Petrus und Kornelius – das Evangelium erreicht die Heiden
Eine Bibelarbeit zu Apostelgesichte 10

Einleitung

Der auferstandene Herr hatte seinen Jüngern aufgetragen, in seinem Namen „Buße und Vergebung der Sünden“ zu predigen, und zwar allen Nationen und dass sie seine Zeugen sein sollten (Lk 24,47.48). Als der Herr diesen Missionsauftrag gab, lag das noch in der Zukunft. In Apostelgeschichte 10 wird es Wirklichkeit. Es ist ein wesentlicher Teil der Predigt des Petrus im Haus von Kornelius, dass jeder, der an Jesus glaubt, „Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen“ (Apg 10,43).

Und nicht nur das. Die Apostelgeschichte zeigt auch, wie Christus seine Versammlung baut. Er selbst hatte das angekündigt (Mt 16,18). Durch die Taufe mit dem Heiligen Geist (1. Kor 12,13) sollten die Kinder Gottes in eins versammelt werden. Zuerst waren es die versammelten Juden, die am Pfingsttag im Obersaal zusammen waren und den Heiligen Geist empfingen. Das war die „Geburtsstunde“ der Versammlung (Apg 2,1-4). Wenig später kam dieser Geist auch auf die Gläubigen in Samaria (Apg 8,14-17), die auf diese Weise der Versammlung hinzugefügt wurden. Doch noch immer fehlten die Nationen. Bis jetzt war noch nicht nach außen sichtbar geworden, dass aus ehemaligen Juden und Heiden eine Einheit werden sollte. Zwar hatte sich mit dem Kämmerer (ein Äthiopier) ein Heide bekehrt (Apg 8), aber damit war die Zwischenwand der Umzäunung zwischen Juden und Nationen noch nicht wirklich abgebrochen. Noch hatte der Heilige Geist Glaubende aus Juden und Nationen nicht tatsächlich und sichtbar zu einem neuen Menschen, zu einem Leib und zu einer Wohnung Gottes zusammengefügt (Eph 2,14-22). Was Paulus der Lehre nach in Epheser 2 erklärt, findet historisch in Apostelgeschichte 10 statt. Die Wahrheit von dem einen Leib wird zwar in diesem Kapitel noch nicht offenbart. Dennoch finden wir die Vorbereitung dafür, dass Paulus diese Wahrheit einmal darlegen konnte (vor allem im Brief an die Epheser).

Wir halten zwei wichtige Punkte fest:

  • Es war Petrus, der den Nationen die Tür zum Reich der Himmel aufschloss. Er predigte das Evangelium.
  • Es war der Heilige Geist, der die Nationen zur Versammlung Gottes hinzufügte, das konnte kein Mensch tun, sondern nur Gott.
  • Es war Paulus, der diese Wahrheit „verwaltete“, d. h. dem sie offenbart wurde und der sie dann verkündigt und erklärt hat.

Ein wichtiger Übergang

Apostelgeschichte 10 ist also ein Kapitel des Übergangs. Bis dahin konzentrierte sich die Berichterstattung von Lukas im Wesentlichen auf Jerusalem, Judäa und Samaria. Das soll sich nun ändern. Im Mittelpunkt der Berichterstattung steht dabei vor allem der Apostel Petrus.

Petrus war der „Apostel der Beschneidung“ (der Juden). Ihm hatte der Herr die Schlüssel des Reiches der Himmel gegeben (Mt 16,19) und nacheinander schließt er zunächst den Juden, dann den Samaritern und schließlich den Nationen die Tür dieses Reiches auf und verbindet sie mit einem auf der Erde abgelehnten Messias. Die Bekehrung des „Apostels der Nationen“ (Paulus) hatte bereits stattgefunden. Das Werkzeug Gottes war bereit. Doch bevor Paulus in den Mittelpunkt der Aktivitäten rückt, zeigt Gott uns zuerst, dass Er gerade Petrus beauftragte, zum ersten Mal zu den Nationen zu gehen und ihnen das Evangelium des Heils zu predigen. Das sollte nicht Paulus tun, sondern Petrus. Paulus musste sozusagen warten, bis Petrus den Nationen das Reich aufgeschlossen hatte.1

In seiner Weisheit führt Gott es so, dass Kornelius einerseits durch Petrus erfährt, dass das Evangelium auch den Nationen gilt. In Kapitel 15,7 blickt Petrus selbst auf diese Szene zurück: „Brüder, ihr wisst, dass Gott mich vor längerer Zeit unter euch dazu auserwählt hat, dass die Nationen durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und glauben sollten“. Damit wurde ausgeschlossen, dass es eine Rivalität zwischen Paulus und Petrus geben würde. Andererseits findet dieses Ereignis völlig getrennt von der Versammlung in Jerusalem statt. Kornelius wohnte in einer Stadt der Nationen, die nach dem Kaiser der Nationen (Cäsar) benannt war. Auf diese Weise sorgte Gott dafür, dass sich sein Plan erfüllte „aus den Nationen ein Volk zu nehmen für seinen Namen“ (Apg 15,14). Dazu mussten die Nationen keine Juden werden. Sie mussten nicht beschnitten werden, um gemeinsam mit den Glaubenden aus den Juden an dem Segen Gottes teilnehmen zu können.

Gott ist ein Heiland-Gott für alle Menschen

Wir sind heute mit der Wahrheit gut vertraut, dass unser Gott ein Heiland-Gott ist, der alle Menschen retten will (1. Tim 2,4). Wir wissen sehr gut, dass die Gnade Gottes in der Person seines Sohnes heilbringend für alle Menschen erschienen ist (Tit 2,11). Es ist für uns mehr oder weniger normal, dass das Evangelium „der ganzen Schöpfung“ (allen Menschen) verkündigt wird (Kol 1,23).

Doch so selbstverständlich war das damals nicht. Wir lernen in diesem Kapitel, dass es erstens für Kornelius nicht selbstverständlich war, dass er an dem Segen des Evangeliums teilhaben konnte. Sonst hätte er sich nicht vor Petrus verneigt. Zweitens war es eine große Hürde für Petrus, über die er springen musste. Gott musste ihn ausdrücklich darauf vorbereiten, sonst hätte er das Haus des Kornelius wohl nicht betreten. Er musste erst von allen jüdischen Vorurteilen befreit werden.

Kornelius und Petrus

Gott lässt in diesem Kapitel zwei Menschen aufeinandertreffen, die bis dahin zu zwei völlig verschiedenen „Welten“ gehörten (religiös, ethnisch, kulturell, gesellschaftlich) und natürlicherweise überhaupt nicht zusammenpassten:

  • Kornelius war ein römischer Hauptmann, dessen Nation Jesus gekreuzigt hatte. Er war ein gebildeter Mann von Welt und verkehrte in den höheren Kreisen der Gesellschaft. Unter normalen Umständen hätte er die Juden nur verachtet. Das taten jedenfalls viele seiner Landsleute.
  • Petrus war ein einfacher und ungebildeter jüdischer Fischer aus Galiläa. Drei Jahre war er mit dem Herrn Jesus unterwegs gewesen und hatte viel gelernt. Dennoch hätte seine jüdisch-religiöse Tradition es ihm nicht erlaubt, das Haus eines Römers zu betreten.

Gott führt es so, dass gerade diese zwei Männer sich begegnen. Damit erfüllen sich die Worte des Herrn in Johannes 10,16: „Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein“. Unterschiedlicher hätten die Repräsentanten dieser beiden Gruppen der „Schafe“ nicht sein können. Und doch sind sie am Ende der Geschichte „ein Herz und eine Seele“.

