Aus der Finsternis zum Licht
Einleitung

Einleitung
AUF EINEM KLEINEN FRIEDHOF im Markgräflerland (Region im äußersten Südwesten Deutschlands) ziert ein in Form eines Kreuzes aus Granit gehauener Stein ein sonst schmuckloses Grab. Er trägt die interessante lateinische Inschrift:
EX DEO NASCIMUR
IN CHRISTO MORIMUR
PER SPIRITUM SANCTUM
REVIVISCIMUS
Die Übertragung ins Deutsche lautet:
AUS GOTT WERDEN WIR GEBOREN
IN CHRISTUS STERBEN WIR
DURCH DEN HEILIGEN GEIST
WERDEN WIR WIEDER LEBENDIG
Oft bin ich vor diesem Stein sinnend stehen geblieben. Ist dieser Spruch ein Wort aus der Bibel, dem Wort Gottes? Soweit ich die Heilige Schrift kenne, enthält sie dieses Wort nicht. Dennoch, er klingt gut, dieser Spruch. Aber ist er wahr? Oder hat sich sein Verfasser einer schrecklichen Täuschung hingegeben? Je mehr ich über diesen Spruch nachdachte, desto klarer wurde mir: Er ist in höchstem Maß irreführend. Desto klarer wurde mir auch, dass die ganze Christenheit voll solch schön klingender Sprüche ist. Zum Teil sind sie sogar der Bibel entnommen und somit in sich selbst wahr; aber falsch oder auf die falschen Personen angewandt, wiegen sie die Menschen in eine falsche Sicherheit: Sie wähnen ihre Sache mit Gott in Ordnung und – gehen ewig verloren.
Diese Sache ist zu ernst, um auf die leichte Schulter genommen zu werden. Das vorliegende kleine Buch will Ihnen darin eine Hilfe, ein Wegweiser sein. Es will Ihnen zeigen, wie man wirklich „aus Gott geboren“ werden kann; wie man glücklich „in Christus sterben“ und wie man zuversichtlich der leibhaftigen Auferstehung, dem „Wieder-lebendig-Werden“, entgegensehen kann.
Wenn ich nun im Verlauf des Buchs gelegentlich auf diese Grabinschrift zurückkomme, dann nicht deswegen, weil sie so berühmt oder so weltbewegend wäre. Aber sie ist so symptomatisch, so beispielhaft für vieles in der Christenheit: für ihre Andachten, Ansprachen, Predigten, Krankensendungen, Grabreden. Die Menschen werden mit Gottesworten getröstet, die ihnen zum großen Teil gar nicht gelten oder zustehen. Mit überaus großer Freizügigkeit, ja Leichtfertigkeit wird das Wort Gottes im Mund geführt und auf die Menschen angewandt – zu deren ewigem Schaden.
Achten Sie bitte einmal selbst darauf: Wird auch von der ERLÖSUNG gesprochen, die in Christus Jesus ist, deren der SÜNDER bedarf? Gott spricht viel davon, die Menschen fast nicht mehr. Man redet von guten Werken, vom Nett-Sein zum Nachbarn, vom Mut-Haben in Schwierigkeiten, vom Hoffnung-Haben in Krankheiten, vom Vertrauen in sich selbst, vom Vertrauen zu den Menschen, vom ethischen Vorbild Jesu, dem man nacheifern muss. Geht das nicht alles am eigentlichen Kern der Sache vorbei? Ist das nicht alles ein groß angelegtes, christlich angestrichenes Täuschungsmanöver des Teufels, des großen Widersachers Gottes und der Menschen? Denn erweckt er dadurch nicht den Eindruck, dass die Sache des Menschen mit Gott so übel gar nicht steht, dass er sich schließlich selbst erlösen kann und dazu keines „Heilands“ bedarf? Wenn er sich nur ein wenig anstrengt, wird schon alles recht werden, wird Gott ihm schon gnädig sein und ihm am Ende wenigstens ein kleines Plätzchen im Himmel geben.
Die christliche Welt ist voller Appelle, das Leben nach christlichen Idealen auszurichten. Das vorliegende Buch tut das nicht. Denn Gott ermahnt nicht unbekehrte Menschen zu einer christlichen Lebensführung: Er ermahnt nur seine Kinder. Würde Er unbekehrte Menschen ermahnen, so würde Er damit den Sühnetod seines Sohnes und das Evangelium über seinen Sohn für unnötig und überflüssig erklären. Er würde sie geradezu zerstören. Das aber wird und kann Er nie, nie tun. Was Er aber tut, ist dies: Er gebietet jetzt den Menschen, dass sie alle allenthalben Buße tun sollen.
Zuweilen leugnet der Teufel Gott und Himmel und Hölle, zuweilen gibt er sich „christlich“. Ich glaube, dass diese zweite Taktik die weit gefährlichere ist und dass er damit gerade den anständigen, religiösen Menschen zu täuschen vermag. Das möchte ich mit Gottes Hilfe auf den folgenden Seiten zeigen, und dazu soll mir auch diese Grabinschrift dienen.
Gott sieht den natürlichen Menschen nicht mit einem „guten Kern“, den man nur richtig entwickeln muss. Nein, Er sieht ihn als „verloren“, als „fern von Gott“, als „tot“, als „sündig“, als „blind“ und „in Finsternis“. Damit haben wir bereits die fünf Kapitel dieses Buchs abgegrenzt und ihren jeweiligen Ausgangspunkt angegeben.
Aber das wäre kein Evangelium, keine gute Botschaft, wollte ich bei diesem demütigenden Ausgangspunkt stehen bleiben und nur den traurigen Zustand des Menschen und dessen überaus ernste Konsequenzen für die Ewigkeit beschreiben. Gott ist der große Arzt der Seele. Er hat nicht allein eine vollkommen richtige Diagnose, sondern auch das allein richtige und das allein wirksame Heilmittel. Und weil Gott Liebe ist, möchte Er den Menschen nicht in seinem natürlichen Zustand belassen und ihn in die ewige Verdammnis gehen lassen, Er möchte ihn vielmehr „aus der Finsternis in sein wunderbares Licht“ bringen. Das allerdings ist eine gute Botschaft! Dieses Buch will Sie nun gleichsam an die Hand nehmen – Ihre Einwilligung dazu vorausgesetzt – und Sie dorthin führen, wo wahrhaft Licht und Liebe, wo wahrhaft Freude und Glück, wo wahrhaft Leben in Ewigkeit ist – zu Gott selbst.
Vielleicht ist der eine oder andere meiner geschätzten Leser bereits ein glückliches Kind Gottes. Dann will Ihnen das kleine Buch eine Hilfe sein zum tieferen Erfassen der großartigen Wahrheit Gottes und der gesegneten Stellung des Christen vor Gott, deren Sie sich schon heute erfreuen dürfen und sollen. Es will Ihnen auch die unbeschreibliche, herrliche Zukunft vorstellen, die vor Ihnen liegt, und Ihnen somit einen tiefen Trost auf dem nicht immer einfachen Weg dorthin vermitteln.
Jedes der fünf Kapitel ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen gelesen werden, wenngleich eine gewisse Folgerichtigkeit in ihrer Anordnung vorliegt. Eins ist allen fünf Kapiteln gemeinsam: Sie zeigen stets den Weg von etwas weg zu etwas hin. Im Grund enthalten sie alle dieselbe Botschaft, die aber von verschiedenen Blickpunkten aus gesehen wird. Nimmt man sie alle zusammen, so gewähren sie – das jedenfalls hoffe ich zu Gott – einen guten Überblick über den Teil der Wahrheit Gottes, mit dem wir uns hier beschäftigen wollen.
Noch etwas zum Schluss meiner einführenden Worte. Ich gestatte mir, Sie in meinen Ausführungen mit dem schlichten, persönlichen Du anzureden. Das ist durchaus keine Respektlosigkeit, scheint mir aber bei der Übermittlung der göttlichen Botschaft an den Menschen die passende Anrede zu sein.