Die Opfer des 3.Buches Mose und ihre vorbildliche Bedeutung

Das Dank- und Friedensopfer

Wir kommen jetzt zu dem Dank- oder Friedensopfer. Es ist das Vorbild der Gemeinschaft der Heiligen mit Gott, gemäß der Wirksamkeit des Opfers, sowie ihrer Gemeinschaft mit dem Priester, der es für uns dargebracht hat, und mit der ganzen Kirche Gottes. Das Friedensopfer kommt nach denjenigen Opfern, die uns den Herrn Jesus in Seiner Dahingabe in den Tod (Brandopfer) und in Seiner Dahingabe und Gnade im Leben, aber bis zum Tod und zur Feuerprobe (Speisopfer) darstellen. Wir sollen dadurch verstehen, dass die Gemeinschaft mit Gott einzig und allein auf die vollkommene Annehmlichkeit und den Wohlgeruch dieses Opfers gegründet ist, und zwar nicht nur weil das Opfer nötig war, sondern weil Gott Seine Wonne daran fand.

Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn ein Sünder Gott nahen wollte, das Sündopfer zuerst kam, denn die Sünde muss getragen und hinweggetan sein, soll anders der Sünder fähig sein, vor Gott hinzutreten. War er aber so gereinigt und rein, so nahte er kraft des Wohlgeruchs der Opfergabe Gottes, d.h. kraft der vollkommenen Annehmlichkeit Christi, der, keine Sünde kennend, sich in einer Welt der Sünde Gott geweiht hat, um Ihn vollkommen zu verherrlichen. Er gab Sein Leben hin, damit auch alles das, was Gott im Gericht war, verherrlicht werden möchte, und zwar durch den Menschen in der Person Christi, und damit so eine unendliche Gunst auf diejenigen käme, die durch Ihn Gott nahen würden. „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich es wiedernehme“ (Joh 10,17). Der Herr sagt hier nicht: „weil ich mein Leben für die Versammlung lasse“, - das wäre eher das Sündopfer, - sondern Er redet von der Kostbarkeit Seines Werkes und dem Seiner Tat innewohnenden Wert, denn in dieser Tat hat der Mensch (Christus) alle Vollkommenheit erfüllt. Die ganze Wahrheit und Liebe Gottes, samt Seiner Gerechtigkeit wider die Sünde, wurden in dem Menschen, in Jesu Christo, vollkommen verherrlicht. „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in Ihm“ (Joh 13,31). „Denn da ja durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten“ (1. Kor 15,21). Das Böse, das Satan hervorgerufen hat, ist weit mehr als wieder gut gemacht worden, und zwar auf demselben Schauplatz, auf den er das Verderben gebracht hatte, und durch dasselbe Werkzeug, durch das er es brachte: durch den Menschen. Wenn Gott einerseits im Menschen und durch den Menschen verunehrt worden ist, so ist Er andererseits in gewissem Sinn (in der Person Jesu) des Menschen Schuldner geworden im Blick auf Seine höchste und ausgezeichnetste Verherrlichung. Denn ist auch alles in einer Hinsicht nur ein freies Geschenk Gottes an uns, so ist es doch zugleich der Mensch gewordene Christus, der das Werk vollbracht hat. Alles was Christus war, und alles was Er getan hat, war Gott unendlich angenehm, und hier finden wir die Grundlage für unsere Gemeinschaft, nicht aber im Sündopfer. Daher folgt auch das Friedensopfer unmittelbar auf das Brandopfer und Speisopfer, obwohl, wie schon bemerkt, das Sündopfer in erster Linie steht, sobald es sich um die Anwendung des Opfers auf den Menschen handelt.

