Noch heute?
Das Kommen des Herrn

2. Die Errettung beim Kommen des Herrn

Noch heute?

„Und dieses noch, da wir die Zeit erkennen, dass die Stunde schon da ist, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden: Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Lasst uns nun die Werke der Finsternis ablegen, die Waffen des Lichts aber anziehen. Lasst uns anständig wandeln wie am Tag; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzuchthandlungen und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid; sondern zieht den Herrn Jesus Christus an, und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch zur Erfüllung seiner Begierden“ (Römer 13,11–14).

„Wir aber, die von dem Tage sind, lasst uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Hoffnung der Errettung. Denn Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit wir, sei es dass wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben“ (1. Thessalonicher 5,8–10).

„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken“ (Titus 2,11–14).

Wir haben bereits gesehen, dass die Errettung unter anderem mit dem Kommen des Herrn Jesus Christus verbunden ist, und damit wollen wir uns jetzt beschäftigen, mit diesem großen und letzten Akt der Errettung, wenn der Herr Jesus kommt und Sein Volk von dieser Erde wegnimmt. In zwei der oben angeführten Stellen wird uns gesagt, dass unsere Errettung näher ist, als da wir geglaubt haben (Röm 13), und dass wir den Helm der Hoffnung der Errettung tragen sollen (1. Thes 5). Wir wollen untersuchen, was Paulus mit diesen beiden Aussagen meint.

Wenn er sagt, jetzt sei unsere Errettung näher, als da wir geglaubt haben, zweifelt er dann etwa an der Wirksamkeit seiner Errettung damals auf dem Weg nach Damaskus, als er dem Herrn Jesus hinsichtlich der Vergebung seiner Sünden vertraute? Zweifelt er an seiner Bekehrung und damit an der Hoffnung seiner Errettung? Nein, nicht einen Augenblick lang. Wir glauben vielmehr, dass er in beiden Aussagen an das Kommen unseres Herrn Jesus Christus denkt, an jenes Kommen, wenn Er uns wegnehmen wird aus der Sphäre der Sünde und des Widerspruchs und alles dessen, was sich gegen das christliche Zeugnis in dieser Welt richtet. Das Wunder jener Errettung, ihr letzter Akt, geschieht, wenn der Herr Jesus uns entrücken wird. Nur das kann der Sinn dieser Aussagen sein, auch wenn manche meinen, Errettung hätte nur und immer mit unserer Sünde und Schuld zu tun. Es ist natürlich unbedingt richtig, Errettung in diesem Sinn Unbekehrten zu predigen, damit sie sich retten lassen müssen. Doch Errettung, wie sie in den Schriften dargestellt wird, umfasst in ihrer vollen Bedeutung neben der Abwendung der Sündenstrafe, die den Tod und die Auferstehung Christi erforderte, auch die Errettung von der Macht der Sünde, und die erfordert es, dass der Herr Jesus zur Rechten Gottes sitzt; so lesen wir in Römer 5, dass wir durch Sein Leben gerettet werden. Dann umfasst sie auch diesen letzten Akt, Sein Wiederkommen zur Aufnahme der Seinen mit verherrlichten Leibern. Beachte, was Paulus in Römer 13 sagt, und er sagt das nicht zu Unbekehrten, sondern zu Gläubigen: „...dass die Stunde schon da ist, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen, denn jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden.“

Ich brauche euch nicht an das Gleichnis des Herrn Jesus von den zehn Jungfrauen zu erinnern, wo es von den Klugen und von den Törichten heißt, dass sie alle schläfrig wurden und einschliefen. Nach diesem Gleichnis sind fünfzig Prozent der Menschen, die die Christenheit ausmachen, nicht bekehrt, und fünfzig Prozent sind Gläubige. Und als der Ruf erscholl: „Siehe, der Bräutigam“, waren nur sie bereit, dem Ruf zu folgen und dem Bräutigam auf Seinem Weg zu leuchten. Es ist gut, aus dem Schlaf aufzuwachen. Viele glauben, daß jener Ruf „Siehe, der Bräutigam“ zu Beginn des vorigen Jahrhunderts erklungen ist, als der Dienst über die Person Christi durch die Kraft des Heiligen Geistes besonders das Wiederkommen des Herrn anzeigte und die Heiligen aufweckte. Ich brauche euch nicht zu sagen, wie leicht es geschieht, dass wir geistlicherweise einschlummern, das Interesse verlieren, uns selbst gefallen, mit den natürlichen Dingen beschäftigt sind, mit Dingen der Zeit, die unsere Gefühle ansprechen, und dass wir dann einschlafen. Deshalb sagt Paulus zu den Gläubigen: „Die Stunde ist schon da, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen, denn jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden.“ Was ist das für ein eindrucksvolles Wort!

