Auserwählt in Christus

Teil 1: Der ewige Ratschluss Gottes

Auserwählt in Christus

Auserwählt in Christus vor Grundlegung der Welt (Eph 1,4)

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe; und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade“ (Eph 1,3–6).

Nach einem kurzen Grußwort in Epheser 1,1.2 bricht der Apostel Paulus in einen Lobpreis Gottes aus. In einem einzigen zusammenhängenden Satz preist er den „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ für eine Vielzahl an Segnungen, deren Ausmaß für uns nicht zu ermessen ist (V. 3–14). An dieser Stelle beschränke ich mich auf diejenigen, die uns in den Versen 3 bis 6 genannt werden:

Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus als Quelle von allem

  • Jeder Segen geht von Gott selbst aus. Wir kennen Ihn als Gott und als Vater (V.3).
  • Gott hat uns mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus gesegnet (V.3).
  • Jeder Segen wird verbunden mit Christus, dem auferstandenen und verherrlichten Menschen im Himmel. Wir besitzen diese Segnungen in Ihm, das heißt, wir haben sie heute schon der „Stellung“1 nach. Ohne den verherrlichten Christus gibt es keine Segnung für uns (V.3).
  • Wir sind in die gleichen Beziehungen eingeführt worden, die der verherrlichte Mensch, Christus Jesus, in seiner Beziehung zu Gott, seinem Vater besitzt (V. 3; vgl. Joh 20,17).
  • Gott hat uns auserwählt in Christus vor Grundlegung der Welt (V.4).
  • Das Ergebnis und Ziel der Auserwählung: dass wir heilig und untadelig seien vor Gott in Liebe (V.4).
  • Der Vater hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst (V.5).

Dies alles geschah nach dem Wohlgefallen seines Willens (V. 5) und zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade (V. 6).

Der auserwählende Gott (V. 3)

Gott, der Vater, gewährt uns in diesen Versen einen Blick in sein Herz. Von Ihm geht alles aus, Er ist die Quelle und der Geber dieser Segnungen. Von Sündern oder Sünde ist hier überhaupt keine Rede. Vor Grundlegung der Welt gab es die Sünde nämlich nicht, und da hatte Gott den ausdrücklichen Willen (V. 4.5), Menschen in Christus reichlich zu segnen. Dass diejenigen, die Er segnen möchte, begnadigte Sünder sind, kommt erst in Kapitel 2 ins Blickfeld. Im Gegensatz zum Römerbrief, der mit den Bedürfnissen des Menschen beginnt, geht es in Epheser 1 um die Wünsche Gottes, die Er für sich selbst (V. 5.6.9.11.12.14) und für seinen Sohn hat (V. 10.22.23) und die Er sich in und für Christus erfüllt.

Gott hat den Menschen, die Er schon vor Grundlegung der Welt vor Augen hatte, keine einzige geistliche Segnung vorenthalten. Er verbindet sie mit sich selbst, so wie Er mit Christus, seinem geliebten Sohn, dem jetzt verherrlichten Menschen, verbunden ist.

Alles, was Menschen einmal im Himmel in der Gegenwart Gottes und in Gemeinschaft mit Ihm in Vollkommenheit werden genießen können, schenkt Er ihnen nach seinem Wohlgefallen für ihr Glaubensleben schon heute. Sie leben, obwohl sie nach den Gedanken Gottes zum Himmel gehören, für einige Zeit auf der Erde. Und schon hier können sie durch Gottes Wort um diesen Segen wissen.

Diese wunderbaren Segnungen zählt Paulus zunächst einmal auf. Sie gehören nicht zur Erde, sondern zum Himmel. Dennoch können wir uns bereits jetzt auf der Erde an ihnen erfreuen und sie genießen, weil wir nach Epheser 2,6 heute schon im Glauben sowie mit unseren Herzen und Gedanken in diesem himmlischen Bereich leben.

