Botschafter des Heils in Christo 1863

Betrachtung über den ersten Brief von Paulus an die Korinther - Teil 9/10

Dies ist das Resultat unserer herrlichen Erlösung: „Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen“ (V 49). dem Geist nach sind wir schon dem Herrn vom Himmel gleichförmig; aber es wird auch der Augenblick kommen, wo diese irdische Hütte weggenommen werden wird und wir einen Leib empfangen werden, der gleich ist dem herrlichen Auferstehungsleibe dessen, der als unser Erlöser und Bräutigam schon seinen Platz zur Rechten Gottes eingenommen hat, um uns dort im Haus seines Vaters eine Stätte zu bereiten, damit wir nicht allein an seinem Leben, sondern auch an seiner Herrlichkeit Teil haben. „Dieses aber sage ich, Brüder: dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch die Verwesung nicht die Unverweslichkeit erbt“ (V 50). Es ist unmöglich, dass wir mit diesem verweslichen und irdischen Leib die Herrlichkeit des Himmels anzuschauen vermögen, und deshalb ist es nötig, dass, ehe wir in dieselbe eingehen, unser Leib verwandelt und dem unseres geliebten Herrn und Heilandes Jesu Christi gleichförmig sei. Und es ist der Geist Gottes und Christi, der in uns wohnt und uns für die Gewissheit unserer herrlichen Verwandlung völlige Bürgschaft leistet.

Alle die herrlichen Wahrheiten, die uns in diesem unschätzbaren Kapitel mitgeteilt sind, werden jetzt noch durch eine neue Offenbarung gekrönt: auf welche Art und Weise nämlich alle Heiligen, sowohl die noch lebenden als auch die schon entschlafenen, zu der Gleichförmigkeit mit dem verherrlichten Christus gelangen werden – eine Offenbarung, die bis zu jenem Augenblick für die Korinther noch ein Geheimnis war, und ach! obwohl jetzt vollkommen offenbart, von so vielen Gläubigen unserer Tage wenig geschätzt wird. „Siehe! ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune. 1 Denn posaunen wird es, und die Toten werden unverweslich auferweckt werden, und wir werden verwandelt werden“ (V 51–52). Welch ein wunderbares und herrliches Geheimnis wird hier dem Glauben der Heiligen eröffnet! In einem Nu, in einem Augenblick, beim Schall der Posaune, werden die Heiligen aus ihren Gräbern hervorgehen – nicht mehr bekleidet mit einem sterblichen und verweslichen Leib, sondern mit einem unsterblichen und unverweslichen, gleich dem Glänze der Herrlichkeit des Himmels und gleichgestaltet dem Leib des Überwinders über Tod und Grab – und in demselben Augenblicke werden die noch lebenden Heiligen, wo sie auch sein mögen, plötzlich verwandelt werden. „Denn dies Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dies Sterbliche Unsterblichkeit anziehen“ (V 53). Die Hütte, gebildet aus dem Staub der Erde, wird auf einmal in eine himmlische verwandelt, vollkommen geeignet, um die Herrlichkeit Christi zu schauen und mit Ihm zu bewohnen und zu genießen. In dem Augenblick, wo die entschlafenen Heiligen auferweckt und die lebenden verwandelt werden, werden sie zusammen in den Wolken dem Herrn entgegengerückt werden in die Luft, um für immer bei Ihm zu sein (vgl. 1. Thes 4,13–18).

Das ist das große und herrliche Geheimnis, welches der Apostel hier den Korinthern offenbart, und wodurch jedes Herz, das den Herr kennt und liebt, mit großer Freude erfüllt wird. Paulus selbst lebte in der steten Erwartung dieses glückseligen Augenblicks; denn sowohl hier als auch im Brief an die Thessalonicher sagt er: „Wir werden verwandelt werden.“ Er erwartete überkleidet und nicht entkleidet zu werden. Er liebte seinen Herrn; er kannte seine Verheißung und sehnte sich nach deren Erfüllung. Wusste er auch nicht die Stunde, so wusste er doch gewiss, dass Er wieder kam, und er erwartete Ihn jeden Augenblick. Sein liebendes und verlangendes Herz setzte keine Zeit zwischen seine Erwartung und deren Erfüllung, weil auch der Herr keine gesetzt hatte. O möchten doch alle Heiligen seine Gesinnung teilen!