Wie ernst ist es für eine Versammlung, die vielleicht mehr als alle anderen begabt war, die Versammlung in Ephesus, wo Paulus einen geistgewirkten Dienst getan hatte, wie er sonst kaum je menschliche Ohren erreichte, dass er ihr schreiben mußte: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ So wißt ihr, und ich weiß es, wie leicht wir eingelullt werden und dann gleichgültig sind, teilnahmslos, ohne Eifer, ohne Leben, ohne Energie, ohne aktives Zupacken in der Sache des Herrn. Doch angesichts der Errettung, die jederzeit eintreten kann, sagt der Apostel dir und mir: Erwacht aus dieser Schläfrigkeit, aus der Trägheit in den Dingen des Herrn, und seht, was ihr tun könnt, wie ihr eure Kraft und eure Fähigkeiten, welcher Art sie auch sein mögen, einsetzen könnt, um dem Herrn hingebend zu dienen, bis Er kommt.

Ich möchte nun eure Aufmerksamkeit auf eine weitere Stelle dort in Römer 13 lenken. Sie verdient sorgfältige Beachtung. „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Lasst uns nun die Werke der Finsternis ablegen, die Waffen des Lichts anziehen.“ Paulus spricht über „Nacht und Tag“. Wenn wir das Alte Testament aufschlagen, werden wir im allgemeinen den Ausdruck „Tag und Nacht“ finden. Dafür gibt es sicher einen Grund. In allem Handeln Gottes mit Seinem Volk, sei es bei Einzelnen oder als Nation, begann es mit einem strahlenden Tag, der sich aber unglücklicherweise neigte und in dunkle Nacht überging. Jedesmal, wo im Alten Testament der Ausdruck „Tag und Nacht“ gebraucht wird, hat er mit den Juden zu tun. Er bedeutet die ganze Geschichte, Tag und Nacht. Im Neuen Testament finden wir die umgekehrte Reihenfolge „Nacht und Tag“.

Als Judas hinausging, heisst es dort: „Es war aber Nacht.“ So sagte auch der Herr zu Seinen Widersachern: „Dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis.“ Was für eine Dunkelheit senkte sich über die Welt, als sie den Herrn der Herrlichkeit kreuzigte und damit das Licht der Welt zum Verlöschen brachte, um es einmal so auszudrücken. Wie hell hatte dieses Licht geleuchtet, doch sie verwarfen Seine Belehrungen und Seine Person. Aber im Neuen Testament muss die Nacht dem Tag weichen. Wie herrlich ist das! Johannes sagt: „Weil die Finsternis vergeht, und das wahrhaftige Licht schon leuchtet.“ Wir gehen nicht in die Nacht, sondern in den hellen Tag hinein. Er wird volle Wirklichkeit sein, wenn alle Finsternis gänzlich vertrieben ist. Als Kinder des Lichts dürfen wir ihn empfangen in seiner Fülle und seinem Glanz.

