Der Herr ist Rettung
Einleitung
Geschichtlicher Hintergrund
Jesaja („Jehova/Jahwe ist Rettung“), der Sohn des Amoz, war nach alter jüdischer Überlieferung der Sohn eines Bruders von König Amazja. Jesaja hatte relativ freien Zugang zum Königshof in Jerusalem (
Seine Prophetie richtet sich im Wesentlichen an das Zweistämmereich Juda und dessen Hauptstadt Jerusalem im Süden des Landes Kanaan. Das Volk Israel war bereits seit dem Regierungsantritt Rehabeams in zwei Reiche geteilt, und das Zehnstämmereich im Norden wurde wegen seines Götzendienstes während der „Dienstzeit“ Jesajas im Jahr 721 v. Chr. in die assyrische Gefangenschaft geführt. Die Könige von Juda, während deren Regierungszeiten Jesaja seinen Dienst ausübte, waren Ussija oder Asarja, der ca. 791–740 v. Chr. regierte, Jotham (ca. 750–732 oder 751–735), Ahas (ca. 742–726 oder 735–716) und Jehiskia oder Hiskia (ca. 726–697 oder 716–687). Die Regierungszeiten dieser Könige überschneiden sich teilweise.
Zwar war im Reich Juda der Abfall von Gott noch nicht so weit fortgeschritten wie in Israel, weil hier noch treue Könige wie Josaphat, Jotham und Hiskia regierten, doch es gab auch viel Böses. Ussija handelte auf der Höhe seiner Macht treulos gegen Gott, und Ahas trieb denselben Götzendienst wie die Könige von Israel. Jesaja lebte und wirkte also in einer schweren Zeit. Von außen wurde das Reich Juda von Edom, Syrien und den Philistern bedrängt. Auch die gottlosen Könige des Nordreiches verbündeten sich mit Syrien und griffen Juda immer wieder an (
Als Juda unter Hiskia von der Großmacht Assyrien bedroht wurde, kam der Herr ihnen zu Hilfe (
Zur Auslegung des Buches Jesaja
Die Themen der Weissagungen Jesajas sind vor allem das irdische Volk Gottes, die damaligen Großmächte Assyrien, Babel und Ägypten, aber auch die kleineren Völker der Umgebung.
Doch damit sind Inhalt und Umfang der Prophetie des Buches Jesaja keineswegs erschöpft. Sein Hauptgegenstand ist der Messias, der von Gott gesandte König Israels, ja, der ganzen Welt, der Herr Jesus. Jesaja nennt Seine Geburt von einer Jungfrau (Kap. 7,14), die Tatsache, dass Er Gottes Sohn ist (Kap. 9,5), Sein Leiden und Sterben für sündige, verlorene Menschen (Kap. 53), Seine Erscheinung zum Gericht am „Tag des Herrn“ (Kap. 13,6.9), vor allem aber Seine segensreiche Herrschaft im Tausendjährigen Reich (Kap. 9,1–7; 11,1–10; 32,1 usw.). Der Herr Jesus sagt selbst, dass die Schriften von Ihm zeugen, und Petrus bestätigt, dass die Propheten des Alten Testaments durch den Heiligen Geist von den Leiden und der Herrlichkeit des Christus zeugten (
Daraus ergibt sich, dass diese Prophezeiungen nicht auf damals unmittelbar bevorstehende Ereignisse eingeengt werden können, sondern dass Völker wie Assyrien in der Zukunft nochmals eine Rolle spielen werden 1. Die damaligen Geschehnisse sind teilweise nur „Vor-Erfüllungen“ oder Beispiele von prophetischen Ereignissen, die auch jetzt noch bevorstehen! Die Aussagen Jesajas gehen manchmal weit über die damaligen „Vor-Erfüllungen“ hinaus, wie zum Beispiel der häufig vorkommende Ausdruck „an jenem Tag“ zeigt, der auf das zukünftige Kommen des Herrn Jesus als König zum Gericht über die Nationen und zur Aufrichtung Seines Reiches hinweist2.
Eine Grundvoraussetzung für das Verständnis der biblischen Prophetie ist die Tatsache, dass Israel, das irdische Volk Gottes, eine herrliche Zukunft auf der Erde haben wird, nachdem es zuvor durch tiefe Drangsale gegangen sein wird. Nach fast 2000 Jahren ist es jetzt wieder – wenn auch noch im Unglauben – in das von Gott verheißene Land zurückgekehrt. Nach der Entrückung der Versammlung (Gemeinde) Gottes wird Gott sich ihm jedoch wieder in Gnade, aber auch in Gericht zuwenden, bis alle Weissagungen über dieses Volk in Erfüllung gehen und es unter der Herrschaft seines bislang verworfenen Königs, des Herrn Jesus, den vollen Segen Gottes genießen wird (vgl.
