ihn dann aufnimmt, geschieht dies mit der höchsten Ehre, die einem Menschen hier auf der Erde verliehen werden kann – er wird in den Himmel entrückt, ohne durch den Tod gehen zu müssen.

Das Eröffnungskapitel dieses zweiten Buches der Könige stellt dann auf sehr eindrucksvolle Weise das Handeln (wenn auch nicht den Dienst) des Propheten dar und damit den Beweis, dass die Macht Gottes noch mit ihm war. Denn als der böse König, nun selbst krank, zur Macht des Bösen sandte, um eine Auskunft über sich selbst zu erhalten, antwortet ihm Gott – und nicht etwa der Feind. Gott gibt dem König eine schnellere Antwort, als es diesem lieb war. Gott teilt Elia mit, was geschehen ist und befiehlt ihm, die Boten aufzuhalten und dem König die ernste Mitteilung zu machen, dass er bereits auf seinem Sterbebett liege und sich folglich nicht mehr erholen würde. Es war nicht so, dass der König Elia nicht gekannt hätte, doch folgte er dem bösen Weg seines Vaters, und da sein Vater der offene Feind Elias war, betrachtete er diesen ebenfalls als seinen Feind. So tritt der Sohn in die Fußstapfen seines Vaters. So wie es war, als Gott die Dreistigkeit des Pharaos benutzte, um seine Herrlichkeit zu offenbaren, so war es jetzt auch in Israel, wo es dazu kam, dass ein großer Teil – in der Tat der größere Teil – des Volkes Gottes gerade deshalb eine Bühne zur Entfaltung der Herrlichkeit des Herrn bot, weil sie von seinem Willen völlig abgewichen waren und diesem sogar direkt entgegenstanden. Daher trägt dieses Kapitel noch diesen richterlichen Charakter, denn Gott befasst sich nach wie vor mit seinem Knecht Elia.

Die Boten, die der Prophet aufgehalten und zurückgeschickt hatte, übermitteln dem König nun die Nachricht von dessen bevorstehendem Tod. Dieser findet bald heraus, dass es kein anderer als Elia, der Tisbiter, ist. Daraufhin schickt er einen Obersten mit seiner Truppe, um ihn zu holen. Aber das war leichter gesagt als getan und brachte in der Tat ein sofortiges Gericht über diejenigen, die dem König gehorchten. Wir können verstehen, dass sich einige hierüber wundern. Doch darf man nie aus dem Auge verlieren, dass es nicht einmal in Juda eine reine Monarchie gab, noch weniger in Israel, jetzt, wo das Land geteilt war. Die Regierung des Königreichs Israel war eine Theokratie. Zweifellos war der König der Vertreter der Macht Gottes, aber dennoch war es der Thron des Herrn. Wenn sich also ein König über den Herrn hinwegsetzt, muss er die Konsequenzen tragen. Keiner, der in unserer Zeit im Auftrag der Queen handelt, ist beispielsweise berechtigt, seine Männer gegen die Queen einzusetzen. Und geschähe es doch, wäre die Königin in diesem Fall durchaus berechtigt, solche zu bestrafen. Und auch wenn sie sich auf den Befehl des Obersten beriefen, würde das keinen Unterschied machen. Der Oberste hat keinen Auftrag gegen die Queen vorzugehen. Wenn die Männer sich entscheiden, dem Befehl ihres Obersten gegen die Autorität der Queen Folge zu leisten, brauchen sie sich über die Folgen nicht zu wundern.