Paulus fordert die Gläubigen auf: Lasst uns allen Plunder abwerfen, all die hinderlichen Dinge, welcher Art auch immer! Es könnte ja sein, dass wir uns durchaus nicht unanständig aufführen, nicht betrunken sind, nicht unzüchtig und ausschweifend leben, uns von Neid und Streit fernhalten, ja, dass wir alle diese üblen Dinge meiden und statt dessen mit ehrenwerten befasst sind – und dennoch schlafen. Deshalb ermahnt Paulus: Lasst uns die Sache des Herrn tatkräftig betreiben, dem Gebet mehr Zeit widmen, mehr Zeit auch dem Zeugnis, mehr Zeit der Bemühung, wirklich etwas auszurichten. Das Kommen des Herrn und damit unsere Errettung stehen bevor. „Jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden.“

Wenn Paulus diese Worte schon vor nahezu zweitausend Jahren schrieb, um wieviel wahrer sind sie dann heute. Wir haben schon oft erwähnt, dass das Kommen des Herrn für Seine Versammlung nichts zu tun hat mit den Ereignissen, die in der Welt passieren. Es ist nicht verknüpft mit Zeitepochen oder Zeitpunkten, die die Erde betreffen. Anderseits glauben wir, dass es heutzutage viele Zeichen gibt, die anzeigen, wie sich alles in eine Richtung entwickelt, nämlich zu einer totalen Opposition gegen Gott und gegen Christus und somit gegen die Wahrheiten des Christentums. Und wir glauben, dass diese Entwicklung ihren Gipfel dann erreicht, wenn die wahre Kirche entrückt ist. Aber die Tendenz ist schon deutlich zu sehen. Furchtbare Mächte bilden sich, die sich gegen das Christentum erheben. Wie nahe mag dann das Kommen des Herrn bevorstehen! Jetzt ist eure Errettung näher, als da ihr geglaubt habt.

Wir kommen nun zu 1. Thessalonicher 5. Wenn wir uns die Verse in Erinnerung rufen, die dem verlesenen Abschnitt vorausgehen, stellen wir fest, dass Paulus über Zeiten und Zeitpunkte spricht, die mit Ereignissen auf der Erde zu tun haben. Das sind Dinge, die wir prophetischen Ereignissen, wie sie uns im Alten Testament mitgeteilt werden, zuordnen können. Sie berühren aber nicht die himmlische Berufung der Kirche. Die Kirche wurde in den Ratschlüssen Gottes gebildet, bevor die Zeit begann; sie wird ebenso außerhalb irdischer Zeitperioden ihre Bestimmung in Herrlichkeit haben, sie wird für immer dort sein. Deshalb haben Zeiten und Zeitpunkte für die Kirche keine Bedeutung. Der Herr sprach bereits zu Seinen Jüngern in Apostelgeschichte 1 davon, dass diese Dinge den Vater angehen und Seiner Anordnung unterliegen.

Paulus teilt aber mit, dass dann, wenn der Tag des Herrn kommt, er „wie ein Dieb in der Nacht“ kommt. Das ist ein völlig anderer Aspekt vom Kommen des Herrn. Gehst du abends zu Bett und bleibst wach, damit dich kein Dieb überrascht? Sicher nicht. Du setzt ein gewisses Vertrauen in die öffentliche Sicherheit und die ruhige Ordnung deiner Nachbarschaft und gehst zu Bett und schläfst ein. Aber ein Dieb in der Nacht – wenn du damit rechnest, erhöhst du deine Wachsamkeit. Du hast Befürchtungen, weil du nicht weisst, wann er kommen mag. Aber du weisst, wenn er kommt, hat er Böses im Sinn, und das richtet sich gegen dich. Aber so ist es nicht beim Kommen des Herrn, nach dem die Gläubigen ausschauen.

