Aus dem Wort der Wahrheit (Band 5)
gesammelte Vorträge

Die Liebe des Herrn Jesus zu seiner Versammlung

Aus dem Wort der Wahrheit (Band 5)

(Eph 5,25-27.29.30)

Wir sehen in diesen Versen besonders die Liebe des Herrn Jesus zu seiner Versammlung. Bereits in Vers 2 dieses Kapitels werden uns alle Gläubigen vorgestellt, aber nicht so sehr als „die Versammlung“, sondern als einzelne Gläubige: „wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.“ Wir alle kennen Galater 2,20. Dort geht es um die Liebe des Herrn Jesus zu jedem Einzelnen von uns. Er ist der „Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“ So wird uns die Liebe des Herrn Jesus für die Seinen also auf verschiedene Weise vorgestellt: die Liebe zu jedem Gläubigen persönlich, die Liebe zu uns allen als Gesamtheit und die Liebe zu uns als einer Einheit, der Versammlung.

In unserem Abschnitt haben wir Christus als Bräutigam und die Versammlung als seine Braut. Das ist nur ein Bild, aber ein sehr deutliches Bild, durch das uns eine ganz bestimmte Seite vorgestellt wird. Die Versammlung wird uns auch noch unter anderen Gesichtspunkten vorgestellt. Die Verbindung, in die sie mit dem Herrn Jesus gebracht ist, ist so vielseitig, und die Segnungen, die damit verbunden sind, sind so unbeschreiblich groß, dass sie nicht mit einem einzigen Bild erklärt werden können.

In Epheser 1 wird uns die Versammlung als Leib Christi gezeigt und in Kapitel 2 als Haus Gottes. Natürlich sind auch das Bilder. Die Versammlung ist der Leib Christi, des verherrlichten Menschen im Himmel. Durch dieses Bild wird uns eine ganz bestimmte Wahrheit dargestellt, wie sie anders gar nicht deutlicher erklärt werden könnte. Der Heilige Geist will uns damit verständlich machen, wie völlig wir mit dem verherrlichten Herrn einsgemacht worden sind. Wir sind so unverbrüchlich und völlig eins mit Ihm, wie es nur durch das Bild eines Körpers mit seinem Haupt dargestellt werden kann. Ein Körper darf nicht von dem Kopf getrennt werden, auch nicht einen Millimeter oder einen tausendstel Millimeter. Sobald da ein Zwischenraum entsteht, ist es kein Mensch mehr, sondern ein einzelner Körper und ein abgetrennter Kopf – das bedeutet, dass der Organismus tot ist. Deshalb gebraucht der Geist Gottes das Bild des Leibes, um uns zu zeigen, wie eng wir mit dem Herrn Jesus verbunden sind. Und nur aufgrund dieser Einheit konnte Gott uns all die Segnungen geben, die Er uns zugedacht hatte.

Wir finden diese Segnungen hauptsächlich in den ersten dreizehn Versen von Epheser 1: „der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“ (V. 3). Weiter heißt es in den Versen 4 und 5: „wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe.“ Wir sollten also völlig mit Ihm in Übereinstimmung sein, denn Gott ist Licht und Liebe. „Und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst.“ Wie sollten wir Geschöpfe Ihm so vollkommen entsprechen und die Stellung von Söhnen einnehmen können, wenn wir nicht mit dem Herrn Jesus völlig verbunden wären, der der ewige Sohn Gottes ist und den wir als unser Leben empfangen haben?

In Kapitel 2,19ff sehen wir die Versammlung als Haus Gottes. Der Heilige Geist ist auf die Erde gekommen, um den einen Leib Christi zu bilden (vgl. 1. Kor 12,13), aber er ist auch gekommen, um in der Versammlung zu wohnen und sie als ihr Führer durch die Welt in die Herrlichkeit zu geleiten. Er ist mit dem Ziel gekommen, uns in dieser Zeit die Kraft für unseren Weg zu geben und uns schon jetzt den Genuss an all den Dingen zu bewirken, die in Ewigkeit unser Teil sein werden.

In Epheser 1 haben wir also die vollkommene Einheit der Versammlung mit dem verherrlichten Christus, den Gott uns als Haupt gegeben hat. Daran sehen wir, welchen Platz die Versammlung im Herzen des Vaters einnimmt. Und in Kapitel 2 sehen wir, dass Gott der Heilige Geist in der Versammlung als dem Haus Gottes wohnt.