Und tatsächlich befindet sich der König von Israel hier in direkter Rebellion gegen Gott. Ich mache diese Bemerkung allgemeiner Art, weil sie der Schlüssel zu dem ist, was sonst ein wenig überraschend erscheinen muss und woraus der Unglaube immer wieder eine Schwierigkeit macht, wenn Gott in Israel zuweilen ein unterschiedsloses Gericht ausübt. Die Verfassung in Israel ist im absoluten Sinne das Gesetz, und das Gesetz kennt nichts anderes als den Tod für die Rebellion gegen die Autorität Gottes. Dieser Grundsatz gehört notwendigerweise zum Gesetz, und es ist einfach der Mensch, der den Anspruch Gottes leugnet, den Menschen unter Gesetz zu stellen. Ein solcher Gedanke würde zu einem Atheisten passen. Wenn wir hingegen die Existenz Gottes akzeptieren, sehen wir, dass Gott in seiner Autorität eindeutig berechtigt ist, so zu handeln, wenn Er es zu seiner eigenen Ehre für richtig hält. Aber wenn dies einmal legitim ist, wird klar, dass sich das Königreich Israel von allen anderen Königreichen unterscheidet. Denn die Behauptung dieser Reiche theokratisch zu sein, ist nichts als eine Täuschung und Lüge, während es in Israel Wirklichkeit ist. Und die Bemühungen Satans bestehen darin, die Israeliten und ihren König vergessen zu lassen, dass es eine Theokratie ist. Er möchte, dass sie die Besonderheit ihrer Stellung und Berufung aus dem Auge verlieren. In allen anderen Fällen war diese Behauptung nur Schall und Rauch und der Deckmantel für völlige Heuchelei und Tyrannei. In Israel war es hingegen die einfache Wahrheit, was viele Schwierigkeiten in der Schrift auflöst. Denn das Handeln Gottes ist dann – selbst bei einer so schrecklichen Weise wie bei der Aufforderung an seinen Diener, Feuer vom Himmel zu erbitten, um einen Obersten mit seinen Männern wegen dessen dreister Auflehnung gegen Gott zu verzehren – einfach eine notwendige Folge der Stellung Israels. Anstatt eine Schwierigkeit zu sein, ist es das, was notwendig und am Platz ist. Andernfalls würde Gott seine eigene Autorität aufgeben.

So wie Eltern ihren Kindern nicht erlauben sollten, ihre Autorität im eigenen Haus zu leugnen, und kein Herr es bei seinen Dienern zulassen sollte, wäre es völlig abwegig, wenn Gott die Missachtung seiner eigenen Autorität bei denen zulassen würde, die die Stellung als sein Volk eingenommen haben. Deshalb war es unsinnig, dass der König nach einem Wort aussandte, denn der König von Israel war der Diener des Herrn.1 Er war damals lediglich Diener an höchster Stelle. Zweifellos war er der Ausdruck der sichtbaren Autorität, diese Autorität konnte dann jedoch nicht gegen Gott eingesetzt werden. Jede Autorität ist notwendigerweise beschränkt „bis der kommt, dem das Recht gehört“ (Hes 21,32), um zu herrschen. Und darin liegt nun die wahre Bedeutung der Stellung des Königs von Israel, und sie endet erst, wenn einer kommt, der nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist, und der nicht nur als Mensch, sondern auch als Gott regieren wird. Der Herr wird einer sein, und sein Name einer, und Er wird über die ganze Erde herrschen (vgl. Sach 14,9).

Damit ist dann, so hoffe ich, jede Schwierigkeit für einen Gläubigen ausgeräumt, die sich in der vor uns liegenden Szene finden ließe. Und in der Tat habe ich diese Bemerkungen allgemeiner gehalten, um viele andere Schwierigkeiten mit einzubeziehen. Schließlich müssen wir bedenken, dass, selbst wenn es um den allgemeinen Grundsatz geht, Gott nicht in einer engen, starren Weise handelt, sondern entsprechend dem umfassenden Gedanken seines eigenen Plans mit jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind auf der ganzen Welt. Denn was ist der Tod, wenn er nicht ein Akt des Gerichtes Gottes über die Sünde ist? Und diejenigen, die sich darüber empören, dass Gott mit fünfzig Menschen auf einmal verfährt, vergessen, dass er dabei mit jedem einzelnen Menschen handelt und sich auch mit ihnen als solchen befassen wird, die diese Einwände vorbringen. Ich mache diese Bemerkung nur, weil die Menschen die einfachsten Tatsachen vor ihren Augen übersehen.