Kommt der Herr für sie wie ein Dieb in der Nacht? Nein, durchaus nicht. Wenn der Herr kommt, so kommt Er für die Kirche, die Er liebt, und in gewissem Maß – Gott sei gepriesen dafür! – erwidert die Kirche diese Liebe. Wenn wir zusammenkommen, um Seiner in Seinem Tod zu gedenken, bringen wir damit unsere Zuneigung zu Ihm zum Ausdruck, unsere Dankbarkeit dafür, dass Er uns liebte und sich selbst für uns gab. Wir tun das, bis Er kommt, Aber er kommt nicht wie ein Dieb in der Nacht. Für die Welt kommt Er unerwartet. Was für eine Bestürzung wird über die Welt hereinbrechen, wenn Er wie ein Dieb in der Nacht kommt. In Offenbarung 1 lesen wir: „Siehe, ... jedes Auge wird ihn sehen, auch die, die ihn durchstochen haben, und wehklagen werden seinetwegen alle Stämme des Landes.“ Der verachtete Zimmermann von Nazareth wird dann in Macht und Herrlichkeit offenbart. Die Erde wird erstaunen und erbeben und sich fürchten, wenn er wie ein Dieb in der Nacht kommt. Nun, sagt Paulus, deshalb macht euch keine Sorge, das ist nicht nötig, soweit es das betrifft, und er begründet das auch. Er sagt: „Ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages; wir sind nicht von der Nacht ... lasst uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Hoffnung der Errettung“, der Hoffnung, dass wir aus dieser Szene heraus errettet werden, bevor Zerstörung und Zorn und Strafgericht die Welt wegen ihrer Bosheit treffen. Wir glauben ganz entschieden, dass die Kirche nicht berufen ist, durch die Zeit der Drangsal zu gehen, weil der nächste Vers uns sagt: „Denn Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus.“ Und wenn jemand euch sagt, daß die Kirche doch durch die Drangsal gehen müsse, so nehmt diesen Vers zum Beweis, dass es nicht so ist.

In 1. Thessalonicher 5 erwähnt Paulus den Tag des Herrn. Was bedeutet nun der Ausdruck: „Tag des Herrn“? Lies die Prophezeiung Joels, lies Hesekiel, lies in allen Propheten, und du wirst finden, dass sie alle in der einen oder anderen Weise den Tag des Herrn erwähnen, der anbrechen wird, wenn die Kirche diese Erde verlassen hat. In Jesaja 13 erfahren wir etwas über den Charakter dieses Tages: „Heult, denn nahe ist der Tag des HERRN! Er kommt wie eine Verwüstung vom Allmächtigen“ (Vers 6). „Siehe, der Tag des HERRN kommt grausammit Grimm und Zornglut, um die Erde zur Wüste zu machen; und ihre Sünder wird er von ihr vertilgen“ (Vers 9). „Darum werde ich die Himmel erzittern lassen, und die Erde wird aufbeben von ihrer Stelle beim Grimm des HERRN der Heerscharen und am Tage seiner Zornglut“ (Vers 13).

Ich glaube, dass Paulus sich in 1. Thessalonicher 5 hierauf bezieht, wenn er sagt: „Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus.“ Wir werden also gerettet werden von diesem Tag des Herrn, dem Tag des Zorns, an dem Gott mit Israel und den Nationen in der Glut Seines Grimmes handeln wird. Davon werden wir gerettet, wenn der Herr Jesus kommt und uns zu sich nimmt. Wenn die Christen wirklich verstünden, was der Tag des Herrn bedeutet als Tag des Zornes und Grimmes Gottes, den Er ausgießt über diese Welt, dann würden sie nach Bibelstellen ausschauen, die beweisen, dass die Kirche nicht durch die große Trübsal zu gehen hat, statt zu beweisen zu versuchen, dass dies doch der Fall sei. Nein, Er hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus, und wir sollten für diese Errettung bei Seinem Kommen aus tiefem Herzen dankbar sein.

Ich möchte wiederholen, dass das Kommen des Herrn eines der Hauptthemen der Bibel ist, ob es sich nun darum handelt, dass Er Sein irdisches Volk errettet, oder ob Er in Macht und Herrlichkeit kommt, um Sein Reich aufzurichten. Die Bibel enthält sehr viele Hinweise, sowohl direkt als auch in Gleichnissen und Vorbildern. Sie alle unterstreichen die Bedeutung dieses Themas.