Das erste, was beim Friedensopfer geschehen musste, war die Darstellung und das Schlachten des Opfers an der Tür des Zeltes der Zusammenkunft, sowie das Sprengen des Bluts, mit anderen Worten das, was die Grundlage jedes tierischen Opfers ausmacht. Der, welcher das Opfer darbrachte, machte sich eins mit ihm, indem er seine Hände auf den Kopf des Opfertiers legte 1. Hernach wurde alles Fett, ganz besonders das der inneren Teile, auf dem Brandopferaltar vor Jehova verbrannt. Das Blut und das Fett zu essen war verboten. Das Blut war das Leben und gehörte Gott, denn das Leben kam von Ihm. Das Fett wird in der Schrift häufig als Sinnbild gebraucht. So lesen wir z.B.: „Ihr Herz ist dick geworden wie Fett“. „Da ward Jeschurun fett und schlug aus.“ „Ihr fettes Herz (eig. Ihr Fett) verschließen sie, mit ihrem Munde reden sie stolz“ (Ps 119,70; 5. Mo 32,15; Ps 17,10). Das Fett ist das Sinnbild der Energie und Kraft des Willens, des Inneren des menschlichen Herzens. Wenn daher Christus Seiner gänzlichen Entäußerung und Erniedrigung Ausdruck geben will, so sagt Er: „Alle meine Gebeine könnte ich zählen“, und in Psalm 102,5: „Ob der Stimme meines Seufzens klebt mein Gebein an meinem Fleische“.

In Jesu war indes alles, was an Energie und Kraft in der Natur vorhanden war, Sein ganzes Inneres, ein Brandopfer für Gott, das völlig als ein Opfer lieblichen Geruchs Gott dargebracht wurde. Es war Gottes Anteil an dem Opfer, „eine Speise des Feueropfers dem Jehova“. Jehova fand Seine Wonne daran. Seine Seele ruhte darin, denn es war etwas sehr Gutes: gut inmitten des Bösen, gut wegen der Energie der Hingabe an Ihn, gut wegen des vollkommenen Gehorsams. Wenn das Auge Gottes, gleich der Taube Noahs, über diese Erde hinblickte, konnte es auf nichts mit Wohlgefallen ruhen, bis Jesus auf sie herabstieg. Auf Ihn konnte das Vaterauge mit Wonne blicken. Welches auch die Ratschlüsse des Himmels sein mochten, er blieb dennoch, was den Ausdruck seines Wohlgefallens betraf, so lange verschlossen, bis Jesus auf die Erde kam: Er, der zweite Mensch, der Vollkommene, der Heilige, der da kam, um sich Gott zu opfern, um Seinen Willen zu tun. In demselben Augenblick, da Jesus sich anschickte, Seinen öffentlichen Dienst anzutreten, öffnete sich der Himmel. Der Heilige Geist kam hernieder, um auf Ihm, dem einzigen Ort, wo Er hienieden eine Ruhestätte finden konnte, zu bleiben, und die Stimme des Vaters, die jetzt nichts mehr zurückzuhalten vermochte, bezeugte vom Himmel her: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe“. Sollte dieser Gegenstand, der zu groß, zu kostbar war, als dass der Himmel und die Liebe des Vaters hätten schweigen können, irgend etwas von seiner Vortrefflichkeit und seinem Wohlgeruch in einer Welt der Sünde einbüßen? Weit entfernt davon! Im Gegenteil sollte gerade hier Seine ganze Kostbarkeit erprobt und erwiesen werden.

Wenn Jesus durch das, was Er litt, den Gehorsam lernte, so war es wahr von Ihm, dass jede Regung Seines Herzens Gott geweiht war. Er wandelte in der Gemeinschaft Seines Vaters und ehrte Ihn in allem, im Leben und im Tode. Jehova fand an Ihm seine beständige Wonne, und am allermeisten dann, als Er Sein Leben ließ. Da offenbarte sich „die Speise des Opfers“.

So viel über den großen Grundsatz des Friedensopfers; aber dann wird uns der Anteil gezeigt, den unsere Seelen an diesem allem haben. Das Fett wurde als ein Brandopfer auf dem Altar verbrannt, zum Ausdruck dessen, dass jene Widmung Christi für Gott völlig erprobt worden ist und sich bis zum äußersten als vollkommen erwiesen hat. - Aus dem „Gesetz“ des Friedensopfers (Kap. 7) ersehen wir, dass der Rest des Opfertiers gegessen werden musste. Die Brust war für Aaron und seine Söhne, die vorbildlich die ganze Kirche oder Versammlung Gottes darstellten. Der rechte Schenkel war für den Priester, der die Sprengung des Blutes vollzog, ein besonderes Vorbild von Christo als opferndem Priester droben. Was von dem Tier übrig blieb, wurde von dem gegessen, der es darbrachte, und von seinen Geladenen. Auf diese Weise bestand eine Einsmachung und Gemeinschaft mit der Herrlichkeit und dem Wohlgefallen, ja, mit der Wonne Dessen, dem das Opfer dargebracht wurde, ferner mit dem Priestertum und dem Altar, den Werkzeugen und Mitteln zur Darbringung des Opfers.

