Philippus, der Evangelist
Eine Bibelarbeit zu Apostelgeschichte 8

Teil 2: Ein Heide hört das Evangelium (Verse 26-39)

Szenenwechsel: Nachdem Philippus im großen Segen in Samaria für den Herrn gearbeitet hat und viele zum Glauben gekommen sind, finden wir ihn jetzt auf einem „öden Weg“ mit einer einzigen Person beschäftigt. Keine Dörfer und Städte mehr, sondern eine Wüste. Keine Volksmengen mehr, die das Wort annehmen, sondern eine Einzelperson, die gerettet wird. Der Menschenfischer benutzt jetzt nicht das „Netz“, sondern die „Angel“. Im ersten Teil von Kapitel 8 bringt er das Evangelium einer nichtjüdische Provinz Palästinas, im zweiten Teil bringt er es einem Mann eines anderen Kontinentes.

Die Kapitel 8–10 zeigen uns drei individuelle Bekehrungen, nämlich zunächst eine hochgestellte politische Person aus Äthiopien, sodann den jüdischen Theologen Saulus von Tarsus und schließlich den römischen Soldaten und Hauptmann Kornelius. Zusammengefasst repräsentieren diese drei die gesamte Menschheit, zeigen die Notwendigkeit der Rettung aller. Gott wendet sich mit dem Evangelium an die politische und kulturelle Welt (der Kämmerer), an die religiöse und akademische Welt (Saulus) und an die militärische Welt (Kornelius).

Ein näherer Vergleich dieser drei Personen zeigt folgendes Bild:

Person Der Kämmerer Saulus von Tarsus Kornelius
Herkunft Ham Sem Japhet
Kontinent Afrika Asien Europa
Nationalität Äthiopier (Heide) Jude Römer
gesellschaftliche Position Politiker Theologe Soldat
Botschafter Philippus (eilt) Ananias (zögert) Petrus (weigert sich zuerst)
Ort auf dem Weg nach Hause weg von zu Hause zu Hause

Die Begebenheit zeigt einen wichtigen Wechsel, der nun kurz bevorsteht. Nachdem die Juden den Appell zur Buße nicht angenommen haben (zumindest nicht als Volk), wendet sich Gott zuerst den Samaritern zu und dann den Heiden. Der äthiopische Kämmerer ist der erste Nachkomme Hams (1. Mo 10,6), der erste wirkliche „Voll-Heide“, der das Evangelium annimmt. Er gehört zu „den Enden der Erde“, von denen der Herr gesprochen hat (Apg 1,8).

1. Ein neuer Dienstauftrag (Verse 26–29)

„Ein Engel des Herrn aber redete zu Philippus und sprach: Steh auf und geh nach Süden auf den Weg, der von Jerusalem nach Gaza hinabführt; dieser ist öde. Und er stand auf und ging hin. Und siehe, ein Äthiopier, ein Kämmerer, ein Gewaltiger der Kandaze, der Königin der Äthiopier, der über ihren ganzen Schatz gesetzt war, war gekommen, um in Jerusalem anzubeten; und er war auf der Rückkehr und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja. Der Geist aber sprach zu Philippus: Tritt hinzu und schließe dich diesem Wagen an.“

Ein Engel des Herrn redet

Der „Engel des Herrn“ ist ein Ausdruck, der im Alten Testament häufig vorkommt und dort an den meisten Stellen ein indirekter Hinweis auf den Herrn Jesus selbst ist. Im Neuen Testament ist das anders. Wir finden die Bezeichnung „Engel des Herrn“ einige Male in den Evangelien und viermal in der Apostelgeschichte (Apg 5,19; 8,26; 12,7.23). In den Briefen kommt der Ausdruck nicht mehr vor. An keiner Stelle im Neuen Testament ist er ein Hinweis auf Christus. Gemeint ist jeweils ein Engel, den der Herr schickt. Engel sind geschaffene Wesen und „dienstbare Geister“ (Heb 1,14). Häufig finden wir sie in Verbindung mit ihrem Dienst an Gläubigen. Allerdings benutzt Gott sie auch zum Gericht (vgl. Apg 12, 23). Obwohl es Geister sind, sind sie zugleich Personen, denn sie können reden und handeln.

Engel verkündigen nicht das Evangelium, aber sie erteilen durchaus Aufträge ihres Dienstherrn. Wie genau der Engel zu Philippus redete, wissen wir nicht. Wir müssen es auch nicht wissen und sollten nicht darüber spekulieren. Wenig später sehen wir, wie der Heilige Geist direkt redet und einen Auftrag erteilt (Vers 29). Ein Engel konnte Philippus wohl anweisen, an einen anderen Ort zu gehen, die Aufgabe des Predigens konnte er ihm allerdings nicht abnehmen. Dieses Privileg ist nur Dienern Gottes gegeben, nicht jedoch Engeln.

  • Philippus wurde nicht von Menschen ausgesandt, weder von einer örtlichen Gemeinde noch von einer Missionsgesellschaft, einem Gremium oder irgendeiner zentralen Stelle. Die Lehre des Neuen Testamentes ist eindeutig. Der Herr sendet seine Diener durch seinen Geist oder Er benutzt – wie hier – einen Engel.

Steh auf und geh

Der Auftrag ist klar und eindeutig: „Steh auf und geh“. Philippus sollte sein bisheriges Aufgabenfeld verlassen und an einen anderen Ort gehen. Christentum ist durch Bewegung gekennzeichnet („steh auf“). Christentum bedeutet, nicht immer am gleichen Ort sein zu müssen („und geh“). Diener Gottes brauchen einerseits Ruhe zu den Füßen ihres Herrn. Andererseits sind sie von Bewegung geprägt. Bei unserem Herrn war das nicht anders. Diener Gottes brauchen Flexibilität. Es kann sein, dass Gott uns länger in einem bestimmten Arbeitsfeld (an einem bestimmten Ort) lässt. Es kann ebenso gut sein, dass die Verweildauer nur relativ kurz ist.

