Lasst uns die Mauer Jerusalems aufbauen!

Abschließende Bemerkungen

Am Schluss dieser kurzen Übersicht über das Buch Nehemia mögen einige zusätzliche Gedanken in Bezug auf seine Anwendung auf die gegenwärtigen Zustände angebracht sein.

Im Blick auf Israel war es Gottes Vorsatz, sein Haus in der Stadt Jerusalem zu haben, in der Mitte eines Volkes, das in seinem Land wohnte. Mit diesem Vorsatz stehen drei wichtige Grundsätze in Verbindung. Mit dem Haus ist der Gedanke verbunden, dass Gott wohnt, mit der Stadt, dass Gott regiert, und mit der Nation und dem Land, dass Gott segnet. Wo Gott wohnt, da muss Er auch herrschen; und wenn Gott regiert, segnet Er. So ist es Gottes Absicht, inmitten eines erlösten Volkes zu wohnen, darüber zu regieren zu seinem Segen. Dieser Vorsatz wird an einem noch zukünftigen Tage verwirklicht werden.

Das Buch Nehemia stellt die Geschichte eines Überrests des Volkes dar, der im Licht des ursprünglichen Vorsatzes Gottes für das ganze Volk handelt und gleichzeitig auf die noch zukünftige Erfüllung in den Tagen des Tausendjährigen Reiches wartet.

Die materiellen Dinge in Israel haben heute ihr geistliches Gegenstück in der Versammlung Gottes. Wir wissen, dass uns die Versammlung als das Haus Gottes vorgestellt wird (1. Tim 3,15); und als die Stadt des lebendigen Gottes (Heb 12,22; Off 21). Weiter werden die Gläubigen als „eine heilige Nation“ gesehen (1. Pet 2,9). So können wir wieder sagen: Es ist Gottes Gedanke, in der Mitte eines erlösten Volkes zu wohnen und zu seinem Segen darüber zu regieren. Gottes Vorsatz für die Versammlung wird seine endgültige Verwirklichung in dem himmlischen Jerusalem finden, wie es im irdischen Jerusalem für Israel sein wird.

Mit der Wahrheit vor uns sind wir in der Lage, zu erkennen, wie weit sich das Christentum von der Absicht Gottes mit seiner Versammlung entfernt hat. Anstatt dass Gott inmitten eines erlösten Volkes wohnt und zu seinem Segen darüber regiert, sehen wir ein ausgedehntes religiöses System, in dem jeder göttliche Grundsatz außer Acht gelassen wird. Es hat seinen ausgeprägtesten Ausdruck in einer großen kirchlichen Organisation, die zum größten Teil aus nichtwiedergeborenen christlichen Bekennern besteht, anstatt aus Erlösten. Diese wird in kurzem anstelle eines Wohnorts Gottes, „eine Behausung von Dämonen und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes und ein Gewahrsam jedes unreinen und gehassten Vogels“ werden (Off 18,2). Überdies war ihr „Königtum“ kein Segen für die Menschen. Sie hatte vielmehr die Erde verdorben und die Heiligen verfolgt (Off 17,18; 18,24; 19,2).

Weiter sehen wir, dass die große Mehrheit des Volkes Gottes in diesem großen babylonischen System gefangengehalten ist. Zwar sind durch die Gnade Gottes einige wenige daraus befreit worden, indem ihre Augen geöffnet wurden, um die Wahrheit über die Versammlung Gottes als sein Haus zu sehen. Diese versuchen in der Wahrheit der ursprünglichen Gedanken über die Versammlung Gottes zu wandeln, während sie die volle Verwirklichung in Herrlichkeit erwarten.

Wie der Überrest in Nehemias Tagen befinden sich solche in Umständen großer Schwachheit, sehen sich stetem Widerstand und Schwierigkeiten gegenüber und von Fallstricken umgeben. Trotz all der Schwierigkeiten versuchen sie, die Heiligkeit des Hauses Gottes, die Regierung der Stadt und die Segnung des Volkes Gottes aufrechtzuhalten. Aber die Aufrechterhaltung der Grundsätze des Hauses Gottes ist ihre erste Aufgabe. Die Verwaltung wird folgen und, wenn richtig angewandt, wird sie direkt unter dem Einfluss des Hauses und in Harmonie mit seinem Charakter und seiner Ordnung sein und daher zu einem Segen für das Volk Gottes.

So war es in den Tagen Esras und Nehemias. Die Wiederaufrichtung des Hauses unter Serubbabel und andern, und die Wiedereinsetzung seiner Ordnung durch Esra, war die erste Sorge des Überrests. Später wurde das Haus von der Stadtmauer umgeben, und die Verwaltung eingerichtet, die in Beziehung zum Haus stand. Von Anfang an war das Haus für jeden Israeliten aus jedem Landesteil immer zugänglich, vorausgesetzt, dass er berechtigt, sein Leben in Ordnung und er in Übereinstimmung mit der Ordnung des Hauses war. Es stand nicht zur Frage, ob dieser Zugang nur auf die wenigen beschränkt sei, die innerhalb der Stadtmauer wohnten. Wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte dies ein schwerer Missbrauch der Mauer bedeutet und den wahren Charakter des Hauses verfälscht, indem sich die Vorrechte auf eine ausgewählte, selbst gebildete Gruppe beschränkt hätten.

Auf der andern Seite wäre es gerade so schlimm gewesen, wenn die Verwaltung, die mit der Ordnung und Heiligkeit des Hauses im Einklang war, nicht beachtet worden wäre. Das hätte dahin geführt, dass jeder getan hätte, was recht war in seinen Augen. Und die Folge wäre Versagen in der Aufrechterhaltung der Heiligkeit des Hauses Gottes und Verlust des Segens für das Volk gewesen.

Wir werden also davor gewarnt, dass die Heiligkeit des Hauses Gottes und der Segen des Volkes Gottes sowohl durch überspitzte Ausschließlichkeit, wie anderseits auch durch liberale Toleranz verloren gehen kann.

Wenn es unser Wunsch ist, die Gedanken Gottes für den Augenblick, in dem wir leben, zu kennen, tun wir gut, diese Themen mit Gott zu überdenken. Wir wollen uns dabei erinnern, dass, obwohl „alle Schrift von Gott eingegeben ist und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit ist“, doch gewisse Schriftabschnitte eine bestimmte Botschaft für die Tage des Niedergangs haben. Unter diesen gibt es wohl keine wichtigeren als das Buch Nehemia im Alten Testament und der zweite Timotheusbrief im Neuen. Gott möge uns Gnade geben, seine Gedanken eifrig in seinem Wort zu suchen und uns ihnen vorbehaltlos zu unterwerfen. Nur so werden wir fähig sein, das festzuhalten, was wir haben, damit niemand unsere Krone nehme.

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