Betrachtungen über den Epheserbrief

Allgemeine Einleitung

Der Apostel Paulus schrieb diesen Brief ebenso wie die Briefe an die Kolosser, Philipper und an Philemon während der Zeit seiner ersten Gefangenschaft in Rom.

Der Herr hatte es zugelassen, dass der römische Statthalter Seinen treuen Knecht ins Gefängnis warf, aber Er gab ihn dadurch die wertvolle Gelegenheit, diese kostbaren Briefe durch göttliche Inspiration zu schreiben.

Dies veranschaulicht die Worte des Psalmisten, wenn er in Psalm 76 sagt: „Denn der Grimm des Menschen wird dich preisen; mit dem Rest des Grimmes wirst du dich gürten“ (Vers 11). Der Herr ließ aus dem Grimm des Menschen, der Seinen Knecht ins Gefängnis warf, Lob und Ehre für Seinen Namen hervorkommen, indem Er Seinem treuen Knecht besondere Gnade verlieh, diesen wunderbaren, an göttlichen Wahrheiten so überaus reichen Brief zu schreiben.

In dem Brief an die Epheser offenbart der Heilige Geist uneingeschränkt den göttlichen Ratschluss – das göttliche Geheimnis, welches während der alttestamentlichen Zeitalter in dem Herzen Gottes verborgen gewesen war (Eph 3,5.9).

Dieser Brief bestehet im wesentlichen aus zwei Teilen: Die ersten drei Kapitel bilden den lehrmäßigen Teil, in welchem uns der Heilige Geist den Reichtum der Gnade Gottes zeigt, während Er uns im zweiten Teil die praktischen Ermahnungen für jene gibt, die diese Gnade empfangen haben. Das heißt, Er zeigt uns zuerst unsere Stellung, dann unsere Verantwortlichkeit; oder unsere Vorrechte und die daraus sich ergebenden Pflichten; oder die himmlische Stellung und dann unseren Wandel hienieden in Übereinstimmung mit dieser Stellung, die Gott uns in einem auferstandenen Christus schenkt.

Dies ist die göttliche Ordnung in Seinem ganzen, heiligen Wort. Möchten wir uns nicht nur dessen erfreuen, was uns die Gnade Gottes gibt, sondern auch in Wahrheit der uns verliehenen Gnade würdig wandeln.

Der Hauptgegenstand dieses Briefes nun ist „Christus und Seine Versammlung“ und ihre innige, ewige Beziehung zueinander. Diese Beziehung zwischen Christus und Seiner Versammlung stellt uns der Heilige Geist von verschiedenen Seiten vor.

In dem ersten Kapitel wird uns Christus und die Versammlung als Sein „Leib“ dargestellt. Der Herr Jesus Christus, welchem die Herrlichkeit sei, ist Selbst das Haupt dieses Leibes; und alle Glaubenden, die aus Gott geboren sind, sind Glieder Seines Leibes.

Durch Seinen Tod hat Er, der das Haupt des Leibes ist, das Werk der Erlösung vollbracht; die Herrlichkeit des Vaters hat Ihn aus den Toten auferweckt und Ihn zu Seiner Rechten gesetzt in den himmlischen Örtern (Eph 1, 20). Und da es ganz und gar unmöglich ist, dass das Haupt von dem Leibe getrennt ist, wird auch die Versammlung, welche Sein Leib ist, als mit Ihm in die himmlischen  Örter versetzt gesehen (Eph 2, 6).

Der Ausdruck „himmlische Örter“ wird fünfmal, in diesem Briefe erwähnt: 1, 3; 1, 20; 2, 6; 3, 10; 6, 12. Es ist nötig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass dieser Brief gleichsam zwei „Schlüsselwörter“ hat.

Erstens finden wir darin den Ausdruck „in IHM“ oder „ in CHRISTUS“. Oft werden wir darauf hingewiesen, dass die Versammlung und ihre geistlichen Segnungen „in Christus“ sind. Jeder Mensch, der nicht „in Christus“ ist, hat weder Teil noch Freude an irgendeiner dieser himmlischen Segnungen. Ohne Christus ist es uns unmöglich, Gott zu kennen und Ihm zu nahen, sich Seiner und der herrlichen Segnungen zu erfreuen, die denen gegeben sind, die in Christus sind.

Zweitens finden wir in diesem Brief den charakteristischen und schon erwähnten Ausdruck „himmlische Örter“, wohin die Versammlung schon jetzt mit Christus versetzt ist, wie uns dieser Brief zeigt.

Obwohl die Versammlung in dieser wunderbaren, erhabenen Stellung gesehen wird, betont der Heilige Geist immer wieder die Wichtigkeit eines geziemenden Wandels für den Gläubigen in dieser Welt. Siebenmal wird die Art und Weise unseres Wandels erwähnt und gezeigt, welche Dinge wir meiden sollen: 2, 1; 2, 10; 4, 1. 17; 5, 1. 8. 15. Wir sind ein himmlisches Volk, und unser Wandel sollte mit unserer himmlischen Stellung im Einklang stehen. Doch wer wäre wohl in seiner eigenen Kraft imstande, diesem hohen Maßstab entsprechend zu leben? Oh, danke Gott, dass Er uns Seinen eigenen Geist gegeben und uns dadurch befähigt hat, unserer himmlischen Berufung würdig zu wandeln. Aus diesem Grund wird des Heiligen Geistes dreizehnmal Erwähnung getan; denn zweifellos ist es der Heilige Geist selbst, der uns die Kraft und Gnade schenkt, ein himmlisches Betragen zu offenbaren, während wir hier auf Erden sind. Daher wird auch das Wort „Gnade“ in diesem Brief zwölfmal erwähnt.

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