„Wenn aber“ – so fährt der Apostel fort – „dies Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dies Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort (erfüllt) werden, welches geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in Sieg“ (V 54; vgl. Jes 25,8). – Für den Christen ist der Tod ganz und gar überwunden; er ist in seinem moralischen Charakter vernichtet. Der Gläubige besitzt in dem auferstandenen Christus ein Leben, welches ihn über den Tod erhebt – vielleicht nicht körperlich, jedenfalls aber moralisch. Der Tod, als Frucht der Sünde und als Gericht, hat seine ganze Macht über seine Seele verloren. Er ist so vollkommen überwunden, dass selbst viele da sein werden, die nicht sterben. Alle Gläubige besitzen Christus als ihr Leben. Während Er abwesend ist – und dies wird solange der Fall sein, als Er zur Rechten des Vaters sitzt und unser Leben mit Ihm in Gott verborgen ist – werden wir körperlich sterben, d. h. die Seele wird vom Körper getrennt werden. Sobald Er aber zurückkommt, sobald Er den Thron seines Vaters verlässt, um die Seinen zu sich zu nehmen – und dies wird Er tun, bevor die Gerichte über diese Welt hereinbrechen – wird Er völlig seine Macht an ihnen ausüben, und der Tod ist nicht im Stand, irgendwelchen Widerstand zu bieten. Alle die Lebenden werden, ohne zu sterben, in seine Herrlichkeit eingehen. Sicher war die Bildung des Menschen aus dem Staub der Erde ein herrlicher Beweis von der Allmacht des Schöpfers; aber einen noch Weit herrlichem Beweis der allmächtigen Kraft Gottes ist die Auferstehung des aus dem Staub wiederkehrenden Menschen. Doch über diesem allem steht die Verwandlung der lebenden Heiligen bei der Ankunft Jesu, weil sie uns auf eine herrliche Weise zeigt, wie vollkommen Christus über den Tod gesiegt und wie vollkommen Er auch die letzte Spur der Sünde getilgt hat. Ja, durch seine Gnade bringt er den elenden, schuldigen und feindlichen Sünder zu der höchsten Stufe der Ehre, weil Er an Ihm die ganze Kraft seiner göttlichen Allmacht ausübt. Und diese vollkommene Erlösung, obwohl wir sie noch immer erwarten, können wir doch jetzt schon mit dem Auge des Glaubens in der Herrlichkeit der Person Christi anschauen; denn Er hat sich zur Rechten Gottes gesetzt, nachdem Er sich dem Zustand des Menschen unter dem Tod der Sünde wegen unterworfen hatte. Und Er hat eine vollkommene Erlösung vollbracht – eine Erlösung, die uns, nachdem alle Sünde getilgt, die Gerechtigkeit Gottes verherrlicht und die Macht Satans vernichtet war, in Kraft einer ewigen Versöhnung, und eines Lebens, das den Tod überwunden hat, in eine ganz neue Sphäre versetzt, wohin die Sünde und ihre Folgen nicht zu dringen vermögen, und wo die Gunst Gottes uns vollkommen und für ewig in Herrlichkeit bestrahlen wird. Und diese große und herrliche Veränderung wird in einem Nu, in einem Augenblick durch die Macht Gottes vollbracht werden: die in Christus Entschlafenen werden auferstehen und wir werden verwandelt werden.

