Ein Volk für seinen Namen (Apg. 14-17)

Göttliche Weisungen

Ein Volk für seinen Namen (Apg. 14-17)

Nachdem Paulus und seine Mitarbeiter bekannte Orte aufgesucht hatten, wo der Apostel bereits vorher gearbeitet hatte, betraten sie jetzt neues Gebiet.

Negative, verhindernde Leitung

„Sie durchzogen über Phrygien und die galatische Landschaft, nachdem sie von dem Heiligen Geist daran gehindert worden waren, das Wort in Asien zu reden; als sie über gegen Mysien hin kamen, versuchten sie, nach Bithynien zu reisen, und der Geist Jesu erlaubte es ihnen nicht“ (Apg 16,6.7).

Die Reisenden wandten sich also nordwestlich und durchzogen Phrygien und die galatische Landschaft. Offenbar hatten sie beabsichtigt, in Asien, der großen römischen Provinz mit ihren vielen Städten, das Wort zu reden. Aber der Heilige Geist hatte sie daran gehindert. Auf welche Weise das geschah, wird nicht näher beschrieben. Doch müssen wir wohl eher an eine direkte Intervention des Geistes denken als an eine Leitung durch die Umstände.

In jedem Fall wollte der Heilige Geist nicht, dass das Wort zu dieser Zeit in Asien geredet wurde. Später allerdings weilte dann der Apostel Paulus drei Jahre in Ephesus, der Hauptstadt Asiens. Auf derart bemerkenswerte Weise wirkte er dort, dass zusammenfassend gesagt werden konnte, „dass alle, die Asien wohnten, sowohl Juden als auch Griechen, das Wort des Herrn hörten“ (Apg 19,10). Gott hat für alles Seine Zeit, die nur Er kennt. Deshalb ist es für jeden Diener des Herrn äußerst wichtig, die Weisung des Geistes zu erfragen und ihr zu folgen. Wie leicht sind wir geneigt, im Dienst für den Herrn eigenen Vorstellungen zu folgen, weil sie uns plausibel erscheinen! Doch selbst ein Apostel musste im Blick auf seine Reiseziele die Korrektur des Heiligen Geistes erfahren.

Dasselbe erlebten sie, als sie versuchten, nach Bithynien im Norden zu reisen. Auch hier erlaubte es ihnen der Geist Jesu nicht. Nach den Gedanken des Herrn sollte Bithynien ebenfalls erst später das Wort hören, dann wohl durch den Apostel Petrus. Denn im Kopf seines ersten Briefes erwähnt Petrus auch Bithynien als Adressaten (1. Pet 1,1).

Bedeutsam ist hier der Ausdruck „der Geist Jesu“. Es ist ohne Frage derselbe Heilige Geist gemeint, von dem wir schon hörten, die göttliche Person. Zweierlei mag indes durch die spezielle Ausdrucksweise angedeutet werden. Einerseits war es eben der Geist, in dessen Kraft der Herr Jesus auf der Erde lebte und wirkte. Andererseits nahm (und nimmt) Er auf der Erde die Interessen des verherrlichten Menschen Jesus wahr. So intervenierte hier der Geist Jesu, um die Schritte der Missionare in die rechte Richtung zu lenken – nach Europa.

Wie gesegnet und glücklich wird auch unser Dienst sein, wenn wir der Stimme des Geistes Jesu Gehör schenken und dann zur richtigen Zeit am richtigen Platz sind! Dass es im Werk des Herrn nicht zuletzt darauf ankommt, ist eine der lehrreichen Lektionen unseres Abschnittes. Übrigens wurde die vom Geist neu angegebene Zielsetzung jeweils augenblicklich angenommen und befolgt.

Asien und Bithynien hatten also zugunsten Phrygiens und Galatiens noch zu warten. Letztere sollten noch vor Ersteren das Evangelium Gottes hören.

Es wird uns vielleicht verwundern, dass nicht das Geringste über die Missionsarbeit in diesen beiden Landstrichen mitgeteilt wird. Gab es keine Erfolge zu berichten? Nun, dass das Ausstreuen des Evangeliums nicht ohne reiche Frucht blieb, macht der Brief des Apostels Paulus an die Versammlungen Galatiens deutlich. Sicher erstreckten sich die gesegneten Ergebnisse dort auch auf Phrygien, wenn dies auch nicht ausdrücklich vermerkt wird (vgl. Apg 18,23).

Die Galater jedenfalls hatten den Apostel mit Freuden aufgenommen. „Wie einen Engel Gottes“, schreibt er, „nahmt ihr mich auf, wie Christus Jesus.“ Seine Schwachheit des Fleisches; seine Versuchung, die in seinem Fleisch war, hinderten sie nicht, seinen Dienst anzunehmen: „Denn ich gebe euch Zeugnis, dass ihr, wenn möglich, eure Augen ausgerissen und mir gegeben hättet“ (Gal 4,13–15). Diese Bemerkung lässt den Schluss zu, dass Paulus unter anderem auch an einem Augenleiden litt.