Nun kommen wir zu Kapitel 5. Dort geht es darum, was die Versammlung für sein Herz bedeutet, wie sehr Er sie liebt. Und das konnte nicht durch das Bild des Hauptes und des Leibes gezeigt werden. Wir haben zwar auch gelesen: „niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst“, aber wir sagen eigentlich nicht, dass wir unseren Körper lieben. Auch der Besitz oder das Bauen eines Hauses eignet sich nicht als Bild für die Liebe. Aber Gott hat den Menschen als Zweieinheit von Mann und Frau geschaffen, die zusammen einen Menschen bilden. Wenn wir nun diese Verse lesen, wird deutlich, dass der Herr Jesus – der ja nach Johannes 1,3 und Kolosser 1,16 der Schöpfer ist –, die Menschen als Mann und Frau geschaffen hat, damit sie ein Bild von Christus und seiner Versammlung seien und wir dadurch etwas davon verstehen könnten, welche Liebe Er für die Versammlung in seinem Herzen hat.

Wenn hier die Liebe des Christus zu seiner Versammlung verglichen worden wäre mit der Wertschätzung, die jemand schönen Steinen gegenüber hat, dann hätten wir wohl nicht verstanden, wie groß die Liebe des Herrn Jesus ist. Es gibt ja Menschen, die schöne Steine wertschätzen, aber wir können schlecht sagen, dass dadurch besonders deutlich wird, was Liebe ist. Denn es gibt eben auch Menschen, die sich für solche Steine überhaupt nicht interessieren – und wie sollten diese Menschen dann verstehen, wie Christus die Versammlung liebt? Doch das Bild eines Bräutigams und einer Braut kann jeder Mann und jede Frau begreifen, weil jeder versteht, was Liebe zwischen einem Mann und seiner Frau ist. Der Herr Jesus hat diese Liebe bei der Erschaffung in den Menschen hineingelegt.

Was bedeutet nun die Aussage: „und sich selbst für sie hingegeben hat“ (V. 25)? Wenn ich mich selbst für jemand hingebe, dann ist das mehr, als nur all meine Kraft und alles, was ich besitze, hinzugeben. Ich gebe mich selbst mit allem, was ich habe. Wir kennen das Gesetz bezüglich des hebräischen Sklaven in 2. Mose 21. Er musste nach sechs Jahren freigelassen werden. Doch es konnte vorkommen, dass er nicht frei werden wollte. Warum nicht? Ist die Freiheit nicht das höchste Gut für jeden Sklaven? Eigentlich schon, aber unter bestimmten Umständen konnte es sein, dass er die Freiheit gar nicht ersehnte. Wenn sein Herr ihm zum Beispiel eine Frau gegeben hatte und er Kinder bekommen hatte, konnte es vorkommen, dass er sagte: „Ich liebe meinen Herrn, meine Frau und meine Kinder, ich will nicht frei ausgehen.“ Dann stellte sein Herr ihn an den Türpfosten und durchbohrte ihm mit einer Pfrieme das Ohr. Das bedeutete, dass dieser Mann für immer Sklave blieb und nie mehr frei werden konnte.

Das ist das Bild, das das Wort Gottes uns hier in Vers 25 vorstellt. In Psalm 40,7 und Hebräer 10,5-7 wird es deutlich auf den Herrn Jesus bezogen. Der Herr Jesus hat so viel für uns getan! Wir kennen alle sehr gut 2. Korinther 8,9: „Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“ Wir können uns überhaupt keine Vorstellung davon machen, wie reich Er gewesen ist! Und doch hat Er all diesen Reichtum preisgegeben, um uns zu besitzen.

Das erste Mal, dass der Herr Jesus von der Versammlung spricht, ist in Matthäus 16,18, wo Er sagt: „Auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen.“ Wir finden jedoch bereits in Matthäus 13,45.46 einen Hinweis darauf, was Ihm die Versammlung bedeutet: „Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht; als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.“ Er kaufte zugleich die ganze Welt, wie wir aus Vers 44 erfahren: „Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und verbarg; und vor Freude darüber geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.“ Der Schatz befindet sich in dem Acker, und der Acker ist die Welt. Er kaufte die Welt im Hinblick auf den Schatz, der sich darin befand, diese Perle, die so kostbar für Ihn war. Stellt euch vor, jemand ist bereit, alles zu verkaufen, sein Land, sein Haus mit allem, was darin ist, ja alles, was er hat, um eine einzige Perle zu erwerben. Welchen Wert muss diese Perle dann für Ihn haben! Es ist klar, dass das ein Bild von dem Herrn Jesus ist, der, als Er die Versammlung „sah“, alles verkaufte, um sie zu besitzen.