Die Anführung der Stelle aus Jesajas 25,8: „Verschlungen ist der Tod in Sieg“ (V 54), ist sehr merkwürdig. Der Apostel führt hier nur einfach die Tatsache an, dass der Tod in Sieg verschlungen ist; wenn wir aber jene Stelle in Jesajas selbst im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt des Kapitels betrachten, so finden wir, dass dies Ereignis nicht am Ende der Welt stattfinden wird, sondern in der Periode, wenn durch Aufrichtung des Reiches Gottes in Zion die Decke weggenommen sein wird, unter welcher die Heiden in Finsternis und Unwissenheit zugebracht haben. Die ganze Erde wird in dieser Periode erleuchtet, wird voll Erkenntnis des Herrn sein. – Die völlige Gewissheit nun, dass der Tod weggenommen werden wird, erfüllt unser Herz mit Vertrauen, obgleich er noch vorhanden ist. Schon jetzt können wir voll Zuversicht ausrufen: „Wo ist, o Tod, dein Stachel, wo ist, o Hades, dein Sieg!“ (V 55) Der Stachel des Todes ist zerbrochen und der Sieg des Hades vernichtet. Die triumphierende Gnade Gottes hat alles verändert. Für die, welche in Christus sind, hat der Tod auch jetzt schon, während er noch herrscht, seinen eigentlichen Charakter verloren, weil er für sie allein in dem Verlassen oder der Trennung von dem, was sterblich ist, besteht. Er erfüllt sie nicht mit Schrecken beim Gedanken an das Gericht Gottes und an die Macht Satans, weil Christus in jenem Gericht war und diese Macht für sie überwunden hat. Nicht allein aber das: Er hat auch die Quelle, den Stachel des Todes, hinweggenommen. „Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde – das Gesetz“ (V 56). das Gesetz stellte dem Gewissen die Gerechtigkeit Gottes vor, welche die Erfüllung jenes Gesetzes forderte und alle mit einem Fluch bedrohte, die darin fehlten. Und durch dieses gab es der Sünde seine Kraft über das Gewissen und machte den Tod umso schrecklicher. Christus aber wurde zur Sünde gemacht und trug den Fluch des Gesetzes, indem Er ein Fluch wurde für die, die unter dem Gesetz waren. Er hat die seinigen von Beidem, von der Sünde und vom Gesetz, vollkommen erlöst, weil Er in Bezug auf beides Gott vollkommen verherrlicht hat; und Zugleich hat Er uns völlig befreit von der Macht des Todes, aus dem Er als Sieger auferstanden ist. Das Einzige, was der Tod jetzt an uns tun kann, ist, uns aus der gegenwärtigen Szene, worin er seine Macht ausübt hinwegzunehmen, um uns an den Ort zu bringen, wo er keine Macht mehr besitzt. „Sterben ist Gewinn.“ Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (V 57). Gott ist die Quelle jener Gedanken der Gnade, die seine Macht erfüllt. Und anstatt uns vor dem Tod zu fürchten, ist unser Herz mit Dank gegen den erfüllt, der uns durch Jesus Christus eine vollkommene und ewige Befreiung, einen vollkommenen und ewigen Sieg gegeben hat. Bald werden wir für immer bei Jesu sein, Ihm gleich, und werden Ihn sehen, wie Er ist. Dies ist das große und herrliche Resultat von allem. Der Schauplatz unserer Arbeit ist jetzt noch da, wo der Tod seine Macht ausüben und Satan ihn benutzen kann, wenn anders Gott es ihm erlaubt, uns auf unserem Weg hienieden stillstehen zu lassen – da, wo Schwierigkeiten aller Art uns begegnen und die Feinde uns umringen; aber wir sind gewiss, dass das Ende herrlich und selig sein wird. Unser Gott wird seine herrlichen Ratschlüsse und die Größe seiner Macht, welche wir geschaut haben in Christus Jesus, der das Haupt und die Offenbarung der Herrlichkeit ist, die wir mit Ihm auf ewig genießen werden, auch an uns ausüben. Und bei Ihm, unserem geliebten Jesus, werden wir auch die Frucht unserer Arbeit finden, die wir hienieden in seinem Namen und im Vertrauen auf seine Gnade und Macht vollbracht haben. Deshalb gibt der Apostel zum Schluss dieses herrlichen Kapitels die ernste und trostreiche Ermahnung: „So denn, meine geliebten Brüder, werdet fest, unbeweglich, allezeit überreich fleißig in dem Werk des Herrn, wissend, dass eure Mühe indem Herrn nicht vergeblich ist“ (V 58). (Schluss folgt)

Fußnoten

  • 1 Man hat bei diesem Ausdruck: „letzte Posaune“ oft an die siebente Posaune in Offenbarung 11 gedacht, und dann selbstredend daraus gefolgert, dass die Auferstehung und Verwandlung der Heiligen in jenen Zeitpunkt fallen müsse. Doch stehen nach unserem Dafürhalten die sieben Posaunen in der Offenbarung, die erst lange Zeit nach diesem Brief an die Korinther und selbst nach dem Tod des Paulus offenbart wurden, in gar keiner Verbindung mit der hier erwähnten Posaune, noch mit der in Matthäus 24 und den jüdischen Propheten. Jene sieben Posaunen sind symbolisch, und müssen in Verbindung mit dem übrigen Inhalt des Buches der Offenbarung und in ihrem eigenen Zusammenhang betrachtet werben, wie dies auch bei den übrigen Ereignissen geschehen muss. Hier in 1. Kor 15,52 spricht nun Paulus einzig und allein von den auferstandenen und verwandelten Heiligen, und darum muss auch die hier erwähnte Posaune auf diesen Gegenstand beschränkt werden. In Jesaja 27,13, wo ebenfalls von einer Posaune die Rede ist, verbindet der Herr dieselbe mit der Einsammlung des israelitischen Überrestes. Zwischen diesen beiden Ereignissen nun – der Auferstehung und Verwandlung der Heiligen und der Einsammlung des israelitischen Überrestes – werden jene sieben Posaunen in der Offenbarung erfüllt, wenn man nicht die letzte derselben als zusammenfallend mit der Aufforderung an das zerstreute Israel denkt. – Zugleich scheint es uns, dass dieser Ausdruck: „letzte Posaune“ einfach eine Anspielung auf etwas ist, das in der damaligen römischen Welt allgemein bekannt war – auf das Endsignal zum Abmarsch, nachdem die vorhergehenden Weisungen zum Aufbruch des Lagers gegeben und erfüllt waren. Alle standen bereit und warteten auf den letzten Ton der Posaune, um gemeinschaftlich aufzubrechen. Und dies bezeichnet die Stellung der Versammlung in der gegenwärtigen Zeit.
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