Ein ähnliches Verfahren gab es auch unter den Heiden. Daher die Beweisführung des Apostels hinsichtlich des den Götzen Geopferten in 1. Korinther 10. Wenn er in dieser Stelle vom Abendmahl des Herrn redet, dessen Bedeutung mit dem uns beschäftigenden Vorbild in inniger Verbindung steht, so sagt er: „Sehet auf Israel nach dem Fleische. Sind nicht die, welche die Schlachtopfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar?“ (V. 18). Dieser Grundsatz war so wahr, dass in der Wüste (wo dies ausführbar war) niemand das Fleisch irgend eines Tieres essen durfte, es sei denn, dass er es vorher als Gabe vor das Zelt der Zusammenkunft gebracht hatte. Eine ähnliche, zur Aufrechthaltung des Grundsatzes notwendige Verordnung wurde im Lande Kanaan gegeben. Was uns Christen betrifft, so sollten wir im Namen des Herrn Jesus essen, indem wir unsere Opfer des Lobes, d.h. die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen, darbringen und auf diese Weise alles, woran wir teilhaben, wie auch uns selbst Gott weihen, in Gemeinschaft mit dem Geber und mit Demjenigen, der uns in dem Genuss des uns Gegebenen erhält. Indes handelt es sich in unserm Kapitel um ein Opfer im eigentlichen Sinn.

So ist denn die Darbringung Christi als Brandopfer Gott höchst angenehm: Er findet Seine Wonne daran, Seine Seele erfreut und erquickt sich an diesem duftenden Wohlgeruch. Die Anbeter nun, die gleichsam vor dem Herrn, an Seinem Tisch, Platz nehmen, nahen auch kraft dieses vollkommenen Opfers und nähren sich von ihm. Sie haben vollkommene Gemeinschaft mit Gott an derselben Freude über das Opfer Jesu, ja, an Jesu selbst, der sich also geopfert hat. Sie besitzen mit Gott denselben Gegenstand der Freude, sie genießen eine gemeinsame gesegnete Freude an dem herrlichen Erlösungswerk, das Jesus vollbracht hat. Gleichwie Eltern sich gemeinschaftlich an ihren Kindern erfreuen, eine Freude, die noch durch das gegenseitige Interesse an ihnen erhöht wird, haben auch die Anbeter, die mit dem Geist erfüllt und durch Christum erkauft sind, die nämlichen Gefühle wie der Vater hinsichtlich der Kostbarkeit Christi. Sie erfreuen sich mit Gott an der Vortrefflichkeit dieses vollkommenen Opfers. Und sollte der Priester, der alles dieses zuwege gebracht hat, allein ausgeschlossen sein von dieser Freude? Nein. Auch Er hat Seinen Teil daran. Er, der das Opfer dargebracht hat, nimmt mit teil an der Freude der Erlösung, und die ganze Versammlung soll daran teilnehmen.

Jesus findet also als Priester Sein Wohlgefallen an der Freude dieser Gemeinschaft, die Er selbst zuwege gebracht hat, und deren Gegenstand Er ist. Denn worin besteht die Freude eines Erlösers, wenn nicht in der Freude, in der Gemeinschaft und dem Glück seiner Erlösten? Das ist also der wahre Gottesdienst der Heiligen. Er besteht darin, dass man sich gemeinsam in Gott freut, kraft der Erlösung und der Dahingabe Jesu, dass man dieselben Gefühle mit Gott teilt, indem man sich mit Ihm an der Kostbarkeit des reinen, fleckenlosen Lamms erfreut, das sich selbst aufgeopfert, das uns erkauft, versöhnt und in diese Gemeinschaft gebracht hat und uns nun auch die Zuversicht gibt, dass die Freude, die wir genießen, die Freude Jesu selbst ist, ihres Urhebers und Mitteilers.