Er machte sich selbst zu nichts (Phil 2,7) und kam aus dem Himmel als Mensch auf die Erde, aus dem Haus des Vaters, wo Er von Ewigkeit her wohnte. Er kam dort her, wo alles seiner Herrlichkeit entspricht, ja, wo Er selbst das Zentrum aller Herrlichkeit ist, die Er geschaffen hat. Kolosser 1,16 lehrt uns, dass Er durch seine Macht alles geschaffen hat und Hebräer 11,3, dass alles durch sein Wort ins Dasein gerufen worden ist. Wie groß sind die Erde und das Weltall? Die Erde hat einen Durchmesser von ungefähr 12 800 Kilometern. Und doch ist sie nur ein kleines Stäubchen im All, wo es Sterne gibt, in die unser Sonnensystem mehr als zwanzig Mal hineinpasst. Außerdem gibt es Sterne, die mehrere Milliarden von Lichtjahren von uns entfernt sind (ein Lichtjahr sind ungefähr neuneinhalb Milliarden Kilometer). All das schuf der Herr Jesus allein durch sein Wort. Die Wissenschaftler denken heute, dass alle Materie eigentlich nur zusammengeballte Energie ist. Diese Erkenntnis hat man aus der Spaltung von Atomen gewonnen. Was für eine gewaltige Kraft muss der Herr haben, dass Er nur durch ein Wort das riesige Weltall erschuf, von dem wir nur einen winzigen Teil kennen und in dem die Erde nur ein winziges Stäubchen ist, kleiner als eine Stecknadel im Heuhaufen! Er ist der Schöpfer – und als solcher hat Er ein Recht auf den ersten Platz in der Schöpfung. Der Schöpfer ist der Erstgeborene aller Schöpfung! Kolosser 1,15 sagt das ausdrücklich. Und doch stand Ihm kein Palast zur Verfügung. Der Sitz des höchsten Herrschers damals, der Palast in Rom, war von einem anderen besetzt.

Als Er wegen der angeordneten Volkszählung ausgerechnet in Bethlehem geboren wurde, gab es für Ihn dort keinen Platz in einem Haus, ja, man nahm Ihn nicht einmal in der Herberge auf. Natürlich wollte Gott, dass Er in Bethlehem geboren werden sollte, aber dem äußeren Anschein nach mussten die Eltern des Herrn Jesus auf den Befehl eines menschlichen Machthabers hin nach Bethlehem ziehen. Und derselbe Herrscher hatte in Jerusalem jemanden angestellt, vor dem sie mit dem Kind nicht lange nach dessen Geburt nach Ägypten fliehen mussten.

Nur weil er sich erniedrigte, konnte Er die Versammlung erwerben und sein Werk für sie vollbringen. Wäre der Herr Jesus damals in Macht und Herrlichkeit auf die Erde gekommen, so wie Er es bald tun wird, dann hätte Er seine Feinde sofort richten müssen. Er hätte dann sofort den höchsten Platz auf der Erde eingenommen, den Er ja bald einnehmen wird, wenn Er von Jerusalem aus regieren wird und jedes Knie sich vor Ihm beugen und jede Zunge bekennen wird, dass Er der Herr ist.