Wir kommen nun zu Titus 2. Dies ist eine großartige Stelle, weil in ihr die drei Merkmale der Errettung, die ich soeben erwähnte, deutlich herausgestellt werden. Zuerst und vor allem ist es eine Errettung aus dem, was wir waren, zweitens eine Errettung von der Macht der uns umgebenden Sünde und drittens eine Errettung von der Anwesenheit der Sünde. Alles hängt von der herrlichen Person unseres Herrn Jesus Christus ab. In Kapitel 2,13 heißt es: „Indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus.“ Hier wird nicht auf Gott, den Vater, und unseren Herrn Jesus Christus hingewiesen, sondern auf die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus. Er ist der große Gott und unser Heiland. Der Ausdruck bekräftigt die Göttlichkeit Christi, und achte darauf: sie verbindet sich mit der Tatsache, daß Er der Heiland ist. In Philipper 3,20.21 sehen wir Ihn nur als Heiland, aber auch verbunden mit dem letzten Akt der Errettung, wenn Er unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem eigenen Leib der Herrlichkeit. Wenn wir da noch Zweifel hegen und vielleicht fragen, wie sich das alles ereignen soll, so wollen wir auf das hören, was der Apostel sagt. Die Hoffnung gründet sich auf den großen Gott und Heiland Jesus Christus. Er ist allmächtig, allgegenwärtig, allwissend. Und alles gehört Ihm, und alles Erforderliche wird in Ihm gefunden, in der Größe Seiner Macht und Seiner Person. Es gibt nichts, was außerhalb Seiner Macht läge bei diesem gewaltigen Geschehen, Sein Volk aus dieser Welt herauszunehmen.

Doch ich möchte zunächst die großartige Aussage in Vers 14 vorstellen: „Der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte.“ Wir finden hier den ersten Schritt zur Errettung: „Er gab sich selbst.“ Warum gab Er sich selbst? Konnte Er nicht mit göttlicher Macht alle diese Segnungen bewirken, ohne zu sterben? Nein! Nein, Er mußte sterben. Er hatte die Frage deiner und meiner Sünde, die Sache unserer Schuld und Schande zu behandeln, und zwar der Sünde in ihrer ganzen gegen Gott gerichteten Abscheulichkeit. Er mußte sterben, damit unsere schrecklichen Sünden weggenommen werden konnten und auch die furchtbare Sünde, die durch Adams Fall in diese Welt kam und immer noch ihre Macht in all ihrem Widerstand gegen Gott ausübt. Die Frage der Sünde musste deshalb ein für allemal gelöst werden, und da gab es nur den einzigen Weg, dass der Herr Jesus sich selbst gab.

Übrigens ist hier eine der Gelegenheiten, wo der Apostel davon spricht, daß der Herr sich selbst gab. Es scheint mir, daß jeder Prediger einen Lieblingsausdruck hat, den er immer wieder gebraucht. Lautet er bei dem Apostel Paulus nicht: „Er gab sich selbst“? Ein denkwürdiger Ausdruck: „Er gab sich selbst.“ Wir finden ihn sechsmal in seinen Schriften. Wie dankbar sind wir, dass Er sich selbst gab – für dich, für mich, für die Kinder. Er starb, damit wir alle gesegnet werden könnten, unsere Sünden vergeben werden könnten und wir freigemacht würden von dem, was Paulus hier „Gesetzlosigkeit“ nennt.

„Damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte.“ Das Wort „loskaufen“ oder „erlösen“ hat mit Freiheit zu tun. Ich bin von ihrer Macht befreit, und ich bin gewiss, jeder hier weiss mehr oder weniger, wie schrecklich die Sünde ist, wie sie uns versklaven und unter Knechtschaft bringen kann, und wie herrlich es ist, befreit zu sein. Ich erinnere mich an einen lieben Bruder, der sich im Gefängnis bekehrt hatte. Als er freigelassen wurde, schrie er, so laut er konnte: „Frei vom Gesetz, ach, wie bin ich glücklich!“ Er war wirklich ein sehr glücklicher Bruder und erfreute sich zutiefst seiner Errettung. Es ist überwältigend, erlöst zu werden, frei zu sein von Schuld und Sünde. Das ist der erste Schritt.