Auserwählung in Christus (V. 4)

Die erste konkrete Segnung, die Paulus nennt, ist die Auserwählung vor Grundlegung der Welt. Paulus spricht hier nicht davon, dass der Mensch in Sünde gefallen ist. Er verbindet die Auserwählung auch nicht mit der Errettung. Es geht auch nicht darum, was der Mensch aufgrund seiner Sündenschuld nötig hat. Der Apostel entfaltet hier vielmehr Gottes Segensabsichten für Geschöpfe, völlig unabhängig von der Frage der Sünde. Im griechischen Grundtext steht hier eine Form, die ausdrückt, dass Gott Menschen für sich selbst auserwählt hat. Diese Auswahl von Menschen entspricht somit dem Wunsch Gottes, des Vaters, selbst.

Gott verherrlicht sich selbst dadurch, dass Er Menschen für sich auserwählt hat. Diese Wahl hat Er nicht nur vor dem Sündenfall getroffen, sondern zu einem „Zeitpunkt“ in der Ewigkeit, als es außer Gott nichts gab. So wichtig waren wir Ihm, dass Er uns mit himmlischem Segen überschütten wollte, um uns vor sich zu stellen.

Gott hat Freude an uns und wird uns in Ewigkeit ganz für sich besitzen. Es ist sein Ziel, in einer Atmosphäre heiliger Liebe Gemeinschaft mit uns zu haben. Dabei bedenken wir, dass wir von dem ewigen Gott sprechen, der die sichtbare und unsichtbare Schöpfung ins Leben gerufen hat. Er ist die höchste Autorität, die es gibt, ja das erhabenste Wesen, der Einzige, der nie geschaffen wurde, weil Er ewig ist.

Das Ziel der Auserwählung: Menschen stehen vor Gott (V. 4)

Gott hat Menschen also mit einem wunderbaren Ziel auserwählt: Sie sollen vor Gott stehen und dort seine Liebe uneingeschränkt genießen – und das in einem Zustand, der unvergleichlich besser ist als der von Adam und Eva bei ihrer Erschaffung. Der ursprüngliche Zustand des ersten Menschenpaares kann als unschuldig bezeichnet werden, weil Adam und Eva am Anfang ihres Lebens noch nicht gesündigt hatten und Sünde in diesem Sinn auch nicht kannten. Aber sie waren nicht heilig. Dass etwas der Stellung nach „heilig“ ist, bedeutet: Gott hat etwas für sich selbst reserviert, für sich selbst abgesondert (vgl. 1. Mo 2,3). Seit dem Sündenfall ist das mit einer konsequenten, bewussten Trennung von allem Bösen verbunden.

Heiligkeit ist das grundsätzliche Wesen einer Natur, die Wohlgefallen findet an Reinheit. Diese Natur stößt das Böse ab und meidet es. Dadurch ist man (der christlichen Stellung nach) in Gemeinschaft mit dem heiligen, reinen Gott und unantastbar für das Böse.

Gott hat uns zu Menschen gemacht, die heilig und untadelig vor Ihm stehen. Dazu hat Er uns eine Natur geschenkt, die Ihm entspricht. So sind wir nach seinem Ratschluss heilig, wie Er heilig ist, und untadelig, wie Er untadelig ist. Man kann auch hinzufügen: Wir sind – unserer Stellung nach – heilig und untadelig, wie Christus dies immer war und bleiben wird. Da wir „in Ihm“ diesen Segen besitzen, ist Er für uns die Quelle davon und Sicherheit dafür.

Zugleich besitzen wir diesen Segen auch jetzt schon, während wir auf der Erde sind, weil Gott uns bereits heute in Christus sieht. Wenn Er seinen Sohn sieht, den verherrlichten Menschen im Himmel, dann sieht Er dich und mich. Wir sind in seinen Augen so, wie Er es immer war und als verherrlichter Mensch auch gegenwärtig ist. So sind wir in Überstimmung mit Gott und erfreuen uns der Gemeinschaft mit Ihm, der Licht ist (1. Joh 1,5). Jemand, der diese heilige Natur nicht besitzt, könnte die Gegenwart Gottes nicht ertragen. Wir dagegen können und werden Gott in seiner Heiligkeit und Reinheit genießen.

Gott hat uns also auserwählt, um uns seine eigene Natur zu schenken. Er ist Licht (1. Joh 1,5) und Liebe (1. Joh 4,8.16). So sind wir nicht nur heilig, sondern vor Ihm „in Liebe“. Wir besitzen die Wesensmerkmale Gottes, der Licht und Liebe ist. Und das ist nicht erst im Himmel wahr, sondern bereits heute (vgl. Kol 1,22). Schon jetzt haben wir den neuen Menschen angezogen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit (Eph 4,24; Kol 3,10).