Als Herrscher hätte Er nicht am Kreuz sterben können, weil kein Mensch es dann gewagt hätte, Ihn anzutasten und ans Kreuz zu schlagen. Deswegen musste Er arm werden, den niedrigsten Platz einnehmen und sich zu nichts machen (Phil 2), damit offenbar werden konnte, wie die Menschen in Wirklichkeit waren: voller Hass gegen Ihn. Sie sollten ihrem Hass auch durch Taten Ausdruck geben können, und gerade in diesen entsetzlichen Umständen offenbarte Er in seiner wunderbaren Weisheit seine Liebe und erwarb uns, den Gegenständen seiner Liebe, solch unendlich große Segnungen und Vorrechte. Aus Liebe zu seiner Versammlung hat Er sich selbst für sie hingegeben. Deshalb wurde Er außerhalb der Herberge geboren, deshalb gab es keinen Platz für Ihn, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Kaum war Er geboren, mussten seine Eltern mit Ihm nach Ägypten fliehen, weil Herodes Ihn zu töten suchte. Danach musste Er in der verachteten Stadt Nazareth wohnen. Und ich denke, dass der Herr Jesus in dieser verachteten Stadt auch selbst Zimmermann gewesen ist. Er ging in völliger Armut seinen Weg. Die Schrift sagt, dass Er von dem lebte, was galiläische Frauen Ihm gaben. Er sagte selbst, dass Er keinen Platz hatte, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Er hatte weniger als der Fremdling Abraham, der eine Grabstätte besaß (1. Mo 23). So arm war Er, der Schöpfer des Himmels und der Erde, dem doch Gold und Silber und das Vieh auf tausend Bergen gehörten (vgl. Ps 50,10).

Und dann schickte Er sich an, am Kreuz zu sterben. Er streckte seine Hände aus und ließ sich binden. Dabei brauchte Er nur seinen Namen zu nennen, und alle römischen Soldaten und Diener des Hohenpriesters fielen zu Boden. Was wäre geschehen, wenn Er das Wort gesagt hätte, das Er einst sprechen wird, wenn die römischen Heere, die Heere von ganz Westeuropa, sich erneut gegen Ihn auflehnen werden (Off 19)? Dann wird Er nur ein Wort sprechen, und augenblicklich werden alle getötet werden, mit Ausnahme der beiden Anführer, die dann lebendig in den Feuersee geworfen werden. Aber damals benutzte Er dieses Wort nicht, sondern sagte: „Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen.“ Da stand Er, gefesselt. Man schlug Ihn, und Er ließ es sich gefallen. Man spuckte Ihm ins Angesicht, und Er ließ es geschehen. Hat uns schon einmal jemand ins Gesicht gespuckt? Es ist das Erniedrigendste, was man einem Menschen antun kann. Dem mächtigen Schöpfer spieen seine nichtigen Geschöpfe ins Angesicht (Mt 26,67)! Dann wurde Er gegeißelt. Es muss schrecklich sein, gegeißelt zu werden, doch Er ließ es geschehen. Man setzte Ihm eine Dornenkrone auf, ein Zeichen des Fluches über den Erdboden als Folge der Sünde. Er ließ es zu, weil Er bereit war, den Fluch des Gesetzes zu tragen für alle die, die unter Gesetz waren, also für alle Juden, die an Ihn glauben würden. Und auch für uns aus den Nationen ist Er ein Fluch geworden. „Verflucht ist jeder, der am Holz hängt!“ (Gal 3,13).

Aber das Schlimmste kam erst noch. Wir lesen in Psalm 69,2: „Ich bin versunken in tiefen Schlamm, und kein Grund ist da“. Was bedeutet dieser Schlamm? Es ist unser Zustand, in den Er hineinversetzt wurde. „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht“ (2. Kor 5,21). Und in Römer 8,3 heißt es, dass Gott „die Sünde im Fleisch verurteilte“. Der Herr Jesus musste die Stellung einnehmen, in der wir waren und in der jeder Mensch von Natur aus ist. Es geht hier nicht um die Sünden, unsere Taten, sondern um unsere sündige, gottfeindliche Natur. „Die aber, die im Fleisch sind, vermögen Gott nicht zu gefallen“, sagt das Wort Gottes (Röm 8,8). Und genau dorthin musste der Herr Jesus gehen und ausrufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,1). Und: „Ich bin versunken in tiefen Schlamm, und kein Grund ist da; in Wassertiefen bin ich gekommen, und die Flut überströmt mich.“