Ich möchte eure Aufmerksamkeit noch auf etwas anderes richten: Hätten die Obersten dieser Fünfziger-Gruppen ein reuiges Herz und ein geübtes Gewissen gehabt, wäre nicht einer von ihnen umgekommen. Wir sehen das am deutlichsten beim letzten Obersten und seiner Truppe. Er demütigt sich und die Barmherzigkeit Gottes strömt sogleich hervor. Wir dürfen also ganz sicher sein, dass bei den anderen Gewissenshärte und Gleichgültigkeit vorhanden waren. Denn es gab nicht einen der Obersten – und woran ich nicht zweifle: nicht einen der fünfzig –, der den Propheten Elia nicht kannte und der nicht das vollste Zeugnis vor seinem Herzen und vor seinem Gewissen hatte, dass dieser Mann damals der treueste Repräsentant von Gottes Willen, Herrlichkeit und Macht war. Und das Vorhaben dieser Männer ist ungeheuerlich: Ihr Plan ist die Verletzung, wenn nicht gar der Tod, dieses Dieners Gottes – und das auch noch zu einer Zeit, in der Gott auf der Grundlage der Gerechtigkeit und des Gesetzes handelt. Wenn sie nun aber ein solches Risiko auf sich nehmen wollen, müssen sie auch die Konsequenzen tragen. Es ist klar, dass eine theokratische Regierung unmöglich wäre, wenn Gott sich nicht das Recht vorbehalten würde, zu strafen und anderen die Notwendigkeit des Gehorsams klar zu machen. Folglich sehen wir in dieser Szene deutlich, dass Gott seinen Diener noch immer anerkennt. Sein eigentlicher Dienst war beendet, aber es gibt hier kein Anzeichen dafür, dass hier jemand vor uns steht, der in Ungnade gefallen wäre oder dem Gott die Anerkennung verweigerte – nicht im Geringsten. Und es kann in diesen abschließenden Begebenheiten von Elia keinen größeren Beweis dafür geben als die Tatsache, dass als der Anführer des letzten Trupps sich vor dem Propheten demütigt, der Prophet auf das Wort des Herrn hin mit hinuntergeht. So bleibt zumindest einer, ein Diener, Gott gegenüber gehorsam. Er tritt vor den König und sagt ihm ins Gesicht, was dieser am wenigsten zu hören wünschte: „Auf diesem Bett musst du sterben!“ und so starb er „nach dem Wort des Herrn, das Elia geredet hatte.“

2. Könige 2

Das nächste Kapitel (2. Könige 2) zeigt uns die abschließende und letzte Szene Elias: „Und es geschah, als der Herr den Elia im Sturmwind zum Himmel auffahren ließ, da gingen Elia und Elisa von Gilgal weg. Und Elia sprach zu Elisa: Bleib doch hier; denn der Herr hat mich bis nach Bethel gesandt. Und Elisa sprach: So wahr der Herr lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und sie gingen nach Bethel hinab. Da kamen die Söhne der Propheten, die in Bethel waren, zu Elisa heraus und sprachen zu ihm: Weißt du, dass der Herr heute deinen Herrn über deinem Haupt wegnehmen wird? Und er sprach: Auch ich weiß es; schweigt! Und Elia sprach zu ihm: Elisa, bleib doch hier; denn der Herr hat mich nach Jericho gesandt. Aber er sprach: So wahr der Herr lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und sie kamen nach Jericho. Da traten die Söhne der Propheten, die in Jericho waren, zu Elisa und sprachen zu ihm: Weißt du, dass der Herr heute deinen Herrn über deinem Haupt wegnehmen wird? Und er sprach: Auch ich weiß es; schweigt! Und Elia sprach zu ihm: Bleib doch hier; denn der Herr hat mich an den Jordan gesandt. Aber er sprach: So wahr der Herr lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und so gingen sie beide miteinander.“ (2. Kön 2,1–6)

