König – Priester – Richter
Messianische Herrlichkeiten in Psalm 110

Einleitung

Es gibt keinen Text aus dem Alten Testament, der im Neuen Testament so häufig zitiert wird wie Psalm 110. Allein das zeigt schon, wie sehr wir uns für diesen Text interessieren sollten.

Es handelt sich ohne jeden Zweifel um einen außergewöhnlichen messianischen Psalm, der Licht auf die Herrlichkeit unseres Herrn als König und Priester Israels und Richter über seine Feinde wirft. Man hat diesen Psalm die vielleicht „tiefsinnigste, alles umfassende, am weitesten vorausblickende Weissagung des ganzen Alten Testamentes“ genannt, den „verworfenen Eckstein des prophetischen Wortes“.1 Es handelt sich um rein prophetische Poesie, die von der Größe und Herrlichkeit des Messias spricht – und das, lange bevor Er seine Regierung tatsächlich antreten wird.

David schreibt diesen Psalm nicht über sich, sondern über seinen Herrn, über den Messias. Der Verfasser selbst tritt völlig in den Hintergrund. David sieht den Herrn zuerst als den, der zur Rechten Gottes verherrlicht ist, dann als König der Herrlichkeit, der von Zion aus regieren und richten wird und der zugleich Priester nach der Ordnung Melchisedeks ist. Schließlich beschreibt er Ihn in seiner richterlichen Herrlichkeit. Der einmal auf der Erde erniedrigte Christus wird das Haupt erheben und im kommenden Reich Gottes Plan mit Israel und der Erde erfüllen.

Psalm 110 ist ein wahres Juwel göttlicher Prophetie.
Es ist so offensichtlich ein messianischer Psalm,
dass nur die vorsätzlich Blinden das leugnen können.
A.
C. Gaebelein (The Psalms, an Exposition)

Der Verfasser

Der Verfasser des Psalms ist David. Das behauptet nicht nur der Schreiber selbst, sondern der Herr bestätigt es ausdrücklich in den Evangelien (vgl. Mt 22,43-45). Petrus erwähnt das ebenfalls (vgl. Apg 2,34). David hat mindestens die Hälfte der insgesamt 150 Psalmen geschrieben. Er selbst war König über die zwölf Stämme Israels und hat in seinem Leben viele Feinde siegreich bezwungen. Doch in diesem Psalm geht es um einen anderen König, den „großen König“ (Ps 48,3). David ist sich bewusst, dass er von einem Nachkommen schreibt, der zugleich sein Herr ist, d. h. eine viel größere Macht und Autorität hat, als David sie je hatte.

C. H. Spurgeon schreibt: „Dennoch sind etliche Kritiker so darauf erpicht, neue Verfasser der Psalmen zu finden, dass sie selbst dem Herrn Jesus zu widersprechen wagen. Sie lesen die Überschrift so: Ein Psalm, (der) von David (handelt). Wer aber den Psalm mit tieferem Verständnis liest, wird wenig genug von David darin sehen, außer als dem Verfasser. Nicht David ist der Herr, von dem im Psalm die Rede ist, auch nicht im geringsten Maße, sondern Christus, ganz und gar nur Christus.“2

Der historische Hintergrund

Der historische Hintergrund und damit die Zeit der Niederschrift sind unbekannt. Gott sorgt dafür, dass das volle Licht dieses Psalms auf seinen Christus fällt. Man hat vermutet, dass David den Psalm in der Zeit geschrieben hat, als er die Bundeslade nach Jerusalem brachte. Dies ist jedoch keinesfalls bewiesen und belegt. Gott wollte nicht, dass wir es wissen, und deshalb hilft es nicht weiter, darüber zu spekulieren.3

Ein messianischer Psalm

Daraus folgt, dass die üblichen Ansätze der Interpretation eines Psalms auf Psalm 110 nicht zutreffen. Grundsätzlich bestehen bei den meisten Psalmen drei Möglichkeiten, sie zu lesen:

  1. die historische Betrachtungsweise aus der Perspektive des Psalmdichters
  2. die prophetische Auslegung im Blick auf die Zukunft der Juden bzw. Israels
  3. die praktische Anwendung für unser Leben als Gläubige