Darüber hinaus musste Er auch die Strafe für unsere Sünden auf sich nehmen: „Der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1. Pet 2,24). Wie viele Sünden mögen das gewesen sein?! Wer älter geworden ist, kann sich eine bessere Vorstellung von der großen Menge der Sünden machen als jemand, der sich gerade erst bekehrt hat. Den Maßstab des Wortes Gottes, was Sünden sind, haben wir in 1. Johannes 3,4: „Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit.“ Das heißt, dass alles, was ein Mensch in Ungehorsam und Unabhängigkeit von Gott tut, Sünde ist. Ein Geschöpf muss dem Schöpfer dienen. Wenn in Kolosser 1,16 steht, dass der Herr Jesus alle Dinge für sich selbst geschaffen hat, dann beinhaltet das, dass die Geschöpfe Ihm dienen sollten, und darum konnte Er auch erwarten, dass der Mensch Ihn mit seinem ganzen Herzen, seiner ganzen Seele und seiner ganzen Kraft liebte (5. Mo 6,5). Er hat ein Recht darauf, denn Er hat ihn für sich selbst geschaffen.

Wie viele Sünden mag ich wohl in meinem Leben getan haben? Wie viele habe ich vor und wie viele nach meiner Bekehrung getan, weil ich nicht danach gefragt habe, was seine Ansprüche als mein Herr an mich waren? Wie viele sündige Worte habe ich vor meiner Bekehrung gesprochen, weil ich nicht aus Gehorsam Ihm gegenüber gesprochen habe! Wie viele sündige Gedanken habe ich vor meiner Bekehrung gehabt! Wie viele sündige Gedanken habe ich nach meiner Bekehrung gehabt, weil ich nicht an seine Ansprüche dachte! Wie viele Zehntausende von Sünden werde ich wohl in meinem Leben getan haben? Bald werde ich sie alle zusammen vor mir sehen, wenn ich vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werde. Sicher werden es viel mehr sein, als ich je gedacht habe. Und Er hat sie alle auf sich genommen. Er, der Sünde nicht kannte, der nie eine Sünde getan hat, der zu heilig ist, um Sünde zu sehen, wird es auch sein, der bald die Sünde richten wird, wenn die Toten nach ihren Werken gerichtet werden: „Denn wie der Vater Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, Leben zu haben in sich selbst; und er hat ihm Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist“ (Joh 5,26.27).

Er hat die Sünden freiwillig auf sich genommen, und nicht nur meine Sünden, sondern die Sünden all derer, die den Herrn Jesus im Glauben angenommen haben, all derer, die zu seiner Versammlung gehören. Ja, wir können noch weiter gehen: Er trug auch die Sünden aller Gläubigen aus dem Alten Testament und der Gläubigen, die nach der Entrückung der Versammlung an den Herrn Jesus glauben werden.

Hier in Epheser 5 geht es jedoch um die Versammlung und die Liebe des Herrn Jesus zu ihr. Er hat die unzählbare Menge der Sünden ganz bewusst auf sich genommen. Aber nicht als eine große, unbestimmte Masse, sondern jede einzeln, wie es das Vorbild in 3. Mose 16,21 zeigt: Er hat sie eine nach der anderen vor Gott bekannt und das Gericht dafür getragen. Was muss es für Ihn, den Heiligen, der Sünde nicht sehen kann, gewesen sein, alle Sünden an seinem Leib zu tragen, als ob es seine eigenen gewesen wären! Er wollte uns zu seinem Eigentum machen und vor dem Verderben erretten. Allein hing Er dort, von Gott verlassen und von seinen Geschöpfen verworfen. So starb Er schließlich.

In Psalm 22,15 ruft Er aus: „In den Staub des Todes legst du mich.“ Aber wir kennen auch Johannes 10,18, wo Er sagt: „Niemand nimmt es [das Leben] von mir.“ Wer konnte Ihm denn das Leben nehmen? In Lukas 23,46 heißt es, dass Er seinen Geist in die Hände des Vaters übergab. Er gab sein Leben freiwillig. Nur sein Tod konnte uns das Leben geben. Nur durch seinen Tod und seine Auferstehung konnten wir in eine neue Stellung versetzt werden. Er starb im Hinblick auf unsere Sünden, aber auch, damit wir mit Ihm einsgemacht werden und so in den ewigen, nicht geschaffenen Himmel eingehen könnten, obwohl wir Geschöpfe sind, die für die Erde geschaffen waren. Wir werden ins Vaterhaus kommen, wo der Vater und der Sohn und der Heilige Geist von Ewigkeit her gewohnt haben. Dort hat Er uns eine Stätte bereitet.