Gliederung

Das Kapitel lässt sich unterschiedlich einteilen. Wir folgen einer Struktur in sechs Punkten:

  1. Kornelius wird vorbereitet (Verse 1–8)
  2. Petrus wird vorbereitet (Verse 9–16)
  3. auf dem Weg nach Cäsarea (Verse 17–24)
  4. im Haus des Kornelius angekommen (Verse 25–33)
  5. Petrus‘ Ansprache (Verse 34–43)
  6. der Heilige Geist und die christliche Taufe (Verse 44–48)

1. Kornelius wird vorbereitet (Verse 1–8)

Der erste Abschnitt zeigt uns, wie Kornelius auf den Besuch von Petrus vorbereitet wird. Das Wort Gottes stellt diesem Mann ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. Er hatte sich zweifellos von den Götzenbildern seiner römischen Nation zu dem Gott der Juden bekehrt. Gott hatte ein Werk in seinem Herzen getan. Und doch wäre Kornelius nie auf den Gedanken gekommen, sich an Petrus oder einen anderen der Apostel zu wenden, um Teil der Gemeinschaft der Jünger und der Christen zu werden. Für ihn war Gott ein Gott der Juden, an dessen Segen die Nationen keinen Anteil hatten. Deshalb sorgte Gott dafür, dass er entsprechend vorbereitet wurde und Petrus in sein Haus einlud.

Vers 1: Ein gewisser Mann aber in Cäsarea, mit Namen Kornelius – ein Hauptmann von der sogenannten italischen Schar,

Zunächst gibt der Bericht uns einen göttlichen Steckbrief dieses Mannes. Er wird als römischer Soldat vorgestellt, der in Cäsarea lebt.

  • Ein gewisser Mann: Kornelius war kein Jude. Er war ein Römer, also ein Heide (einer aus den Nationen). Er steht stellvertretend für die Millionen von Gläubigen aus den Nationen, die nach ihm Teil der Versammlung Gottes werden sollten.
  • In Cäsarea: Diese Stadt liegt südlich des heutigen Gazastreifens am Mittelmeer. Sie ist nicht mit Cäsarea Philippi im Norden des Landes Israel zu verwechseln, wo der Herr zum ersten Mal über die Versammlung spricht (Mt 16,13). Cäsarea war eine reiche und pompöse römische Stadt, die von Herodes dem Großen zu Ehren des Caesar Augustus gebaut worden war. Obwohl dort viele Juden lebten, war sie Sitz der zivilen römischen Regierung während der Besatzungszeit in Israel. Hier waren die römischen Soldaten stationiert, die für Recht und Ordnung zu sorgen hatten. Ohne Frage wurde in dieser Stadt der Kaiser verehrt. Kornelius kannte den „Gotteskult“ Caesars von Kind auf und machte doch nicht mit.
  • Mit Namen Kornelius: Er war kein Proselyt, der sich hatte beschneiden lassen. Scheinbar hatte er von den Juden – die er als Hauptmann eigentlich bewachen und beobachten sollte – etwas über ihren Gott gehört, was ihn beeindruckt hatte.
  • Ein Hauptmann: Kornelius hatte in der römischen Armee Karriere gemacht. Als Hauptmann war er an den Gedanken gewöhnt, dass Caesar als Herr (und Gott) zu verehren war. Jetzt lernt er gerne, dass ein anderer „Herr“ ist, nämlich Christus.
  • Von der sogenannten italischen Schar: Gemeint ist eine Untereinheit (Kohorte) von ca. 100 Legionären, die wahrscheinlich aus in Italien freigelassenen Sklaven bestand (d. h. sie dienten freiwillig). Es ist denkbar, dass es eine Art Eliteeinheit war.

Wir bemerken am Rande, dass Philippus, der Evangelist, in Cäsarea lebte (Apg 8,40) und dass auch Saulus – der Apostel der Nationen – dort gewesen war (Apg 9,30). Was hätte also näher gelegen, als einen dieser beiden zu benutzen, Kornelius das Evangelium zu bringen. Doch Gott benutzt beide Diener nicht, sondern es musste Petrus – der Apostel der Beschneidung – sein, der dazu auserwählt wurde. Gott nimmt diesen „Umweg“ bewusst, um jede Rivalität zwischen Gläubigen aus Juden und Nationen erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Vers 2: fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus, der dem Volk viele Almosen gab und allezeit zu Gott betete –,

Vers 1 hätte auf einige Römer in Cäsarea zutreffen können. Doch nach den eher allgemeinen Hinweisen, zeigt der Schreiber nun, welche inneren Werte dieser Mann hatte. Er war nicht nur persönlich, sondern mit seinem ganzen Haus fromm und gottesfürchtig. Er gab den Juden viele Almosen und war es gewohnt, zu Gott zu beten. Besehen wir zunächst die Einzelheiten:

  • Fromm: Das Wort bedeutet, dass man jemandem respektvolle Ehrfurcht zeigt (abgeleitet von den Worten „gut“ und „huldigen“ bzw. „verehren“). Es beschreibt die innere Reaktion eines Menschen auf die Dinge Gottes, die sich in göttlicher Ehrfurcht zeigt.
  • Gottesfürchtig: Das Wort kommt nur hier vor. Es bedeutet eigentlich, dass jemand erschrocken ist und Angst (Phobos) hat. Es verstärkt also die Tatsache, dass er Gott ehrte und Ihm Respekt zollte.
  • Mit seinem ganzen Haus: Gemeint ist die Familie und die Dienerschaft, die bei ihm waren. Kornelius spürte offensichtlich die Verantwortung für seine Familie. Er übte einen guten Einfluss auf andere aus, die ihm nahestanden. Wir lernen, dass Gott immer den Blick auf ganze Häuser hat.2
  • Almosen für das Volk: Gemeint sind die Juden. Kornelius hatte ein Auge und ein Herz für solche, die Hilfe brauchten. Und nicht nur das. Er gab ihnen auch – und zwar nicht zu knapp. Es ist von „vielen Almosen“ die Rede. Almosen zu geben ist ein Synonym für Wohltätigkeit für Bedürftige. Gott erkennt das an. Es ist der erste Beweis seiner Frömmigkeit. Für einen römischen Hauptmann war das mehr als ungewöhnlich. Als Besatzer hätte man erwarten können, dass er von den Juden forderte. Stattdessen gab er ihnen (vgl. den Hauptmann in Lk 7,5).
  • Allezeit zu Gott beten: Das ist der zweite Beweis seiner Frömmigkeit. Gemeint ist nicht, dass er nichts anderes tat, sondern dass er gewohnt war zu beten. Kornelius betete nicht einfach der Form halber (es war kein Reden und Plappern, wie es oft bei den Juden der Fall war). Für Kornelius war das Beten Herzenssache. Das Wort, das hier für „beten“ steht, bedeutet eigentlich begehren oder flehen. Es ist eine intensive Form des Redens mit Gott. Was er begehrte, wird nicht gesagt.

Wir können davon ausgehen, dass Kornelius nichts von der sogenannten Bergpredigt (Mt 5-7) gehört hatte. Umso erstaunlicher ist es, dass seine praktische Gerechtigkeit genau mit dem übereinstimmte, was der Herr dort gesagt hatte. Matthäus 6,1 spricht von der „Gerechtigkeit“ im Allgemeinen. Danach ist die Rede von den Ergebnissen der Gerechtigkeit, nämlich den Almosen, dem Beten und dem Fasten. Genau das prägte diesen heidnischen Mann.