Die so genannte „Vergeistlichungs-Theorie“, die besagt, dass Israel als Volk keine Zukunft mehr hat und alle Vorhersagen sich auf die Kirche in der Gnadenzeit beziehen, übersieht vollkommen, dass Gott Seine unbereubaren Zusagen an Sein irdisches Volk Israel voll und ganz zur Erfüllung bringen wird (
Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass die prophetischen Bücher des Alten wie des Neuen Testaments uns nichts zu sagen hätten und nicht praktisch auf die gegenwärtige Zeit angewandt werden könnten. Im Gegenteil, auch dieser Teil der Heiligen Schrift soll uns zur Ermunterung und Ermahnung dienen, denn „alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben“ (
Die Einheit des Buches Jesaja
Schon im Mittelalter wurde von jüdischen Rabbinern erstmalig die Vermutung geäußert, dass nicht alle 66 Kapitel des Buches vom Propheten Jesaja selbst stammen könnten. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, also in der Zeit der Aufklärung, begannen evangelische Theologen in verstärktem Maß an der Einheit des Buches Jesaja zu zweifeln. Die wesentlichen Gründe für diese bis heute immer weiter ausgebaute „Kritik“ – die in Wirklichkeit nichts anderes ist als Zweifel an der göttlichen Inspiration – sind neben sprachlichen und thematischen Unterschieden die Erwähnung des Königs Ko-res (Kyros) von Persien über 150 Jahre vor seiner Geburt (s.
Doch die Namensnennung von Kores so lange vor seiner Geburt ist kein Einzelfall. So erwähnte der Mann Gottes aus Juda gegenüber dem König Jerobeam I. den Namen des Königs Josia ungefähr 300 Jahre, bevor dieser lebte (
Unbestreitbar bestehen zwischen
Andererseits weist das Buch Jesaja verschiedene Merkmale auf, die auf einen und denselben Verfasser hinweisen. Hier ist zunächst das Vorkommen des Ausdrucks „der Heilige Israels“ zu nennen. Er nimmt unter den verschiedenen Namen Gottes einen besonderen Platz ein, denn er kommt bei Jesaja insgesamt 25 Mal vor, und zwar 12 Mal in Kapitel 1–39 und 13 Mal in Kapitel 40–66 (siehe die Erklärung zu
Auch die Bezeichnung „Gott Israels“, die von den übrigen Propheten seltener gebraucht wird, kommt bei Jesaja am häufigsten vor, nämlich 13 Mal, davon 7 Mal im ersten Teil und 6 Mal im zweiten Teil (
Ein weiteres „Schlüsselwort“ Jesajas ist „Heil“ oder „Rettung/Errettung“ (hebr. jescha, jeschu'a, teschu'a, wovon der Name Je(ho)schua, Josua = griech. Jesus „der HERR/Jahwe ist Retter“ abgeleitet ist). Es kommt hier insgesamt 25 Mal vor, und zwar 8 Mal im ersten Teil und 17 Mal im zweiten Teil (siehe die Erklärung zu
Im Neuen Testament wird das Buch Jesaja ungefähr 70 Mal zitiert, mehr als alle übrigen Propheten zusammen. Davon stammen 28 Zitate aus den Kapiteln 40–66, wobei 11 Mal ausdrücklich der Name Jesajas erwähnt wird (
Ein bemerkenswertes Zeugnis für die Einheit des Buches Jesaja fand man unter den Schriftrollen vom Toten Meer. In Qumran wurde 1947 unter anderem eine Lederrolle mit dem vollständigen hebräischen Text des Buches Jesaja aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. gefunden. Nirgendwo lässt diese Rolle erkennen, dass es sich um eine Sammlung von Texten verschiedener Autoren aus drei oder mehr Jahrhunderten handelt. Kapitel 40 – angeblich der Anfang des „Deutero-Jesaja“ – beginnt ohne irgendein besonderes Merkmal auf der letzten Zeile einer Spalte. Offensichtlich wusste der Schreiber nichts von verschiedenen Werken verschiedener Autoren.
Fußnoten
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