Wie groß muss die Liebe des Herrn Jesus für seine Versammlung sein, dass Er bereit war, diesen Preis für sie zu bezahlen! Und wie wenig verstehen wir davon! Er hat alles verkauft, was Er hatte (Mt 13,44). Das hat Er getan, als Er am Kreuz für uns starb. Doch Er ist als Mensch nicht nur gestorben, sondern auch aus den Toten auferstanden. Gott hat Ihn auferweckt und zu Ihm gesagt: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel deiner Füße“ (Heb 1,13). Dort sitzt Er jetzt, denn das Werk von Golgatha ist vollkommen erfüllt, es ist nichts mehr hinzuzufügen. Und doch ist damit sein Dienst nicht beendet, denn er lebt jetzt im Himmel für uns (Heb 4,14-16 und 7,25), um uns vor dem Thron Gottes zu vertreten, damit wir Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe. Er verwendet sich für uns (Röm 8,34) und ist unser Fürsprecher und Sachwalter beim Vater, wenn wir gesündigt haben (1. Joh 2,1). Er lebt dort in der Herrlichkeit für uns, während wir noch hier auf der Erde sind. Sein Dienst war nicht zu Ende, als Er das Werk auf dem Kreuz vollbracht hatte.

Er sagt nicht: „Ich habe das Werk vollbracht. Nun ist mein Dienst abgeschlossen.“ Wir wissen, dass Er bald kommen wird, um uns in das Vaterhaus einzuführen. Und Lukas 12,37 zeigt, dass Er sogar in der Ewigkeit noch für uns tätig sein wird. Er wird sich umgürten und uns bei Tisch bedienen, damit wir alles genießen können, was es im Himmel an Herrlichkeiten gibt, alle Segnungen, die Er so gut kennt, weil sie von Ewigkeit her sein Teil waren, und die nun auch unser Teil sind. Können wir diese Liebe begreifen oder ermessen? Ist sie nicht unermesslich groß, größer als alles, was wir uns vorstellen können?

Dann sehen wir, was das Ziel der Liebe Christi ist und wie Er dieses Ziel erreicht. Er hat sich „selbst für sie hingegeben“. Und warum? „Damit er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“ (Eph 5,26). Es ist seine Absicht, uns zu heiligen. Heiligung bedeutet Absonderung von der Welt, von der Sünde, von allem, was nicht mit dem Herrn Jesus und mit Gott in Übereinstimmung ist. Gott ist ein heiliger Gott. Das bedeutet, dass Er nichts Unreines ertragen kann. Gott ist Licht und gar keine Finsternis ist in Ihm. Deshalb sagt der Herr Jesus in Johannes 17,19: „Und ich heilige mich selbst für sie.“ Wie tut Er das? Er ist aus der Welt in den Himmel zurückgekehrt, um dort vollkommen abgesondert von der Welt für uns da zu sein, als Maßstab für uns, was Heiligung ist, damit auch wir vollkommen abgesondert von den Dingen der Welt allein für Ihn und den Vater leben könnten.

Er hat uns sein ganzes Wort in die Hände gegeben, damit wir es lesen und dadurch gereinigt werden können. Denn in seinem Wort stellt Er uns vor, was unrein ist, und wir werden dazu gebracht, Dinge, die wir falsch gemacht haben, zu verurteilen. Wir hören sein Wort auch, indem andere zu uns sprechen, sei es nun in den Zusammenkünften oder im persönlichen Gespräch. Das alles gebraucht der Herr, um uns die Füße zu waschen und uns zu reinigen. Er bringt uns dazu, dass wir das Böse verurteilen und bekennen, denn das ist der einzige Weg, wieder gereinigt zu werden. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh 1,9).

Das ist das Ziel des Herrn Jesus mit uns und der Weg, auf dem Er es erreichen kann. Wüssten wir nur dies, so könnten wir sagen: Das ist aber kein hohes Ziel! Besteht seine ganze Absicht mit unserem Leben hier auf der Erde nur darin, uns von der Welt abzusondern und uns rein zu erhalten? Ja, es ist ein Ziel, aber es geht noch viel weiter: „damit [und das ist das zweite,damit'] er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und untadelig sei“ (Eph 5,27). Wenn wir an das Kommen des Herrn Jesus denken, dann denken wir meist daran, was es für uns sein wird, Ihn zu sehen. Wir denken auch daran, dass dann alle Schwierigkeiten, Sorgen, Krankheiten und Leiden vorbei sein werden. Aber hier wird uns gezeigt, was es Ihm bedeuten wird, wenn wir zu Ihm kommen.