Wenn wir das Zeugnis überdenken, das der inspirierte Schreiber Lukas diesem römischen Hauptmann ausstellt, stellen sich zwei Fragen:

  1. Die erste Frage hat eine praktische Relevanz: Welches Zeugnis könnte der Heilige Geist uns ausstellen? Sind wir, wie Kornelius, fromm und gottesfürchtig? Spüren wir Verantwortung für andere und nehmen wir sie wahr? Haben wir ein offenes Herz für Bedürftige und helfen ihnen? Sind wir gewohnheitsmäßige Beter? Wir sollten diesen Fragen nicht ausweichen. Es ist bemerkenswert, dass die Knechte von Kornelius ihm in Vers 22 ein ähnliches Zeugnis ausstellen. Sie bestätigen das, was der Heilige Geist über ihn sagt.
  2. Die zweite Frage hat eine theologische Relevanz: Wie kann es sein, dass einem Heiden ein solches Zeugnis ausgestellt werden kann? Wie kam Kornelius zu einem solchen Lebensstil? Es kann nicht nur der Kontakt zu Juden gewesen sein, über die er vermutlich zum ersten Mal überhaupt von Gott gehört hatte. Die Antwort lautet, dass Gott ein Werk an ihm getan hatte. Wir können sicher davon ausgehen, dass Kornelius neues Leben hatte. Er war „bekehrt“, aber nicht im neutestamentlichen Sinn, denn er kannte das Evangelium des Heils (Eph 1,13) noch nicht. Das, was von ihm berichtet wird, lässt keinen anderen Rückschluss zu. Die Werke, die er tat, stiegen zum Gedächtnis zu Gott empor (Vers 4). Das könnte von einem Ungläubigen niemals gesagt werden. Allerdings hatte Kornelius keine Ahnung von dem christlichen Segen und der christlichen Stellung. Er hatte keine Heilgewissheit und besaß auch nicht den Heiligen Geist. In diesem Sinn war er zwar nicht „verloren“, aber auch noch nicht wirklich gerettet. Die Worte, durch die er – im christlichen Sinn – gerettet werden sollte, musste er noch hören (vgl. Apg 11,14).3

Kelly schreibt: „Kein Mensch kann in seinem natürlichen Zustand zu Gott beten oder Ihm in annehmbarer Weise dienen, wie wir es von Kornelius lesen. Dazu muss er von neuem geboren sein. Es gab damals viele Menschen… die gleich ihm wirklich geistlich zum Leben erweckt und wiedergeboren waren und trotzdem keineswegs in Frieden in ihrer Erlösung ruhten. Sie waren weit davon entfernt, sich ihrer Befreiung von allen Fragen hinsichtlich der Seele bewusst zu sein.“ 4

Vers 3: sah in einem Gesicht ungefähr um die neunte Stunde des Tages deutlich, wie ein Engel Gottes zu ihm hereinkam und zu ihm sagte: Kornelius!

Nun bereitet Gott ihn auf das Zusammentreffen mit Petrus vor. Es fällt erneut auf, dass Lukas einige Details berichtet:

  • Er sah in einem Gesicht: Gott offenbarte sich auf eine übernatürliche Weise. Kornelius kannte weder das Wort Gottes, noch besaß er den Heiligen Geist. Deshalb wählt Gott diesen ungewöhnlichen Weg, um zu ihm zu reden. Ein „Gesicht“ zu sehen, bedeutet etwas wahrzunehmen, das man normalerweise nicht sehen und erkennen kann.
  • Ungefähr um die neunte Stunde des Tages: Die neunte Stunde ist die Gebetszeit der Juden. Nach unserer Zeit ist das etwa um 15:00 Uhr, d. h. am helllichten Tag. Das Gesicht war kein Traum. Kornelius bildete sich nicht irgendetwas ein und hatte keine Halluzinationen. Was er erlebte, war real. Er sah den Engel kommen – und zwar deutlich. Außerdem hörte er seine Stimme.
  • Ein Engel Gottes kommt zu ihm herein: Engel sind Diener Gottes, die seinen Willen ausführen. Dieser Engel war von Gott gesandt. Die Aktivität geht also nicht von Kornelius aus, sondern von Gott. Gott wollte hier etwas tun, von dem Kornelius keine Vorstellung hatte. Und doch ist es eine Antwort auf die Frömmigkeit dieses Römers. Gott lässt es dem Aufrichtigen gelingen. In Psalm 25,14 heißt es: „Das Geheimnis (die vertraute Mitteilung) des Herrn ist für die, die ihn fürchten.“ Obwohl das eigentlich für die Juden gilt, erlebt Kornelius genau das.
  • Kornelius: Die Ansprache ist ganz persönlich. Es war eine direkte Botschaft Gottes an Kornelius. Gott kennt Kornelius. Sein Name ist Gott bekannt und wichtig.

Gott ist in der Wahl seiner Werkzeuge souverän. Zunächst hat der Engel eine Botschaft für Kornelius, dann Petrus. Der Engel verkündigt nicht das Evangelium. Er ist nur der Diener, der auf Petrus aufmerksam macht. Die Botschaft bringen solche, die das Heil selbst empfangen haben. Das ist bis heute so. Die Botschaft wird nicht von Engeln weitergegeben, sondern von erlösten Menschen, die von ihrem Retter zeugen.

Vers 4: Er aber sah ihn unverwandt an und wurde von Furcht erfüllt und sagte: Was ist, Herr? Er sprach aber zu ihm: Deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgestiegen zum Gedächtnis vor Gott.

Die Reaktion von Kornelius ist verständlich. Er sieht den Engel in seinem glänzenden Gewand (Vers 30) und ist ängstlich. Noch nie hat er etwas derartiges erlebt.

  • Kornelius sieht ihn unverwandt an und fürchtet sich. Wenn sterbliche Menschen Kontakt mit der himmlischen Welt bekommen, ist immer Furcht die Folge. Selbst Johannes fiel zu den Füßen eines Engels nieder, um ihn anzubeten (Off 22,8). Wir sollten nie vergessen, dass Engel gewaltig sind an Kraft (Ps 103,20). Dennoch wendet Kornelius den Blick nicht von dem Engel ab, sondern schaut ihn an.
  • Kornelius nennt ihn Herr: Obwohl er selbst als Hauptmann eine Autoritätsperson ist, redet er den Engel respektvoll als „Herr“ an. Damit anerkennt er seine Überlegenheit.5
  • Was ist: Kornelius stellt diese eine Frage. Er ist daran interessiert zu erfahren, was der Engel ihm zu sagen hat.

Die Antwort des Engels muss ihn ermutigt haben.

  • Deine Gebete und deine Almosen: Gott erkennt beides an und denkt an sie. Er sieht das Herz und führt den Mann weiter. Es fällt auf, dass in Vers 2 zuerst die Almosen und dann die Gebete genannt werden. Hier ist es umgekehrt. Aus Sicht der Menschen nehmen die Almosen den ersten Platz ein. In Gottes Augen kommt das Gebet zuerst.
  • Zum Gedächtnis aufgestiegen: Im Alten Testament ist die Rede von dem „Gedächtnisteil des Speisopfers“ (3. Mo 2,2). Dort steht in der griechischen Übersetzung (der Septuaginta) genau dieses Wort. Es war etwas, das Gott sehr gefiel und an dem Er Freude fand. Das macht völlig klar, dass Kornelius neues Leben hatte. Wie könnten Gebete und Almosen eines unbekehrten Menschen zum „Gedächtnis“ vor Gott sein? Sie sind im besten Fall „tote Werke“, d. h. wertlos in Gottes Augen.6

Für uns wollen wir lernen, dass Gott nichts vergisst, was für Ihn getan wird – selbst wenn niemand Kenntnis davon nimmt. Gott „erinnert“ sich zu seiner Zeit. Ihm entgeht nichts. Allerdings erwerben wir uns mit guten Werken und Gebeten nicht die Annahme bei Gott. Sie ist ausschließlich aus Glauben. Gute Werke sind für Gott nur dann akzeptabel, wenn es „Werke des Glaubens“ sind, d. h. den Glauben beweisen.

Vers 5: Und jetzt sende Männer nach Joppe und lass einen gewissen Simon holen, der auch Petrus genannt wird;

Der Engel hält sich nicht lange mit der Vorrede auf. Er gibt einen klaren Auftrag. Kornelius soll Männer nach Joppe schicken und Petrus holen lassen.

  • Sende Männer nach Joppe: Der Engel wusste, dass Kornelius Männer hatte, die unter seinem Befehl standen. Joppe (oder Jaffa) ist eine Stadt weiter im Süden (in der Nähe der heutigen Stadt Tel Aviv). Die Distanz betrug etwa 50–60 km.
  • Lass Simon holen: Die Art und Weise, wie Petrus beschrieben wird (ein gewisser Simon, der auch Petrus genannt wird) lässt vermuten, dass Kornelius nicht wusste, um wen es sich handelte. Er wird ihm ebenso unbekannt gewesen sein wie umgekehrt. Keiner kannte den anderen und doch führt Gott sie zusammen.