Hinzu kommt, dass viele Psalmen (besonders die sogenannten messianischen Psalmen) deutlich auf den Messias4 (den Gesalbten Gottes) hinweisen, und zwar auf seine Leiden und seine Herrlichkeiten (vgl. Lk 24,26; 1. Pet 1,11). Dabei sind die Herrlichkeiten in der Regel mit dem kommenden Reich verknüpft (und nicht mit seiner Versammlung in der gegenwärtigen Zeit). Häufig verbinden sich in diesen Psalmen die Empfindungen des Überrestes mit denen des Messias, d. h. das, was der Überrest erleben wird, hat Christus längst vor ihm erlebt, sodass Er mitempfinden kann.

In Psalm 110 ist das anders. Es gibt keine historische Betrachtungsweise (wie bereits bemerkt, sind die Umstände, unter denen der Psalm geschrieben wurde, nicht bekannt). Die Empfindungen des Überrestes spielen ebenfalls keine Rolle, sodass es keine Verbindung zwischen den Drangsalen des Überrestes und dem Messias gibt. Deshalb gibt es auch (so gut wie) keine praktischen Anwendungen für Gläubige heute.5Christus ist in jedem Vers der Gegenstand, den der Geist Gottes in den Mittelpunkt stellt. Der Scheinwerfer fällt ganz auf Ihn.

Psalm 110 ist folglich direkt prophetisch und beschreibt besondere Herrlichkeiten der Person des Messias als König, als Priester (nach der Weise Melchisedeks) und als Richter, der seine Feinde richten wird (durch Kriegsgericht). Anders als viele andere prophetische Aussagen, enthält der Psalm nur wenig symbolische (typologische) Sprache, sondern spricht direkter als viele andere prophetischen Texte. A. G. Clarke schreibt: „Der Psalm scheint für sich allein zu stehen, da er keinen primären historischen Bezug hat, das heißt, er ist nicht typologisch, sondern direkt prophetisch.“6

Der Herr selbst zitiert zu seinen Lebzeiten auf der Erde diesen Psalm und bezieht ihn eindeutig auf sich. In einer Diskussion mit den Pharisäern stellt Er ihnen die Frage, wessen Sohn der Messias sei. Damit bringt Er sie in große Verlegenheit, weil Er ihnen anhand von Psalm 110 beweist, dass der Sohn Davids zugleich sein Herr ist – und damit niemand anderes als der Messias. Er zitiert den ersten Vers des Psalms: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege unter deine Füße“ (Mt 22,44).7 Wenn man den Zusammenhang seiner Worte beachtet, werden mindestens drei Punkte klar:

  1. Der Psalm wurde von König David geschrieben, aber handelt nicht von ihm.
  2. Der Psalm ist ein prophetischer Psalm, der auf den Herrn selbst hindeutet und von Ihm spricht.
  3. Der Messias ist beides: Davids Sohn und Davids Herr. Das ist nur möglich, wenn Er Gott ist.

Wer ablehnt, was in diesem Psalm steht, lehnt nicht nur die göttliche Inspiration ab, sondern Christus selbst.

Verschiedene Zeiten

Psalm 110 spricht also ausschließlich von Christus. Dabei weist der Heilige Geist auf verschiedene Zeitenhin. Es geht – aus unserer Sicht heute – um Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit.

  • Gegenwart: In Vers 1 wird darüber gesprochen, dass der Herr jetzt zur Rechten Gottes sitzt. Diesen Platz hat der Herr Jesus eingenommen, nachdem Er sein Werk vollbracht hat und in den Himmel zurückgekehrt ist. Dort wartet Er jetzt auf den Augenblick, an dem Gott seine Feinde hinlegen wird als Schemel seiner Füße (vgl. Heb 10,13).
  • Zukunft: Damit beschäftigen sich die Verse 2–6. Christus wird einmal als König herrschen. Er wird das Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks ausüben, und Er wird inmitten seiner Feinde herrschen und sie richten.
  • Vergangenheit: Das Ende des Psalms ist besonders. David blickt zurück auf den Weg des Herrn Jesus auf der Erde. Damals lebte Er in Niedrigkeit. Er beugte sich zu dem Bach, um daraus zu trinken. Deswegen wird Er einmal sein Haupt erheben und die zuvor beschriebene Herrschaft ausüben.8