Im Anschluss daran testet Elia den Glauben Elisas. Wir finden das immer wieder in der Heiligen Schrift. Es wird ein leichterer Weg vorgestellt und man könnte sich die Mühe ersparen. Doch wo Glaube vorhanden ist und erkannt wird, dass es nur eine Prüfung ist, ist die Seele dazu bereit, voranzugehen, denn sie versteht die dahinterstehenden Gedanken Gottes. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit für solch einen Fall Regeln aufzustellen. Es war keiner Regel zu verdanken, dass der gereinigte Samariter die Gedanken des Herrn erkannte. Äußerlich betrachtet folgten die neun anderen der Aufforderung des Heilands viel wörtlicher. Doch der gereinigte Samariter hatte es besser verstanden. Der Buchstabe, selbst der der Heiligen Schrift, ist unzureichend, das Kind Gottes zu leiten. Wir brauchen den Heiligen Geist, um dem Wort Gottes Kraft zu geben: „Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.“ (2. Kor 3,6). Ich gebe zu, dass der natürliche Verstand des Menschen, der ein solches Prinzip aufgreift, schrecklichen Schaden am Wort Gottes anrichten würde, aber das ist eben der Unterschied. Es ist der Geist Gottes, der das Wort schwingt und es zum Schwert Gottes macht. Hantiert dagegen der menschliche Verstand mit dem Wort Gottes herum, reflektiert er sich nur selbst. Im vorliegenden Fall ging es eindeutig um die Prüfung von Elisas Glauben. War er nicht bereit, mit dem Propheten weiterzugehen, brauchte er nicht so viele Schwierigkeiten auf sich zu nehmen. Sein Herz war durch und durch willig; er war im Begriff sich eine schöne Stufe im Glauben zu erwerben (vgl. 1. Tim 3,13), und zwar „im Geringsten“, denn „wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu“ (Lk 16,10). Und Elisa, der berufen war und wusste, dass der Mantel des Propheten um ihn geworfen war, verstand nicht nur durch dieses bedeutsame Zeichen, dass er Elia hier auf der Erde nachfolgen sollte, sondern streckt sich nach mehr aus und erhält auch mehr.

„Dir geschehe nach deinem Glauben“ (vgl. Mt 9,29). Er wartet. Er hat gut verstanden, dass die Zeit, sein Amt anzutreten, noch nicht gekommen ist. Er wartet auf mehr. Die Söhne der Propheten besaßen keine Einsicht und waren letztlich nur Störfaktoren. Sie hätten es gerne gehabt, dass er sich mit ihren Mitteilungen beschäftigte. Elisa gebietet ihnen, zu schweigen. Sein Herz war woanders – es war bei Elia und den großen Dingen, die ihm an diesem Tag bevorstanden. Dem Propheten würde nichts entgehen. Elia sagt: „Bleib doch hier“ und bittet ihn, in Bethel zu bleiben und Bethel war in Israel ein Ort von herausragender Bedeutung. Jericho war hingegen ein Ort, ich will nicht sagen von besonderer Bedeutung, sondern einer, der mit einem besonderen Fluch belegt worden war. Und Gott würde seinen Fluch nicht länger ruhen lassen als seinen Segen. Doch möchte Elisa mit Elia weiterziehen.

Nun kommen sie an den Jordan. „So wahr der Herr lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse! Und so gingen sie beide miteinander. Und fünfzig Mann von den Söhnen der Propheten gingen hin und standen gegenüber von fern.“ (V. 6–7). Doch letztere gingen nicht weiter. Sie wurden von den Schwierigkeiten aufgehalten. Dagegen stehen „die beiden“, die sozusagen wie eins waren, am Jordan. „Da nahm Elia seinen Mantel und wickelte ihn zusammen und schlug auf das Wasser; und es zerteilte sich hierhin und dorthin, und sie gingen beide hinüber auf dem Trockenen. Und es geschah, als sie hinübergegangen waren, da sprach Elia zu Elisa: Erbitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde“ (V. 8–9). Sie hatten das große und bekannte Bild des Todes durchschritten. Diesmal steht der Jordan nicht für den Tod, um in das Land zu kommen, sondern für den Tod von zumindest einem von ihnen. Und dies wird zu einer Zäsur, die dem Propheten den ihm eigenen Charakter verleiht. Er hatte Recht. Nicht nur sein eigener Verstand, sondern ein geistlicher Instinkt durch den Heiligen Geist ließ ihn nach einer noch höheren Stufe streben. Er geht weiter und steht nun kurz davor. Elia stellt die Frage: „Erbitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde. Und Elisa sprach: So möge mir doch ein zweifaches Teil von deinem Geist werden!“ (V. 9). Nicht ein doppelter Anteil im Vergleich zu Elia ist hier gemeint, sondern ein doppelter Anteil im Vergleich zu jedem anderen als Nachfolger Elias. Ein doppelter Anteil war der Anteil des Erstgeborenen. Das ist es, worum er bat: um den Anteil eines Erstgeborenen. Elia antwortet ihm: „Du hast Schweres erbeten! Wenn du mich sehen wirst, wie ich von dir genommen werde, so soll dir so geschehen; wenn aber nicht, so wird es nicht geschehen“ (V. 10).

Nun kommt der Augenblick, in dem sich zeigt, ob der Glaube in diesem Fall den angemessenen Segen nach sich ziehen würde. „Und es geschah, während sie gingen und im Gehen redeten, siehe, ein Wagen von Feuer und Pferde von Feuer, die sie beide voneinander trennten; und Elia fuhr im Sturmwind auf zum Himmel.“ Elia war in der Tat ein Mann mit einem Herzen und einer Zunge aus Feuer, wenn ich so sagen darf, und sein ganzer Dienst trug diesen Charakter – verzehrend und richtend. Das tritt bei ihm im Vergleich mit allen anderen Menschen am schonungslosesten auf. Aber wenn es Elisa gegeben wurde, ihn in einem feurigen Wagen, mit feurigen Pferden und mit einem Sturmwind zum Himmel auffahren zu sehen, kam diesem Ereignis eine große Bedeutung zu – und zwar als neuer Ausgangspunkt Elisas. Denn der Himmel ist nicht der Ort des Feuers. Es mag ausnahmsweise verzehrendes Gericht Gottes von dort ausgehen, doch sage ich noch einmal, dass der Himmel normalerweise nicht der Ort des Feuers ist, sondern vielmehr der Liebe, der göttlichen Herrlichkeit, der Ruhe und des Friedens, ungetrübt von der Sünde. Und Elisas Dienst sollte dementsprechend durch genau diese Eigenschaften charakterisiert sein.

Wir werden also feststellen, dass Elisa keine bloße Wiederholung seines Vorgängers ist, dessen Dienst von Feuer und Gericht gekennzeichnet war, sondern ein äußerst geeigneter Nachfolger, der in göttlicher Weisheit dazu bestimmt ist, den Erfordernissen der Herrlichkeit Gottes in Israel zu entsprechen. Doch trägt Elisa einen anderen Charakter, denn obwohl Gerechtigkeit von Gott ist, ist Gerechtigkeit nicht alles, was Gott ausmacht. Und in der Tat, wenn wir Gott betrachten, ist Gerechtigkeit nicht seine höchste Eigenschaft, obwohl sie diejenige ist, die Er niemals aufgeben kann. Wenn wir jedoch von seinen Eigenschaften sprechen, ist Gnade sicherlich von einem höheren Charakter. Und wie der Himmel höher ist als die Erde, so ist die Erde sicherlich der Ort, wo die Gerechtigkeit regieren muss, und der Himmel ist der Ort, wo die Gnade regieren muss. Und so wird Elisa nicht nur der, wie er begonnen hat, sondern er wird auch der Zeuge der Gnade; und zwar nicht nur als Elia, denn er fängt genauso an wie die Apostel selbst, die einst ihren Auftrag im Land Israel erhielten und anschließend hinausgingen, die ernste Botschaft verkündeten und den Staub von ihren Füßen gegen diejenigen schüttelten, die sie als Zeugen verwarfen (vgl. Mt 10,5–15). Aber jene Apostel erhielten eine weitere Berufung zu einem höheren Dienst, den derselbe Herr Jesus, der sie auf der Erde aussandte, nun von den Himmeln her sandte – nachdem Er selbst dorthin aufgestiegen war.