Die praktische Seite der Heiligkeit

Das heißt nicht, dass wir in der Praxis, in unserem Lebenswandel, immer so handeln, wie es dieser Heiligkeit entsprechen würde. Solange wir noch auf der Erde leben, haben wir das Fleisch – die alte, sündige Natur – noch in uns. Aber wir sind nicht mehr gezwungen zu sündigen, weil Gott uns eine neue Natur geschenkt hat. Das ewige Leben (Joh 3,16) will und kann nicht sündigen. Wir sind der göttlichen Natur teilhaftig geworden, dem Verderben in der Welt entflohen (2. Pet 1,4). Gott hat uns darüber hinaus den Heiligen Geist gegeben, der in uns wohnt (1. Kor 6,19; 1. Joh 4,13). Daher wollen wir so leben, wie Gott uns bereits heute sieht: indem wir uns von der Sünde fernhalten, um Ihn zu ehren.

Diese praktische Seite unseres Glaubenslebens behandelt der Apostel an dieser Stelle allerdings noch gar nicht. Er beschäftigt sich mit dem, was im Herzen Gottes für die Menschen war. Er wollte sie segnen – Er hat es getan.

Vorherbestimmung zur Sohnschaft (V. 5)

Das aber ist bei weitem noch nicht alles. Gott hat uns nicht nur seine Natur geschenkt, Er hat sich auch mit uns als Vater verbunden. Nach dem Wohlgefallen seines Willens hat Er uns vorherbestimmt zur Sohnschaft.

Während uns Vers 4 mit der Natur bekannt macht, in der Gott Menschen vor sich selbst hinstellt, zeigt uns der Apostel in Vers 5 etwas über unsere Beziehung zu Gott als Vater. Als solcher hat Er Menschen in dieselbe Beziehung zu sich gebracht, die Er mit seinem Sohn, dem verherrlichten Menschen Christus Jesus, pflegt.

Auch die Engel haben eine Beziehung zu Gott, die großartig ist: Sie sind seine Diener. Sohnschaft dagegen weist auf eine ganz anders geartete Beziehung hin: Wir sind in eine Stellung der Nähe gebracht worden und haben zu Gott jetzt eine innige Beziehung. Diese Stellung der Sohnschaft, die der Herr Jesus als Mensch besitzt, ist uns von unserem Vater geschenkt worden.2 Ja mehr als das: Er hat uns zu dieser Nähe ausdrücklich vorherbestimmt, das heißt, bevor dieses Universum und die Menschen geschaffen worden sind.

Sohnschaft hat auch mit Einsicht zu tun. Der Vater kann mit dem Sohn über alles sprechen, was ihn beschäftigt. Der Vater vertraut dem Sohn das an, was ihm wichtig ist. Umgekehrt hat ein Sohn Interesse an dem, was den Vater beschäftigt. Er freut sich über den Austausch, die Gemeinschaft mit dem Vater. Das ist im höchsten Maß wahr für Gott, unseren Vater, im Blick auf uns, die wir seine Söhne geworden sind.

Dazu hat Gott uns vorherbestimmt: Er hat uns als Söhne angenommen, und zwar „durch Jesus Christus“. Dieser Ausdruck ist auffallend, denn normalerweise spricht der Apostel Paulus in Epheser 1 von „in Christus“. Das heißt, wenn uns eine Segnung zuteilwird, dann „in“ Christus. Gott sieht uns in seinem Geliebten, der als verherrlichter Mensch alle diese Segnungen in sich vereint. Aber wenn es um unsere Sohnschaft geht, dann heißt es in Epheser 1,5: „durch“ Ihn. Gewiss will der Heilige Geist darauf hinweisen, dass Christus in ganz anderer und viel höherer Weise „Sohn“ ist. Er ist nicht nur Sohn als Mensch, sondern zugleich der ewige Sohn Gottes, und als solcher ist und bleibt Er immer allein. An dieser Herrlichkeit haben wir keinen Anteil. Wir können Ihn darin aber bewundern.