Vers 6: dieser hält sich bei einem gewissen Simon auf, einem Gerber, dessen Haus am Meer ist.

Gott hat alles unter seiner Kontrolle und weiß genau, wo Petrus sich gerade aufhält. Deshalb kann der Engel mit Gewissheit diese Details nennen.

  • Ein gewisser Simon: Petrus befindet sich bei einem Mann mit Namen Simon (vgl. Apg 9,43).
  • Ein Gerber: Das war jemand, der Tierfelle verarbeitete und Leder herstellte, um sie für Beutel, Schuhe, Kleidung und andere Zwecke zu gebrauchen. Einige Ausleger vermuten, dass es eine eines Juden unwürdige Arbeit war, weil er dabei gegen Gesetze – oder Traditionen – der Juden verstieß.7 Wenn das so ist, könnte man darin einen versteckten Hinweis darauf sehen, dass Gott der zeremoniellen Unreinheit der Heiden nun ein Ende machen würde.
  • Dessen Haus am Meer ist: Gemeint ist das Mittelmeer. Man könnte darin einen versteckten Hinweis auf das Völkermeer sehen, das im Alten Testament an einigen Stellen die gottlosen Nationen in ihrer Unruhe symbolisiert (z. B. Jes 57,20, Hes 26,3) und denen Gott sich nun zuwenden würde.

Vers 7: Als aber der Engel, der mit ihm redete, weggegangen war, rief er zwei von den Hausknechten und einen frommen Soldaten von denen, die ständig bei ihm waren;

Der Engel hat seine Botschaft ausgerichtet und verlässt das Haus von Kornelius. Dieser führt den Auftrag unverzüglich aus, obwohl er weder genau wusste, wer Petrus war (er wusste nur, dass es ein Jude war) noch, was nun genau passieren würde. Es ist schon eine besondere Situation, in der ein Römer einen ihm unbekannten Juden rufen lässt, der bei einem einfachen Handwerker wohnt. Doch genau das tut Kornelius.

Die beiden Hausknechte waren vermutlich Sklaven. Das zeigt, dass Kornelius kein einfacher Mann war, sondern zur Oberschicht gehörte. Der Soldat wird als „fromm“ bezeichnet, wobei das gleiche Wort wie in Vers 2 benutzt wird. Offensichtlich machte Kornelius keinen Hehl aus seiner Affinität für den Gott der Juden und beeinflusste andere positiv in diesem Sinn.

Vers 8: und als er ihnen alles dargelegt hatte, sandte er sie nach Joppe.

Kornelius erteilt nicht einfach einen Auftrag, sondern er legt ihn dar, d. h. er erklärt seinen Leuten genau, worum es geht. Offensichtlich bestand nicht nur ein Autoritätsverhältnis zwischen diesen Männern, sondern auch ein gutes Verhältnis zwischen dem Vorgesetzten und seinen Untergebenen. Kornelius gehorchte Gott und seine Knechte gehorchten ihm.

2. Petrus wird vorbereitet (Verse 9–16)

Wir müssen die jetzt folgende Situation gut verstehen. Petrus wusste zwar, dass der Moment kommen würde, an dem den Nationen die gute Nachricht gebracht werden sollte. Zum einen hatte der Herr seinen Jüngern ausdrücklich den Auftrag dazu gegeben. Zum anderen hatte Petrus es sogar selbst angekündigt (vgl. Apg 2,21.39). Dennoch würde es für einen Juden ein unerhörte Auftrag sein, den er nun bekommen sollte. Juden und Heiden – das passte bis zu diesem Zeitpunkt einfach nicht zusammen. Deshalb wird Petrus nun von Gott selbst gut vorbereitet. Gott gibt ihm nicht einfach den Auftrag, zu den Nationen zu gehen, sondern Er hilft seinem Diener zu verstehen, was er nun tun soll.

Vers 9: Am folgenden Tag aber, während jene reisten und sich der Stadt näherten, stieg Petrus um die sechste Stunde auf das Dach, um zu beten.

Gott hält alles in seiner Hand. Er beobachtet die Reise der Knechte des Kornelius und weiß genau, wann sie eintreffen werden.

  • Des folgenden Tages, während jene reisten: Die Reise dauerte einige Zeit. Wann die drei Personen abgereist waren, wissen wir nicht (es könnte noch am Abend des Vortages gewesen sein). Wir wissen auch nicht, ob sie zu Fuß gingen oder beritten waren. Jedenfalls kamen sie nach Mittag an. Kurz vorher war Petrus auf dem Dach des Hauses seines Gastgebers, um zu beten.
  • Um die sechste Stunde: nach unserer Zeitrechnung war das gegen 12:00 Uhr mittags.
  • Auf dem Dach: Einige Ausleger denken, dass Simon ein armer Mann war, der kein Obergemach hatte, so dass Petrus das Dach nutzte. Trotzdem logierte er dort. Der Gastgeber war gastfrei und Petrus akzeptierte eine einfache Unterkunft. Er war genügsam und bescheiden – eine Eigenschaft, die jeden Diener Gottes kennzeichnen sollte.
  • Um zu beten: Petrus hatte offensichtlich die gute Gewohnheit zu beten. Tat er es morgens, mittags und abends? Folgte er dem Beispiel Daniels? Gläubige sind nicht an feste Gebetszeiten gebunden, aber gute Gewohnheiten können helfen. Das Gebet drückt Abhängigkeit aus. Petrus war – auch als Apostel – abhängig von seinem Gott. Er suchte die Gemeinschaft mit Ihm. Was konkret er betete, wird nicht gesagt. Ähnlich wie bei Kornelius bereitet das Gebet ihn darauf vor, den Willen Gottes zu erkennen. Hinzu kommt, dass es den Diener für seinen Dienst vorbereitet (vgl. Apg 6,4). Für jeden von uns gilt, dass es gut ist, wenn wir Ruhe und Zeit zum Gebet haben. Der Herr fordert in der Bergpredigt dazu auf, in die Kammer zu gehen, um dort zu beten (Mt 6,6). Regelmäßige Gebetszeiten sind eine Hilfe. Sie sollten nicht zur Routine führen, können aber doch eine gute Gewohnheit werden.

Vers 10: Er wurde aber hungrig und wünschte zu essen. Während sie aber etwas zubereiteten, kam eine Verzückung über ihn.

Gott benutzt den natürlichen Hunger von Petrus, um ihm eine geistliche Lektion zu erteilen.

  • Er wurde aber hungrig und wünschte zu essen: Kornelius hungerte bis zur neunten Stunde (Vers 30). Petrus wollte essen, weil er Hunger hatte. Beides ist in Ordnung. Wer Hunger hat, darf essen. Gott gibt uns die Nahrung nicht nur zum Leben, sondern auch zum Genuss (1. Tim 6,17). Fasten ist kein Gebot und wir sollten kein Gebot daraus machen. Wenn es jedoch von Herzen kommt, kann man es praktizieren, ohne sich damit wichtig zu machen (Mt 6,16-18).
  • Eine Verzückung: Eine Verzückung ist eine Verwirrung, ein Erstaunen des Geistes oder eine Trance. Das Wort kommt im Neuen Testament sieben Mal vor. Man wird von einem normalen Zustand in einen Zustand der Ekstase (genau das Wort steht hier) gebracht. Es ist ein Geisteszustand, der weit über die Möglichkeiten der gewöhnlichen Wahrnehmung hinausgeht. Der Geist des Menschen wird auf diese Weise befähigt, übernatürliche Dinge wahrzunehmen. Voraussetzung dafür ist das Gebet.