Diese Freude der Anbetung gehört notwendigerweise der Gesamtheit der Erkauften an, als in den himmlischen Örtern betrachtet, mögen sie uns nun schon vorangegangen sein oder noch hienieden im Leib wallen. Denn Aaron und seine Söhne mussten auch ihren Anteil haben, und sie sind stets das Vorbild der Versammlung Gottes, als ein Ganzes, ein Körper, betrachtet, dessen Glieder alle das Recht haben, in die himmlischen Örter einzugehen und Weihrauch darzubringen, da sie zu Priestern Gottes gemacht sind. Denn die Stiftshütte mit allen ihren Verordnungen war das Muster der himmlischen Dinge, und diejenigen, welche die Kirche oder Versammlung Gottes ausmachen, bilden auch die Gesamtheit, die Körperschaft der himmlischen Priester Gottes. Jeder wahre Gottesdienst kann deshalb nicht von der ganzen Körperschaft der wahren Gläubigen getrennt werden. Ich kann nicht in die Wirklichkeit mit meinem Opfer der Hütte Gottes nahen, ohne daselbst auch die Priester der Hütte zu finden. Ohne den Hohenpriester ist alles eitel, denn was haben wir ohne Jesum? Ihn aber kann ich nicht finden, als nur in Verbindung mit Seinem Leib, Seinem geoffenbarten Volk. Gott hat überdies Seine Priester, und ich kann nur auf dem von Ihm vorgeschriebenen Weg nahen, in Verbindung mit und in Anerkennung von allen denen, die der Hut Seines Hauses warten, d.i. der ganzen Körperschaft derer, die in Christo geheiligt sind. Alles was nicht mit diesem Geist in Übereinstimmung ist, steht im Widerspruch mit der Verordnung Gottes und ist kein wahres, der Einsetzung entsprechendes Friedensopfer.

Es bleibt uns noch übrig, auf einige andere Einzelheiten einzugehen. Zunächst konnten nur diejenigen, die rein waren, an dem Opfermahl teilnehmen. Wir wissen, dass heute die sittliche Reinigung an die Stelle der zeremoniellen getreten ist: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe“ (Joh 15,3). „Gott machte keinen Unterschied zwischen uns und ihnen, indem Er durch den Glauben ihre Herzen reinigte“ (Apg 15,9). Damals waren es die Israeliten, die teil hatten an den Friedensopfern, und wenn ein Israelit unrein war durch irgend etwas, was ihn nach dem Gesetz Gottes verunreinigte, so konnte er, so lange seine Verunreinigung dauerte, nicht von dem Opfer essen. So sind es heute auch die Christen (deren Herzen durch den Glauben gereinigt sind, indem sie das Wort mit Freuden aufgenommen haben), die wirklich vor Gott anbeten und an der Gemeinschaft der Heiligen teilnehmen können. Ist das Herz verunreinigt, so ist die Gemeinschaft unterbrochen. Niemand, der offenbar verunreinigt ist, hat das Recht, an dem Gottesdienst und der Gemeinschaft der Versammlung Gottes teilzunehmen. Der Leser wolle beachten, dass „kein Israelit sein“ oder „nicht rein sein“ zwei ganz verschiedene Dinge waren. Wer kein Israelit war, hatte niemals an den Friedensopfern teil. Nie durfte er sich dem Zelt der Zusammenkunft nahen. „Nicht rein sein“ bewies aber nicht, dass jemand kein Israelit war. Im Gegenteil, die Zucht, von der wir reden, fand nur auf Israeliten ihre Anwendung. Aber die Verunreinigung machte ihn unfähig, sich mit denen, die rein waren, an den Vorrechten der Gemeinschaft zu beteiligen, weil die Friedensopfer, obwohl die Anbeter teil daran hatten, dem Herrn gehörten (Kap. 7, 20. 21). Wer unrein war, sah sich dieses Anrechts beraubt. Die wahrhaftigen Anbeter nun müssen „den Vater in Geist und Wahrheit anbeten; denn auch der Vater sucht solche als Seine Anbeter“ (Joh 4,23). Wenn aber der Geist es ist, der die Anbetung und die Gemeinschaft bewirkt, so ist es klar, dass nur diejenigen daran teilnehmen können, die den Geist Christi besitzen und Ihn nicht betrübt haben, denn durch die Befleckung der Sünde wird die Gemeinschaft, die durch den Geist ist, unmöglich gemacht.