Die Worte „Steh auf und geh“ finden wir einige Male in den Evangelien und in der Apostelgeschichte. In den Evangelien richtet der Herr diese Worte häufig an Menschen, denen Er geholfen hatte. In der Apostelgeschichte sind es fünf Menschen, die dieses mutmachende Wort hören:

  • Kapitel 3,6: Der Gelähmte
  • Kapitel 8,26: Philippus
  • Kapitel 9,6;22,10: Saulus
  • Kapitel 9,11: Ananias
  • Kapitel 10,20: Petrus
  • Haben wir den Appell des Herrn ebenfalls gehört: „Steh auf und geh“? Sowohl initial (d.h. als Sünder, der zur Buße kommt) als auch als Gläubige, die der Herr zu einer bestimmten Aufgabe ruft? Was ist unsere Reaktion?

Ein öder Weg

Philippus hatte in Samaria ein segensreiches Arbeitsfeld. Es gab viel zu tun und die Ergebnisse machten Mut. Dennoch sollte er jetzt etwas völlig Anderes tun. Ein öder Weg scheint für einen Prediger und Evangelisten nicht unbedingt erstrebenswert. Wen soll man dort treffen und wem soll man das Evangelium sagen? Die Ergebnisse einer Arbeit können im Einzelfall ein Motiv sein, sie fortzusetzen (vgl. Apg 16,8), sie müssen es aber nicht zwingend sein. Das lehrt uns das Beispiel von Philippus.

Es gab mindestens zwei Wege, die von Jerusalem nach Gaza führten. Philippus sollte ausgerechnet den „öden Weg“ wählen („öde“ könnte sich sprachlich allerdings auch auf den Ort Gaza beziehen, es ist allerdings unwahrscheinlich, dass der Engel das meint). Normalerweise würde ein Evangelist eher den Weg wählen, wo er viele Menschen trifft. Aber Gottes Weise ist manchmal anders.

  • Wir müssen lernen, im Dienst des Herrn menschliche Logik hinten anzustellen. Gottes Wege sind nicht unsere Wege und seine Pläne sind oft anders, als wir es uns vorstellen. Manchmal müssen wir einen Ort geistlicher Fruchtbarkeit verlassen, um in ein ödes Gebiet zu gehen.

Keine präzise Dienstbeschreibung

Zudem sagt der Engel Philippus mit keinem Wort, was ihn auf dem öden Weg erwarten würde. Der Glaube von Philippus wird auf diese Weise geprüft (ähnlich wie der Glaube Abrahams, der ging, ohne zu wissen, wohin er kam). Gott sagt seinen Dienern nicht immer genau voraus, was ihnen begegnen wird und welche Aufgabe sie konkret erledigen sollen. Manchmal tut Er das – wie uns das Beispiel von Ananias in Kapitel 9,10–12 zeigt. Gott erwartet einfach, dass wir Ihm gehorchen. Dabei dürfen wir uns allerdings darauf verlassen, dass Er mit uns geht. Als Mose in einer bestimmten (anderen) Situation nach dem Weg Gottes fragt, gibt Gott ihm die Zusage, dass „sein Angesicht“ mitgehen und Er ihm Ruhe geben würde (2. Mo 33,13). Das Angesicht ist ein Synonym für die Gegenwart Gottes, mit der wir immer rechnen können.

Wir müssen Gottes Dienstanweisungen nicht immer verstehen. Wir dürfen Ihm allerdings immer vertrauen. Wenn wir auf seinem Weg gehen, geht Er mit.

Gehorsam

Philippus hätte eine Reihe von logischen Argumenten gegen diesen Auftrag vorbringen können. Warum sollte er ein segensreiches Arbeitsfeld verlassen? Warum sollte es gerade ein öder Weg sein? Doch Philippus diskutiert nicht. Er steht auf und geht. Gott ruft und der Diener ist gehorsam (vgl. Paulus in Apg 26,19). So einfach kann es sein und doch handeln wir oft anders. Wir denken an Jona, der einen klaren Auftrag bekam und in die entgegengesetzte Richtung ging. Wenig später in der Apostelgeschichte hatte Ananias größere Mühe, als er den Auftrag bekam, zu Saulus zu gehen (Apg 9,13.14). Er hatte dem Auftrag Gottes ein „aber“ entgegenzusetzen. Und Petrus ging noch einen Schritt weiter, als der Herr ihn auf seine Aufgabe im Haus des Kornelius vorbereiten wollte. Er widersprach sogar mit den Worten: „Keineswegs, Herr“ (Apg 10,14). Als der Auftrag dann allerdings präzisiert wurde, war Petrus wie Philippus sofort gehorsam (Apg 10,20.21).

Diener des Herrn mögen „unlogische“ Aufträge bekommen und doch gehen sie (z.B. einen weiten Weg gehen oder eine lange Reise unternehmen, um eine kleine Gemeinde oder eine einzelne Person oder Familie zu besuchen). Wir zählen nicht die Personen, die wir möglicherweise treffen, sondern wir achten auf Weisung des Herrn. Er ist übrigens darin das perfekte Vorbild. Er ging den weiten Weg über Samaria, um dort einer einzigen Frau zu begegnen (Joh 4).

  • Sind wir im Dienst gehorsam oder tun wir, was uns gefällt und gehen dorthin, wo es interessant ist, wo viele Menschen sind, wo es angenehm ist, wo wir akzeptiert sind?

Und siehe

Dieser Ausdruck kommt im Alten und Neuen Testament häufig vor. Gott möchte damit unsere Aufmerksamkeit auf etwas Besonderes lenken – manchmal auf etwas, das wir nicht erwartet hätten. In der Apostelgeschichte kommt diese Wortkombination genau sieben Mal vor (Apg 5,28; 8,27; 10,30; 11,11; 12,7; 16,1; 27,24). Für uns gilt, dass wir manchmal ganz besonders Achtgeben sollen. Für Philippus war es jedenfalls eine Überraschung, plötzlich einen äthiopischen Finanzminister in der Wüste zu treffen, der zudem noch in einer Buchrolle des Propheten Jesaja las.

  • Es ist gut, wenn wir offene Augen für die Überraschungen haben, die Gott uns im Dienst für unseren Herrn erleben lässt. Sie können oft sehr bereichernd sein.

Ein Heide unterwegs

Der Chronist beschreibt nun zunächst den Gesprächspartner von Philippus. Es war kein Jude, kein Samariter, sondern ein Heide, ein Nachkomme Hams. Was über ihn berichtet wird, würde es natürlicherweise einem einfachen jüdischen Mann nicht leicht machen, mit ihm in Kontakt zu treten.

  • Ein Äthiopier: Wörtlich übersetzt heißt es: „ein Mensch von verbranntem Angesicht“. Das macht seine Nationalität und Abstammung deutlich. Er hatte nicht nur seinen Wohnsitz in Äthiopien, sondern stammte von dort. Er war keineswegs – wie manche annehmen wollen – ein Jude, der dort lebte. Im Propheten Jeremia lesen wir: „Kann ein Kuschit (ein Äthiopier) seine Haut wandeln, ein Leopard seine Flecken?“ (Jer 13,23). Was bei Menschen unmöglich ist, ist für Gott kein Problem. Er rettet einen Äthiopier ebenso wie Er einen Juden rettet.
  • Ein Kämmerer: Das Wort bedeutet eigentlich „Eunuch“, d.h. ein Verschnittener oder ein Kastrierter. Dieser Mann war somit für einen Juden nicht nur deshalb suspekt, weil er Heide war, sondern er hatte gemäß der Anweisung Gottes keinen Zutritt zu der „Versammlung des Herrn“ (5. Mo 23,2). Die inneren Höfe des Tempels waren ihm versperrt.
  • Ein Gewaltiger der Kandaze, der Königin der Äthiopier: Der Mann war in hohem Ansehen am Hof der Königin von Äthiopien („Kandaze“ ist kein Name, sondern wie „Pharao“ oder heute „Kaiser“ ein Titel). Das Wort „Gewaltiger“ beschreibt einen Machthaber, einen Hofbeamten oder jemand, der ein Mitglied des Hofstaates ist (in Lukas 1,52 mit „Mächtiger“ übersetzt).
  • Der über den ganzen Schatz der Königin gesetzt war: Er war der Finanzminister, dem die Königin offensichtlich hohes Vertrauen entgegenbrachte. Daraus können wir schließen, dass der Mann nicht allein reiste, sondern mit einem großen Gefolge unterwegs war.

Gekommen, um in Jerusalem anzubeten

Es ist denkbar, dass dieser Mann ein Proselyt gewesen ist (d.h. ein Heide, der sich zu dem Gott der Juden bekannte). Sicher ist das nicht. Jedenfalls war er auf der Suche nach Gott, sonst hätte er nicht die lange und gefahrvolle Reise nach Jerusalem unternommen. Je nach dem, von wo genau er abgereist war, betrug die Entfernung gut und gerne 2.000 km oder mehr. Doch anders als die Königin von Scheba, die ebenfalls nach Jerusalem gereist war (vgl. 1. Könige 10), fand er nicht, was er suchte. Der Text selbst sagt dazu nichts, doch es kann nicht anders gewesen sein. Er kam suchend und zog unbefriedigt zurück. Er suchte Gott und fand einen toten Gottesdienst voller Formalismus. Doch Gott ließ ihn nicht unbefriedigt in sein Land zurückkehren, sondern sandte Philippus, damit er mit Freude weiterreisen konnte.

Auf der Rückreise lesend

Der Mann saß in seinem Wagen und las den Propheten Jesaja. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er die Buchrolle in Jerusalem für einen hohen Preis erworben hatte. Eine Buchrolle war damals etwas Besonderes – nur wenige hatten die Möglichkeit, eine solche zu kaufen und die Fähigkeit, darin zu lesen. Sie war per Hand geschrieben und es ist bekannt, dass die Juden beim Kopieren großen Wert darauf legten, genau und fehlerfrei abzuschreiben. Es war also ein großer „Schatz“, den er in seinen Händen hielt – und zwar ein größerer als alle Schätze, die er für seine Königin verwaltete.

In dieser Buchrolle las er – allerdings ohne zu verstehen, was er las. Der Text war in griechischer Sprache geschrieben. Das Lesen war mühsam und erforderte gute Kenntnisse. Der Text enthielt keine Satzzeichen, keine Worttrennungen, keine Einteilung in Kapitel und Verse. Den damaligen Gepflogenheiten folgend, las er laut.

  • Es war bestimmt kein „Zufall“, dass er gerade den Propheten Jesaja las. Jesaja gilt als der „Evangelist des Alten Testamtes“. Gott führt es so, dass er beim Lesen dieses Buches nun auf den „Evangelisten des Neuen Testamentes“ stoßen würde. Und es war ebenfalls kein „Zufall“, dass er gerade einen Text las, der eindeutig auf den leidenden Messias hinwies – für Philippus eine geeignete Vorlage, ihm das „Evangelium von Jesus“ zu verkündigen.Wir können dankbar sein, dass wir nicht mehr mühsam in einer Buchrolle lesen müssen, sondern die Bibel in der Hand haben, die man „geläufig“ lesen kann. Wir sollten das täglich tun und nicht vernachlässigen. Wenn wir es aufrichtig tun, wird Gott es immer segnen.

Der Heilige Geist erteilt einen Auftrag

Nun ist es nicht länger ein Engel, der zu Philippus spricht, sondern der Geist selbst erteilt den nächsten Auftrag. Es ist offensichtlich, dass Philippus keine Sinnestäuschung hatte und es sich nicht um seinen eigenen Geist handelt. Gemeint ist der Heilige Geist. Engel haben es mit den äußeren Umständen zu tun (vgl. z.B. die Befreiung von Petrus aus dem Gefängnis in Apg 5,19). Wenn es jedoch darum geht, ein geistliches Bedürfnis zu stillen und Segen auszuteilen, ist der Heilige Geist der Handelnde.

Es ist nicht das einzige Mal, dass der Heilige Geist in der Apostelgeschichte spricht (vgl. z.B. Apg 10,19; 13,2; 21,11). Gerade die Apostelgeschichte zeigt uns an konkreten Beispielen, was es bedeutet, im Dienst für den Herrn vom Heiligen Geist geleitet zu werden. Die Tatsache, dass Er redet, zeigt deutlich, dass Er mehr ist als ein Einfluss oder eine Kraft. Der Heilige Geist ist ebenso Gott, wie der Vater und der Sohn. Es kann deshalb nicht anders sein, als dass der gehorsame Diener des Herrn der Stimme des Geistes folgt.

Wir mögen uns fragen, ob der Heilige Geist heute noch zu Dienern Gottes redet. Ich habe keinen Zweifel, dass Er es tut. Natürlich besitzen wir das vollständige Wort Gottes in Händen und kennen daher Gottes Willen. Dennoch gibt es – gerade im Dienst für den Herrn – viele Situationen, in denen wir auf die Weisung des Geistes Gottes angewiesen sind. Auf welche Art und Weise der Geist das tut, wird jeder Diener, der in Gemeinschaft mit seinem Herrn lebt – selbst erfahren. Oft werden wir erst später erkennen, wie der Geist in uns in bestimmten Situationen ganz konkret geleitet hat.

  • Diener Gottes sollten zu jeder Zeit offen für die Weisungen des Heiligen Geistes sein und ihnen folgen.

Tritt hinzu und schließe dich diesem Wagen an

Jetzt wird mitgeteilt, welchen konkreten Auftrag Philippus bekam. Uns erscheint die Anweisung vielleicht mehr oder weniger selbstverständlich – für Philippus war das jedoch völlig anders. Zum einen handelte es sich erkennbar um eine hochgestellte Persönlichkeit, während Philippus ein „normaler und einfacher“ Mensch war. Zum andern handelte es sich – ebenfalls erkennbar – um einen Heiden und nicht um einen Juden. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Reich Gottes den Nationen noch nicht aufgeschlossen worden. Wir können deshalb gut nachvollziehen, dass Philippus eine deutliche Hemmschwelle zu überwinden hatte, diesem Auftrag zu folgen. Doch wenn der Heilige Geist spricht, gilt der Auftrag.

An dieser Stelle ein Wort der Warnung: Wir können keinesfalls davon ausgehen, dass der Geist uns heute einen Auftrag gibt, der nicht mit dem geschriebenen Wort Gottes übereinstimmt. Gott teilt uns in seinem Wort seinen Willen mit und niemals wird der Heilige Geist uns anweisen, etwas zu tun, was dem Willen Gottes nicht entspricht. Etwas anderes ist es, wenn es um Gewohnheiten geht, die nicht aus der Bibel abgeleitet sind. Solche Traditionen können von dem Heiligen Geist durchaus durchbrochen werden.

Für uns gilt, dass Gott möchte, dass wir mit Menschen Kontakt aufnehmen. Wie sonst könnten wir ihnen die gute Botschaft bringen? Die Bibel warnt uns nicht vor Kontakten mit den Menschen dieser Welt – im Gegenteil. Der Herr Jesus war ein „Freund“ der Zöllner und Sünder, niemals jedoch ein Freund der Welt. Beides müssen wir sorgfältig unterscheiden. Isolation von den Menschen ist ein grundverkehrter Ansatz. Isolation von der Welt hingegen ein eindeutiges Gebot.

  • Wir sollten offen sein für die Leitung des Heiligen Geistes, selbst wenn sie uns im Einzelfall ungewöhnlich erscheint und wir Dinge tun sollen, die wir bisher nicht gewohnt waren.

2. Das Evangelium von Jesus wird verkündigt (Verse 30–35)

„Philippus aber lief hinzu und hörte ihn den Propheten Jesaja lesen und sprach: Verstehst du auch, was du liest? Er aber sprach: Wie könnte ich denn, wenn mich nicht jemand anleitet? Und er bat Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. Die Stelle der Schrift aber, die er las, war diese: „Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm stumm ist vor seinem Scherer, so tut er seinen Mund nicht auf. In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht weggenommen; wer [aber] wird sein Geschlecht beschreiben? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen“. Der Kämmerer aber antwortete Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet dieses, von sich selbst oder von einem anderen? Philippus aber tat seinen Mund auf, und anfangend von dieser Schrift verkündigte er ihm das Evangelium von Jesus.“

Philippus läuft hinzu – er ist gehorsam

Erneut sehen wir bei Philippus, dass er gehorsam ist. Er stellt keine Fragen. Er überlegt nicht lange. Und schon gar nicht läuft er weg, sondern er läuft hinzu. Er ist bereit, den ungewöhnlichen Auftrag zu erfüllen. Er läuft, um den langsam fahrenden Wagen überholen zu können. Wie lange er laufen musste, wissen wir nicht. Jedenfalls war damit eine gewisse Anstrengung verbunden.

  • Es ist wahr, dass wir im Dienst für den Herrn nicht hektisch sein sollen. Doch wenn ein Auftrag klar ist, dann kann es auch kein Zögern geben. Die Liebe des Christus drängt den Diener (2. Kor 5,14).

Er hört ihn den Propheten Jesaja lesen

Philippus fällt nicht mit der Tür ins Haus, sondern er nimmt sich Zeit. Zuerst läuft er, dann hört er zu, schließlich stellt er eine Frage und erst dann tut er seinen Mund auf, um das Evangelium zu verkündigen.

Von Philippus lernen wir erstens, dass Zuhören wichtig ist. Hier gilt im übertragenen Sinn, dass wir schnell zum Hören und langsam zum Reden sein sollen (Jak 1,19). Wer anderen etwas sagen möchte, sollte zunächst zuhören können.

Von Philippus lernen wir zweitens, dass er das Alte Testament gut kannte. Die wenigen Worte, die er hörte, zeigten ihm sofort, welchen Text der Mann las. Wer heute das Wort Gottes weitergeben will, sollte es selbst gut kennen.

  • Gerade in persönlichen Gesprächen mit Ungläubigen ist es wichtig, dass wir offene Ohren haben und erst einmal zuhören. Häufig ergibt sich in dem, was wir hören, ein guter Anknüpfungspunkt, ein gutes Gespräch zu beginnen.

Philippus spricht ihn an

Es gehörte einiger Mut dazu, den hochgestellten Mann aus Äthiopien anzusprechen. Und doch scheint Philippus keine Scheu gehabt zu haben. Das Evangelium überwindet bestehende Unterschiede. Jeder Mensch soll die Botschaft hören – egal wer und was er ist. Das gilt unabhängig vom Geschlecht, der sozialen Stellung, der nationalen und ethnischen Herkunft, des Alters, der persönlichen Neigungen, des Familienstandes, möglicher körperlicher Beeinträchtigungen oder der Religion.

Philippus beginnt mit einer Frage: „Verstehst du auch, was du liest“? Fragen öffnen das Herz. Sie signalisieren Interesse an dem Gesprächspartner. Nicht umsonst hat unser Herr oft Fragen gestellt, wenn Er mit Menschen sprach. Und Er tat das, obwohl Er die Antwort immer wusste.

  • Philippus gibt uns ein gutes Beispiel. Er hat Mut und benutzt die Fragetechnik, um ins Gespräch zu kommen. Je nach Situation können die Fragen unterschiedlich sein. Sie sind jedoch häufig ein guter Gesprächseinstieg.

Eine offene Antwort

Der Kämmerer zögert nicht, eine ehrliche Antwort zu geben. Er wusste nicht, wer Philippus war und ob er ihm helfen konnte. Dennoch schämte er sich nicht, offen zu sagen, dass er nicht verstand, was er las. Der Text erschloss sich ihm nicht. Deshalb benötigte er Hilfe.

  • Für uns zeigt sich hier ein wichtiger Grundsatz, dass wir Hilfe brauchen, um das Wort Gottes zu verstehen. Zum einen leitet uns der Geist Gottes in die Wahrheit (Joh 16,13). Das tut Er z.B. durch die Gaben, die Er gegeben hat (Hirten, Lehrer, Evangelisten). Wir sollen den Dienst dieser Gaben – mündlich und schriftlich – gerne nutzen. Der Herr hat sie gegeben und wir sollten sie nicht gering achten.

Eine Bitte

Der hochgestellte Äthiopier war es gewohnt, Befehle zu erteilen. Doch nun bittet er einen einfachen Mann – dazu noch einen Juden – um Hilfe. Das zeigt uns, dass er wirklich nach Gott suchte und den Text verstehen wollte. Vor unseren Augen zeichnet sich ein schönes Bild ab. Gemeinsam sitzen der Jude und der Heide auf dem Wagen und lesen im Wort Gottes. So war es Gottes Absicht.

Der Evangelist predigt nicht von oben herab als jemand, der über anderen steht. Er begegnet dem anderen auf Augenhöhe und setzt sich daneben. Wir sollten nie vergessen, dass wir von Natur keinen Deut besser und anders sind als Menschen, die Gott bisher nicht kennen und keine Beziehung zu Jesus Christus haben.

  • Für uns gilt: Im Studium der Bibel gibt es keine Unterschiede – welcher Art auch immer. Es ist gut und segensreich, gemeinsam in der Bibel zu lesen und sie zu verstehen.

Ein besonderer Text

Der Text, den der Kämmerer las, ist ein besonderer Text. Die Textfassung macht deutlich, dass der Kämmerer aus der Septuaginta (der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes) las. Es handelt sich dabei um eine Passage aus Jesaja 53. Viele Juden verstehen dieses Kapitel bis heute nicht, weil sie nicht auf den Gedanken kommen (wollen), dass das Alte Testament über Christus spricht. Doch Philippus kannte sich aus. Er wusste, dass die gelesene Passage einer der vielen Hinweise auf den Messias ist. Der Text eignete sich deshalb perfekt als Ausgangspunkt für die Botschaft über Jesus, der von den Menschen abgelehnt als das Opferlamm Gottes sein Leben gab.

Wir wissen nicht, ob der Kämmerer in Jerusalem etwas über Jesus gehört hatte und wenn ja, was er gehört hatte. Es kann jedoch kein Zufall sein, dass dieser hochgestellte Mann nun ausgerechnet etwas über das leidende Lamm Gottes las – und dabei vor allen Dingen über seine Leiden von Seiten der Juden, die Ihn so sehr misshandelt hatten.

Der zitierte Text spricht über das Lamm Gottes und zeigt vier Punkte:

  1. Seine Willigkeit und Duldsamkeit: „Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm stumm ist vor seinem Scherer, so tut er seinen Mund nicht auf“. Hier ist es nicht der Sohn Gottes, der selbst nach Golgatha geht, sondern der leidende Christus, der sich das Kreuz auflegen und nach Golgatha führen lässt und sich nicht wehrt. Er war es, der gescholten nicht wiederschalt und leidend nicht drohte (1. Pet 2,23).
  2. Sein Gericht wurde weggenommen durch den Tod: „In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht weggenommen“. Gott hat den Menschen bis zu einem bestimmten Punkt freie Hand gegeben. Doch es gab eine Grenze. Durch den Tod wurde der Messias dem Zugriff der Menschen entzogen. Er wurde weggenommen.
  3. Die Schuld derjenigen, die Ihn so misshandelt haben: „Wer wird sein Geschlecht aussprechen“? Gemeint ist nicht die Nachkommenschaft des Christus, sondern die Generation, die Ihn zu Tode brachte. Die Frage lautet anders ausgedrückt: „Was wird man mit denen anfangen, die so etwas getan haben? Welche Zukunft hat ein solches Geschlecht?“
  4. Sein Tod: „Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen“. Der Kontext in Jesaja 53 zeigt, dass es hier nicht um den Sühnungstod des Messias geht, sondern um die besondere Schuld der Juden. Die Aussage schließt direkt an die vorhergehende Aussage über die Zeitgenossen des Messias an. Die „Erde“ ist das „Land der Lebendigen“ (Jes 38,10.11). Davon wurde Er durch das böse Tun seines Geschlechtes „weggenommen“.

Es scheint fast so, als ob Gott durch diesen Text nicht nur zu dem Kämmerer reden wollte, sondern seinem Knecht Philippus Mut machen wollte, einem Heiden das „Evangelium von Jesus“ zu sagen. Derjenige, den die Juden so schmählich behandelt und abgelehnt hatten, ist der „Heiland der Welt“. Gott wandte sich jetzt den Nationen zu, nachdem sein eigenes Volk seinen Sohn nicht haben wollte.

  • Es lohnt sich immer, im Alten Testament nach Voraussagen und Hinweisen auf unseren Herrn zu suchen. Es spricht sowohl von den Leiden des Christus als von den Herrlichkeiten danach.

Der Kämmerer fragt

Jetzt fragt der Kämmerer – und Philippus antwortet. Dem Äthiopier war völlig unklar, worum es ging. Deshalb fragt er und das ist immer gut. Er fragt nicht direkt nach der Bedeutung des Textes, sondern nach einer Person.

Philippus nutzt die Vorlage und nimmt den Text als Ausgangspunkt, über die Person des Herrn Jesus zu reden, d.h. die gute Botschaft über Jesus zu verkündigen. Dazu tut er den Mund auf und redet. Der Text betont das nicht ohne Grund. Es ist wahr, dass wir durch unser Verhalten ein Zeugnis für die Menschen sind und das Wort des Lebens (das ist Christus) darstellen (Phil 2, 16). Es ist ebenso wahr, dass wir Worte gebrauchen sollen, um über unseren Herrn zu reden.

  • Paulus schreibt den Römern: „Wie werden sie nun den anrufen, an den sie nicht geglaubt haben? Wie aber werden sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie aber werden sie hören ohne einen Prediger?“ (Röm 10,14). Unser Text lehrt uns, dass das nicht immer eine öffentliche Predigt sein muss, sondern häufig im 1:1 Gespräch erfolgt. Den Korinthern sagt Paulus: „Denn wenn ich das Evangelium verkündige, so habe ich keinen Ruhm, denn eine Notwendigkeit liegt mir auf; denn wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündigte!“ (1. Kor 9,16). Beide Aussagen stimmen nachdenklich und sollen uns motivieren.

Das Evangelium von Jesus

Philippus macht seine Predigt an einem bestimmten biblischen Punkt fest. Vielleicht hatte der Kämmerer in Jerusalem bereits von Jesus gehört und kannte den Namen. Was er nicht kannte, war die mit Ihm verbundene Botschaft. Doch genau darum geht es. Philippus spricht nicht über Christus, sondern ganz konkret über Jesus. Jesus ist der Retter. Das reichte hier völlig aus. Diesen Retter brauchte der Mann aus Äthiopien.

Beim Lesen der Apostelgeschichte fällt auf, dass die Auferstehung des Christus einen prominenten Platz in der Verkündigung einnimmt – besonders dann, wenn es um die Juden geht. Wir können das gut verstehen. Dass Jesus von Nazareth an einem Kreuz gestorben war, konnte damals niemand leugnen. Was geleugnet wurde, war seine Auferstehung. Deshalb wird sie immer wieder in der Predigt betont. Doch hier ist die Situation anders. Philippus redet zu einem Menschen, der vorher nie etwas von dem Herrn Jesus gehört hatte. Hier genügt es völlig, den Schwerpunkt auf sein Werk am Kreuz zu legen und das „Evangelium von Jesus“ zu verkündigen.

  • Wir benötigen die Leitung des Heiligen Geistes, um im Einzelfall zu erkennen, was wir einem ungläubigen Gesprächspartner von dem Herrn Jesus sagen und was wir ihm nicht sagen.

3. Der Kämmerer wird getauft (Verse 36–39)

„Als sie aber auf dem Weg fortzogen, kamen sie an ein gewisses Wasser. Und der Kämmerer spricht: Siehe, da ist Wasser; was hindert mich, getauft zu werden? Und er befahl, den Wagen anzuhalten. Und sie stiegen beide in das Wasser hinab, sowohl Philippus als auch der Kämmerer; und er taufte ihn. Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus; und der Kämmerer sah ihn nicht mehr, denn er zog seinen Weg mit Freuden.“

Glaube und Taufe

Die beiden zogen auf dem Weg fort. Wie lange sie gemeinsam auf dem Wagen saßen, wissen wir nicht. Es wird einige Zeit gewesen sein. Philippus war nicht eilig. Er nahm sich die Zeit, die nötig war. Was sie miteinander ausgetauscht haben, wissen wir ebenfalls nicht. Interessanterweise wird nicht gesagt, dass der Kämmerer geglaubt hat. Doch die Tatsache, dass er den Wunsch hatte, sich taufen zu lassen, zeigt, dass er geglaubt hat. Der Glaube geht der Taufe voraus (Mk 16,16; Apg 18,8).

Weitere Voraussetzungen für die Taufe kennt die Bibel nicht. Wenn der Taufende die Überzeugung hat, dass der Täufling an Jesus Christus glaubt, kann – und soll – er ihn taufen. Die Bibel fordert keine Bewährung, keine Erprobung und schon gar keinen „Test“.

  • Es ist nicht gut, wenn wir in der Praxis Hürden einbauen, die wir in der Bibel nicht finden. Der Glaube an den Herrn Jesus rettet für den Himmel und durch die Taufe stellt sich der Gläubige für diese Erde auf seine Seite und dokumentiert so, dass er Ihm folgen will.

Was hindert mich?

Die einzige Voraussetzung zur Taufe ist der lebendige Glaube an Jesus Christus. Danach darf es kein weiteres Hindernis geben. Das hatte der Kämmerer gut verstanden. Deshalb hatte er den Wunsch, getauft zu werden. Er wollte gerne öffentlich zeigen, auf wessen Seite er jetzt stand, nämlich auf der Seite dessen, den die Menschen so sehr verachtet hatten.

  • Der Wunsch zur Taufe geht hier vom Täufling aus. An anderen Stellen werden Menschen dazu ermutigt, sich taufen zu lassen (Apg 22,16) oder es wird ihnen sogar befohlen, sich taufen zu lassen (Apg 10,48). Wir erkennen, dass es keine „feste Regel“ gibt.Leider zeigt sich in der Praxis, dass es selbst für Gläubige doch Hindernisse zu geben scheint, sich taufen zu lassen. Vielleicht sind es Sünden, von denen wir nicht lassen wollen? Vielleicht es ist Gleichgültigkeit unserem Retter gegenüber? Oder scheuen wir die „Schmach des Christus“? Wenn es Hindernisse gibt, sollten wir sie wegräumen.

Wasser zum Taufen

Welches Verständnis der Kämmerer über die Taufe hatte, ist uns nicht bekannt. Wir können davon ausgehen, dass Philippus darüber mit ihm gesprochen hat. Das zeigt den Stellenwert der Taufe und wie wichtig es ist, jung Bekehrte darüber zu belehren. Die Taufe rettet nicht für den Himmel, sondern verbindet uns hier auf der Erde mit einem abgelehnten Christus. Wer sich taufen lässt, bekennt sich zu Ihm. Ohne Taufe ist man – für diese Erde – kein Christ. Das wird der Kämmerer verstanden haben.

Zum Taufen ist Wasser nötig. Ohne dem geht es nicht. Es handelt sich zwar um eine symbolische und äußere Handlung, ist aber doch ein sichtbares Zeichen. Die Taufe ist auf den Tod des Herrn Jesus (Röm 6,3). Deshalb taucht der Täufling im Wasser unter, wenn er getauft wird.

  • Die Taufe geschieht nach den Anweisungen der Bibel nicht dadurch, dass der Täufling mit Wasser besprengt wird, sondern dass er im Wasser untertaucht. Dadurch wird dokumentiert, dass er sich mit dem Tod und Begräbnis des Herrn Jesus identifiziert.

Eine öffentliche Handlung

Es ist nicht so entscheidend, wo eine Taufe stattfindet. Wichtig ist, dass Wasser vorhanden ist und dass sie einen öffentlichen Charakter hat, d.h. andere zuschauen. Die Apostelgeschichte zeigt uns Taufen im Freien und in Häusern. Im Fall des Kämmerers geschah sie an einem Wasser am Weg. Man ist versucht zu denken, es sei hier nur eine Sache zwischen Täufling und Täufer gewesen. Doch dem ist nicht so. Ein Minister würde niemals allein reisen. Es waren solche dabei, die ihn begleiteten. Welch ein „Schauspiel“ muss es für diese Menschen gewesen sein, als sie sahen, wie ihr Vorgesetzter sich mit einem unbekannten Juden ins Wasser begab, um sich taufen zu lassen. Wir sollten den Zeugnischarakter dieser Handlung nicht unterschätzen. Mit Sicherheit wird die Taufe unter den Reisebegleitern Fragen und Diskussionen ausgelöst haben.

  • Bis heute ist die Taufe in vielen Ländern – vor allem nicht-christlich geprägten Ländern – eine stumme Verkündigung, die gute Gelegenheiten mit sich bringt, das Evangelium von Jesus weiterzugeben.

Beide steigen in das Wasser hinab

Obwohl die Taufe eine öffentliche Handlung ist, geschieht sie doch ausschließlich im Einvernehmen zwischen Täufling und Taufendem. Die Übrigen sind Zuschauer. Im Allgemeinen kann man sagen, dass der Täufling den Wunsch haben muss, getauft zu werden, während der Täufer die Freude haben muss, den Täufling tatsächlich zu taufen. Er trägt die Verantwortung, nur jemand zu taufen, von dem er überzeugt ist, dass der Täufling an den Herrn Jesus glaubt. Ansonsten sollte eine Taufe nicht durchgeführt werden.

Darüber hinaus fällt auf, dass hier – wie auch an fast allen anderen Stellen über die Taufe – von keiner „Taufformel“ die Rede ist. Der Heilige Geist scheint keine besondere Betonung darauf zu legen, eine bestimmte „Taufformel“ zu benutzen. Das würde nicht zu der Freiheit der christlichen Zeit passen. Es ist sicher nicht falsch, wenn wir „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ oder „auf den Namen des Herrn Jesus“ taufen (vgl. Mt 28,19; Apg 8,16). Es sollte uns jedoch zu denken geben, dass wir solche – oder ähnliche – „Taufformeln“ in der Praxis der ersten Christen nicht ausdrücklich finden.

  • Beide Seiten – die der Verantwortung und Freude des Taufenden und des Täufers – sollten bei einer Taufe gut beachtet werden.

Ein fehlender Vers

Der aufmerksame Leser der Elberfelder Bibel (und anderer Bibelausgaben) wird feststellen, dass Vers 37 fehlt. In anderen Übersetzungen ist er eingefügt und lautet: „Philippus aber sprach: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so ist es erlaubt. Er aber antwortete und sprach: Ich glaube, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist“. Warum fehlt dieser Vers in manchen Bibelübersetzungen? Weil die besten Handschriften diesen Vers ebenfalls nicht haben. Und das ist gut zu verstehen. Es wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine – sicher gut gemeinte – menschliche Einfügung handeln. Natürlich ist die Aussage in sich nicht falsch, dennoch ist es unwahrscheinlich, dass der Kämmerer das so gesagt hat. Es ist nicht zu erwarten, dass er mit seinem Wissensstand ein Bekenntnis über den „Sohn Gottes“ ablegte. Philippus hatte ihm nicht das „Evangelium Gottes über seinen Sohn“ verkündigt, sondern das „Evangelium von Jesus“. Nicht einmal die zwölf Apostel hatten bis zu diesem Zeitpunkt in der Apostelgeschichte über Jesus als den „Sohn Gottes“ gesprochen und Ihn bezeugt. Dieses Bekenntnis war einem anderen Mann vorbehalten, von dem wir im nächsten Kapitel lesen, nämlich Saulus von Tarsus (Apg 9,20).

Der Geist des Herrn entrückt Philippus

Die Formulierung „Geist des Herrn“ kommt nur dreimal im Neuen Testament vor (Apg 5,9; 8,39; 2. Kor 3,17). Es ist also ein seltener Titel. Gemeint ist der Heilige Geist, wobei in diesem Fall besonders die Autorität des Herrn Jesus betont wird, die Er im Blick auf seine Diener hat. Der Herr bestimmt, wo seine Diener dienen. Sonst niemand. Er entscheidet, wann eine Aufgabe beginnt und wann sie endet.

Jemanden zu „entrücken“ bedeutet, ihn durch ein machtvolles Eingreifen wegzunehmen, ihn zu entreißen oder zu entführen (vgl. 1. Thes 4,17, wo es um die Entrückung der Gläubigen geht). Wie diese Entrückung von Philippus geschah, wissen wir nicht. Wir lernen, dass Zeit und Raum nur für uns ein Problem sind, nicht für Gott.

Den Weg mit Freuden ziehen

Es gibt keine Zeit zum Abschiednehmen. Es gibt keine Zeit, weitere Fragen zu stellen. Der Kämmerer sieht Philippus nicht mehr und zieht doch seinen Weg mit Freuden. Wir hätten erwartet, er sei enttäuscht und traurig. Doch er glaubte nicht an Philippus, sondern an den Herrn Jesus, so dass er nicht enttäuscht war. Es ging ihm nicht um Philippus oder Jerusalem, sondern um seinen Retter und Herrn. Sich an einen Prediger zu hängen führt zu geistlicher Schwachheit. Sich hingegen in seinem Erlöser zu freuen, führt zu einem vitalen Glaubensleben. Er hat das gefunden, was Jerusalem (Synonym für eine äußere Religion) nicht bieten konnte. Genau das soll die Bekehrung: eine Freude sein. Gott möchte, dass wir „völlige Freude“ haben (1. Joh 1,4).

Dabei ist die Freude eine dreifache:

  1. Der Kämmerer freut sich, das Heil in Jesus gefunden zu haben
  2. Philippus freut sich, einen Menschen zu Jesus geführt zu haben
  3. Im Himmel ist Freude über einen Sünder, der Buße getan hat

Von dem Kämmerer ist im weiteren Verlauf keine Rede mehr. Wir können jedoch sicher sein, dass seine Freude dauerhaft war. Sein Herzensboden glich nicht dem eines Felsen, der Menschen kennzeichnet, die das Wort, wenn sie es hören, mit Freuden aufnehmen, um dann in der Zeit der Prüfung abzufallen (Lk 8,13).

  • Auch wir können die Wüste zu einem Quellenort machen und uns dauerhaft in Ihm freuen. Wir haben die Freude des Heils und die Freude der Gemeinschaft mit Vater und Sohn.

4. Das Evangelium wird an anderen Orten verkündigt (Apg 8,40)

„Philippus aber wurde in Asdod gefunden; und während er hindurchzog, verkündigte er das Evangelium allen Städten, bis er nach Cäsarea kam.“

Über Asdod nach Cäserea

Der Dienst von Philippus war keineswegs zu einem Ende gekommen. Nachdem der Geist des Herrn ihn entrückt hatte, wird er nun in Asdod gefunden. Asdod war eine frühere Philisterstadt, die nördlich des Weges nach Gaza (ebenfalls eine frühere Philisterstadt) liegt, einige Kilometer nördlich des Weges nach Gaza.

Philippus bleibt nicht untätig, sondern auf dem Weg nach Cäserea (in nördlicher Richtung am Mittelmeer gelegen) verkündigt er weiter das Evangelium, d.h. die gute Botschaft Gottes über seinen Sohn. Es ist das letzte Mal, dass der Inhalt der Botschaft in diesem Kapitel genannt wird. Hier ist es einfach „das Evangelium“ – die gute Botschaft – ohne jeden weiteren Zusatz. Philippus evangelisiert weiter. Das war seine Berufung. Dabei blieb er. Er zog von Stadt zu Stadt und wir sind sicher, dass er dauerhafte Segensspuren hinterlassen hat. Die Ergebnisse dieser Evangelisation werden wir einmal im Himmel sehen.

Philippus, der Evangelist

20 Jahre später wird Philippus in Cäsarea „der Evangelist“ genannt (Apg 21,8). Was er in Kapitel 8 getan hatte, tut er immer noch. Er scheint ein nachhaltiger Diener gewesen zu sein, der nicht aufgab, sondern in seinem Dienst bleibt und ihn vollführte. Am Ende seines Lebens motiviert Paulus sein geistliches Kind Timotheus mit den Worten: „Du aber sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tu das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst“ (2. Tim 4,5). Archippus musste aufgefordert werden: „Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Kol 4,17).

  • Das Beispiel von Philippus hilft uns, unseren Auftrag zu erfüllen, den der Herr uns gegeben hat. Nachhaltigkeit ist eine Eigenschaft, die Gott von uns erwartet.

In Cäserea

Dabei ist es auffallend, dass es in Kapitel 10 nicht Philippus ist, der vom Herrn benutzt wird, den Nationen das Evangelium zu verkündigen, sondern es ist Petrus, der in das Haus von Cornelius gesandt wird. Obwohl Philippus sich dort befand, beauftragt der Herr ihn nicht zu diesem Dienst. Es sollte gerade Petrus sein, der den Nationen die Tür zum Reich der Himmel aufschloss und ihnen die Botschaft von Jesus Christus verkündigte. Gott handelt immer nach seinem Plan und beauftragt nicht denjenigen, den wir Menschen vielleicht für geeignet halten, sondern den Er für geeignet hält. In Kapitel 8 ist es in erster Linie Philippus. In Kapitel 10 ist es in erster Linie Petrus.

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