Der Zustand der Verzückung ist eng mit dem verbunden, was die Bibel ein „Gesicht“ nennt (nicht zu verwechseln mit einem Traum). Gesicht und Verzückung gehören eng zusammen (vgl. Kap 10,17 und 11,5, wo Petrus beide Ausdrücke gebraucht). Der Unterschied ist folgender:

  • ein Gesicht ist das, was man sieht und was offenbart wird
  • eine Verzückung ist der Zustand, in dem ein solches Gesicht gesehen wird

Für uns heute gilt im übertragenen Sinn, dass Gesichte nicht häufig sind (1. Sam 3,1). Wir haben das offenbarte vollständige Wort Gottes und besitzen den Heiligen Geist. Daher brauchen wir normalerweise keine übernatürlichen Offenbarungen mehr. Allerdings sollte man es auch im Einzelfall nicht kategorisch ausschließen, dass Gott sich einmal auf diese Weise offenbart. Allerdings wird Er uns nie etwas zeigen, was gegen sein Wort ist. Das können wir ganz sicher ausschließen.

Vers 11: Und er sieht den Himmel geöffnet und ein gewisses Gefäß, gleich einem großen Leinentuch, herabkommen, an vier Zipfeln gebunden und auf die Erde herabgelassen,

Was Petrus nun sieht, bereitet ihn auf seinen Auftrag vor. Das Gefäß, gleich einem Tuch vom Himmel, lehrt ihn etwas, das ihm helfen soll, seinen Auftrag in Cäsarea zu erfüllen und den Nationen das Evangelium des Heils zu verkündigen.

  • Er sieht den Himmel geöffnet: Der Ausdruck bedeutet eigentlich „der Himmel wurde geöffnet und stand nun offen“. Dies geschah zum ersten Mal, als der Sohn Gottes auf der Erde war und Ihm der Himmel aufgetan wurde (Mt 3,16). Der Himmel konnte nicht schweigen und Gott bestätigte öffentlich sein Wohlgefallen an seinem Sohn.8 In der Apostelgeschichte hatte Stephanus das erlebt (Apg 7,56), allerdings aus ganz anderem Grund als Petrus. Stephanus wurde in den Himmel aufgenommen, während Petrus etwas sieht, das aus dem Himmel herabkommt.
  • Er sieht den Himmel geöffnet: Das ist der Ausgangspunkt der nun folgenden Szene. Alles geht vom Himmel aus. Christus ist aus dem Himmel gekommen, der Heilige Geist ist aus dem Himmel herabgekommen. Die Berufung der Versammlung ist himmlisch, so auch ihr Ursprung und ihre Bestimmung. Auch das Evangelium ist eine himmlische Botschaft, die auf der Erde gepredigt wird.
  • Ein gewisses Gefäß kommt herab: Ein Gefäß ist ein Gegenstand, der etwas aufnehmen kann und gefüllt wird. Das Gefäß ist offen, sodass Petrus den Inhalt sehen kann. Es weist auf das Evangelium der Gnade hin, das nun den Nationen verkündigt werden sollte. Das Evangelium ist nicht nur für die Juden bestimmt (die reinen Tiere), sondern auch Heiden (unreine Tiere) hören dieselbe Botschaft. Beiden Gruppen gilt die Evangelium. Wenn sie es annehmen, werden sie mit dem Heiligen Geist versiegelt und sind dann Teil dieser von dem Herrn geschaffenen Versammlung.
  • Gleich einem großen Leinentuch: Leinen ist ein Hinweis auf Reinheit. Alle – Juden und Heiden werden durch das Evangelium gereinigt, um Teil der Versammlung zu sein. Die Tatsache, dass das Tuch eine großes Tuch ist, weist erstens darauf hin, dass das Evangelium jetzt unterschiedslos allen Menschen gilt und zweitens, dass in der Versammlung Gottes Platz für jeden ist, der diese gute Nachricht Gottes – so wie sie jetzt in der Zeit der Gnade verkündigt wird – annimmt. Keiner bleibt außen vor.
  • An vier Zipfeln gebunden: Die Zahl vier weist auf Universalität hin. Hier geht es um die vier Enden der Erde (oder die vier Himmelsrichtungen). Das Evangelium wird allen Menschen verkündigt – unabhängig davon, wo sie leben. Es hat eine universelle Reichweite. Es ist „gegen alle“ (Röm 3,22), d. h. jeder wird angesprochen. Gott hat seine Leute überall auf der Erde. Die Versammlung umfasst Menschen aus allen Völkern und Nationen.
  • Es wird herabgelassen: Das Tuch kommt von Himmel auf die Erde herab. Das, was Gott nun tun wird, hat himmlischen Ursprung. Es ist das Evangelium Gottes, das verkündigt wird und diese Botschaft ist eine himmlische Botschaft für Menschen, die auf der Erde leben. Paulus schreibt später, dass er das Evangelium nicht von einem Menschen empfangen oder gelernt hatte, „sondern durch Offenbarung Jesu Christi“ (Gal 1,12). Dieses Evangelium wird jetzt auf der Erde verkündigt. Es ist eine himmlische Botschaft für Menschen auf der Erde.

Vers 12: in dem allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde waren und Vögel des Himmels.

Nun wird der Inhalt beschrieben. Es waren verschiedene Arten von Tieren in dem Tuch. Es fällt auf, dass die Fische – ähnlich wie bei Noah – nicht erwähnt werden.

  • Es waren „allerlei“ Tiere (vgl. Kap 11,6): Zum einen wird damit gesagt, dass es viele Tiere waren. Zum anderen geht es um „jede Art“ von Tieren. Es waren – aus Sicht eines Juden – reine und unreine Tiere dabei. Der Hinweis auf die „kriechenden Tiere“ macht ganz deutlich, dass unreine Tiere dabei waren. Das ist ein Hinweis darauf, dass es jetzt keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Nationen geben sollte. Die Juden betrachteten sich selbst als rein (d. h. zeremoniell rein). Die Heiden hingegen wurden als unrein betrachtet. Petrus muss mit diesem Denken aufhören und lernen, dass es bei Gott kein Ansehen der Person gibt (Röm 10,12.13). Es ist egal, ob jemand als Jude oder Heide geboren wird. Allen wird Rettung angeboten. Jeder kann sie annehmen.
  • Tiere und Vögel: Das ist der Unterschied, der hier ausdrücklich gemacht wird. Es könnte ein anderer Hinweis auf die zwei Gruppen von Menschen sein, die jetzt aus Gottes Sicht das Evangelium hören und die Versammlung Gottes bilden sollen. Israel wird oft mit der Erde in Verbindung gemacht, während die Vögel des Himmel oft mit dem Verdorbenen verbunden sind – ein Hinweis auf die Nationen.

Vers 13: Und eine Stimme erging an ihn: Steh auf, Petrus, schlachte und iss!

Der Auftrag ist klar und eindeutig. Petrus soll sich erheben. Er soll schlachten. Er soll essen. Für einen Juden eine unerhörte Aufforderung.

  • Eine Stimme ergeht an ihn: Petrus sah das Gesicht und hörte die Stimme. Den Redenden sah er nicht, aber der nächste Vers macht deutlich, dass er wusste, wem die Stimme gehörte.
  • Steht auf, Petrus, schlachte und iss: Petrus wird persönlich angesprochen. Der Auftrag galt ihm und niemand anderem. Er sollte aufstehen, d. h. sein Gebet beenden, die Tiere schlachten und sie essen.

Vers 14: Petrus aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn niemals habe ich irgendetwas Gemeines oder Unreines gegessen.

Petrus reagiert ähnlich impulsiv, wie er es bereits früher getan hatte. Er widerspricht. So hatte er es getan, als der Herr von seinen Leiden sprach (Mt 16,22). So hatte er es auch getan, als der Herr ihm die Füße waschen wollte (Joh 13,8). Es fiel ihm offensichtlich schwer, etwas zu akzeptieren, das er selbst nicht verstehen konnte.