Es gab allerdings in Verbindung mit dem Friedensopfer eine Verordnung, die dem eben Gesagten zu widersprechen scheint, in Wirklichkeit aber den Gegenstand nur um so schärfer beleuchtet. Man musste nämlich mit den Gaben, die dieses Opfer begleiteten, gesäuerte Brote darbringen (Kap. 7, 13). Denn wenn auch das, was unrein ist oder vielmehr was als solches erkannt werden kann, fern bleiben muss, so gibt es doch immer eine Beimischung von Bösem in unserer Anbetung. Der Sauerteig ist da, denn der Mensch kann nicht ohne Sauerteig sein. Es mag verhältnismäßig wenig vorhanden sein, wie es der Fall sein wird, wenn der Geist nicht betrübt ist. Aber wo irgend der Mensch ist, da ist auch Sauerteig. - Neben den gesäuerten Broten gab es auch ungesäuerte Kuchen, denn Christus ist da, und der Geist Christi ist in uns, in denen sich Sauerteig vorfindet, weil wir Menschen sind.

Mit jener gottesdienstlichen Handlung war dann noch eine andere wichtige Verordnung verknüpft. War nämlich das Friedensopfer ein Gelübde oder eine freiwillige Gabe, so durfte das Fleisch des Opfertieres noch am zweiten Tag, nachdem man das Fett, die Speise Jehovas, verbrannt hatte, gegessen werden. Handelte es sich dagegen um ein Dankopfer, so musste das Fleisch an demselben Tag gegessen werden, an dem man das Opfer darbrachte: „er soll nichts davon liegen lassen bis an den Morgen“. Hierdurch wurden die Reinheit der Anbeter und die Darbringung des Fetts vor Gott eng miteinander verbunden. So ist es denn auch unmöglich, wahre geistliche Anbetung und wahre Gemeinschaft von der vollkommenen Hingabe Christi an Gott zu trennen. Sobald wir diese aus dem Auge verlieren, sobald unsere Anbetung sich von dem Opfer trennt, von seiner Wirksamkeit und von dem Bewusstsein, wie vollkommen wohlgefällig Jesus vor dem Vater ist, wird sie fleischlich. Sie wird zu einer Form oder dient nur zur Befriedigung des Fleisches. Wenn das Friedensopfer nicht in Verbindung mit der Darbringung des Fetts gegessen wurde, so war es ein bloß fleischliches Fest, oder eine bloße Form des Gottesdienstes, die nichts mit dem Gegenstand der Wonne und des Wohlgefallens Gottes gemein hatte. Eine solche Handlung war nicht nur nicht wohlgefällig vor Gott, sondern geradezu gottlos.

Wenn der Heilige Geist uns zu einer wahren geistlichen Anbetung leitet, so führt Er uns in die Gemeinschaft mit Gott, in die Gegenwart Gottes ein; und dann wird ganz naturgemäß der unendliche Wert, den das Opfer Seines Sohnes für Gott hat, unserem Geist gegenwärtig. Wir nehmen teil an der Wertschätzung dieses Opfers. Sie bildet einen unzertrennlichen und unerlässlichen Teil unserer Gemeinschaft und unseres Gottesdienstes. Wir können unmöglich in der Gegenwart und Gemeinschaft Gottes sein, ohne dieses Opfer dort zu finden. Es ist ja die Grundlage unserer Annahme bei Gott und unserer Gemeinschaft mit Ihm. Verlieren wir das aus dem Auge, so wird unser Gottesdienst fleischlich, die Gebete werden zu einer bloßen Form, zu dem, was man zuweilen eine „Gebetsgabe“ nennen hört, und was könnte betrübender sein als das? Anstatt durch die Salbung des Heiligen Geistes der Ausdruck der Gemeinschaft zu sein und unsere Bedürfnisse und Wünsche kundzutun, bestehen die Gebete aus einer fließenden Aufzählung bekannter Wahrheiten und Grundsätze. Das Singen der Lieder wird zu einer bloßen Befriedigung für das Ohr. Man erfreut sich an der lieblichen Melodie und schwelgt in den schönen Worten. Alles wird zu einer äußeren Form. Anstatt die Gemeinschaft im Geist zu sein, ist es das Fleisch in einer neuen Form, und ich brauche kaum zu sagen, dass das durchaus böse ist. Einen solchen Gottesdienst kann der Geist Gottes nicht anerkennen. Er ist nicht im Geist und in der Wahrheit, sondern wird zu einer Sünde.

