Auf dass Er uns zu Gott führe

Auserwählung

Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe; und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade. (Eph. 1,3–6)

In der vergangenen Woche haben wir anhand des Wortes Gottes gesehen, wie Gott uns verlorene Sünder zu seinen Kindern gemacht hat, auf welche Weise dies geschah und welche Segnungen damit in Verbindung stehen. Wir haben etwas gesehen von dem Werk des Heiligen Geistes in uns, das er tun konnte aufgrund des Werkes des Herrn Jesus für uns. Nur aufgrund des Werkes des Herrn Jesus für uns konnte der Heilige Geist uns zur Bekehrung, zur Buße bringen, durch die neue Geburt ein neues Leben in uns bewirken und uns dazu bringen, das Evangelium anzunehmen. Dadurch bekamen wir die Gewissheit, dass unsere Sünden vergeben sind und dass wir, was unsere alte Natur betrifft, mit Christus am Kreuz gerichtet worden sind. Wir sind gerechtfertigt und haben Frieden mit Gott. Wir sind befreit von der Macht Satans, der Sünde und der Welt.

Wir sind das Eigentum Christi geworden, und Gott hat sein Siegel auf uns gesetzt: der Heilige Geist kam, um in uns zu wohnen. Aufgrund dieser Tatsachen, dass wir durch die neue Geburt neues Leben empfangen haben, das ewige Leben, das das Leben des Herrn Jesus selbst ist, und der Heilige Geist in uns wohnt, wissen wir, dass wir Kinder Gottes sind. Gott, der Heilige Geist wohnt in uns, Gott, der Sohn, ist unser Leben, und der Vater unseres Herrn Jesus Christus ist nun auch unser Vater. In seinem Haus werden wir in Ewigkeit sein, denn nachdem der Herr Jesus zu dem Vater zurückgekehrt ist, hat Er dort eine Stätte für uns bereitet.

Nun, all diese Segnungen haben wir aufgrund des Werkes des Herrn Jesus erhalten. Wir haben überhaupt erst etwas von der Gnade Gottes kennen gelernt, als wir sahen, welch ein Werk der Herr Jesus auf dem Kreuz vollbracht hat. Das Erste, was wir da erkannten, war, dass Gottes Zorn uns nicht mehr erreichen konnte – ich sage bewusst: konnte –, weil der Herr Jesus für uns gestorben ist. Wenn wir das verstanden haben, sehen wir in Gottes Wort, dass die Gnade nicht erst bei dem Kreuz ihren Anfang nahm, sondern dass sie in dem Herzen Gottes schon bestand, bevor der Herr Jesus auf diese Erde kam, ja, bevor der Mensch erschaffen war. Schon vor Grundlegung der Welt hatte Gott den Plan in seinem Herzen, uns alle diese Segnungen zu geben, von denen wir in Epheser 1 gelesen haben.

Auch aus Johannes 3,16 können wir ersehen, dass das Vorhaben, uns alle diese Segnungen zu geben, seinen Ursprung in dem Herzen des Vaters hat: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ Doch in den Versen, die wir soeben gelesen haben, erfahren wir (wie auch an vielen anderen Stellen), dass Gottes Pläne, seine Ratschlüsse, nicht erst zu dem Zeitpunkt, als der Herr Jesus auf diese Erde kam, entstanden oder ihren Anfang nahmen, sondern dass Gott, bevor es Menschen gab, ja, vor Grundlegung der Welt, also vor Beginn der Zeit, schon festgelegt hat, dass wir diese Segnungen erhalten sollten. Das, was wir empfangen haben, unsere Stellung und unsere Segnungen haben nichts mit der Zeit zu tun, sondern sind ewige Dinge. Ein Christ ist man nicht nur für die Zeit auf der Erde, sondern für alle Ewigkeit.

Das wird uns besonders klar, wenn wir die christliche Stellung mit der Stellung der Israeliten, des irdischen Volkes Gottes, und auch mit der Stellung der Gläubigen aus den Völkern in der Zukunft nach der Entrückung der Versammlung vergleichen. Von Israel wissen wir, dass es auserwählt ist von Grundlegung der Welt an (siehe z. B. Mt 25,34), und in Offenbarung 13,8 lesen wir dasselbe von den Gläubigen, die in der Zeit der großen Drangsal auf der Erde leben werden, wobei es sich sowohl um Gläubige aus den Juden als auch um Gläubige aus den Nationen handeln wird. Sie stehen von Grundlegung der Welt an in dem Buch des Lebens geschrieben. Der Ausdruck „von Grundlegung der Welt an“ steht also mit dieser Erde in Verbindung. Die besondere Stellung des Volkes Israel währt nur so lange, wie die Erde in ihrer jetzigen Form besteht. Selbst die Segnungen, die die Gläubigen in der Zeit nach der Entrückung der Versammlung sowie auch die Gläubigen des Alten Testamentes genießen werden, ganz gleich, ob es sich um Israeliten handelt oder um Gläubige aus den Nationen, stehen in Verbindung mit der Grundlegung der Welt, also der Erschaffung der Erde. Sie sind auserwählt von Grundlegung der Welt an. In Offenbarung 21 sehen wir sie auf der neuen Erde. Dort ist ihr Teil, obwohl ihre Segnungen dann auch kein Ende haben werden. In Epheser 1 wird von den Christen gesagt, von denen, die Glieder des Leibes Christi sind, dass ihre Auserwählung schon vor der Grundlegung der Welt stattgefunden hat, also vor der Schöpfung. Das macht klar, dass die Auserwählung außerhalb dieser irdischen Schöpfung, ja selbst außerhalb der Erschaffung der Himmel steht. Unsere Segnungen liegen außerhalb dieser Schöpfung. In alle Ewigkeit werden wir im Haus des Vaters sein, in dem nicht erschaffenen Himmel, der ewigen Wohnung des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

In den Versen, die wir gelesen haben, geht es um diese Auserwählung. Die meisten von uns werden wissen, dass die Auserwählung für viele schwer zu verstehen ist. Ich möchte dazu ein Beispiel erzählen. Vor Jahren arbeitete bei mir im Büro ein junger Mann aus einer calvinistischen Familie, dessen Vater Ältester in der Kirche war. Ich kannte ihn recht gut und bin überzeugt, dass er von neuem geboren war. Eines Tages hatte der junge Mann für den Abend einen Autoausflug mit seinem Onkel vor. Ich fragte ihn: Rudolf, wohin gehst du, wenn ihr heute Abend verunglücken solltet? Er antwortete, er wisse es nicht, mit der Begründung: Man kann doch nicht wissen, ob man in den Himmel kommt, denn man weiß schließlich nicht, ob man auserwählt ist. Wer nicht auserwählt ist, kommt nicht hinein. Darauf zog ich mein Neues Testament aus der Tasche und las ihm die Anfänge einiger Briefe vor. Die Korinther werden als Geheiligte in Christus Jesus, als berufene Heilige angeredet, die Epheser als Heilige und Treue in Christus Jesus und die Kolosser als heilige und treue Brüder in Christus. Daraufhin fragte ich ihn: Wie konnte der Apostel Paulus das schreiben, wenn er nicht wusste, ob seine Adressaten auserwählt waren? Glaubst du, dass er in Gottes Ratschlüsse eingeweiht war und daher wusste, wer auserwählt war? Natürlich verneinte der junge Mann das. Ich entgegnete, dass es so sei, dass kein Mensch Einblick hat in das Buch der Ratschlüsse Gottes. Doch dann las ich aus dem ersten Brief an die Thessalonicher vor: „Wir danken Gott allezeit für euch ... wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung“ (Kap 1,2.4), und fragte ihn erneut, wie Paulus wissen konnte, dass die Thessalonicher auserwählt waren, wenn es stimmt, dass man nicht wissen kann, ob man auserwählt ist? Der junge Mann antwortete, dass er das nicht erklären könne. Ich erwiderte, dass das sehr einfach zu erklären sei, weil Paulus selbst hinzufügt, woher er wusste, dass sie auserwählt waren: „Denn [dieses Bindewort ist eine Begründung für das vorher Gesagte] unser Evangelium war nicht bei euch im Wort allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in großer Gewissheit, wie ihr wisst, was wir unter euch waren um euretwillen. Und ihr seid unsere Nachahmer geworden und des Herrn, indem ihr das Wort aufgenommen habt“ (1.Thess 1,5.6). Die Tatsache, dass sie das Evangelium aufgenommen hatten, war der Beweis, dass sie auserwählt waren. So konnte der Apostel Paulus schreiben: „Wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung“ (V. 4).