Wir haben in Matthäus 13 gesehen, dass der Herr Jesus in seinem Herzen die Versammlung bereits gesehen hat und dass Er auf die Erde kam, weil Er sie liebte. Wir haben auch gesehen, dass wir in Eph 5,31.32 deutlich erkennen können, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen wurde, damit beide ein Bild von Christus und der Versammlung seien, die es zu Beginn der Schöpfung noch nicht gab, die der Herr aber schon in der Ewigkeit vor Augen hatte. Der Herr sah die Versammlung und liebte sie. Deshalb kam Er auf die Erde, und deshalb ging Er diesen Weg, und sein ganzes Werk tat Er im Hinblick auf diesen Augenblick, wo Er die Versammlung einmal „sich selbst verherrlicht darstellen“ wird.

Sein Ziel ist es, die Versammlung auch praktisch in den Zustand zu bringen, in dem Er sie gesehen und geliebt hat und auch noch liebt. Als Er uns sah, waren wir zuerst einmal Sünder. Er wusste, wann ich geboren werden würde, und kennt mich von meiner Geburt an, ja, schon von Ewigkeit her kannte Er mich. Jesaja 46,10 sagt, dass Er von Anfang an das Ende sieht. Er sah, dass ich ein kleines Kind mit einer sündigen Natur sein würde. Er sah, dass ich ein sündiger, verlorener Mensch sein würde, in dem nichts Gutes ist. Er sah, wie ich aufwachsen würde. Und Er sah, dass nichts Gutes in mir war: „Da ist keiner, der Gott sucht. Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden“ (Röm 3,11.12). Das konnte dem Herrn Jesus nicht gefallen.

Was hat Er denn dann in mir gesehen? Wie ist das zu begreifen? Er liebt zwar die Versammlung, aber nicht unsere Sünden und unsere sündige Natur. Und so ist Er auf die Erde gekommen und am Kreuz gestorben, und Er lebt jetzt droben als unser Hoherpriester und verwendet sich als Sachwalter für uns. Das alles tat Er, um uns zu erziehen und zuzubereiten, damit wir so werden, wie Er die Versammlung allezeit in seinem Herzen gesehen und geliebt hat.

„Christus hat die Versammlung geliebt.“ Er sah sie als eine wertvolle Perle. Wir können nicht verstehen, wie Er diese Herrlichkeit sehen konnte, aber sein Wort sagt es uns. Und alle Wege des Herrn, sein ganzes Werk, zielen darauf hin, dass wir bald zu Ihm kommen und so sein werden, wie Er uns in seinem Herzen schon in der Ewigkeit gesehen hat: „damit er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und untadelig sei.“

Die Schrift spricht von dem Ausharren des Christus: „Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus!“ (2. Thes 3,5) und: „Weil du das Wort meines Ausharrens bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen. Ich komme bald; halte fest, was du hast, damit niemand deine Krone nehme“ (Off 3,10.11). Er harrt aus, indem er wartet. Und er wartet nun schon seit bald 2000 Jahren. Der Augenblick, wo seine Erwartungen erfüllt werden, stand vor seiner Seele, als Er auf die Erde kam und am Kreuz das Werk vollbrachte.

„Der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete“ (Heb 12,2). Er hat die Leiden des Kreuzes erduldet, weil es seine Freude war, dass die Versammlung sein Eigentum werden und Er sie als seine Braut ins Vaterhaus führen würde, um sie dem Vater vorzustellen und die Hochzeit des Lammes zu feiern. Aber das ist noch nicht das Höchste. Ja, Er wird uns dem Vater vorstellen: „Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat“ (Heb 2,13). Es sind also nicht seine Kinder, sondern die Kinder Gottes, die der Vater Ihm gegeben hat.  Hier geht es jedoch darum, was die Versammlung für sein Herz bedeutet. Es steht hier nicht: damit Er die Versammlung dem Vater darstellte, sondern: „damit er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte.“

Der Herr Jesus wird ihr auf dem Weg zwischen Himmel und Erde begegnen, nicht auf der Erde, denn die Welt wird das nicht sehen. Er begegnet ihr aber auch nicht im Himmel, denn auch die Engel werden es nicht sehen. Kein anderes Auge wird diesen Augenblick wahrnehmen, wenn der Herr Jesus seine Braut zu sich nimmt. Das wird ein ganz intimer Augenblick sein, allein zwischen dem Bräutigam und seiner Braut. Dann wird Er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellen. Und dann wird sie so sein, wie Er sie schon immer gesehen hat: verherrlicht, ohne Flecken, Runzeln oder etwas dergleichen. Das ist das Verlangen seines Herzens. Das war das Ziel seines Werkes. Dafür hat Er gelitten.

Verstehen wir nun besser dieses Bemühen des Herrn Jesus, uns zu heiligen, uns abzusondern und zu reinigen? Sollte Er, der die Sünde so hasst, dass Er lieber sterben wollte, als die Sünde fortbestehen zu lassen, mit einer Braut glücklich werden, die von Sünde besudelt ist? Wie könnte Er mit einer Braut glücklich sein, deren Kleider schmutzig sind? Das ist völlig ausgeschlossen! So ist Er also jetzt darum bemüht, dass wir wachsen, abgesondert und gereinigt werden von allem, was nicht mit Ihm in Übereinstimmung ist, damit wir, wenn wir bald zu Ihm kommen, so rein sind, wie Er es sich wünscht. Wir sollen so werden, wie er uns, die Versammlung, schon immer gesehen hat: eine prächtige Perle von so großem Wert.

Aus 1. Thessalonicher 4,16 wissen wir alle, wie unsere Entrückung stattfinden wird: „Der Herr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein.“ Darauf folgt dann Offenbarung 19. Dort sehen wir, wie die Verbindung zwischen Christus und seiner Gemeinde für alle Ewigkeit besiegelt wird, wenn die Hochzeit des Lammes stattfindet: „Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat die Herrschaft angetreten. Lasst uns fröhlich sein und frohlocken und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und sein Weib hat sich bereitet“ (V. 6.7).

Und dann finden wir etwas Wunderbares: „Und es wurde ihr gegeben, dass sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend und rein; denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten [die gerechten Taten] der Heiligen“ (V. 8). Können wir verstehen, dass die Braut im Himmel für alle Ewigkeit ein Kleid tragen wird, das sie hier auf der Erde selbst gewebt hat? Dieses Kleid besteht aus den gerechten Werken, die sie auf der Erde getan hat. Und was sind die gerechten Taten einer Braut? Bedeutet es nicht, dass sie sich ihrer Stellung als Braut des Bräutigams entsprechend verhält?

Vor vielen Jahren kam in den USA eines Sonntagmorgens ein junger Soldat in die Versammlung, wo meine Frau und ich gerade anwesend waren. Er wollte gerne das Zusammenkommen besuchen, obwohl er dazu mehrere hundert Kilometer hatte fahren müssen. Aber er sah so niedergeschlagen aus, dass es jedem auffiel. Ich fragte deshalb einen Freund: „Was ist denn mit ihm los?“ Mein Freund erzählte mir: „Er hat ein Mädchen und muss jetzt wahrscheinlich für anderthalb Jahre nach Vietnam. Und nun hat ihm das Mädchen geschrieben, dass ihr das zu lange dauern würde, und ihn um sein Einverständnis gebeten, dass sie in der Zwischenzeit mit anderen Jungen ausgehen dürfte.“ Können wir verstehen, was es für diesen jungen Mann bedeutete, dass dieses Mädchen, das er liebte, ihm schrieb, dass sie nicht auf ihn warten wollte? Ja, sie wollte wieder mit ihm gehen, wenn er zurückkäme, aber in der Zwischenzeit wollte sie doch mit anderen ausgehen.

Können wir verstehen, was es für den Herrn Jesus bedeutet, wenn Er sieht, dass wir nicht genug an Ihm haben, an Ihm, der uns so geliebt und so viel für uns getan hat? Er, der jetzt für uns lebt und mit Ausharren auf den Augenblick wartet, wo Er uns endlich mit sich vereinen kann? Sollten wir da Verbindungen mit seinen Feinden anknüpfen, die Ihn ermordet haben und Ihn auch jetzt noch hassen und ablehnen?

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