Esther, Das Buch – Bibel-Lexikon

In dem Artikel über Esther werden die Hauptereignisse des Buches Esther zwar kurz erläutert, trotzdem sind noch einige Bemerkungen in Bezug auf den Gegenstand des Buches notwendig.

Dieses Buch ist für manche Christen ein Rätsel. Es sieht sehr nach einer Sage aus, sagen sie; und wie kann es inspiriert sein, fragen sie, ohne den Namen Gottes auch nur einmal erwähnt zu haben? Wie anders ist Mordokai als z. B. Esra und Nehemia, die ebenso wie er Gefangene waren, ihr Leben aber nicht in den Toren des Palastes der Heiden verbringen wollten, als sie die Gelegenheit erhielten, nach Jerusalem zurückzukehren.

Dass es sich um eine wahre Geschichte handelt, ist offenbar. Das große Fest, womit dieses Bibelbuch beginnt, ist ein solches, das ein persischer Monarch mit den Edlen und Prinzen der verschiedenen Provinzen feiern würde. Wenn Xerxes der Ahasveros dieses Buches ist (wie es allgemein angenommen wird), stimmt es ganz mit seinem Charakter überein, dass, als er durch Wein ausgelassen wurde, er nach der Königin fragte. Natürlich wurde er auf Grund ihrer Ablehnung sehr bloßgestellt, was wiederum zur Folge hatte, dass sie abgesetzt und eine andere Königin gesucht wurde. Die Weise, wie dies ausgeführt wurde, entsprach genau dem persischen Stil.

Ebenso war es typisch, die Nachrichten entsprechend der Beschaffenheit des Landes auf Pferden, Maultieren, Kamelen und jungen Dromedaren zu übermitteln, wie man sie von Indien bis Äthiopien vorfand.

Die Hauptlehre des Buches ist, dass Gott über sein Volk während ihrer Gefangenschaft wachte und für sie sorgte, völlig ungeachtet ihrer Treue zu ihm, oder ihres Wunsches, in das Land der Verheißung zurückzukehren. Sie waren über das ganze Königreich zerstreut, und es ist nicht offenbart, welche Art von Leben sie lebten. Die Einzigen, die in diesem Buch beschrieben werden, sind Mordokai und Esther. Gott war ihr Gott, und sie waren sein Volk, und ohne dass sein Name in dem Buch erwähnt wird, wachte er sicher verborgen über sie und sorgte dafür, dass die Dinge zusammen zu ihrem Schutz wirkten. So konnte der König die ganze Nacht nicht schlafen, als die Notwendigkeit bestand, sich an Mordokai zu erinnern, was ein bemerkenswertes Beispiel für Gottes Wachen über das Volk darstellt. Esther und Mordokai mögen nicht gut gehandelt haben, als sie einen zweiten Tag der Vergeltung wünschten, die Söhne Hamans umbrachten und baten, sie an den Galgen zu hängen. Nur wenige hatten Macht über ihre Feinde, ohne diese Macht zu missbrauchen! Das gute Betragen der Juden ist nicht Gegenstand des Buches, sie wurden beschützt, ob sie gut oder schlecht waren. Gott würde zu seiner Zeit alles richtig stellen. Kurzum, wir haben eine Illustration davon, wie Gott sich in seiner Vorsorge um sein irdisches Volk kümmerte, als sie unter dem Urteil des Lo-Ammi standen, und es war ihm nicht möglich, sie öffentlich als in Gemeinschaft mit ihm, anzuerkennen.

Historisch ist das Auftreten Esthers innerhalb der Zeitspanne des Buches Esra einzuordnen. Der in Esra 4,7 erwähnte König Artasasta war der Usurpator Smerdis (523-522 v.Chr.), und der Artasasta von Esra 7,1 der Artaxerxes I. Langhand (464-424 v. Chr.). Die Regierungszeit des Ahasveros von Esther (Xerxes, 485-464 v. Ch.) liegt dazwischen. Eine Liste der persischen Könige findet sich unter Persien.

Es gibt verschiedene apokryphische Zufügungen an das Buch Esther in der Septuaginta und der Vulgata. Die hauptsächlichen davon sind:

  1. Ein Vorwort, welches Mordokais Stammbaum enthält, seinen Traum von dem, was geschehen sollte, und seine Ernennung dazu, im Tor des Königs zu sitzen,
  2. In Kapitel 3 eine Kopie des Erlasses von Artaxerxes gegen die Juden,
  3. In Kapitel 4 ein Gebet Mordokais, fortgesetzt von einem Gebet Esthers, in welchem sie sich dafür entschuldigt, dass sie die Frau eines unbeschnittenen Königs ist,
  4. In Kapitel 8 eine Kopie des Briefes des Königs, den vorigen Erlass umzukehren, in welchem Haman ein Mazedonier genannt wird!
  5. In Kapitel 10 zeigt Mordokai die Erfüllung seines Traumes und gibt Gott die Ehre.

Dass diese „Hinzufügungen" nicht inspiriertes Wort Gottes sind, braucht wohl kaum näher erläutert werden.