Vor Jahren – ich habe dieses Beispiel bereits diese Woche einmal erzählt – verkündigte ich auf einer Insel in Holland das Evangelium. Nach der Zusammenkunft sprach ich mit einem Mann, der einwandte, so einfach sei das alles nicht. Man wisse ja nicht, ob man auserwählt sei, und überdies könne man sich auch gar nicht selbst bekehren, das müsse einem gegeben werden. Ich forderte den Mann auf, mit mir eine Tasse Kaffee zu trinken. Als der Kaffee kam, nahm er seine Tasse und trank. Ich fragte ihn scheinbar erstaunt: Können Sie so einfach Ihren Kaffee trinken? Muss Ihnen die Kraft, die Tasse zu nehmen und auszutrinken, nicht gegeben werden? Diese Kraft haben Sie nicht aus sich selbst, denn Gottes Wort sagt, dass der Herr Jesus alles trägt durch das Wort seiner Macht (Hebr 1,3). Mein Gesprächspartner sah mich ganz verblüfft an und äußerte: Nun ja, wenn Gott mir eine Tasse Kaffee gibt, dann gibt er mir doch wohl auch die Kraft, diesen Kaffee anzunehmen und zu trinken. So, antwortete ich darauf, Sie glauben also, dass Gott, wenn Er Ihnen eine Tasse Kaffee anbietet, Ihnen auch die Kraft gibt, sie zu nehmen. Aber wenn Gott Ihnen seine Gnade anbietet, damit Sie errettet werden können, dann sind Sie nicht sicher, ob Er auch bereit ist, Ihnen die Kraft zu geben, das anzunehmen. Wenn Gott Ihnen sagt: Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst, dann warten Sie still darauf, ob Gott Ihnen auch die Kraft gibt, das zu tun. Wenn Sie immer nur warten wollen, dann werden Sie niemals wissen, ob Sie diese Kraft haben. Haben Sie schon einmal versucht, das Wort Gottes anzunehmen? Wenn Gott sagt: Komm, lass dich mit mir versöhnen (vgl. 2. Kor 5), haben Sie dann schon einmal Gott geantwortet: Hier bin ich? Haben Sie, wenn Gott verlangt, dass Sie Buße tun (Apg 17), Sich schon zu Gott gewandt und Ihm Ihre Sünden bekannt? Und wenn Gott in Offenbarung 22 auffordert: Wer will, der komme und nehme das Wasser des Lebens umsonst, sind Sie dann schon zu Gott gekommen, um das Wasser des Lebens anzunehmen? Mein Gesprächspartner gab zu: Nein, das habe ich nie getan. Ich entgegnete: Ich habe gewusst, dass Sie das nie getan haben. Denn wenn Sie es getan hätten und Gott hätte Ihnen dann nicht Ihre Sünden und ihre Schuld vergeben, wären Sie der erste gewesen, den Gott zurückgewiesen hätte, Gott hat noch nie jemanden, der zu Ihm gekommen ist, zurückgewiesen. In 1.Timotheus 2,4 lesen wir, dass unser Heiland-Gott will, „dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn Gott ist einer, und einer Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab zum Lösegeld für alle.“ Alle können das in Anspruch nehmen, denn das Lösegeld reicht für alle aus; das ist die Bedeutung des griechischen Ausdrucks hier.

Andere behaupten, dass Gott bestimmte Menschen auserwählt habe, errettet zu werden, und andere, verloren zu gehen. Letztere könnten, so sagen sie, nicht errettet werden, weil Gott festgesetzt habe, dass sie verloren gehen. Es gibt calvinistische Kirchen, in deren Bekenntnisschriften gesagt wird, dass Gott einen Beschluss der Errettung und einen Beschluss der Verwerfung gefasst hat. Danach hätte Gott wirklich Menschen dazu bestimmt, ewig verloren zu gehen. Aber Gottes Wort sagt das an keiner Stelle. Wir haben hier ein Beispiel menschlicher Logik vor uns, die in bestimmten Bereichen des Lebens durchaus richtig ist, aber in göttlichen Dingen sehr falsch sein kann. Die Lehre, dass alle diejenigen, die nicht auserwählt sind, zuvorbestimmt sind, verloren zu gehen, ist genauso falsch wie die Ansicht, dass alles, was nicht schwarz ist, weiß sein muss.

Diejenigen, die daran festhalten, dass Gott Menschen im Voraus dazu bestimmt habe, verloren zu gehen, nehmen gewisse Stellen aus dem Wort Gottes und wollen damit die Richtigkeit ihrer Ansicht beweisen. Ich möchte kurz auf diese Stelle eingehen, bevor ich weiter über Epheser 1 spreche. Wir werden dabei sehen, dass es eigenes Verschulden ist, wenn jemand verloren geht, und dass nirgendwo in der Schrift steht, dass Gott Menschen im Voraus dazu bestimmt hat. Die Aussage von 1.Timotheus 2,4 ist klar genug: Gott, unser Heiland will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Dies wäre eine Lüge, wenn Gott Menschen im Voraus dazu bestimmt hätte, verloren zu gehen.

In Römer 2,6–11 lesen wir, dass Gott „einem jeden vergelten wird nach seinen Werken: denen, die mit Ausharren in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit suchen, ewiges Leben; denen aber, die streitsüchtig und der Wahrheit ungehorsam sind, der Ungerechtigkeit aber gehorsam, Zorn und Grimm. Drangsal und Angst über jede Seele eines Menschen, der das Böse vollbringt, sowohl des Juden zuerst als auch des Griechen; Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen; denn es ist kein Ansehen der Person bei Gott.“ Für viele Gläubige sind diese Verse schwer zu verstehen. Wenn man sie liest, könnte man meinen, dass der Mensch aufgrund von Werken errettet wird. Doch Römer 4 sagt ausdrücklich, dass das nicht möglich ist. Dennoch steht es hier. Das ist die Gerechtigkeit Gottes: Gott ist in allem, was Er tut, immer gerecht; Gott wird in allen, die das ewige Leben erhalten, überhaupt in allen Gläubigen, in allen, die nicht verloren gehen, gerechtfertigt werden. Ich zweifle nicht daran, dass es Ungläubige gibt, die sich im täglichen Leben hier auf der Erde besser verhalten haben als ich. Es gibt Ungläubige, von denen man sagen muss, dass sie, soweit man sehen kann, tadellos leben. Ich dagegen habe nicht tadellos gelebt. Denken wir nur an einen Mann wie Albert Schweitzer, der sein Leben damit verbrachte, Armen und Kranken zu helfen, so nötigt uns das Respekt ab. In den Regierungswegen Gottes mit seinen Geschöpfen wird er großen Lohn empfangen haben. Und doch ist dieser Mann verloren – es sei denn, dass er sich in den letzten Stunden seines Lebens bekehrt hat –, denn er leugnete, dass der Herr Jesus Gottes Sohn ist, und lehrte, Er sei lediglich ein Mensch gewesen. Doch wenn er vor dem Richterstuhl Christi stehen wird, wird er vielleicht auf mich zeigen und sagen: Mein Leben ist jedenfalls besser gewesen als das seine. Doch dann kann Gott fragen: Hast du mit Ausharren in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit gesucht? Dann wird er zugeben müssen: Nein, das habe ich nicht getan. Er mag gut gelebt haben, aber er hat nicht mit Ausharren in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit gesucht. Denn diese Dinge sucht man nur bei Ihm, bei Gott, dem Schöpfer, der diese Dinge hat. Und dort hat ein Mann wie Schweitzer sie nicht gesucht. Er hat die Gnade Gottes abgewiesen, als Gott ihn bat: Komm, lass dich mit mir versöhnen! Gott wird zu ihm sagen: Du hast das Werk des Herrn Jesus abgelehnt und die Gnade nicht gewollt. Du hast diese Dinge nicht gesucht, und warum sollte ich sie dir geben, wenn sie dich gar nicht interessiert haben? Dieser Hendrik Heijkoop hat sie jedoch gesucht. – Ich weiß, dass es nur Gottes Gnade ist, dass Er mich dazu gebracht hat, sie zu suchen. Aber ich habe sie gesucht und meine Zuflucht zu dem Herrn Jesus genommen, Ihm meine Sünden bekannt und Ihn um Gnade angefleht. Ich habe Ihn um Herrlichkeit, Ehre und Unverweslichkeit gebeten. Gott kann, um bei unserem Beispiel zu bleiben, sagen: Ich habe ihm das, worum er mich gebeten hat, gegeben; du hingegen hast es nicht gewollt. Das ist die Gerechtigkeit Gottes: sie erweist sich auch dann, wenn es sich um die Gnade handelt; denn denen, die sie suchen, gibt er sie, und denen, die sie verwerfen, gibt Er sie nicht. Dabei wissen wir, dass Er uns nur aufgrund des Werkes des Herrn Jesus Gnade erwiesen hat. Der Herr Jesus hat unser Gericht getragen, und wir haben Ihn angenommen.

In Bezug auf die Ungläubigen heißt es in Römer 2,4: „Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut, nicht wissend, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet? Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes.“ Diese Stelle möchte ich im Zusammenhang mit einigen Versen aus Römer 9 lesen, wo es auch um diese Dinge geht. In Vers 13 heißt es: „Den Jakob habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehasst.“ Ich kann nicht auf alle Verse dieses Kapitels eingehen, die als Beweis dafür angeführt werden, dass Gott einige Menschen auserwählt hat und andere im Voraus zum Verderben bestimmt hat. Dabei müssen wir erstens bedenken, dass der Anfang von Römer 9 nichts mit der Ewigkeit zu tun hat, sondern mit der Stellung, die Gott bestimmten Menschen (wie hier Jakob und Esau) auf der Erde gegeben hat. Zweitens sind die Worte aus Vers 13 ein Zitat aus Maleachi 1,2.3 und hat Gott diese Worte also etwa 1400 Jahre nach dem Tod Jakobs und Esaus ausgesprochen. Zurückschauend auf das Leben dieser beiden Männer ließ Gott durch den Propheten Maleachi sagen: „Den Jakob habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehasst.“ Das hat also überhaupt nichts mit der Auserwählung zu tun.

Erst in den weiteren Versen von Römer 9 lesen wir, dass Gott das Recht hat, zu tun, was Er will. Selbst wenn Gott im voraus Menschen dafür bestimmt hätte, für ewig in der Hölle zu sein, hätte Er nur das getan, wozu Er ein Recht hat: „Ja freilich, o Mensch, wer bist du, der du das Wort nimmst wider Gott? Wird etwa das Geformte zu dem Former sagen: Warum hast du mich also gemacht? Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen?“ (V. 20.21) Wer ist der Mensch, der zu seinem Schöpfer, der ihn zu seinem eigenen Nutzen gemacht hat, sagen könnte: Du darfst nicht mit mir tun, was Du willst!? Gott hat zwar dieses Recht, aber Er hat von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht. Gott liebt seine Geschöpfe und möchte, dass sie glücklich sind. Er will sie segnen, wie nur ein allmächtiger Gott segnen kann. Gott ist nicht so, wie der Diener in Matthäus 25,24 sagt: „Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist: du erntest, wo du nicht gesät, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast.“ In Johannes 4 sagt der Herr Jesus zu der Frau am Jakobsbrunnen: „Wenn du die Gabe Gottes kenntest“ (V. 10). Damit meint der Herr nicht so sehr eine bestimmte Gabe, sondern die Tatsache, dass Gott der Gebende ist. Im Alten Testament forderte Gott, doch im Neuen Testament hat Er sich offenbart als der, der geben will. Zu dieser Gabe Gottes gehört alles, was Er gibt. Natürlich ist der Herr Jesus die höchste seiner Gaben; aber hierbei können wir an alles denken, was damit in Verbindung steht. Das gilt auch für die Stelle in 2. Korinther 9,15: „Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“

Wir haben also gesehen, dass sich der Vers: „Den Jakob habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehasst“, auf das Leben der beiden hier auf der Erde bezieht. Doch in Römer 9,22 haben wir einen Vers, der sich tatsächlich auf die Ewigkeit bezieht: „Wenn aber Gott, willens, seinen Zorn zu erzeigen und seine Macht kundzutun, mit vieler Langmut ertragen hat die Gefäße des Zornes, die zubereitet sind zum Verderben ... „. Es gibt also Gefäße, die zum Verderben zubereitet sind. Aber hier steht nicht dabei, wer sie zubereitet hat. Von Gott lesen wir nur, dass Er sie mit vieler Langmut ertragen hat. Die Antwort haben wir bereits in Kapitel 2,5 gefunden: „Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes, welcher einem jeden vergelten wird nach seinen Werken.“ Es gibt also Gefäße des Zorns, die zum Verderben zubereitet sind. Doch nicht Gott hat sie dazu zubereitet, sondern sie sich selbst.