Auch der Segen der Sohnschaft hat nichts mit dem zu tun, was wir nötig hatten. Nein, Gott wollte Söhne „für sich selbst“. Er selbst genießt es – wir sagen das mit Ehrfurcht –, dass Er eine Beziehung mit Menschen hat, die Er liebt und mit denen Er Gemeinschaft sucht und pflegt. Das war sein ausdrücklicher Wille, ja mehr als das, es war das „Wohlgefallen seines Willens“. Es hat Ihm so gefallen, ja Er hat seine Freude an diesem Beschluss. Begreifen können wir das letztlich nicht. Aber wir bewundern unseren Gott und Vater dafür.

Staunend nehmen wir an, dass Er uns an seinem eigenen Wohlgefallen Anteil nehmen lässt. Er zeigt uns damit, was die Quelle jeder Segnung für uns ist: sein eigenes Wohlgefallen.

Die Herrlichkeit der Gnade Gottes (V. 6)

Der Apostel Paulus fügt dann noch hinzu, dass die Segnungen der Auserwählung und der Sohnschaft zum Preise der Herrlichkeit der Gnade Gottes sind. Vers 6 bezieht sich sowohl auf Vers 4 als auch auf Vers 5. Das unterstreicht noch einmal: Gott hat bei diesem Handeln nicht das im Blick, was wir nötig haben, sondern seine eigene Freude und Christus, seinen Geliebten. Es war sein ureigener Wille, aus Menschen Söhne zu machen. Sowohl die Auserwählung als auch die Vorherbestimmung dienen dem Preise der Herrlichkeit seiner Gnade.

Es ist eine große Gnade, wenn Gott Sünder in Christus rechtfertigt. Aber darum geht es hier nicht. Es ist die Herrlichkeit seiner Gnade, dass Gott Menschen, die noch gar nicht geschaffen worden sind, einen Platz an seinem Herzen und in seiner Gegenwart schenkt. Das hat niemand verdient. Dazu hat auch niemand irgendeinen Anlass gegeben. Es war allein die Freude Gottes, alle seine herrlichen Wesenszüge zu offenbaren und gewissermaßen zum Segen von Menschen einzusetzen. Gott selbst in seinem Wesen wird darin sichtbar – und genau das war sein Ratschluss. Er hat Menschen zu seiner eigenen Herrlichkeit gebracht und erhöht. Was für eine Gnade!

So können wir auch sagen, dass uns die Auserwählung und die Vorherbestimmung zur himmlischen Herrlichkeit des Herrn Jesus erheben – und dadurch wiederum wird zugleich Christus erhoben und verherrlicht. Das alles ist Gnade, die sich nicht nur durch einen göttlichen Reichtum auszeichnet (vgl. V. 7), sondern die Herrlichkeit der Gnade Gottes selbst offenbart. Das wird in 2. Timotheus 1,9 bestätigt, wenn Paulus von dem Vorsatz Gottes spricht und von der Gnade, „die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben“ worden ist.

Gott hat uns durch den Herrn Jesus das Allerhöchste geschenkt, womit Er uns durch den und in dem Herrn Jesus segnen konnte. Er hat Gefäße begnadigt, die Er zur Herrlichkeit bereitet hat (Röm 9,23).

Der Ratschluss Gottes (Röm 8)

Zunächst zitiere ich die wichtigen Bibelabschnitte zu diesem Thema (mit Ausnahme der im vorigen Kapitel behandelten Verse aus Epheser 1):

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht“ (Röm 8,28–30).

„... in dem [Christus] wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir zuvor bestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Rat seines Willens, damit wir zum Preise seiner Herrlichkeit seien“ (Eph 1,11.12).

„Petrus, Apostel Jesu Christi, den Fremdlingen von der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien, auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi“ (1. Pet 1,1.2).

„Und solches sind einige von euch gewesen; aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes“ (1. Kor 6,11).

Neben Epheser 1 gibt uns auch Römer 8 einen wunderbaren Einblick in den Ratschluss Gottes. Zu Beginn dieses Kapitels zeigt der Apostel Paulus, dass es für Menschen, die in Christus Jesus sind, keine Verdammnis mehr gibt (V. 1). Das sind Menschen, die durch Glauben auf der Grundlage des Blutes Christi gerechtfertigt worden sind.