So war es auch bei diesem wunderbaren Zeugnis für die Wahrheit Gottes und für (wie ich fast hinzufügen muss) die Gnade Gottes. „Und Elisa sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter!“ Der doppelte Anteil würde damit ganz sicher ihm gehören. „Und er sah ihn nicht mehr. Da fasste er seine Kleider und zerriss sie in zwei Stücke“ (V. 12). Aber es wird hinzugefügt (und das ist besonders auffällig), dass er den Mantel Elias aufhob. Er warf ihn nicht nur über seine Schultern. Nein, jetzt gehörte er ihm und zwar ganz und gar. Nun gab es die vollste Bestätigung seiner Stellung; und ich wiederhole noch einmal: nicht nur als eines richtenden Propheten auf der Erde, sondern eines entrückten Propheten, der in den Himmel aufgenommen war. „Und er hob den Mantel Elias auf, der von ihm herabgefallen war, und kehrte um und trat an das Ufer des Jordan“. Und jetzt kommt die Prüfung, ob wirklich ein doppelter Anteil auf Elisa ruhte. „Und er nahm den Mantel Elias, der von ihm herabgefallen war, und schlug auf das Wasser und sprach: Wo ist der Herr, der Gott Elias? – Auch er schlug auf das Wasser, und es zerteilte sich hierhin und dorthin; und Elisa ging hinüber“ (V. 14).

Elisa war der wahre und gottgegebene Nachfolger Elias, aber nicht von der gleichen Art; denn Gott wiederholt sich nicht. Der Gott, mit dem wir es zu tun haben, ist ein lebendiger Gott, und dieser Gott, der Elia gesandt hatte, sandte nun Elisa zu einem anderen Werk und in einem anderen Charakter aus. Und das will ich nun ein wenig erläutern, um zu zeigen, wie der Geist Gottes diesen neuen Dienst entfaltet. Denn bisher hat Elisa gewartet, wie auch Elia einst gewartet hatte. Es gab diese Zeit des Wartens für den Propheten, und wir können das große Ziel dahinter erkennen. Denn wäre Elisa schon vorher vorangegangen, hätten wir keinen Grund zu der Annahme, dass sein Dienst einen solchen Charakter bekommen hätte. Er wartete, und zeigte durch sein Warten, dass nicht immer diejenigen, die am schnellsten im Werk des Herrn voranschreiten, die besten Früchte tragen. Ganz und gar nicht. Die tragen diejenigen, die wissen, was es heißt, eine Weile zu warten, damit der Herr sich mit ihnen befassen kann, bevor sie fähig sind, sich mit anderen zu befassen – und zwar zu seiner Zeit.

Und hier sehen wir, wie sehr sein Warten auf den Herrn dieses Ergebnis zeitigte. „Als nun die Söhne der Propheten, die gegenüber in Jericho waren, ihn sahen, da sprachen sie: Der Geist Elias ruht auf Elisa! Und sie kamen ihm entgegen und beugten sich vor ihm zur Erde nieder, und sie sprachen zu ihm: Sieh doch, es sind bei deinen Knechten fünfzig tapfere Männer; mögen sie doch gehen und deinen Herrn suchen“ (V. 15–16). Waren das die Männer, die Elisa Auskunft geben konnten? Dieselben Männer schlagen nun etwas vor und ihr Vorschlag beweist, wie traurig es auch um den Sohn eines Propheten bestellt sein kann, wenn er nicht mehr das Wort des Herrn spricht. Ihr Vorschlag lautet, Elia zu suchen, „ob nicht etwa der Geist des Herrn ihn weggetragen und ihn auf einen der Berge oder in eins der Täler geworfen hat. Aber er sprach: Sendet nicht. Und sie drangen in ihn, bis er sich schämte. Da sprach er: Sendet!“ (V. 16–17). Er handelt also zunächst in Weisheit mit ihnen. Als sie dann töricht sein wollen, soll sich ihre Torheit völlig offenbaren. „Und so sandten sie fünfzig Mann; und sie suchten drei Tage lang, aber sie fanden ihn nicht. Und sie kehrten zu ihm zurück (er hielt sich aber noch in Jericho auf); und er sprach zu ihnen: Habe ich euch nicht gesagt: Geht nicht hin?“ (V. 17–18).