Doch beachte Vers 12: Wir bedürfen der Unterweisung, der Erziehung. Als Christen dürfen wir nicht mehr uns selbst gefallen in dem, wo wir uns aufhalten, was wir tun, was wir sagen; wir haben zu lernen und werden erzogen. Kinder empfangen in der Schule Unterricht, werden belehrt, sich zu benehmen und auf das zu achten, was der Lehrer sagt, damit sie lernen und zugerüstet werden, ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen. So steht es auch mit dem Christen, er muss unterwiesen werden, seinen Platz im christlichen Zeugnis einzunehmen. „Damit wir“, so sagt Paulus, „die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf.“ Nun, das Wort „Begierden“ darf uns hier nicht irreführen. Niemand denke, damit seien die Drogensüchtigen oder die Trunkenbolde oder irgendwie unmoralische und verdorbene Personen gemeint. Nein, „Begierden“ bedeutet hier einfach „Wünsche“, und man kann achtbare Wünsche hegen im Leben dieser Welt und dennoch weit vom Willen Gottes entfernt sein. Wenn daher Gottes Wort von weltlichen Begierden spricht, denke auch nicht einen Augenblick lang, es handele sich dabei nur um auffälliges Fehlverhalten. Das können Dinge sein, die den Menschen durchaus ehrenhaft erscheinen. Aber wenn sie ihren Beweggrund nicht in Christus haben und Gottes Herrlichkeit nicht fördern, so schaden sie.

Es gibt einen Vers in der Bibel (Ps 106,15), der besagt, dass Gott ihnen nach den Wünschen ihrer Herzen gab, aber Magerkeit in ihre Seelen sandte. Das ist ein ernster Vers! Wenn dich danach verlangt, kann Gott zulassen, dass du es bekommst, um dir zu beweisen, wie hohl und durchaus nicht erstrebenswert diese Dinge sind. Der junge Mann in Lukas 15 erlangte sein Erbteil und ging dann weg in einer fernes Land. Wie glücklich war er, seine Taschen klingelten, viel Geld, viele Freunde, alles war herrlich. War es das wirklich? Es dauerte nicht lange, und er kam zu sich selbst und musste sich sagen: „Was für ein Narr bin ich gewesen, ich muss zurück zum Haus meines Vaters!“ Gott lässt dergleichen oft zu. Sei wachsam in deinen Wünschen, glaube nicht, weil wir frei sind von verderblichen Übeln, dass das schon genüge. Preisen wir Gott dafür, wenn wir frei sind von schädlichen Wünschen, doch denke nicht, das sei schon alles. Auf dem Pfad des Christen gibt es arglistige Versuchungen, die ihn vom Willen Gottes abziehen möchten. So wollen wir besonnen, gerecht und gottselig leben in der gegenwärtigen Welt.

Nun, wenn wir aufgefordert werden, besonnen zu leben, heisst das nicht, Trunkenheit zu meiden, es bedeutet, klar und nüchtern zu denken, nicht unter berauschenden Einflüssen zu stehen, die den Sinn verwirren. Dabei denke ich an Dinge, die unsere Einsichten benebeln und uns hindern, klare Gedanken über den Willen Gottes zu haben. Besonnen zu denken, das muss jeder persönlich erfassen. Ich kann nicht für dich besonnen denken, und du nicht für mich. Die Ermahnung richtet sich an uns als einzelne.

Ferner sollen wir „gerecht“ leben. Das betrifft unseren Umgang mit den Menschen, sei es in geschäftlichen oder nachbarschaftlichen Beziehungen oder wie auch immer. In allen Begegnungen habe ich mich gerecht und korrekt zu verhalten. Ich repräsentiere Gott und Christus im Blick auf das Kommen des Herrn. Ich habe recht und redlich zu handeln, d. h. mich an den Rechten Gottes zu orientieren.

Und dann sagt Paulus noch „gottselig“. Nun, dieses Wort bedeutet: in einer gottwohlgefälligen Weise zu leben, in einer gottgemäßen Weise zu handeln. Ist das denn möglich? Wie Paulus es den Ephesern sagt: „Seid Nachahmer Gottes.“ Wir haben den Heiligen Geist empfangen, wir besitzen eine neue Natur, eben deshalb ist es jedem Gläubigen möglich, gottselig zu leben.