  • Petrus aber sprach: Er protestiert und nimmt eine klare Gegenposition ein. Er hat verständliche Einwände und Bedenken, aber er formuliert sie nicht als Frage, sondern widerspricht. Die Bedenken können wir nachvollziehen, die Art und Weise sie vorzutragen war jedoch falsch.
  • Keineswegs Herr: diese Wortverbindung ist ein Widerspruch in sich selbst. Wenn Christus der Herr (Kyrios) ist, dann kann die Antwort nicht „nein“ lauten, wenn Er einen Auftrag gibt. Nein können wir nur sagen, wenn es nach unserem eigenen Willen gehen soll. Wenn Christus der Herr ist, können wir nur mit Paulus fragen: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Dass wird nicht jeden Auftrag gleich verstehen und Fragen haben, ist nicht das Problem. Aber Widerspruch darf es nicht geben.
  • Niemals habe ich irgendetwas Gemeines oder Unreines gegessen: Wir zweifeln nicht daran, dass Petrus als gesetzestreuer Jude die Wahrheit sagte. Die Speisevorschriften waren ihm wichtig. Unreine Tiere durften nicht verzehrt werden (Mo 11,46.47; 5. Mo 14,3-21). Darin sollten die Israeliten sich von den Nationen unterscheiden. Nahrung prägt einen Menschen. Wenn Petrus das essen würde, was die Nationen aßen, würde er ihnen gleich werden.
  • Gemein und unrein: Gemein ist das, was gewöhnlich, profan; schmutzig oder ungewaschen ist. Das Wort bezieht sich auf etwas, das befleckt ist und deshalb als „gemein“ und „gewöhnlich“ gilt. Unrein ist das, was „falsch gemischt“ ist, d. h. es ist durch die Sünde verfälscht. Das Antonym ist „sauber“ oder „unverfälscht“, d. h. frei von falscher Mischung.

Vielleicht hätte sich Petrus daran erinnern können, was der Herr selbst gesagt hatte, als Er von dem sprach, was den Menschen verunreinigt (Mk 7,18.19). Petrus hatte die bevorstehende Veränderung noch nicht verinnerlicht. Er musste erst lernen, dass es im Christentum „Freiheit“ gibt (Gal 5,1). Er hatte noch wenig davon begriffen, dass auch die Fernen Gottes Zusagen haben, obwohl er es selbst in seiner Rede gesagt hatte (Apg 2,39). Der Prozess, dies wirklich zu begreifen, brauchte Zeit.

Vers: 15 Und wieder erging die Stimme zum zweiten Mal an ihn: Was Gott gereinigt hat, halte du nicht für gemein!

Petrus lernt langsam und Gott hat Geduld. Die Stimme kommt ein zweites Mal. Die Zahl 2 ist ein notwendiges Zeugnis, das hier gegeben wird. Gott anerkennt, dass einige Tiere unrein waren, sonst müssten sie nicht gereinigt werden. Aber Gott hatte sie gereinigt und deshalb muss Petrus keinen Unterschied mehr machen. Petrus soll lernen, dass Gott der Handelnde ist und dass er deshalb ohne Vorbehalte essen kann.

Vers 16: Dies aber geschah dreimal; und sogleich wurde das Gefäß hinaufgenommen in den Himmel.

Die Stimme erging zweimal. Der Vorgang wiederholt sich sogar dreimal. Ob Petrus am Ende gegessen hat oder nicht, wird nicht ausdrücklich gesagt. Es scheint nicht so zu sein. Doch jedenfalls hat Gott Geduld mit ihm.

  • Dies geschah dreimal: Die Zahl 2 steht für ein angemessenes Die Zahl 3 weist auf ein völligesZeugnis hin. Gott meint es so wie Er es gesagt hat. Die Unterschiede zwischen Juden und Heiden existieren nicht mehr. Das Evangelium richtet sich ohne Unterschied an alle Menschen.
  • Das Gefäß wird aufgenommen: Durch das Evangelium wird die Versammlung gebildet. Sie ist himmlischen Ursprungs (das Tuch kommt aus dem Himmel) und sie hat eine himmlische Bestimmung (das Tuch wird aufgenommen in den Himmel). In der Zwischenzeit wird das Evangelium an allen Enden der Erde verkündigt und allen angeboten und Menschen aus Juden und Nationen werden der Versammlung zugefügt.

Die Zahl 3 spielt im Leben von Petrus eine gewisse Rolle. Auf dem Berg der Verwandlung spricht er von drei Hütten, dreimal verleugnete er seinen Herrn, dreimal fragte der Herr ihn, ob er Ihn liebt, dreimal bekommt er den Auftrag, Hirtendienst zu tun. Wenig später sind es drei Männer, die vor der Tür stehen.

3. Auf dem Weg nach Cäsarea (Verse 17–24)

Petrus ist nun vorbereitet auf das, was kommen wird. Als die Boten da sind und ihr Anliegen vortragen, wird ihm klar, welche Lektion Gott ihn lehren wollte. Er widersetzt sich nicht länger, sondern nimmt die Männer auf und geht am nächsten Tag mit ihnen.

Vers 17: Als aber Petrus bei sich selbst in Verlegenheit war, was doch das Gesicht sein möchte, das er gesehen hatte, siehe, da standen die Männer, die von Kornelius gesandt waren und das Haus Simons erfragt hatten, vor dem Tor;

Petrus denkt über das Gesicht nach. Es war ihm noch nicht endgültig klar, was Gott ihm damit sagen wollte. Doch Gott kommt seinem Diener zur Hilfe. Genau in diesem Augenblick – nicht vorher und nicht nachher – stehen die Boten von Kornelius vor dem Tor. Gott hält alles in der Hand und führt es so, wie Er es will.

  • Petrus ist bei sich selbst in Verlegenheit: Er erkennt, dass das, was er gesehen hat, ein Gesicht war, aber die Deutung ist ihm noch nicht klar. Petrus war Apostel, aber deshalb war er weder perfekt noch wusste und erkannte er alles. Er besaß den Geist und doch war ihm die Bedeutung des Gesichtes noch nicht klar. Er verstand (noch) nicht, was Gott ihm sagen wollte. Wir sollten nicht denken, immer alles sofort erfassen zu können. Es ist gut, über manche Dinge erst einmal in Ruhe nachzudenken.
  • Die Männer stehen vor dem Tor: Sie hatten sich genau an die Anweisungen ihres Dienstherren gehalten. Die Antwort auf Petrus‘ Fragen stand schon vor der Tür. Gottes Antwort auf unsere Fragen kommt spätestens rechtzeitig.

Vers 18: und als sie gerufen hatten, fragten sie, ob Simon, der auch Petrus genannt wird, sich dort aufhalte.

Die Männer hatten ihren Auftrag treu ausgeführt und sind nun gespannt, wie es weitergehen wird. Wir müssen uns erneut vor Augen halten, dass es römische Männer waren, die hier nach einem Juden fragen.

Vers 19: Während aber Petrus über das Gesicht nachsann, sprach der Geist zu ihm: Siehe, drei Männer suchen dich.

Petrus bekommt weitere Hilfe. Während er nachdenkt, hört er nun die Stimme des Heiligen Geistes, die zu ihm spricht:

  • Petrus sinnt nach: Er hakt die Sache nicht einfach ab, sondern denkt weiter nach. Der Text betont, dass er noch keine Klarheit über die Bedeutung dessen hatte, was er gesehen hatte.
  • Der Geist spricht: Gemeint ist nicht der menschliche Geist des Petrus, sondern der Heilige Geist. Er ist nicht nur ein Einfluss und eine Kraft (das ist Er auch), sondern Er ist eine Person, die reden kann. Petrus erkennt das. In welcher Form der Geist geredet hat, wird nicht gesagt. Wir wissen nicht, ob Petrus die Stimme akustisch gehört hat oder nicht. Der Geist Gottes redet auch heute noch auf unterschiedliche Weise.
  • Drei Männer suchen dich: Petrus hatte das Rufen der Männer offensichtlich bisher nicht gehört. Deshalb informiert der Heilige Geist ihn darüber. Die Identität der Männer bleibt zunächst offen. Petrus wusste noch nicht, dass es Heiden waren, die vor der Tür standen.

Vers 20: Steh aber auf, geh hinab und zieh mit ihnen, ohne irgend zu zweifeln, denn ich habe sie gesandt.