Leider jedoch gaben die Gläubigen in Galatien dann judaisierenden Lehrern Gehör, so dass sie Paulus in einem völlig anderen Licht sahen. War er ihr „Feind“ geworden? Das alles schmerzte ihn sehr, und er war über ihr Verhalten „in Verlegenheit“ (Apg 4,16.20). Deswegen ist der Brief an die Galater eins der ernstesten Dokumente des Neuen Testaments: keinerlei Lob zu Anfang, keine Grüße am Ende! Dennoch blieb Paulus ihr Vater im Glauben – ein Vater, der um seine Kinder „abermals Geburtswehen“ hatte. Wunderbar, die Liebe Gottes zu sehen in einem Herzen, das seine Gegenstände aufzugeben nicht bereit war!

Positive Leitung

Zweimal hatten die Knechte des Herrn nun eine negative, verhindernde Weisung des Heiligen Geistes erfahren. Das muss sie ohne Frage in tiefe Herzensübungen gebracht haben. Und wir können uns lebhaft vorstellen, dass sie den Herrn um eine positive Weisung angefleht haben. Die bekamen sie nun auch.

„Als sie aber an Mysien vorübergezogen waren, gingen sie nach Troas hinab. Und es erschien Paulus in der Nacht ein Gesicht: Ein gewisser mazedonischer Mann stand da und bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! Als er aber das Gesicht gesehen hatte, suchten wir sogleich nach Mazedonien abzureisen, da wir schlossen, dass Gott uns gerufen habe, ihnen das Evangelium zu verkündigen“ (Apg 16,8–10).

Das Gesicht wurde allein dem Apostel Paulus gegeben – eine Gunst, die ihm später noch öfter erwiesen wurde. Indes handelte es sich hier nicht um eine direkte, sondern um eine indirekte Leitung. Sie bedurfte des geistlichen Verständnisses, um ihre Bedeutung zu verstehen. Der mazedonische Mann bat Paulus, nach Mazedonien herüberzukommen und ihnen zu helfen. Aber die Schlussfolgerung, dass Gott sie gerufen habe, um den Menschen in Mazedonien das Evangelium zu verkündigen, zogen sie alle miteinander. Beglückende Übereinstimmung!

Beachten wir, dass ab Vers 10 Lukas, der Schreiber der Apostelgeschichte, zum ersten Mal von >wir< und >uns< spricht: „Als er aber das Gesicht gesehen hatte, suchten wir sogleich nach Mazedonien abzureisen, da wir schlossen, dass Gott uns gerufen habe, ihnen das Evangelium zu verkündigen.“ Das ist in der Tat eine äußerste bescheidene Art und Weise, sich einzuführen und deutlich zu machen, dass er – von Troas an – nun auch zu der Schar der Mitarbeiter des Apostels gehörte. Zwar erwähnt er seinen Namen nicht und hält sich demütig im Hintergrund; dennoch können wir sicher sein, dass, wann immer der Geschichtsschreiber „wir“ sagt, er, der „geliebte Arzt“, dabei war.

Lassen wir an dieser Stelle noch einmal kurz unseren Blick zurückgleiten, um zu sehen, wie die Schar der Mitarbeiter, einer nach dem anderen, eingeführt wurde. Von Titus wissen wir, dass er mit den Aposteln Paulus und Barnabas auf dem Konzil zu Jerusalem gewesen war (Gal 2,1.3). Silas schloss sich Paulus in Antiochien zu Beginn der zweiten Missionsreise an (Apg 15,40). In Lystra kam dann, wie wir annehmen können, Timotheus hinzu (Apg 16,1–3). Und nun, in Troas, fühlte auch Lukas den Ruf, mit den anderen nach Europa zu gehen. So wurde Lukas, der ein Prophet war, ein Mitarbeiter des großen Apostels Paulus. Beide Diener Gottes waren Werkzeuge der Inspiration des Heiligen Geistes und waren damit von außerordentlichem Gewicht. Aber nicht nur das! Solche Männer, Apostel und Propheten, bilden in ihrer Lehre auch die Grundlage, auf der die Heiligen und Hausgenossen Gottes aufgebaut sind, „indem Christus Jesus selbst Eckstein ist“ (Eph 2,20).

Dieses Kapitel über göttliche Weisungen abschließend, sei bemerkt, dass wir, um den Willen des Herrn zu erkennen, heute nicht Gesichte und Erscheinungen erwarten sollten. Wenn es uns wirklich daran liegt, Seinen Willen zu tun, so wird Gott es nicht daran fehlen lassen, uns durch Seinen Geist in unserem Herzen die Gewissheit darüber zu erwecken, was wir tun sollen. Gewiss, wir müssen im Glauben stehen und demütig auf Ihn warten, müssen Ihm nahe sein und Ihm allein vertrauen. Aber dann wird Er uns auch auf die eine oder andere Art Seinen Willen kundtun und uns die Wege öffnen, die wir gehen sollen. Was der Apostel für die Gläubigen in Kolossä erflehte und erbat, ist für uns gleichermaßen von Wichtigkeit:

„Damit ihr erfüllt sein möget mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlichem Verständnis“ (Kol 1,9).

Nächstes Kapitel (kaufen) »« Vorheriges Kapitel (kaufen)