Diese Erlösten sind Söhne Gottes und werden durch den Geist Gottes geleitet (V. 14). So haben wir freien Zugang zu Gott und nennen Ihn „Abba, Vater“ (V. 15). Der Geist Gottes wohnt in uns und bezeugt, dass wir Kinder Gottes sind (V. 16). Da wir Kinder sind, sind wir zugleich Erben Gottes und Miterben Christi (V. 17) und warten auf den herrlichen Augenblick, wenn wir mit Christus auf diese Erde zurückkommen werden. Diese Schöpfung wird dann eine versöhnte und gereinigte Schöpfung sein (vgl. Kol 1,20), die von dem heute sichtbaren Niedergang befreit sein wird.

Ab Vers 18 beschreibt Paulus dann das Seufzen dieser Schöpfung, in der wir leben. Da wir noch auf dieser Erde leben und unser Körper Teil der ersten Schöpfung ist, seufzen auch wir, wie die gesamte Schöpfung leiden muss (V. 18.19). Die für uns damit verbundenen Schwachheiten führen sogar dazu, dass wir nicht wissen, was wir bitten sollen, wie es sich gebührt (V. 26). Der in uns wohnende Geist Gottes macht sich dann mit uns eins und verwendet sich für uns, damit unsere Bitten in Gott gemäßer Weise bei Ihm ankommen (V. 26).

Diese prüfenden und schwierigen Lebensumstände sind nicht leicht zu ertragen für Gläubige, die auf den Herrn Jesus zur Entrückung warten. Daher ermutigt der Apostel uns dadurch, dass er uns darauf hinweist, dass alle diese Umstände zu unserem Guten mitwirken, „denen, die nach Vorsatz berufen sind“ (V. 28). Und dann entfaltet er unter der Inspiration des Heiligen Geistes einen Teil des wunderbaren Ratschlusses Gottes. Dadurch lenkt er den Blick weg von den entmutigenden Umständen hin auf das, was Gott für uns schon immer in seinem Herzen vorgesehen hatte.

Bevor die Erlösten gelebt haben, hatte Gott den Vorsatz, Menschen auf das Innigste mit seinem Sohn, Jesus Christus, zu verbinden. Dazu macht Gott sie Christus, dem verherrlichten Menschen, gleich, wobei Er als der Erstgeborene immer den Vorrang haben wird. Gott wollte wegen seiner göttlichen Liebe zu seinem Geliebten nicht, dass allein Christus im Himmel ist. Er hatte den Plan, dass Menschen den Herrn Jesus dort umgeben und Ihm gleich sind. All das ist Teil seines ewigen Vorsatzes (Vorkenntnis, Auserwählung, Vorherbestimmung) und fand somit vor Grundlegung der Welt statt.

Aber damit ist Gottes Handeln nicht zu Ende. Die vorherbestimmten Menschen hat Gott „in der Zeit“, also während ihres Lebens auf dieser Erde, berufen (vgl. Gal 1,15; 2. Tim 1,9) und gerechtfertigt (vgl. Röm 3,28). Das war nötig, weil alle Menschen als Sünder geboren wurden. Doch die oberste Instanz hat uns von aller Schuld freigesprochen.

Sein Ratschluss war damit aber noch immer nicht vollständig: Gott hat diese Menschen auch verherrlicht. Das ist heute noch nicht zu sehen. Außer Christus wurde bisher niemand verherrlicht, das heißt mit einem Auferstehungskörper und verherrlicht in den Himmel aufgenommen. Das wird erst bei der Entrückung geschehen. Aber in Gottes Vorsatz ist das alles schon ein abgeschlossener Vorgang. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Menschen, die Er vorhererkannt und vorherbestimmt hat, dieses erklärte Ziel auch erreicht haben werden.