Der Auftrag ist klar und unmissverständlich formuliert. Petrus soll aufstehen. Seine Zeit im Haus des Gerbers ist vorbei. Er soll mit den Männern ziehen, und zwar ohne zu zweifeln. Der Heilige Geist selbst hatte die Männer gesandt.

  • Steh auf und geh: Diesen Befehl hatten bereits Philippus und Ananias gehört (Apg 8,26; 9,11). Alle drei Aufträge waren schwierig zu erfüllen. Philippus wurde aus einem gesegneten Arbeitsfeld heraus berufen. Ananias sollte zu dem Christenhasser Saulus gehen und Gottes Auftrag erfüllen. Petrus sollte sich aufmachen und zu den Nationen gehen. Wir lernen für uns, dass wir nicht immer bei dem bleiben müssen, was wir gerade tun. Wir müssen nicht immer da bleiben, wo wir gerade sind. Im Dienst für den Herrn ist Flexibilität gefragt. Es kann sein, dass wir Aufträge bekommen, die wir nicht nachvollziehen können. Christentum ist Bewegung. Es kann sein, dass Menschen zu uns kommen. Es kann ebenso sein, dass wir zu ihnen gehen müssen, um sie zu erreichen.
  • Geh hinab: Ein Weg hinab ist in der Bibel oft ein schlechter Weg. Dies ist aber keine generelle Regel. Es gibt Ausnahmen. Eine davon haben wir hier. Der Weg hinab ist hier ein Hinweis darauf, dass Petrus die Vorurteile des erhabenen Juden aufgeben und sich auf das Niveau der von den Juden bisher verachteten Heiden herablassen musste.9

Oswald J. Smith: „Gott hat niemals Sündern den Auftrag gegeben, zu uns zu kommen, aber uns hat der Herr den Befehl gegeben, hinauszugehen.“10

Jim Elliot: „Wir müssen endlich daran denken, dass wir hingehen müssen; und nicht mehr ständig denken, dass die anderen nicht herkommen.“11

  • Ohne irgend zu zweifeln: Petrus sollte in voller Überzeugung gehen. Es gab keinen einzigen Grund zu zweifeln („ohne irgend“ schließt jeden Zweifel aus).
  • Ich habe sie gesandt: Wenn Gott eine Sache initiiert, müssen wir keine Zweifel haben. Hier ist es Gott, der Heilige Geist. Obwohl die Männer vordergründig von Kornelius ausgesandt worden waren, steht doch der Heilige Geist dahinter, denn Kornelius handelte im Auftrag Gottes. Der Geist gibt Gewissheit im Dienst. Wir müssen nur gehorchen. Jeder Einwand verunehrt Gott. Es ist kein weiteres Nachdenken mehr nötig. Wenn eine Sache klar ist, können wir gehen.

Es fällt auf, wie Gottes Wort, der Heilige Geist und die Umstände zusammenwirken, um Petrus den Weg zu zeigen. Zuerst redet Gott zu ihm. Dann spricht der Heilige Geist und schließlich stehen die Männer vor der Tür. Diese Reihenfolge können wir nicht beliebig verändern. Die Umstände können uns helfen, Gottes Willen in einer bestimmten Sache zu erkennen. Allerdings müssen wir prüfen, ob sie der Leitung des Heiligen Geistes entsprechen. Dabei ist zu bedenken, dass Gottes Wort oberste Priorität hat. Die Leitung des Geistes – so wichtig sie ist – wird niemals dem im Wort Gottes festgelegten Willen Gottes widersprechen.

Vers 21: Petrus aber ging zu den Männern hinab und sprach: Siehe, ich bin es, den ihr sucht. Was ist die Ursache, weshalb ihr hier seid?

Petrus gehorcht. Erst als er die Männer sieht, realisiert er, wo sie herkommen und dass es Römer (Heiden) sind. Dennoch spricht er sie direkt an und stellt ihnen eine Frage:

  • Petrus geht zu den Männern hinab: Petrus verlässt das Dach und begibt sich nach unten.
  • Petrus spricht zu ihnen: Er stellt sich nicht vor, sondern sagt ihnen direkt, dass er es ist, den sie suchen. Das muss die Männer überrascht haben, denn woher sollte Petrus wissen, dass sie ihn suchten?
  • Petrus befragt die Männer: Er weiß noch nicht genau, worum es geht. Gott hat es ihm nicht offenbart. Er bekommt – ähnlich wie Philippus in Apostelgeschichte 8,26 und anders als Ananias in Apostelgeschichte 9,11 – keine detaillierte Anweisung. Wir erkennen, dass Gott nie nach einem bestimmten Schema handelt und Aufträge gibt. Es kann einmal so und ein anderes Mal anders sein.

Vers 22: Sie aber sprachen: Kornelius, ein Hauptmann, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, der auch ein gutes Zeugnis hat von der ganzen Nation der Juden, ist von einem heiligen Engel göttlich gewiesen worden, dich in sein Haus holen zu lassen und Worte von dir zu hören.

Die Männer wissen auf die Frage keine konkrete Antwort. Sie wissen nur, dass sie Petrus holen sollen, damit er Worte zu Kornelius reden kann. Petrus wird bei der Antwort vermutlich langsam klar, was das Gesicht zu bedeuten hatte.

Die Männer stellen ihrem Vorgesetzten eine gutes Zeugnis aus. Sie bestätigen damit das Zeugnis Gottes in Vers 2.

  • Ein Hauptmann (Zenturio): Das war sein Rang in der römischen Armee.
  • Gerecht und gottesfürchtig: Ein gerechter Mensch lebt in Übereinstimmung mit Gottes Standard. Ein gottesfürchtiger Mensch (vgl. das Wort in Vers 2) respektiert Gott.
  • Ein gutes Zeugnis vor den Juden: Kornelius war unter den Juden, die in Cäsarea lebten, bekannt. Er führte einen ehrbaren Wandel vor anderen. Wir können vermuten, dass die Knechte gerade diesen Punkt betonen, um Petrus dazu zu bewegen, sie zu begleiten.

Das Beispiel von Kornelius ist richtungsweisend für uns. Es ist gut, wenn wir ein gutes Zeugnis von Mitgläubigen haben und es an andere weitergeben können.

  • Von einem Engel angewiesen worden: Das wird für Petrus ein besonderes Signal gewesen sein. Gott macht es ihm leicht, den Männern zu folgen. Petrus beginnt wohl zu verstehen, was das Tuch bedeuten soll, das er gesehen hat. Gott „schiebt“ seinen Diener in die Aufgabe.

Vers 23: Als er sie nun hereingerufen hatte, beherbergte er sie. Am folgenden Tag aber machte er sich auf und zog mit ihnen fort, und einige der Brüder von Joppe gingen mit ihm;

Für Petrus gibt es kein Zögern mehr. Er ruft die Männer herein und beherbergt sie. Ihre Nationalität spielt nun keine Rolle mehr. Am nächsten Tag macht er sich auf und geht – begleitet von einigen Brüdern – nach Joppe.

  • Petrus ruft sie herein: Es fällt auf, dass der Gastgeber Simon hier nicht erwähnt wird. Petrus selbst übernimmt die Initiative (wir können davon ausgehen, dass Simon einverstanden war, aber es wird nicht gesagt).
  • Er beherbergt sie: Der Satz liest sich sehr einfach, aber wir denken daran, dass es ein jüdischer Mann war, der römische Männer beherbergt und dass es römische Männer waren, die bei einem jüdischen Mann übernachteten. In beide Richtungen ist das ein bemerkenswerter Umstand. Es ist eine erste große Hürde, die Petrus nimmt. Er beherbergt heidnische Männer und schläft mit ihnen unter einem Dach.
  • Am folgenden Tag macht er sich auf: Es gibt nun kein Zögern mehr. Der Auftrag ist klar und darf nicht aufgeschoben werden. Wenn Gott ruft, sollen wir folgen.
  • Einige Brüder aus Joppe gehen mit: Petrus ist auf dieser „Missionsreise“ nicht allein. Die Brüder sind jedenfalls Juden, die wissen, was das Ziel der Reise ist. Sie können jederzeit bezeugen, was im Haus von Kornelius passiert. Petrus handelt in Übereinstimmung und Gemeinschaft mit den Brüdern von Joppe – obwohl er es war, der den Auftrag bekommen hatte. So soll es sein. Der Herr beruft zu einem Dienst, aber „Brüder“ identifizieren sich damit. Später berichtet Petrus: „Der Geist aber sagte mir, ich solle mit ihnen gehen, ohne irgend zu zweifeln. Es kamen aber auch diese sechs Brüder mit mir, und wir kehrten in das Haus des Mannes ein“ (Apg 11,12). Insgesamt waren es also 10 Personen, die nach Cäsarea gingen.