Doch im nächsten berichteten Ereignis sehen wir das besondere Handeln des Propheten Elisa: „Und die Männer der Stadt sprachen zu Elisa: Sieh doch, die Lage der Stadt ist gut, wie mein Herr sieht, aber das Wasser ist schlecht, und das Land ist unfruchtbar. Da sprach er: Holt mir eine neue Schale und tut Salz hinein!“ (V. 19–20). Als Gott unserem Herrn dessen Sitz im Himmel gab, brachte er auch all das zum Vorschein, was für die neue Schöpfung erforderlich war. Wenn Seelen die Wahrheit über Gott und unseren Herrn Jesus erkennen und bewusst zu ihm aufschauen, wissen wir, dass sie zu ihm gehören. Als Gott durch das Gesetz handelte, betraf dies immer die alte Schöpfung. Als der Herr Jesus nach Vollendung seines Erlösungswerkes seinen Platz in der Höhe einnahm, kam die neue Schöpfung hinzu. Und das sehen wir am deutlichsten in der Lehre des Apostels Paulus. In der neuen Schale haben wir, soweit ein Zeichen oder ein Symbol dies überhaupt ausdrücken kann, einen Hinweis auf die neue Schöpfung nach den Gedanken Gottes. Und die Anwendung davon ist der Ort des Fluches. Denn wenn es einen Ort im Heiligen Land gab, der unter einem Fluch stand, dann war es Jericho. Jeder Bibelleser weiß das. Jericho ist demnach der Ort, zu dem der Prophet diese neue Schale mit Salz bringen lässt.

„Und er ging hinaus zu der Quelle des Wassers“ und tat mit ihr folgendes: er „warf das Salz hinein und sprach: So spricht der Herr: Ich habe dieses Wasser gesund gemacht; es wird weder Tod noch Unfruchtbarkeit mehr daraus entstehen. Und das Wasser wurde gesund bis auf diesen Tag, nach dem Wort, das Elisa geredet hatte“ (V. 21–22). Kann irgendetwas deutlicher zeigen, dass wir es hier mit einem neuen Charakter des Wirkens zu tun haben? Es handelt sich nicht länger um das Totenbett-Gericht des Herrn, das nach dem Wort des Propheten vollzogen wird. Hier haben wir es mit der Macht der Sünde und der Macht des Bösen zu tun, und nach dem Vorsatz Gottes mit der neuen Schöpfung, von der diese neue Schale mit dem Salz zweifellos ein Vorbild ist. Jericho ist ein Bild davon, was der Herr Jesus Christus am Tag seiner Erscheinung auf der ganzen Welt tun wird. Er will alle Dinge mit sich versöhnen (Kol 1,20). Es mag hier nur etwas Geringes sein und doch ist es ein Vorausbild eines sehr großen Ereignisses. „Und das Wasser wurde gesund bis auf diesen Tag, nach dem Wort, das Elisa geredet hatte.“