Das alles kann man Gottes Vorsatz nennen. Ich habe versucht, die einzelnen Teile in der folgenden Tabelle zu gliedern:

Wie Gott achtfach mit dem Menschen handelt

Im Neuen Testament lesen wir: Gott hat die Erlösten

  • vorhererkannt (Vergangenheit)
  • auserwählt (Vergangenheit)
  • vorherbestimmt (Vergangenheit)
  • berufen (Gegenwart)
  • abgewaschen (Gegenwart)
  • geheiligt (Gegenwart)
  • gerechtfertigt (Gegenwart) und
  • verherrlicht (Zukunft)

Epheser 1Römer 81. Petrus 11. Korinther 6

Tatsächlich kann man Römer 8,28–30 entnehmen, dass es selbst im Ratschluss Gottes eine gewisse Reihenfolge gegeben hat. Wenn man dann noch Epheser 1,3–6.11 sowie 1. Petrus 1,2 und 1. Korinther 6,11 hinzunimmt, kann man bestimmte Schlussfolgerungen ziehen:

Der ewige Vorsatz Gottes

  • Gott hat bestimmte Personen vorhererkannt (1. Pet 1,2; Röm 8,29). Er hat sie aktiv ins Auge gefasst und für seinen Ratschluss ausersehen.
  • Die Personen, die Er vorhererkannt hat, hat Er auch nach seinem ewigen Ratschluss auserwählt (1. Pet 1,2; Eph 1,4).
  • Diese Auserwählten hat Er auch vorherbestimmt, dem Bild seines Sohnes ewig gleichförmig zu sein (vgl. auch Joh 17,22; 1. Joh 3,2). Diese Berufung ist der eigentliche Zielpunkt der Belehrungen des Apostels. Es geht ihm auch im Römerbrief an dieser Stelle nicht um das, was der Mensch seiner Sünden wegen nötig hatte, sondern um das, was Gott in seinem Ratschluss für ihn vorgesehen hat. Und das übersteigt jedes menschliche Vorstellungsvermögen. Die Erlösten werden Christus gleich sein, wobei Er immer der Erstgeborene sein und damit den ersten Platz einnehmen wird (Röm 8,29). Sie sind zudem zur Sohnschaft durch Jesus Christus für Gott selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens bestimmt (Eph 1,5). Das alles war nicht nur der Wunsch Gottes, sondern eine feste Bestimmung für diese Personen, die Gott in sich selbst festgelegt hat.

Diese drei Tätigkeiten Gottes (Vorhererkennen, Auserwählen, Vorherbestimmen) bilden zusammen seinen ewigen Vorsatz, den Er in Christus gefasst hat vor Grundlegung der Welt (vgl. Eph 1,11).

Gottes Handeln mit den Auserwählten in der Zeit

  • Die vorhererkannten, auserwählten und vorherbestimmten Personen hat Gott dann in der Zeit, als sie lebten, berufen (Röm 8,30). Das ist der Ruf.
  • Denen, die auf diesen Ruf Gottes gehört haben, hat Gott alle Sünden abgewaschen (1. Kor 6,11). Es ist das eine Werk des Geistes Gottes in der neuen Geburt (vgl. Joh 3,5), die dem Menschen eine neue Natur schenkt. All ihr moralischer Schmutz wird von Gott auf der Grundlage des Werkes Christi gereinigt und abgewaschen.
  • Die Gläubigen, die Gott abwäscht, werden als ein zweites Werk des Geistes durch die neue Geburt geheiligt (1. Pet 1,2; 1. Kor 6,11). Gott, der Heilige Geist, stellt sie für Gott beiseite und nimmt sie aus der gegenwärtigen bösen Welt heraus (Gal 1,4), ganz für Gott. Jetzt gehören sie nicht mehr zu dieser Welt, dem System, das unter der Herrschaft Satans steht. Sie gehören zu Gott und zu seiner neuen Schöpfung, zu seiner ewigen Welt.
  • Diese Geheiligten hat Gott auch gerechtfertigt (1. Kor 6,11; Röm 8,30). Dieser gewaltige Aspekt der Wahrheit zeigt uns, dass Gott uns als gerecht erweist und hinstellt, für gerecht erklärt, als ob wir nie eine Sünde begangen hätten. Wir werden von jeder Sünde und Schuld freigesprochen. Gott sieht keine Ungerechtigkeit mehr in diesen erlösten Menschen. Dafür ist Christus gestorben und auferstanden (Röm 3,24; 4,25).