Es gab, wie schon angedeutet, einen Unterschied in dem Wert der verschiedenen Arten des Friedensopfers: War es ein Gelübde, so konnte es noch am zweiten Tag gegessen werden. War es ein Dankopfer, nur am Tag seiner Darbringung. Dies stellt uns im Vorbild zwei verschiedene Stufen geistlicher Kraft dar. Wenn unser Gottesdienst das Ergebnis einer einfältigen und ungeheuchelten Ergebenheit ist, so kann er länger andauern und annehmlich sein, weil wir, mit dem Geist erfüllt, in wahrer Gemeinschaft dastehen. Der Wohlgeruch unseres Opfers bleibt auf diese Weise länger vor Gott erhalten, der an der Freude Seines Volks teilnimmt. Denn die Kraft des Geistes erhält, in der Gemeinschaft, Seine eigene Freude in den Seinigen vor Gott annehmlich. Ist dagegen die Anbetung die natürliche Folge schon empfangener Segnungen, so ist sie Gott wohl auch annehmlich (denn wir sind Ihm stets Dank schuldig), aber sie ist nicht die Frucht derselben Energie der Gemeinschaft. Die Danksagung wird Gott ohne Zweifel in Seiner Gemeinschaft dargebracht, aber mit der Danksagung hört auch die Gemeinschaft auf.

Auch ist zu beachten, dass wir beim Gottesdienst im Geist anfangen und im Fleisch vollenden können. Wenn ich z.B. länger singe, als der Geist es bewirkt, was nur zu häufig geschieht, so wird mein Singen, das im Anfang eine wahre Herzensmelodie zur Ehre des Herrn war, in angenehmen Gedanken und Empfindungen, in bloßer Musik, d.h. also im Fleisch endigen. Diesen Wechsel wird die geistliche Seele, der einsichtsvolle Anbeter, alsbald empfinden. Durch einen solch fleischlichen Gottesdienst wird die Seele immer geschwächt, und sie gewöhnt sich gar schnell an einen Formendienst und an geistliche Schwäche, und dann wird sehr bald durch die Macht des Feindes das Böse inmitten der Anbeter eindringen. Möge der Herr uns nahe bei sich erhalten, damit wir in Seiner Gegenwart alles beurteilen, denn außerhalb derselben sind wir zu jedem geistlichen Urteil unfähig.

Der Ausdruck in Kapitel 7, 20: „das Jehova gehört“, ist unserer ernsten Beachtung wert. Der Gottesdienst, das was bei ihm in unseren Herzen vorgeht, ist für Gott. Es gehört nicht uns, sondern dem Herrn. Der Herr hat es zu unserer Freude in unsere Herzen gelegt, damit wir teil haben möchten an dem Opfer Christi, an Seiner eigenen Freude an Christo. Sobald wir den Gottesdienst uns zueignen, entweihen wir ihn. Deshalb musste das von dem Opfertier Übriggebliebene mit Feuer verbrannt werden, und aus demselben Grund durfte nichts Unreines sich daran beteiligen. Eben deshalb war es auch nötig, das Fleisch in Verbindung mit dem Verbrennen des Fetts für Jehova zu essen, damit es wirklich Christus in uns sei, und mithin eine wahre Gemeinschaft mit Gott, die Darbringung Christi (von dem unsere Seelen sich nähren) vor Gott.

Vergessen wir nie, dass unser ganzer Gottesdienst Gott gehört, dass er der Ausdruck der Vortrefflichkeit Christi in uns ist, und dementsprechend unsere Freude vor Gott durch einen und denselben Geist. Christus im Vater, wir in Ihm und Er in uns, das ist die wunderbare Kette der Vereinigung, die ebenso wohl in der Gnade wie in der Herrlichkeit besteht. Unser Gottesdienst ist der Ausdruck und Ausfluss dessen, was unsere Herzen durch Christum erfüllt und erfreut. So sagt denn auch der Herr, wenn Er in dieser Hinsicht in unserer Mitte Seinen Dienst verrichtet: „Verkündigen will ich deinen Namen meinen Brüdern; inmitten der Versammlung will ich dich loben“ (Ps 22,22; Heb 2,12). Möchten unsere Stimmen und unsere Herzen hierin nur immer unserm himmlischen Führer folgen! Wahrlich, Er wird unsere Lobgesänge richtig anleiten und so, wie es dem Vater wohlgefällt. Und wie wird das Ohr des Vaters aufmerken, wenn Er diese für Ihn so kostbare Stimme uns leiten hört! Welch eine vollkommene und tiefe Erkenntnis dessen, was vor Gott wohlannehmlich ist, muss derjenige haben, der in dem Erlösungswerk alles nach den Gedanken Gottes ausgeführt hat! Der Sinn Christi ist der Ausdruck von alledem, was dem Vater angenehm ist, und Er unterweist uns in diesen Dingen, damit wir, obwohl schwach und unvollkommen, ebenso wohlgefällig seien wie Er. „Wir haben Christi Sinn.“

„Die Frucht der Lippen“ (Heb 13,15; Hos 14,3) ist der Ausdruck desselben Geistes, durch den wir „unsere Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darstellen“, indem wir prüfen, was „der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“. Das ist unser Gottesdienst, das unser Dienst, denn unser Dienst sollte in gewisser Hinsicht unser Gottesdienst sein.

Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass unter den Anweisungen bezüglich des Friedensopfers sich auch das Gebot findet, weder von dem Fett noch von dem Blut zu essen. Dieses Gebot hat hier offenbar deshalb eine Stelle gefunden, weil von den Friedensopfern ein großer Teil durch die Anbeter gegessen wurde. Seine Bedeutung erhellt aus dem bereits Gesagten zur Genüge: das Leben und die inneren Kräfte des Herzens gehörten ganz und gar Gott. Das Leben gehörte Gott und musste Ihm geweiht werden. Einem anderen Geschöpf das Leben zu nehmen, war ein an den Rechten Gottes begangener Hochverrat. Gerade so war es mit dem Fett. Indem es nicht gewöhnliche Verrichtungen (wie die Bewegungen eines Gliedes oder dergleichen, sondern die Energie des ganzen inneren Menschen) kennzeichnete, gehörte es ausschließlich Gott. Christus allein hat sich Gott so geweiht, weil Er allein Gott alles das geopfert hat, was Ihm gebührte, und deshalb stellt auch das Verbrennen des Fetts bei diesen und anderen Opfern Seine Selbstaufopferung als einen lieblichen Geruch für Gott dar. Aber es ist nicht weniger wahr, dass alles Gott gehörte und noch gehört. Der Mensch konnte es sich nicht zu seinem Gebrauch aneignen. Nur in dem Fall, wo ein Tier von selbst starb oder zerrissen wurde, konnte man sich des Fetts bedienen. So oft aber ein Mensch einem Tier mit Absicht das Leben nahm, musste er die Rechte Gottes anerkennen und seinen Willen dem Willen Gottes unterordnen als Dem, der allein Ansprüche an dieses Leben besaß.

Fußnoten

  • 1 Eine Ausnahme von dieser Regel bildeten das Sündopfer am großen Versöhnungstag und die rote Kuh (3. Mo 16; 4. Mo 19). Allein diese Ausnahmen bestätigen nur den großen Grundsatz oder dienen zur Klarstellung einzelner seiner Teile.
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