Vers 24: am folgenden Tag aber kamen sie nach Cäsarea. Kornelius aber, der seine Verwandten und nächsten Freunde zusammengerufen hatte, erwartete sie.

Die Reise dauerte einige Zeit, weil sie vermutlich zu Fuß unterwegs waren. Gott leitete die kleine Reisegesellschaft ebenso, wie Er Kornelius leitete, der alles für den erwarteten Besuch vorbereitete. Kornelius hatte das feste Vertrauen, dass Petrus tatsächlich kommen würde. Viele Menschen waren bereits anwesend, nur der Prediger musste noch kommen.

  • Am folgenden Tag kommen sie nach Cäsarea: Die Reise war lang und sie mussten übernachten. Dann kommen sie an.
  • Kornelius erwartete sie: Er war sich sicher, dass Petrus kommen würde. Seine Verwandten waren da und seine nächsten Freunde auch. Man fragt sich, wer diese „Freunde“ waren. Vermutlich waren es hochgestellte Römer aus der Armee oder Gesellschaft, die nun gespannt auf einen unbekannten Juden warteten, der erstens kein Römer war (das wussten sie) und der nicht zur High Society gehörte, sondern nur ein einfacher Fischer war (das wussten sie wahrscheinlich noch nicht). Der Kontrast hätte kaum größer sein können. Doch genau diese Kontraste gibt es jetzt – was die Herkunft der Gläubigen betrifft – in der Versammlung Gottes.

4. Im Haus des Kornelius angekommen (Verse 25–33)

Noch immer ist der eigentliche Höhepunkt des Geschehens nicht erreicht. Petrus kommt im Haus des Kornelius an und erlebt einen besonderen „Empfang“. Kornelius fällt vor ihm nieder. Erstens weist Petrus die Huldigung des römischen Gastgebers taktvoll zurück. Zweitens erklärt er mit wenigen Worten, was ihn veranlasst hat entgegen den jüdischen Gewohnheiten ein heidnisches Haus zu betreten. Drittens wird ihm erklärt, was Kornelius erlebt hat und wie er überhaupt dazu kam, ihn rufen zu lassen.

Vers 25: Als es aber geschah, dass Petrus hereinkam, ging Kornelius ihm entgegen, fiel ihm zu Füßen und huldigte ihm.

  • Petrus kommt herein: Der Text betont zweimal, dass Petrus „herein“ oder „hinein“ kam. Petrus trifft Kornelius nicht auf der Straße, sondern er geht ganz bewusst dahin, wo er zu Hause ist. Man kann das leicht überlesen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es für Petrus etwas ganz Besonderes gewesen ist. Es ist gut möglich, dass er zum ersten Mal in seinem Leben das Haus eines Heiden betritt. Ganz sicher aber ist es das erste Mal, dass er in einem solchen Haus predigt.
  • Kornelius kommt ihm entgegen: Die erste Begegnung findet bereits im Haus statt, aber noch nicht dort, wo sich die anderen Gäste aufhalten. Wahrscheinlich spielt sich diese Szene im Eingangsbereich oder im Innenhof des Hauses ab.
  • Kornelius fällt ihm zu Füßen: Dieser Vorgang ist in jeder Beziehung außergewöhnlich. Unter normalen Umständen würde ein Römer niemals einem Juden zu Füßen fallen und ihm huldigen. Die Römer waren die „Herren“ und nicht die „Untergebenen“. Wenn sie denn überhaupt vor jemanden niederfielen, dann vor ihren Göttern oder ihrem Kaiser. Kornelius drückt mit dieser Haltung seine Demut und seinen Respekt vor dem Diener Gottes aus, den er ehren wollte.
  • Kornelius huldigt ihm: Er geht noch einen Schritt weiter. Jemandem zu huldigen bedeutet, ihn fußfällig zu verehren oder anzubeten (das Wort wird an anderen Stellen für „anbeten“ gebraucht).

Was Kornelius tat, ist ohne Frage falsch. Dennoch sollten wir ihn nicht zu harsch beurteilen. Er hat es gut gemeint und doch falsch getan. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Das muss Kornelius lernen. Nur Gott darf angebetet werden. Menschen sind lediglich „Werkzeuge“ und „Diener“.

Vers 26: Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Steh auf! Auch ich selbst bin ein Mensch.

Was Petrus hier erlebt, hat er wahrscheinlich vorher nie erlebt. Doch er reagiert nicht geschmeichelt, sondern zögert keine Sekunde, die Huldigung zurückzuweisen. Er tut es auf eine sehr wertschätzende Art und Weise, indem er Kornelius aufrichtet und Worte zu ihm redet, die zeigen, wie er sich selbst einschätzt – nämlich als Mensch wie Kornelius auch einer war. Er reagiert in der Gesinnung seines Herrn.

  • Petrus richtet ihn auf: Bevor Petrus irgendetwas sagt, rührt er Kornelius an und hilft ihm. Er weist ihn nicht zurecht, sondern gibt ihm eine freundliche Hilfestellung. Diese Geste der Berührung hat eine große Bedeutung. Sie zeigt – ebenso wie die folgenden Worte – dass er sich auf Augenhöhe mit einem aus den Heiden sieht. Petrus hat gelernt, dass es bei Gott kein Ansehen der Person gibt.
  • Petrus spricht zu ihm: Zunächst fordert er ihn auf, sich zu erheben. Es stand ihm nicht zu, dass jemand ihm zu Füßen lag. Dann erklärt er ihm, warum das so ist. Petrus ist ebenso Mensch wie Kornelius. Nicht mehr und nicht weniger. Es gibt unter Menschen keine „Eminenzen“, keine „Hochwürden“ oder andere „Würdenträger“ (siehe auch Mt 23,8-10). Wehe den Menschen, die von Menschen Anbetung annehmen (vgl. Apg 12,22.23; Joh 5,44). Eine ähnlichen „Unwillen“ sehen wir in Apostelgeschichte 14,14.15, als man Paulus und Barnabas Opfer bringen wollte. Selbst ein Engel lehnt die Anbetung eines Menschen ab (Off 22,9).

Die Antwort des Petrus zeigt deutlich, dass der Papst irrt, wenn er sich verehren lässt und dabei sogar behauptet, Nachfolger von Petrus zu sein12. Diese furchtbare Anmaßung wird Gott einmal richten (Off 17 und 18).

Vers 27: Und sich mit ihm unterredend, ging er hinein, und er findet viele versammelt.

Petrus zögert nicht, sich mit Kornelius zu unterhalten. So miteinander redend, betritt Petrus das Innere des Hauses und findet viele, die dort zusammen waren und auf ihn warteten.

  • Sich mit ihm unterredend: Gott hat uns Menschen die Möglichkeit gegeben, uns mit Worten auszutauschen. Es ist wichtig, dass wir miteinander reden. Auf diese Weise öffnen wir uns. Hier ist es eine Unterredung, d. h. ein Austausch in beide Richtungen. Worüber die beiden gesprochen haben, wissen wir nicht.
  • Viele waren versammelt: Kornelius hatte viele Menschen in sein Haus eingeladen. Es war nicht einfach ein nettes „get together“, sondern die Anwesenden waren „vor Gott gegenwärtig“ (Vers 33). Petrus mag überrascht gewesen sein, so viele Personen zu sehen, denn das hatten die Männer nicht angekündigt (sie wussten es wahrscheinlich selbst nicht). