Der erste Hauptteil des Buches Jesaja (Kap. 1–35) enthält Dim Wesentlichen Gerichtsankündigungen für die Nationen. Daran schließt sich als Bindeglied die historische Parenthese über Hiskia und Jesaja an (Kap. 36–39). Der zweite Hauptteil handelt dagegen von der Befreiung und Wiederherstellung Israels. Das bedeutet, dass es besonders um die innere Entwicklung und Geschichte des irdischen Volkes Gottes geht.

Der Messias nimmt einen ganz besonderen Platz im zweien Hauptteil ein. Zwar wird Er nicht mit diesem Namen genannt¹ aber Seine Person wird hier viel häufiger erwähnt als im ersten Teil. Er ist der wahre Knecht des HERRN, der all Sein Wohlgefallen erfüllen wird. Im Mittelpunkt steht das bekannte Kapitel 53, das in zu Herzen gehenden Worten die Erniedrigung, das Leiden und Sterben des Lammes Gottes für unsere Sünden, aber auch Seine Verherrlichung beschreibt.

In enger Beziehung dazu steht ein besonderes ‚Stichwort' des zweiten Teils des Buches Jesaja, nämlich der Begriff des Erlösens (hebr. ga'al bzw. go'el). Er kommt im ersten Teil nur einmal vor (Kap. 35,9), dagegen im zweiten Teil dreiundzwanzig Mal (Kap. 41,14; 43,1.14; 44,6.22.23.24; 47,4; 48,17.20; 49,7.26; 51,10; 52,3.9; 54,5.8; 59,20; 60,16; 62,12; 63,4.9.16).

Der HERR, der Heilige Israels, ist der Erlöser Seines Volkes. Er wird einmal in vollkommener Weise die vorbildlichen Aussagen über den „Löser“ erfüllen, die im Gesetz verankert sind und schon im Buch Ruth in der Person von Boas eine wunderbare Darstellung finden. Nach dem Gesetz hatte der Löser drei Aufgaben:

• Er konnte seinen verarmten Verwandten loskaufen (3. Mo 25,47-49).
• Er konnte dessen Eigentum freikaufen (3. Mo 25,25).
• Er musste die Rache an einem Mörder üben (4. Mo 35,19).

Alle diese Aufgaben erfüllt der Herr Jesus in geistlicher Hinsicht an denen, die jetzt an Ihn glauben, aber auch an den Gliedern Seines irdischen Volkes in der Zukunft. Er ist der Befreier aus der Knechtschaft des Teufels (Heb 2,15), der Erlöser des Erbteils (Eph 1,14), aber auch der gerechte Richter (Joh 5,27). Im Buch Jesaja wird Er in erster Linie als der Erlöser Seines Volkes gesehen.

Es bestehen hinsichtlich der Ausdrucksweise und des Inhalts also durchaus Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Teil des Buches Jesaja. Diese sind jedoch nicht auf verschiedene Verfasser, sondern auf die unterschiedlichen Themen oder Gegenstände der Weissagung Jesajas zurüclzuführen. Auf weitere Besonderheiten des zweiten Teils wird im Lauf der Betrachtung hingewiesen.

Der zweite Hauptteil des Buches gliedert sich in drei Abschnitte von jeweils 9 Kapiteln, von denen die beiden ersten mit der Ankündigung enden: „Kein Frieden den Gottlosen!“ (Kap. 48,22; 57,21), der letzte dagegen mit der Beschreibung der ewigen Verdammnis der Gottlosen (Kap. 66,24).

Fußnoten

• ¹ Das einmalige Vorkommen von hebr. maschiach „Gesalbter“ in Kap. 45,1 bezieht sich auf Kores (vgl. jedoch Kap. 61,1).