Diese vier Tätigkeiten Gottes finden alle in der Zeit statt, während wir auf der Erde leben.

Gottes Handeln mit den Auserwählten in der Zukunft, bei der Entrückung

  • Die Gerechtfertigten schließlich hat Gott auch verherrlicht. Diese Aussage mag erstaunlich klingen, denn die Erlösten sind während ihres Lebens auf der Erde heute noch keineswegs körperlich verherrlicht. Sie tragen noch ihren vergänglichen Leib an sich, der auch noch sündigen kann. Leider sündigen wir tatsächlich immer wieder, solange wir noch auf der Erde leben. Aber Gott sieht diesen Schritt der Verherrlichung, der zeitlich gesehen noch zukünftig ist, in seinem Ratschluss als bereits vollendet an. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, nicht mehr eine Frage des „ob“. In Gottes Augen ist dies in Übereinstimmung mit seinem Ratschluss ewige Realität.

Diese letzte Tätigkeit Gottes, die auch unserem Körper an der neuen Schöpfung Anteil gibt, findet statt, wenn Christus wiederkommen wird, um die Seinen aufzuerwecken beziehungsweise zu verwandeln und zu entrücken. Er wird sie dann zu sich in die Herrlichkeit einführen, in das Vaterhaus (vgl. 1. Thes 4,17; 1. Kor 15,52.54; Joh 14,3).

In Römer 8 wird das Thema des Waschens und Heiligens nicht genannt. Der Finger des Apostels zeigt nicht auf diese für uns sündigen Menschen notwendige Seite, da er hier nicht auf die Frage von Sünde eingehen möchte. Diese hat er längst in den vorherigen Kapiteln behandelt. An dieser Stelle ist sein Auge auf die Herrlichkeit gerichtet. Dafür war ein Ruf nötig und auch, dass der Gerechtigkeit Gottes entsprochen wird (Berufung, Rechtfertigung).

Wir sehen also: Paulus erörtert auch an dieser Stelle, wenn er den ewigen Ratschluss Gottes betrachtet, nicht die Seite der Sünde des Menschen und das, was dieser aufgrund seiner Sünde an Vergebung und Rechtfertigung nötig hat. Er stellt das vor, was im Herzen Gottes für Menschen war, die sich in schwierigen irdischen Umständen inmitten einer gefallenen Schöpfung bewähren mussten.

Der hier kurz vorgestellte Ratschluss Gottes ist so herrlich, dass ich in Anhang 2 noch ausführlicher auf die einzelnen Punkte eingehen werde.

Schlussfolgerungen

Wir haben uns zwei wesentliche Abschnitte des Wortes Gottes über den ewigen Ratschluss Gottes und die damit verbundene christliche Auserwählung angesehen. Anders als der Römerbrief beginnt der Epheserbrief nicht mit dem Elend des Sünders, sondern mit dem Herzen Gottes.

Epheser 1

Epheser 1 soll nicht zeigen, dass Gott Rettungsabsichten für den Menschen hatte, der einmal in Sünde fallen würde. Der Apostel stellt uns hier vielmehr Gottes Segensabsichten für ausgewählte Geschöpfe vor. Die Frage ihrer Sünden wird an diese Stelle nicht erörtert.

Der Gedanke in Epheser 1 ist somit nicht, dass Gott aus der Mitte von Sündern Menschen erwählte, die Er vom ewigen Tod rettete. Wir lernen hier, dass Er losgelöst von dem, was der Mensch von Adam an tun würde, Personen erwählte,

  • die Er nicht in einer gesegneten Umgebung auf der Erde,
  • sondern in seiner unmittelbaren Gegenwart in der Herrlichkeit haben wollte;
  • und das nicht nur in einem „unschuldigen“ Zustand (in dem sie noch fähig wären zu sündigen),
  • sondern in einer heiligen Natur, die völlig seiner eigenen Natur entspricht und nicht sündigen kann.