Ergibt sich nicht ein erhabenes Gemälde? An Leute zu denken, die nicht nur von Sünde und Schuld erlöst sind, sondern auch befreit sind von der Macht der Sünde um sie her. Sie weisen Böses ab, sie wandeln nicht in dessen Mitte, sie folgen nicht den Wünschen ihrer Herzen. In der Macht des Lebens Christi und all dessen, was Er zur Verfügung stellt, lehnen sie jene Dinge ab. Sie sind frei von Schuld und sündiger Macht, aber leben sie deshalb in luftleerem Raum? Nein. Sie „erwarten die glückselige Hoffnung“, nämlich das Kommen des Herrn für Seine Versammlung. Es ist eine „glückselige“ Hoffnung. Drei weitere Eigenschaften dieser Hoffnung werden an anderer Stelle erwähnt. Ich will sie jetzt nicht aufzählen, ihr mögt sie selbst nachschlagen.

Und diese Hoffnung ist nicht eine vage Spekulation, von der wir sagen, wir hoffen mal, dass sie sich erfüllen wird. Es ist eine sichere Hoffnung. Warum? Sie ruht auf den Worten des Herrn selbst: „Ich komme wieder.“ Solche Worte kannst du nicht umgehen, sie machen die wahre Hoffnung des Christen aus, es sind die Worte des Herrn Jesus, die sich erfüllen. Und sie könnten sich in diesem Augenblick erfüllen. Jeder Gläubige könnte jetzt gleich in einem Nu in die unmittelbare Gegenwart des Herrn Jesus versetzt werden, also in der denkbar kürzesten Zeit. Das vermag göttliche Macht, die Allmacht unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus. Übrigens erwähnt dieser kurze Brief dreimal den großen Gott als Heiland, und dreimal auch, daß Jesus Christus der Heiland ist. Liegt hier ein Denkfehler oder eine Verwechslung bei Paulus vor? Nein, keineswegs. Wenn wir an Gott als den Heiland denken, verstehen wir Ihn als die Quelle dieses großen Heilsplanes. Und wenn wir an den Herrn Jesus als den Heiland denken, so sehen wir den, der durch Seinen Tod die reale Tatsache schuf, die das Heil allen Menschen ausnahmslos durch den Glauben an Seinen Namen zugänglich machte.

Deshalb finden wir diese Erwartung der glückseligen Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus. Erwarten wir Ihn – stehen wir wirklich in Erwartung? Ich hörte einmal von einem Bruder, der in seinem Büro die Worte angebracht hatte „VIELLEICHT HEUTE“. Das ist die Haltung eines Gläubigen in Erwartung, „vielleicht heute“.

Ich las einmal ein Buch mit dem Titel „Der große Fischer.“ Der Schreiber versuchte darin das Warten der Jünger auf das Kommen des Herrn in einem anschaulichen Bild darzustellen. Er schildert, wie die Jünger eine Anhöhe hinaufsteigen und schließlich oben ankamen. Sie stehen da und überblicken die ganze Gegend, auch sehen sie den Weg, auf dem sie gekommen sind. Und sie beobachten, schauen aus, warten. Und wären sie zu Hause, sie würden gleicherweise warten. Wenn es an der Tür klopft, schauen sie einander mit erwartungsvollem Blick an. Ob es der Herr ist?!

Es mag eine Erzählung aus der Phantasie des Verfassers sein, um die Gefühle der Jünger jener Tage wiederzugeben, doch wir können ihr auch für uns etwas entnehmen. Nicht, dass wir nach einem Wunder ausschauen, das sich ereignen soll, und dennoch sollen wir Ausschauende, Erwartende und Wachende sein, beständig, und auf den Augenblick Seines Kommens hinarbeiten.

Es ist wahrlich eine glückselige Hoffnung. Einmal werdet ihr allen Schwierigkeiten, die die Kirche auf Erden umringen, enthoben sein, den vielen Trennungen, den Irrlehren, dem Streit und den Feindseligkeiten, die unglücklicherweise so oft das christliche Bekenntnis kennzeichnen. Auch persönliches Versagen, unsere Schwachheiten, unser Fleisch, Versuchungen, alles bleibt für immer zurück. Aber ist das alles? Es wäre noch viel zu wenig. Das Beste von allem ist doch, Ihn, den Herrn Jesus zu sehen und Ihm gleich zu sein.