Und von dort zieht er hinauf, und zwar nicht zu dem Ort, der unter dem Fluch stand, und wo er eine göttliche Kraft des Segens und der Heilung sichtbar werden ließ, sondern nach Bethel. Bethel stand nicht unter dem Fluch. Die Last Bethels bestand jedoch in seiner Verdorbenheit. Es ist der Ort, an dem Gott das Unterpfand und die Verheißung seiner treuen Fürsorge jemandem zugesagt hatte, der sie brauchte. Es war einer, der sich in der größtmöglichen Not befand: verloren, gezwungen aufgrund des tödlich brennenden Hasses seines Bruders gegen ihn aus dem Haus seines Vaters und seiner Mutter zu fliehen. Es ist der Ort, wo Jakob eine Erscheinung von Gott bekam und wo Gott ihm sein Wort für immer zusagte. Dort befand sich das Haus Gottes, dort öffnete sich die Pforte des Himmels für den schlafenden Jakob, und dort vollendete Gott in späteren Tagen den Plan, der leider durch die Untreue der Menschen zunichte gemacht werden sollte. Andererseits eroberte dort Satan die Herzen Israels so sehr, dass sie ihr Götzenkalb erhoben und den Gott Israels vor dessen Angesicht beleidigten. Hierher kommt der Prophet, nicht um Israel herauszufordern, nicht um diesen Ort wie Gomorra zu vernichten, nicht um Kalbsanbeter zu stürzen und zu töten. Elisa kommt hierher, weil er eine himmlische Vision hat. Und dennoch ist es bemerkenswert – es ist eine der großen Ausnahmen bei diesem Propheten – dass er zwar diese himmlische Vision hatte, doch ein Wehe über den kommt, der ihn beleidigt. So ist auch der wiederkommende Herr Jesus Christus der moralische Richter auf der Erde: Seine strengsten Urteile werden vom Himmel ausgehen.

Hier wird, wenn ich es so ausdrücken darf, ein kleinwenig dargestellt, was mit den letzten Spöttern geschehen wird. Hier gibt es solche, die den Propheten beleidigen. Es mögen nur kleine Kinder sein, aber kleine Kinder sprechen oftmals die Meinung ihrer Eltern aus. Wie oft kann man an dem, was kleine Kinder sagen, erkennen, was zu Hause schiefläuft. So ist es auch bei diesen Kleinen, die Elisa verspotten und rufen: „Komm herauf, Kahlkopf! Komm herauf, Kahlkopf!“ Dass es Spott war, der das Land erfüllte, steht außer Frage. Elia war hinaufgenommen worden und es war so, als würde man Elisa nun sagen, dass er ihm besser dorthin gefolgt wäre, dass also Elisa besser denselben Weg wie Elia genommen hätte. Zweifellos wäre es eine Erleichterung für die fleischlichen, weltlichen, götzendienerischen und bösen Menschen im Land Israel, gäbe es keinen Elia und keinen Elisa. Es war also der Spott des Unglaubens, denn wenn die Menschen ernsthaft erkannt hätten, dass Elia in den Himmel aufgefahren war und dass Elisa einer war, der hier auf der Erde den Willen Gottes tat, hätten weder die kleinen Kinder noch ihre Eltern ihre bösen Gedanken und Gefühle gegen den Herrn so ausgedrückt. Und so war es auch. An dieser Stelle sehen wir bei Elisa erneut die ernste Tatsache (nur in einer außergewöhnlichen Weise), dass Gericht das himmlische Zeugnis begleitet.

Genau dasselbe finden wir bei Paulus. Und auch Petrus spricht nicht nur vom Tag des Herrn, sondern von einem Gericht, das notwendigerweise vom Herrn Jesus Christus auf der Erde vollzogen wird. Entsprechend fluchte er diesen Kleinen, die so redeten, im Namen des Herrn. „Da kamen zwei Bären aus dem Wald und zerrissen von ihnen 42 Kinder. Und er ging von dort zum Berg Karmel; und von dort kehrte er nach Samaria zurück“ (V. 24–25). Der Himmel ist keineswegs der typische Ort, von dem Gericht ausgeht. Während der Herrschaft des Tausendjährigen Reiches wird der Himmel die Quelle ungezählter Vorzüge und Segnungen sein, und zwar in einem reichhaltigeren Maß, als es die Welt je zuvor erfahren hat. So finden wir in Elisa hier eine weiterführende Illustration.

Fußnoten

  • 1 Der König sandte nach einem Wort zu dem Götzen Baal-Sebub. (Anm. d. Übers.)
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