Der Inhalt

Ganz knapp ausgedrückt kann man sagen, dass es um den Messias geht, der jetzt zur Rechten Gottes sitzt und bald seine Herrschaft auf der Erde (im 1000-jährigen Reich) antreten wird, um von Zion aus die Feinde zu richten und im Segen über sein williges Volk zu regieren. Dann wird Er das Priestertum nach der Weise Melchisedeks ausüben. Christus ist der König, Er ist der Priester und Er ist der Richter.

Es geht um den Messias – und zwar um das, was Er ist (seine Person und seine amtlichen Herrlichkeiten als König, Priester und Richter) und das, was Er tut. Der Psalm beginnt damit, uns seine Erhöhung zur Rechten des Herrn zu zeigen (Vers 1). Danach wird uns seine Herrlichkeit als König und Priester gezeigt (Verse 2–4). Es folgt eine kurze Beschreibung seiner richterlichen Herrlichkeit (Verse 5–7). Der Psalm endet mit einem Rückblick, der zugleich ein Fazit ist (Vers 7).

Der Psalm enthält drei direkte Ansprachen Gottes an den Messias:

  1. Setze dich zu meiner Rechten
  2. Herrsche inmitten deiner Feinde
  3. Du bist Priester auf ewig

Alle drei Aussagen setzen das vollbrachte Werk des Kreuzes und die Auferstehung voraus. Die erste Aussage ist prägend für die Heilszeit (Dispensation) der Versammlung (Gemeinde), die im Alten Testament unbekannt war und in der Israel vorübergehend nicht mehr das anerkannte Volk Gottes ist (Hos 1,9: Lo-Ammi). Die gegenwärtige Heilszeit ist u. a. dadurch geprägt, dass ein verherrlichter Mensch im Himmel ist.9 Die zweite und dritte Aussage haben besonders mit der Zukunft Israels zu tun.

Keine Aussagen über die Versammlung

Die Tatsache, dass der Messias aufgefordert wird, sich zur Rechten Gottes zu setzen (Vers 1), beendet vorläufig Gottes Handeln mit seinem irdischen Volk. Die „Pause“ dauert, bis Christus in Macht und Herrlichkeit erscheint und Gott Ihm seine Feinde zu Füßen legt. Ausleger nennen das manchmal „den großen Einschub“ (das gegenwärtige Zeitalter der Gnade, das von der Himmelfahrt Christi bis zu seinem zweiten Kommen reicht).10 Es ist die Zeit zwischen der neunundsechzigsten und siebzigsten Jahrwoche Daniels (Dan 9,25.26). Das Alte Testament blendet diese Zeit inhaltlich völlig aus, deutet aber an mehreren Stellen an, dass es einen solchen „Einschub“ gibt.

H. Rossier schreibt: „Sobald es um Christus in seiner himmlischen Herrlichkeit geht, kann das Alte Testament unsere Verbindung mit Ihm in dieser Position nicht erwähnen. Die Wohnung in den himmlischen Örtern ist der Kirche (Versammlung) und den verherrlichten Heiligen vorbehalten… So wird in Psalm 110 alles, was die Vereinigung der Kirche mit Christus im Himmel betrifft, weggelassen. Die Segnungen, die dort erwähnt werden, sind nur die der Nachkommen Israels, des neuen Volkes, das auf der Erde das zukünftige 1000-jährige Reich erben wird… Wenn in den Psalmen das himmlische Erbe der Kirche ausgelassen wird, so hat dies zur Folge, dass die Person Christi selbst und die Herrlichkeiten, die Ihm eigen sind, umso mehr hervorgehoben werden. Er nimmt hier die ganze Szene ein; die Blicke begegnen nur Ihm und sind gezwungen, sich auf diesen einen Gegenstand zu fixieren, wie auf den Brennpunkt des Lichtes selbst! Diese ausschließliche Darstellung der Person Christi findet in den Briefen des Neuen Testaments vielleicht weniger häufig statt als im Alten Testament, weil uns im Neuen Testament die innige Verbindung der Kirche, des Leibes mit dem Haupt, offenbart wird.“11

Der Zusammenhang mit Psalm 109

Es liegt auf der Hand, dass Psalm 110 eine Fortsetzung von Psalm 109 ist. In Psalm 109 wird der Messias als derjenige vorgestellt, der darauf wartet, dass Gott für Ihn spricht und eine Antwort gibt auf die Gottlosen, die gegen Ihn geredet haben (Verse 1.2.21.31). In Psalm 110 spricht Gott für Christus und gibt diese Antwort. Während Psalm 109 Gottes Wege mit Christus in seiner Erniedrigung vorstellt, zeigt Psalm 110 Gottes Absicht für Christus in seiner Erhöhung. Sein Weg ging durch Leiden zur Herrlichkeit – ein Thema, über das die Propheten des Alten Testamentes immer wieder sprechen.

Dieser herrliche Platz zur Rechten Gottes ist die Folge seiner Erniedrigung. Er hat sich selbst erniedrigt (Phil 2,5-8) und wurde zugleich von anderen verfolgt und bedrängt, um Ihn zu töten (Ps 109,16). Er klagt: „Denn ich bin elend und arm, und mein Herz ist verwundet in meinem Innern“ (Vers 22). Das Ende des Psalms enthält Licht. Wir lesen: „Denn er stand zur Rechten des Armen, um ihn zu retten von denen, die seine Seele richteten“ (Vers 31). Daran schließt Psalm 110 an. Derjenige, der so erniedrigt war, wird von Gott erhöht (vgl. Phil 2,9-11). Derjenige, der so von den Menschen verachtet und abgelehnt wurde, ist es, der einmal herrschen und alle Feinde vernichten wird.

In Psalm 109,21 heißt es: „Wirke für mich.“ Das war der Wunsch des Messias, als Er durch tiefe Leiden ging. Die Antwort folgt in Psalm 110: „Setze dich“ (Vers 1) und „herrsche“ (Vers 2). Vers 1 ist bereits in Erfüllung gegangen. Vers 2 wird in Erfüllung gehen, wenn das Reich auf dieser Erde etabliert und der „Tag des Herrn“ in Herrlichkeit gekommen sein wird.

J. N. Darby schreibt: „Der Arme und Verachtete, der Hass für seine Liebe erntete, wie wir in Psalm 109 sahen, ist Davids Herr, zu dem der Herr gesprochen hat: Setze dich zu meiner Rechten. Es ist von höchstem Interesse zu sehen, wie in Jesaja 6 der „Herr“ (Adonai) zugleich im vollen Sinne „der Herr(Jahwe) der Heerscharen“ ist; und in unserem Psalm sitzt Er, der „Davids Sohn“ ist, zur Rechten des Herrnund zerschmettert Könige am Tag seines Zorns.“12

Teil des fünften Buches der Psalmen

Die Art und Weise, wie Psalm 110 die Herrschaft des Herrn beschreibt, stimmt mit dem Charakter des letzten Buches der Psalmen überein. In diesem Buch geht es prophetisch um den Übergang der „großen Drangsal“ (der letzten Jahrwoche Daniels) zum 1000-jährigen Reich. Der Überrest aus den zwei Stämmen (Jakob) und die zehn Stämme (Israel) aus der Zerstreuung sind gemeinsam im Land, haben es allerdings noch nicht gänzlich in Besitz genommen. Christus herrscht bereits von Zion (Jerusalem) aus, aber noch sind nicht alle Feinde vernichtet. Es gibt mindestens noch einen letzten Feind, der angreifen wird. Das ist der König des äußersten Nordens (vgl. Hes 38,15; 39,2).

In diese Zeit hinein spricht Psalm 110. Gott antwortet darauf, dass sein Volk damals seinen Messias abgelehnt hat. Er erhebt Ihn zu seiner Rechten, und dann wird Er als König, Priester und Richter beschrieben. Das Thema ist jedoch nicht so sehr seine Erscheinung in Macht und Herrlichkeit vom Himmelher, um alle Feinde zu besiegen und den Überrest zu befreien. Er wird vielmehr als der beschrieben, der von Zion (Jerusalem) kommt, das Er bereits eingenommen hat. Von dort übt Er die Macht und das Gericht aus. Sein Volk (Jakob und Israel) ist wiederhergestellt. Sie sind sein „williges Volk“ (vgl. Hld 6,12), aber die Herrschaft des Herrn ist noch nicht vollständig etabliert.

Im Neuen Testament zitiert

Wir haben schon darauf hingewiesen, dass kein Text des Alten Testamentes im Neuen Testament so häufig zitiert bzw. direkt oder indirekt angeführt wird wie Psalm 110.13 Der Herr Jesus selbst erklärt, dass dieser Psalm von Ihm spricht.

  • Die synoptischen Evangelien beweisen mit diesem Psalm, dass der Sohn Davids niemand anderes als der Herr Davids ist (Mt 22,43-45; Mk 12,36.37; Lk 20,42.43).
  • Petrus zitiert Psalm 110 in Apostelgeschichte 2,34.35, um zu beweisen, dass der Christus durch die Rechte (die Macht) Gottes erhöht worden ist.
  • Paulus zitiert Psalm 110 in 1. Korinther 15,25, um deutlich zu machen, dass alle Feinde Christi einmal von Ihm vernichtet werden.
  • Der Schreiber des Hebräerbriefes beschreibt in Kapitel 1,13 die Überlegenheit des Sohnes den Engeln gegenüber. In Kapitel 5,6 weist auf er auf sein Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks hin, das dem Priestertum Aarons weit überlegen ist (vgl. Heb 7,17-21). Hebräer 10,13 zeigt schließlich, dass Christus gegenwärtig wartet, bis seine Feinde Ihm zu Füßen gelegt werden.
  • In der Offenbarung wird Psalm 110 zwar nicht zitiert, aber es ist offensichtlich, dass der Schreiber hier und da Anspielungen auf seinen Inhalt macht (z. B. Off 2,27).

Mehrere Sprecher und Adressaten

Psalm 110 gehört zu den Psalmen, in denen nicht immer auf den ersten Blick eindeutig klar ist, wer zu wem oder über wen spricht. Natürlich hat David den gesamten Psalm geschrieben, doch die Worte sind nicht immer seine eigenen Worte. Ganz offensichtlich sind es mehrere Sprecher, die ein gemeinsames Thema haben, über das sie sich austauschen: Christus.

  • Vers 1: David spricht – geleitet vom Heiligen Geist – von der Erhöhung seines Herrn, der zugleich sein Sohn sein würde („meinem Herrn“). Gleichzeitig übermittelt er eine Botschaft des Herrn.
  • Verse 2.3: Der Geist Gottes spricht, um Christus und seine Herrschaft über seine Feinde und die Errichtung seiner Herrschaft über ein williges Volk anzukündigen: „dein Stab“, „dein Volk“.
  • Vers 4: Der Herr (Jahwe) selbst spricht mit einem Eidschwur den Messias direkt an und teilt mit, dass Er Priester sein soll nach der Ordnung Melchisedek: „Du bist Priester“.
  • Vers 5: Hier ist es am schwierigsten zu verorten, wer der Redende ist. Einige Ausleger denken an den Überrest. Andere denken erneut an den Heiligen Geist, der direkt zu Gott spricht (zu deiner Rechten) – und zwar über den zur Rechten erhöhten Christus. Entscheidend ist ohnehin mehr, was gesagt wird.
  • Vers 6: Erneut redet der Heilige Geist und spricht von dem, was der Messias tun wird am Tag seines Zorns: „er zerschmettert“, „er richtet“.
  • Vers 7: Noch einmal spricht der Heilige Geist über den Messias, der einmal sein Haupt erheben und über alles erhoben sein wird: „er wird trinken“, „er wird das Haupt erheben“.

Es fällt auf, dass sich derjenige, der Mittelpunkt des Psalms ist, nicht selbst zu Wort meldet. Es sind andere, die über Ihn reden. Er selbst schweigt. Es ist Gott, der seinem Sohn das gibt, was Ihm zusteht:

  • Er fordert Ihn auf, sich zu seiner Rechten zu setzen.
  • Er wird seine Feinde zu seinen Füßen niederlegen.
  • Er sorgt dafür, dass sich die Macht des Messias von Zion aus erstrecken wird.
  • Er wird Ihm ein williges Volk zuführen.
  • Er hat Ihn mit einem Schwur zum Hohenpriester gemacht.

Gliederung

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, den Psalm einzuteilen. Den Versen folgend, kann man wie folgt gliedern:

  1. Die Erhöhung des Messias zur Rechten des Herrn (Vers 1)
  2. Christus als König (Verse 2 und 3)
  3. Christus als Priester (Vers 4)
  4. Christus als Richter (Verse 5 und 6)
  5. Christus als der Demütige und Erhabene (Vers 7)

Eine andere Möglichkeit ist, den vierten Vers als zentrale Aussage des Psalms zu sehen („du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks“). Die ersten drei Verse bilden dann eine Art Einleitung und zeigen die Größe des Messias, der dieses Priestertum ausüben wird. Sie weisen direkt auf Ihn hin. Die letzten drei Verse sprechen von der herrlichen Zukunft dieses priesterlichen Königs in seinem Reich.

Fußnoten

  • 1 E. R. Stier (zitiert nach B. Peters: Die Psalmen)
  • 2 C. H. Spurgeon: Die Schatzkammer Davids (Psalmenkommentar von C. H. S.)
  • 3 Ähnlich ist es im Hebräerbrief. Dort wird der Verfasser nicht einmal genannt, weil der Scheinwerfer ausschließlich auf den Sohn Gottes fallen soll. Es ist daher ein müßiges Unterfangen, Fragen nachzugehen, über die Gott uns keine Antwort gibt.
  • 4 „Messias” ist die hebräische Bezeichnung des verheißenen Königs und bedeutet „der Gesalbte“. Die griechische Übersetzung ist „Christus“.
  • 5 An der ein oder anderen Stelle kann man solche Anwendungen vorsichtig ableiten, was wir auch im Laufe der Auslegung tun werden.
  • 6 A. G. Clarke: Analytical Studies in the Psalms (Psalm 110)
  • 7 Die Schriftgelehrten hatten zwei Probleme mit diesem Vers: Erstens sahen sie in diesem Psalm zwar den Messias – den Sohn Davids –, verstanden aber nicht, wieso David Ihn dann seinen Herrn nennt, weil Er doch sein Sohn war. Zweitens erwarteten sie den Messias auf der Erde als König in der Mitte seines Volkes. Wie konnte Er dann zur Rechten Gottes sein und dort warten?
  • 8 Wir werden bei der Auslegung zu Vers 7 sehen, dass einige bibeltreue Ausleger diesen Aspekt der Vergangenheit nicht sehen, sondern den Vers anders erklären.
  • 9 Das zweite prägende Merkmal ist, dass Gott in der Person des Heiligen Geistes auf der Erde ist (in jedem Gläubigen und in der Versammlung).
  • 10 So z. B. H. A. Ironside in seiner Auslegung zu Psalm 110 (H. A. Ironside: Studies on the Books of the Psalms)
  • 11 H. Rossier: Méditations sur les livres des Psaumes
  • 12 J. N. Darby: The Psalms
  • 13 Die genaue Anzahl der Zitate bzw. Anführungen lässt sich nur schwer eindeutig feststellen. Erstens ist es eine Frage, was als Zitat und was als Anführung gilt. Zweitens gibt es Hinweise, die man zwar auf Psalm 110 zurückführen kann, aber nicht zwingend muss. Es gibt Ausleger, die von 14 direkten Hinweise bzw. Zitaten im Neuen Testament sprechen. Andere sprechen von 21 solcher Hinweise.
Nächstes Kapitel »