Der Ausdruck, mit dem wir uns beschäftigt haben, enthält zweierlei: „Die glückselige Hoffnung“ und die „Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“. Jetzt geht es um den zweiten Teil, die „Erscheinung“. Vorher in Vers 11 hieß es: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen.“ Es ist also von „erschienen“ und „Erscheinung“ die Rede. In beiden Fällen ist der Sinn des Wortes ein „Leuchten weit hinaus“. In Vers 11 ist es die Gnade, die in der Person des Herrn Jesus „hervorstrahlte“, in Seinem Leben, Seinem Tod und Seiner Auferstehung. Das zweite ist die öffentliche Erscheinung Seiner Herrlichkeit, die zugleich die Welt in Bestürzung versetzen wird, wenn sie sich in ihrer Fülle offenbart. Ich möchte dann nicht hier sein. Aber ich möchte hier sein, wenn die glückselige Hoffnung sich erfüllt, wenn wir aus Schwachheit und Versagen in einem Nu umgestaltet werden in das Bild der Gleichförmigkeit Christi. Wir werden Kräfte der Wahrnehmung und der Bewegung erlangen, die unserem jetzigen sterblichen Leib noch fremd sind. Über diese Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und Heilandes Jesus Christus wollen wir nicht viel sagen, die Schriften, im besonderen das Alte Testament, sind voll von Hinweisen auf dieses gewaltige öffentliche Ereignis.

Heute morgen las ich zu Hause: „Wer ist dieser, der von Edom kommt, von Bozra in hochroten Kleidern?“ – der die Kelter allein tritt, dessen Kleider gerötet sind, nicht von Blut, das errettet, sondern vom Blut Seiner Feinde. Als wir vor vielen Jahren in Palästina waren, wurde uns dort eine Weinpresse gezeigt. Man legte die Weintrauben auf einen Felsen, der an einer Stelle geglättet und mit einem Loch versehen war. Von diesem Loch führte eine Ablaufrinne zu einer Aushöhlung, wo der Traubensaft sich sammelte. Nun, die Leute stellten sich auf die Weintrauben und zertraten sie mit den Füßen, und der Saft lief durch das kleine Loch und weiter über die Rinne in die große Vertiefung. Es ist verständlich, dass beim Zerstampfen der Trauben der Saft bis an die Kleider hochspritzt und sie besudelt. Dieses Bild nun benutzt der Herr für Sein Erscheinen, wenn Er kommt, um mit der Welt ihrer Schuld und Schande wegen abzurechnen. Das bedeutet Zorn und Gericht, das Blut Seiner erschlagenen Feinde wird in dem Bild gesehen. Doch gibt es andere schöne Hinweise auf Seine herrliche Erscheinung, aber es fehlt jetzt die Zeit, auf diesen glorreichen Gegenstand näher einzugehen. Paulus spielt darauf nur sehr kurz an mit den Worten „Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“.

Wir kommen nun zum Schluß mit Vers 14: „Der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken.“ Wenn Paulus hier von einem „Eigentumsvolk“ spricht, denkt er daran, daß es dem Herrn in besonderer Weise zu eigen ist, ein Volk zum Besitztum, das Seine Kennzeichen zur Schau trägt. Und das sollten wir tun, indem wir das Kommen unseres Herrn Jesus Christus erwarten. Ich weiß nur zu gut, wie leicht es ist, darüber zu sprechen. Doch wir sprechen ja nicht mit unseren eigenen Worten, wir gebrauchen die Worte der Heiligen Schrift, und wir tun es mit großer Zuversicht, dass der Herr kommt. Und wenn wir das wissen, kennen wir auch, auf Ihn wartend, ein geziemendes Verhalten. „Wenn ihr dies wisset, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut“, sagte der Herr zu Seinen Jüngern.

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