Ich möchte dir, wenn du noch nicht Buße getan hast und mit deiner Sünde und Schuld noch nicht zu Gott gegangen bist, eine Frage stellen. In 2. Korinther 5,20.21 lesen wir: „So sind wir nun Gesandte für Christum, als ob Gott durch uns ermahnte (oder: flehen würde); wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Er, der Schöpfer von Himmel und Erde fleht die Menschen, kleine, nichtige Geschöpfe, die seine Feinde sind, an: Komm, lass es zu, dass ich dein Herz mit mir versöhne! Du bist mein Feind, aber ich will dein Herz versöhnen! Zum Beweis dafür, dass ich es wirklich so meine, dass ich dich liebe und dich zu meinem Freund machen will, habe ich Den gegeben, der Sünde nicht kannte, und habe Ihn für dich zur Sünde gemacht, damit du in Ihm Gottes Gerechtigkeit würdest (vgl. 2. Kor 5,21). Welche Strafe hältst du für gerecht für ein Geschöpf, das es wagt, seinem Schöpfer zu sagen: Ich will diese Gnade nicht! Ich will deine ausgestreckte Hand nicht annehmen und lasse es nicht zu, dass Du die Feindschaft aus meinem Herzen wegnimmst. Was wäre wohl eine gerechte Vergeltung für diese Tat? Musst du nicht erkennen, dass du wirklich ein Gefäß des Zorns bist, das zum Verderben zubereitet ist, und dass die schrecklichste Strafe Gottes nicht schwer genug ist für solch eine Tat? Ich spreche hier nicht von deinem Leben, von deinen bösen Taten, Worten oder Gedanken, sondern nur davon, dass du das Opfer des Herrn Jesus und die Gnade Gottes verschmähst; dass es dir gleichgültig ist, dass der Vater seinen eingeborenen Sohn gab. Verdient solch ein Mensch, der diese Gnade verwirft, etwas anderes als den Zorn Gottes und das Verderben? Doch dieser Mensch hat sich das Verderben selbst zubereitet, indem er die ausgestreckte Hand Gottes nicht angenommen hat, der ihn mit vieler Langmut ertragen hat.

Dazu möchte ich eine Begebenheit erzählen. Vor einigen Jahren kam ein alter Mann zu mir ins Büro, um eine Rechnung zu bezahlen. Auf meine Frage, wie alt er sei, antwortete er: Siebzig Jahre. Darauf sagte ich: Dann kommt bald der Tag, an dem Sie diese Erde verlassen müssen. Wissen Sie, wohin Sie gehen, wenn Sie sterben? Der Mann reagierte mit einer furchtbaren Lästerung über den Vater in Verbindung mit der Sohnschaft des Herrn Jesus, dass ich sie nicht wiederholen kann. Ich entgegnete darauf nur, dass das Gericht Gottes kommen würde, wie Hebräer 9,27 sagt: „Und ebenso wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht ...“ Der alte Mann sprach erneut eine Lästerung aus. Gott ließ ihn ruhig nach Hause gehen, und er hat noch einige Jahre gelebt. Dann ließ Gott ihn, äußerlich gesehen, ruhig sterben. So langmütig ist Er!

Ich habe eine ungläubige Frau gekannt, deren gläubige Tochter oft mit ihr darüber sprach, dass sie sich bekehren müsse, doch die Mutter wollte nicht. Als die Tochter Witwe wurde, nahm sie die damals 75-jährige Mutter zu sich. Zehn Jahre später, mit fünfundachtzig Jahren, bekehrte sich die Mutter schließlich. Fünfundachtzig Jahre lang hatte sie die Gnade Gottes verschmäht und abgewiesen. Gott hatte sie so viele Jahre erhalten (nicht sehr viele Menschen werden fünfundachtzig Jahre alt), bis Er endlich Ihr Gewissen erreichen konnte und Er sie als sein Kind annehmen konnte. Bald darauf ist sie gestorben.

Einmal las ich von einem jungen Mann aus Holland, der mit etwa achtzehn Jahren nach Amerika auswanderte, dass er am letzten Sonntag vor seiner Abreise ohne ein festes Ziel in einem Dorf herumschlenderte. Dabei kam er in eine Kirche und hörte, wie der Pfarrer das Evangelium predigte. Am nächsten Tag fuhr er dann ab nach Amerika, arbeitete viele Jahre dort und wurde hundert Jahre alt. Dann rief Gott das, was er achtzig Jahre zuvor gehört hatte, in sein Gedächtnis zurück. Der Mann bekehrte sich, und Gott nahm diesen Mann in seiner Gnade an. Gott ließ ihn hundert Jahre alt werden, damit er sich noch bekehren konnte. Das ist seine Gnade! Das ist die Langmut Gottes, mit der Er auch die Gefäße des Zorns erträgt. Er hat es ertragen, dass Sünder seinen Sohn verschmähten, Ihn anspieen, Ihn mit ihren schmutzigen Händen griffen, Ihn geißelten und ins Gesicht schlugen. Gott hätte sie tot niederfallen lassen können. Doch Er hat sie ertragen, damit sie noch Zeit hätten, sich zu bekehren. Das ist Gott!

Dann heißt es weiter in Römer 9,23: „... damit er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die er zur Herrlichkeit zuvor bereitet hat.“ Diese Gefäße hat Gott zubereitet. Ich habe mich selbst nicht zubereitet, sondern Er hat es getan. Ich wollte eigentlich gar nicht, sondern Er hat mich in seiner Liebe dazu gezwungen. Er brachte mich in Sündennot, so dass ich nicht anders konnte, als zu Ihm zu fliehen. Nein, Gott hat durchaus nicht die Gefäße des Zorns, wohl aber die Gefäße der Barmherzigkeit zubereitet. Gott trauert über die Gefäße des Zorns. Aber weil Er gerecht ist, muss Er sie richten, nachdem Er sie mit vieler Langmut ertragen hat. Wie schrecklich ist es, wenn Menschen die Gnade des allmächtigen Gottes, des Schöpfers, abweisen und das Werk des Herrn Jesus verschmähen.

Gottes Wort spricht also an keiner Stelle über einen Beschluss der Verwerfung. Ja, Menschen gehen verloren, aber das geschieht nur deshalb, weil sie nicht errettet werden wollten und die Gnade abwiesen. Vor zwei Jahren schrieb ein Professor der Theologie in Holland etwa wie folgt: Ich habe keinen Bedarf an Gnade und will sie nicht aufgrund dessen, was ein anderer getan hat. Gebt das, was mir davon zugedacht war, meinem Hund! Dabei hatte er das Werk des Herrn Jesus im Auge. Was glaubst du, der du den Herrn Jesus kennst und weißt, dass Er der Sohn Gottes ist, was die gerechte Strafe für einen Mann ist, der es wagt, so etwas über den Sohn Gottes zu schreiben, den Schöpfer von Himmel und Erde, der sich in unendlicher Liebe als Lösegeld für alle gab, damit auch für jenen Mann die Möglichkeit bestände, gerettet zu werden?

In Römer 9,23 haben wir also von der Auserwählung der Gläubigen gelesen. Nun wird oft eingewendet: Wenn Gott also Menschen zum Leben erwählt hat, dann folgt doch daraus, dass die anderen dazu bestimmt sind, verloren zu gehen. Aber das ist durchaus nicht so, weil Gottes Wort das nicht sagt. Es ist allenfalls menschliche Logik. Wir dürfen uns nicht einbilden, dass wir die Weisheit Gottes hätten und das beurteilen könnten. Es ist für uns unbegreiflich, warum Gott Menschen für die Herrlichkeit auserwählt hat. Ein Bruder gebrauchte einmal das Beispiel von Eisenbahnschienen und sagte: Die eine Schiene ist die Auserwählung und die andere die Gnade. Wenn man den Schienen entlangsieht, treffen sie sich irgendwo in der Unendlichkeit. Wenn wir bei dem Herrn sind, werden wir begreifen, dass Auserwählung und Gnade keinen Gegensatz bilden, sondern dass sie miteinander in Verbindung stehen.

Gott ist vollkommen gerecht, vollkommen weise, ist vollkommen Liebe. Alles, was Er tut, ist vollkommen, auch im Blick auf die Auserwählung. Gottes unendliche Gnade wird uns hier dargestellt. Gott sagt einem Sünder nicht: Du musst auserwählt sein, um errettet zu werden, sondern befiehlt ihm, sich zu bekehren. Wenn der Sünder das tun will, wird Gott ihm die Kraft dazu geben. Er sagt: „Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst“ (Offb 22, 17). Aber die meisten Menschen wollen das nicht. Und wir, die wir geglaubt haben, haben das Wunderbare erfahren, dass Gott uns „gezwungen“ hat. Er hat das mit moralischen Mitteln getan, nicht durch seine Allmacht. Gott erringt mit moralischen Mitteln seinen Sieg über Satan, der den Menschen mit List und nicht mit Zwang zum Sünder gemacht hat. So führt Gott den Menschen mit moralischen Mitteln zu sich zurück.

Wozu nun sind wir auserwählt? Wir haben in Epheser 1,3 gelesen, dass wir gesegnet sind mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo. Das geht viel weiter als die Bekehrung, die Vergebung der Sünden und auch die Befreiung. Wenn wir nur die Vergebung unserer Sünden hätten, würden wir zwar nicht in die Hölle kommen, aber auch nur weiter auf der Erde leben, allerdings ohne zu sterben. Die Vergebung der Sünden öffnet uns noch nicht den Himmel. Wir sind auserwählt, jede geistliche Segnung in den himmlischen Örtern zu empfangen. Wir sind auserwählt, Gottes eigenes Teil zu besitzen. Wir sind auserwählt, das Teil des Herrn Jesus, des ewigen Sohnes Gottes, zu besitzen, d. h. alle Segnungen, die es im Himmel gibt, nicht nur in dem erschaffenen Himmel, sondern vor allem in dem nichterschaffenen Himmel, dem Vaterhaus, wo der Herr Jesus eine Stätte für uns bereitet hat (Joh 14,3). Ist das nicht unendlich viel mehr, als die Vergebung der Sünden zu besitzen?

Gott hat uns auserwählt, bevor wir Sünder waren und bevor die Sünde existierte. Da hat Er uns dazu zuvorbestimmt, dass wir dieses Teil erhalten sollten. Als die Sünde hinzukam, änderte sich vieles in den Wegen Gottes, so dass wir hätten meinen können, dass es durch die Sünde unmöglich geworden wäre, dass Gott seine Ratschlüsse, uns ins Vaterhaus zu bringen, erfüllen konnte. Doch Gott wird alle seine Ratschlüsse verwirklichen. Seine Liebe verlangte danach, uns dennoch alles zu geben, wie Er es in der Ewigkeit beschlossen hatte. Das ist die unendliche Liebe und Gnade des Vaters, der uns selbst dann noch alles geben wollte, als wir Sünder geworden waren. Er ließ den Herrn Jesus ans Kreuz gehen, damit Er dort unser Gericht trug. Aber wir sehen auch die Weisheit Gottes: Nachdem der Herr Jesus unser Gericht getragen hatte, war es die Gerechtigkeit Gottes, dass Er uns diese Segnungen gab. Es war der Ratschluss Gottes, dass wir dem Bild seines Sohnes gleichförmig sein sollten, wie wir in Römer 8,29 lesen. Der Vater hat uns auserwählt, dass wir Ihm gleichförmig sein sollten, der vor aller Ewigkeit in seinem Schoß war, der die Wonne seines Herzens war und Den Er mit der ganzen Liebe liebte, die der ewige Vater zu seinem ewigen Sohn haben konnte, zu dieser wunderbaren Person, die mein Heiland geworden ist. Mit eben dieser Liebe wollte der Vater uns lieben. Er wollte uns dem Bild seines Sohnes gleichförmig machen und uns denselben Platz geben, den dieser Sohn hatte, wenn Er auch immer der Erstgeborene unter vielen Brüdern sein wird. Das ist Auserwählung.

Gott wollte, dass wir „heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe“ (Eph 1,4). Das geht weit über den Zustand hinaus, in dem Adam sich vor dem Sündenfall befand. Adam war vor dem Sündenfall nicht heilig. Heilig bedeutet, die Sünde zu kennen, aber getrennt von ihr zu sein. Als Adam erschaffen war, war er rein, aber nicht heilig. Er kannte die Sünde nicht. Uns jedoch hat Gott dazu bestimmt, heilig zu sein. In der Gegenwart Gottes kann man nur sein, wenn man heilig ist, denn Gott ist heilig. Er ist Licht, und gar keine Finsternis ist in Ihm (1. Joh 1,5). Man kann auch nicht in der Gegenwart Gottes sein, wenn man nicht tadellos ist, denn in seiner Gegenwart kann keine Sünde bestehen. So hat Gott uns dazu auserwählt, dass wir heilig und tadellos seien vor Ihm, und zwar „in Liebe“, wie es in Epheser 1,4 heißt. Wie könnten wir Gemeinschaft mit Ihm haben, der Liebe ist (1. Joh 4, 8.16), wenn wir nicht in Liebe heilig und tadellos vor Ihm wären! Seine Natur ist Liebe, und sein Wesen ist Licht. So hat Er uns auserwählt, heilig und tadellos vor Ihm zu sein in Liebe.

Doch die Segnungen in Epheser 1 reichen noch weiter. Auch die Engel, seine Diener, sind tadellos, sind in Übereinstimmung mit seinem Licht. Doch Gott wollte uns nicht zu Dienern machen: Er hat uns zuvorbestimmt zur Sohnschaft (V. 5). Sohnschaft geht weiter als Kindschaft. Sohnschaft bedeutet in der Schrift ein vertrautes Verhältnis zwischen Vater und Sohn und setzt eine gewisse Reife des Sohnes voraus. Bei Kindschaft geht es mehr um das Verwandtschaftsverhältnis, um die Tatsache, dass wir als Kinder Gottes aus Gott geboren sind (vgl. 1.Joh 2,19–3,1). Bei Sohnschaft geht es darum, dass der Sohn erwachsen ist und der Vater mit dem Sohn über alles sprechen kann, was ihn beschäftigt. Der Vater kann sich dem Sohn anvertrauen, und der Sohn hat ein Interesse an den Gedanken des Vaters. Gott wollte Söhne haben, die Er teilhaben lassen konnte an seinen Gedanken. Hier in Epheser 1,5 steht, dass Er „uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst“. Gott hat bei der Auserwählung nicht nur an uns gedacht, sondern auch an sich selbst. Er wollte Söhne haben für sich selbst, für sein eigenes Herz.

Gott hat uns auch zuvorbestimmt „nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade.“ Es ist nicht so, wie jemand einmal sagte, dass das Geheimnis der Auserwählung darin liege, dass Gott gewusst habe, dass wir uns bekehren würden. O nein! Es war das Wohlgefallen seines Willens, die Herrlichkeit seiner Gnade zu offenbaren. Gott wusste, wer wir sein würden, doch Er wollte seine Gnade offenbaren. Konnte Gott größere Gnade offenbaren als Er getan hat? Kleine Geschöpfe, die weit unter den Engeln stehen, die außerdem gefallen sind und sich in völligem Widerspruch zu Ihm befinden, die Finsternis sind, hassenswürdig und hassend, ohne Liebe und schuldig Ihm gegenüber, Geschöpfe, die ihren Schöpfer, den Sohn Gottes, ans Kreuz nagelten und die die Gnade Gottes nicht wollten – diese Geschöpfe hat Gott um den hohen Preis, dass Er seinen eigenen Sohn an ihrer Statt richten musste, genommen, sie über die Engel gestellt und ihnen sein eigenes Teil gegeben, das Teil des allein seligen Gottes, des dreieinigen, ewigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Mehr konnte selbst die Allmacht Gottes nicht tun. Alles das hat Er solchen Geschöpfen gegeben, wie wir waren, von denen Er sagen musste, dass all das Gebilde der Gedanken ihres Herzens nur böse ist und dass es Ihn in sein Herz hinein schmerzte, dass Er den Menschen gemacht hatte (1. Mo 6,5.6). Gott hat uns auserwählt, diese Segnungen zu empfangen. Das ist seine Gnade!

Nun könnten wir denken, dass Gott eine große Anzahl Menschen auserwählt habe und ich durch seine Gnade auch dazu gehören darf. Doch in Römer 8,29 lesen wir: „Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“ Er hat sie also zuvorerkannt. Er hat mich gekannt. Als Er seinen Ratschluss der Auserwählung fasste, hat Er mich bei meinem Namen genannt und gesagt: Dieser wird daran teilhaben. Er hat jeden unter uns, der jetzt ein Kind Gottes ist, persönlich gekannt. Ist das nicht eine wunderbare Gnade? Vor Grundlegung der Welt, vor 1.Mose 1,1 hat Er bestimmt: Dieser Hendrik Heijkoop, der ein Sünder sein wird, ein nichtiges, verächtliches Geschöpf, soll später als mein Kind bei mir in der Herrlichkeit sein; er soll dem Bild meines eingeborenen Sohnes gleichförmig sein, an Dem ich mein Wohlgefallen gefunden habe. Ja, es ist so, wie ich bereits gesagt habe, dass Er diejenigen, die Er auserwählt hat, dem Herrn Jesus verheißen hat. Es steht nicht buchstäblich hier, aber wir haben in Titus 1,2 gesehen, dass Gott das ewige Leben vor ewigen Zeiten verheißen hat, als es weder Menschen noch Engel gab, sondern nur den dreieinigen Gott. Titus 1,2 kann deshalb nur bedeuten, dass Er diese Verheißung seinem Sohn gegeben hat und gleichsam zu Ihm gesagt hat: Es ist in meinem Herzen, diesen Hendrik Heijkoop und alle die anderen (die Gott alle mit Namen genannt hat), Dir gleichförmig zu machen, dass sie auch meine Söhne werden und Du der Erstgeborene unter vielen Brüdern bist. Er hat es Ihm, dem Sohn verheißen, weil auch der Sohn uns liebte und dasselbe wollte wie der Vater. Er ist ja Gott. Gott hat Ihm verheißen, jedem einzelnen von uns das ewige Leben zu geben, den Sohn selbst als unser Leben. Nur auf diese Weise konnte Er seinen Ratschluss der Auserwählung erfüllen.

Aber nicht nur das. Er hat dem Sohn gesagt, dass Er dafür das Werk am Kreuz vollbringen müsste, und der Sohn war bereit, das zu tun. Gottes Wort sagt uns das. Wir lesen in 1. Petrus 1, dass wir erlöst sind „mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; der zwar zuvorerkannt ist vor Grundlegung der Welt, aber offenbart worden am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt“ (V. 19–21). Vor Grundlegung der Welt also, als Gott uns auserwählte und dem Sohn die Verheißung gab, dass Er uns ewiges Leben geben würde, ist es gleichzeitig zwischen dem Vater und dem Sohn besprochen worden, dass der Sohn dazu das Lamm werden sollte, dass Er auf diese Erde kommen und ans Kreuz gehen müsste, um das Sühnungswerk zu vollbringen. Das war der einzige Weg, auf dem der Vater seinen Ratschluss der Liebe erfüllen und der Herr Jesus uns geben konnte, was auch in seinem Herzen war. Er wurde das Lamm ohne Fehl und Flecken, welcher – als Lamm – zuvorerkannt ist vor Grundlegung der Welt. Geoffenbart wurde das jedoch erst, als Er auf diese Erde kam. Johannes der Täufer sagte in der Kraft des Heiligen Geistes: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt“ (Joh 1,29). Die Reichweite dieses Verses geht noch über 1. Petrus 1,19 hinaus. Johannes sieht den Herrn Jesus hier als das Lamm, das in Zukunft die Sünde der Welt wegnehmen wird, wenn Himmel und Erde aufgrund seines Werkes mit Gott versöhnt werden. Durch dasselbe Werk auf dem Kreuz hat Er die Grundlage zu unserer Versöhnung gelegt und das Gericht über unsere Sünden getragen. Außerdem hat Er durch dieses Werk Gott so verherrlicht, dass Gottes Gerechtigkeit dadurch eine Grundlage hat, uns alle diese Segnungen zu geben.

Können wir das verstehen, dass wir dazu bestimmt sind, dem Bild des Sohnes Gottes gleichförmig zu sein? Diesen Ratschluss hat Gott in der Ewigkeit gefasst, als der Herr Jesus noch nicht Mensch geworden war! O ja, es ist wahr, dass der Herr Jesus Mensch werden musste, damit wir mit Ihm vereinigt werden konnten, denn wir, die wir Geschöpfe sind, konnten nicht mit dem Schöpfer vereinigt werden. Doch Gott hat vor Grundlegung der Welt bestimmt, dass wir dem Bild seines Sohnes gleichförmig sein sollten, und wir haben gesehen, dass der Sohn unser Leben geworden ist, der Sohn, von dem 1. Johannes 5,20 sagt, dass Er der wahrhaftige Gott und das ewige Leben ist. Was also mein Leben betrifft, bin ich Ihm schon jetzt gleichförmig, denn Er selbst ist mein Leben. Doch was unseren Leib angeht, ist das noch zukünftig, wie wir in Philipper 3,20 lesen: „Unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit.“ Wir werden also nicht einen Leib haben, wie der Herr ihn hier auf der Erde hatte, denn dieser Leib war auch für Ihn der Leib der Niedrigkeit, wir werden auch nicht einen Leib haben wie der Herr ihn hatte nach der Auferstehung, sondern unser Leib wird seinem Leib der Herrlichkeit gleich sein, wie der Herr ihn jetzt hat auf dem Thron seines Vaters in der Herrlichkeit Gottes. Dieser Leib wird unser Leib gleichförmig sein. „Wir werden ihm gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1. Joh 3,2). Wir werden Ihn wirklich kennen. So sagte der Herr Jesus in Johannes 17,3 zum Vater: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ Ihn werden wir sehen, wie Er ist, nicht nur, wie Er sich offenbaren wird. Wir werden sein Herz kennen, wir werden wissen, wie Er innerlich ist; wir werden die wunderbare Herrlichkeit kennen, die so groß ist, dass sie das Herz des Vaters in aller Ewigkeit mit Wonne erfüllte.

Bei alledem bleibt dennoch bestehen, was wir in Matthäus 11,27 lesen: „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater.“ Dieser Vers hat Bezug darauf, dass der Herr Jesus in einer Person Gott und Mensch ist. Es übersteigt all unser Denken und Verstehen, dass ein Mensch, ein kleines Kind in der Krippe, gleichzeitig der allmächtige Gott ist, der Himmel und Erde durch das Wort seiner Macht trägt. Wir wissen, was ein Mensch ist, denn wir selbst sind Menschen. Und wir können auch etwas von dem verstehen, was Gott ist, denn Gott hat sich offenbart. Aber dass ein und dieselbe Person der ewige Gott und zugleich wahrhaftig Mensch ist, das können wir nicht verstehen. Es ist für uns nicht zu begreifen, dass der Herr müde von der Reise am Jakobsbrunnen sitzt und zugleich der ewige Gott ist, der niemals müde und matt wird; wie kann Der, der da sitzt, der alles Wasser erschaffen hat und allen Menschen und Tieren ihre Nahrung gibt, dennoch hungrig und durstig sein? Er schickte seine Jünger, um Brot zu kaufen, und war doch zugleich Der, der den Heiligen Geist geben konnte. All das geht weit über unser Denkvermögen, unseren Intellekt, ja, sogar weit über unser geistliches Verständnis hinaus. Ich zweifle nicht daran, dass dies die Bedeutung von Matthäus 11,27 ist. Wenn wir dieses Geheimnis auch niemals ergründen werden, so werden wir doch den Herrn sehen, wie Er ist, und werden Ihn kennen. Das gilt für jeden Gläubigen, wie schwach er auch noch im Glauben sein mag. Und selbst wenn du noch nicht weißt, dass deine Sünden vergeben sind, du sie aber wirklich bekannt hast, darfst du wissen, dass es nach dem Ratschluss Gottes deine Zukunft ist, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein.

Weiter in Römer 8,30 lesen wir dann: „Welche er aber zuvorbestimmt hat, diese hat er auch berufen.“ Gott hat also festgelegt: Ich will diesen Hendrik Heijkoop berufen, auch wenn er nicht will. Diese Berufung ist ein anderer Ruf als in 2. Korinther 5, wo Christus durch seine Diener bittet: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Hier in Römer 8,30 ist es der Ruf seiner Allmacht, dem keiner widerstehen kann, wie auch ich es nicht konnte. Vor Grundlegung der Welt hat Gott festgelegt: Ich werde ihn berufen. Und was Gott festgelegt hat, ist so sicher, als wäre es schon geschehen. Dabei war ich überhaupt noch nicht geboren! Wie viele Millionen, ja, Milliarden von Jahren – um es einmal so auszudrücken – vor der Erschaffung der Welt und vor dem Beginn der Zeit hat Gott seinen Ratschluss gefasst! Doch es geht noch weiter in Römer 8,30: „Welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt.“ Wir haben an einem der Abende gesehen, dass ich durch den Glauben gerechtfertigt worden bin. Ich wurde gerechtfertigt, als ich an Den glaubte, der Jesum, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat. Doch vor Grundlegung der Welt hat Gott festgelegt: Ich werde ihn berufen, und ich werde ihn rechtfertigen. Ich wiederhole noch einmal: Wenn Gott etwas festlegt, dann ist es so sicher, als wäre es bereits geschehen. Mag die Ausführung auch noch Millionen von Jahren dauern, niemand kann sie verhindern. So ist es auch hier: „Welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht.“ Ich bin noch nicht verherrlicht, aber die Tatsache, dass es stattfinden wird, ist unumstößlich, denn es heißt: „Diese hat er auch verherrlicht.“ In den Gedanken Gottes ist das bereits geschehen, denn keine Macht, weder Hölle noch Satan, kann das verhindern. So steht es hier: Er hat sie berufen, Er hat sie gerechtfertigt, Er hat sie verherrlicht. Gott hat festgelegt, dass jeder von uns, der den Herrn Jesus kennt, verherrlicht wird.

Wenn der Herr Jesus kommt, vielleicht schon heute Abend, wird Er unsere Leiber der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit, und Er selbst wird uns einführen in das Haus des Vaters. Dann wird vollkommen in Erfüllung gehen, was wir in Epheser 1 gelesen haben, dass wir gesegnet sind mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus und dass wir heilig und tadellos vor Ihm in Liebe sind. Wir werden vollkommen dem entsprechen, was Gott ist: Heilig, tadellos, und das in Liebe. Wir werden dort sein als seine eigenen Kinder, als Söhne für sein Herz, die jetzt schon, aber dann auf immerdar, sagen werden: „Abba, Vater.“ Das sind dieselben Worte, mit denen der Herr Jesus den Vater anredete. Dann werden wir den Platz des Herrn Jesus in der Herrlichkeit mit Ihm teilen, und Er wird der Erstgeborene unter vielen Brüdern sein.

Wenn wir all diese Segnungen vor Augen haben und dann daran denken, wer wir in uns selbst sind, kommt dann nicht von selbst die Frage: Wie ist das alles möglich? Dann ergeht es uns wie den Söhnen Korahs, die im Glauben an das Wort Gottes singen: „Sie erscheinen vor Gott in Zion“ (Ps 84,7). Doch unmittelbar darauf sagen sie: „Nimm zu Ohren du Gott Jakobs!“ (V. 8) Sie sehen ihre kraftlosen Füße, ihr eigenes Leben und bekennen: Ja, nur der Gott, der Jakob ans Ziel brachte, kann auch uns dorthin bringen. Er wird es tun! Wenn ich mich selbst betrachte, sage ich: Wie kann ich durch diese Schwierigkeiten hindurch dorthin kommen, und wie kann Gott mich in eine solche Herrlichkeit aufnehmen? Doch Gott hat es festgelegt, und deshalb wird es auch geschehen. Doch Gott möchte, dass wir durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in uns wachsen und schon hier auf der Erde all die Segnungen, die mit dieser Stellung verbunden sind, praktisch in Besitz nehmen, wenn auch noch im Glauben. Gott wird uns dahin bringen, dass auch unser Leib an den Ergebnissen des Werkes des Herrn Jesus teilhat. Die vollständige Errettung schließt die Errettung unseres Leibes ein. Die Errettung der Seele haben wir schon jetzt, wie 1. Petrus 1,9 sagt, sofern wir wirklich die Wahrheit durch das Evangelium angenommen haben (Eph 1,13). Das bedeutet aber auch, dass wir im Hinblick auf unsere Sünden und auch auf unsere sündige Natur vollkommen auf das Werk des Herrn Jesus vertrauen und verwirklichen, dass wir mit Christus gestorben sind. Auf diese Weise hat Satan, die Welt und die Sünde keine Macht mehr über uns.

Und so erwarten wir die Erlösung unseres Leibes, wie wir in Römer 8 lesen: „Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung zusammen seufzt und zusammen in Geburtswehen liegt bis jetzt. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlinge des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in uns selbst, erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes. Denn in Hoffnung sind wir errettet worden. Eine Hoffnung aber, die gesehen wird, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, was hofft er es auch?“ (V. 22–24). Wenn dann auch unser Leib erlöst ist, wird der Ratschluss Gottes vollkommen erfüllt sein. Wir werden in das Haus des Vaters eingehen, in den ewigen, nichterschaffenen Himmel, und dort den Platz einnehmen, den Gott vor Grundlegung der Welt für uns bestimmt hat. Wir werden dort bei dem Herrn Jesus sein als seine Brüder, als Kinder des Vaters, denn Er hat uns zur Sohnschaft für sich selbst zuvorbestimmt, für sein eigenes Herz. Dann wird alles vollkommen erfüllt sein, und wir werden wirklich wissen und in Vollkommenheit in unseren Herzen genießen, was der Herr Jesus in Johannes 17,23 zu dem Vater gesagt hat: „Dass du ... sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast.“ Der Vater liebt uns schon jetzt hier auf der Erde so, wie Er den Herrn Jesus liebte, als Er auf der Erde war. Aber dann wird es in Vollkommenheit sichtbar sein, dass Er uns ebenso liebt wie den Herrn Jesus, weil wir seine Brüder sind und Er der Erstgeborene unter vielen Brüdern ist.

Vielleicht machst du zurzeit noch die Erfahrungen, die in Römer 7 beschrieben werden, und seufzt unter der Last deiner Sünde (nicht: Sünden) und über deinen Zustand. Doch wenn du wirklich deine Sünden bekannt hast, darfst du wissen, dass Gott dich doch ans Ziel bringen wird. Gott wird dich aus den Erfahrungen von Römer 7 in die Gewissheit und Freude von Römer 8 bringen. Trotz all unseres Unglaubens wird Gott doch sein Ziel mit uns erreichen. Denn die Gott berufen hat, die hat Er auch gerechtfertigt. Was Gott festgelegt hat, daran können wir nichts ändern. Gott wird seinen Ratschluss erfüllen. Wer von neuem geboren ist, auch wenn er noch nur seine Sünden sieht und denkt, dass er ein verlorener Sünder ist und noch keine Ahnung davon hat, dass er bereits teilhat an der Gnade Gottes und auch schon neues Leben bekommen hat, gilt für ihn doch, dass Gott ihn weiterbringen wird. In Philipper 1,6 sagt der Apostel Paulus: „Indem ich eben dessen in guter Zuversicht bin, dass der, welcher ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollführen wird.“

Gott wird jeden von uns, der auf diesem Weg ist und den Er berufen hat, auch zur Rechtfertigung und zur Herrlichkeit bringen. Jeder von uns wird am Ziel ankommen und all das erhalten, was Gott in seinem Ratschluss festgelegt hat. In welchem Maß wir das jetzt schon praktisch genießen, ist eine andere Frage und hängt davon ab, inwieweit wir dem Heiligen Geist Gelegenheit geben, in uns den Kampf gegen die Sünde zu führen (Gal 5,17). Sobald wir uns Gott übergeben und ganz einfach seinem Wort glauben, kann der Heilige Geist in uns das bewirken, was Gott möchte. Wie schade, wenn wir das Wirken des Geistes in uns hindern. Doch ungeachtet dessen wird Gott sein Wort erfüllen.

In Kolosser 1,12–14 lesen wir: „Danksagend dem Vater, der uns fähig (oder: passend, würdig) gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht (wir sind schon jetzt heilig und tadellos vor Ihm und würdig, das Erbe der Heiligen im Licht anzutreten), der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.“ Auch das ist schon jetzt eine Tatsache. Wenn auch der Ausdruck „Reich“ auf Herrschaft hinweist, so beschreibt diese Stelle doch die Atmosphäre des Hauses des Vaters, in die wir schon jetzt versetzt sind. Im Glauben können wir all das schon jetzt annehmen und genießen.

Im weiteren Verlauf von Kolosser 1 wird uns beschrieben, wer dieser Sohn der Liebe ist: Der Schöpfer von Himmel und Erde, der in diese Schöpfung hineingekommen ist als der Erstgeborene der Schöpfung; Er ist das Haupt der Versammlung, der Erstgeborene aus den Toten; Er ist Derjenige, in dem die ganze Fülle der Gottheit wohnte, als Er hier auf Erden war. Und in Kolosser 2,9 lesen wir, dass auch jetzt in Ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. Diese Person hat ein Werk vollbracht, aufgrund dessen Himmel und Erde einmal mit Gott versöhnt werden. Wir sind schon jetzt versöhnt; die Schöpfung wird – das ist noch zukünftig – aufgrund seines Blutes mit Gott versöhnt werden, denn Er hat Frieden gemacht durch das Blut seines Kreuzes.

Das ist die Person unseres Heilandes, dem wir gleichförmig sein werden, den wir in Ewigkeit anbeten werden, weil Er das Werk für uns vollbracht hat, so dass dadurch der Vater alle seine Ratschlüsse erfüllen konnte. Wir werden es nie vergessen: Er ist der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat (Gal 2,20). Wir werden dort im Vaterhaus zusammen mit Ihm all die Herrlichkeiten genießen.

Und wenn wir dort in der Herrlichkeit sein werden, wird der Herr Jesus, im Bild von Lukas 12,37, Sich umgürten und uns sich zu Tische legen lassen und uns mit all den Herrlichkeiten des Himmels bedienen. Dafür ist Er auf ewig Knecht geworden, wie wir im Vorbild des hebräischen Knechtes in 2. Mose 21,2–6 sehen. Können wir das verstehen? Er, der Erstgeborene unter diesen vielen Brüdern, wird uns bedienen und alles darreichen, was im Haus des Vaters ist. Er hat in Ewigkeit dort gewohnt. Alles dort gehört Ihm. Er hat es in Ewigkeit dort genossen und möchte, dass auch wir diese Segnungen vollkommen genießen. Dann werden wir auch dazu fähig sein, weil wir ja Ihn selbst als unser Leben besitzen und Gott, der Heilige Geist, in uns wohnt als die göttliche Kraft, durch die wir uns dort alles vollkommen zueigen machen können. Doch Er wird aufstehen, Sich umgürten und uns alle diese Segnungen darreichen, die sein eigenes Teil sind.

Was wird es sein, wenn wir dort sind und Ihn so sehen! Vielleicht kommt Er noch heute, und wir werden dort eingehen. Dann werden wir ein neues Lied singen und Ihn anbeten. Er hat das Werk vollbracht und die Grundlage dafür gelegt, dass der Vater seine Ratschlüsse erfüllen konnte. Gott, der Heilige Geist hat das neue Leben und die Erfüllung der Ratschlüsse Gottes in uns praktisch bewirkt. Der Vater hat diesen Ratschluss in seinem Herzen gefasst, natürlich nicht getrennt von dem Sohn und dem Heiligen Geist, und doch hat Er diese Ratschlüsse gefasst. Wie werden wir dort jubeln, wie werden wir dort anbeten! Wollen wir es nicht auch jetzt schon tun? Wenn wir über diese Dinge nachdenken und diesen Reichtum betrachten, ist es dann so schwer, es zu verwirklichen, dass wir als natürliche Menschen gestorben sind und dass die Dinge auf dieser Erde uns nicht mehr gehören, weil wir in das Reich des Sohnes seiner Liebe versetzt sind? Ist es dann wirklich so schwer, die Dinge dieser Welt beiseite zu setzen und daran kein Interesse mehr zu haben? Können wir uns mit diesen herrlichen Dingen beschäftigen, unsere Herzen damit füllen und dann noch an den Dingen dieser Welt interessiert sein? Das ist nicht möglich! Dann interessiert uns nur noch das, was zur Ehre des Herrn Jesus ist und mit seinem Dienst in Verbindung steht. Dann ist es der Wunsch unserer Herzen, nur Ihm anzugehören, nur Ihm zu dienen, nur Ihm wohlgefällig zu sein, damit Er schon jetzt Freude an der Frucht der Mühsal seiner Seele hat (Jes 53,11). Dann wird schon jetzt der Vater verherrlicht und sein Herz befriedigt, wenn Er sieht, dass unsere Herzen all das schätzen, was Er für uns bereitet hat. Die ganze göttliche Fülle, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind tätig, damit alle diese Dinge praktisch Wirklichkeit für uns werden. Wir werden in das Haus des Vaters eingeführt werden, wo alles das vollkommen erfüllt sein wird, was Gott in Ewigkeit in seinem Herzen für uns vorgesehen hatte.

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