Über diesen grenzenlosen Segen nachzudenken, der im Herzen Gottes vor aller Zeit für uns war, führt uns zur Anbetung. Für diesen unbeschreiblichen Segen gibt es keinen Anknüpfungspunkt in uns Menschen. Gott selbst ist als derjenige aktiv, der das Recht hat, in souveräner Gnade so zu handeln und so zu segnen, wie Er will. Weil Christus, der Geliebte, vor Ihm stand, hat Er es getan, denn Mittelpunkt und Inhalt des Ratschlusses ist Christus.

In den ersten Versen in Epheser 1 geht es weder um Sünde noch um die Rettung von Sünden. Natürlich ist und bleibt es wahr, dass auch die Menschen, die Gott zu ewigem Segen auserwählt hat, Erlösung und Vergebung ihrer Sünden brauchten. Das wird aber erst in Vers 7 und fast beiläufig erwähnt. Es wird vor allem nicht gesagt, dass es Bestandteil der Auserwählung sei.

Das zeigt uns: Wenn wir die Frage der Sünde, der Verantwortung des Menschen und der Bekehrung hier mit der Auserwählung verbinden, zerstören wir die Absicht Gottes in Epheser 1. Dann wäre eben doch nicht das Herz Gottes und sein Segenswille der Ausgangspunkt, sondern die Not des Sünders. Der Apostel zeigt aber das genaue Gegenteil.

Römer 8

Darüber hinaus haben wir gesehen, dass die Argumentation des Apostels in Verbindung mit Römer 8 ähnlich ist, wenn auch nicht ganz so deutlich. Das Ziel der Vorkenntnis und Vorherbestimmung ist es, Menschen „dem Bild seines Sohnes gleichförmig“ (V. 29) zu machen. Dass die betroffenen Personen „in der Zeit“, das heißt während ihres Lebens auf der Erde, berufen und gerechtfertigt werden mussten, ist eine Notwendigkeit, die deshalb auch ergänzend erwähnt wird.

In beiden Stellen fällt auf, dass es nicht so sehr um Auserwählung aus einer Menge, sondern um Erwählung zu etwas geht. Dabei übergehen wir nicht: In beiden Stellen kommen Erlösung oder Rechtfertigung hinzu. Diejenigen, die Gott zu ewigem Segen auserwählt hat, kommen ohne jeden Zweifel auch in den Genuss der Erlösung und der Rechtfertigung. Sie haben beides nötig. Auch dieser Segen führt uns zum Staunen und zur Anbetung.

Die weitere Vorgehensweise

Nach diesem Überblick über den Ratschluss Gottes wenden wir uns einigen Fragen zu, die man sich im Blick auf die Auserwählung stellen kann. Diese Fragen sollen die Bedeutung und den Umfang der Auserwählung verdeutlichen. Zugleich werden Probleme zur Sprache kommen, die bei der Beschäftigung mit der Auserwählung immer wieder thematisiert werden.

Im Anschluss daran widmen wir uns einer grundsätzlichen Fragestellung, die bei dem Thema Auserwählung im Hintergrund oft mitschwingt: Steht das souveräne Handeln Gottes nicht der Verantwortung des Menschen entgegen? Und wenn Gott souverän ist, wie wir das gesehen haben, warum hat Er dann nicht in seiner Souveränität bewirkt, dass alle Menschen zur Errettung kommen? Zu diesem Themenkomplex gehört auch die Frage, ob ein Mensch verloren geht, weil Gott ihn nicht erwählt hat.

Fußnoten

  • 1 Der Ausdruck „christliche Stellung“ beinhaltet den Segen der erlösten Christen, wie Gott ihn sieht. Wir mögen von diesem Segen nicht gehört oder ihn noch nicht verstanden haben. Aber Gott sieht den Erlösten in Übereinstimmung mit seinem Ratschluss im vollen Segen dessen, was Er uns im Herrn Jesus an ewigem Segen geschenkt hat. Das ist unsere Stellung, wie schwach und fehlerhaft wir ihr in unserem praktischen Glaubensleben auch entsprechen mögen.
  • 2 Natürlich ist der Herr Jesus als Gott, der Sohn, immer Sohn gewesen, auch vor Grundlegung der Welt. Diese Herrlichkeit aber werden wir nie mit Ihm teilen. In seiner Stellung als verherrlichter Mensch jedoch wird Er sich mit uns verbinden. Auch als Mensch ist Er Sohn (vgl. Heb 1,5).
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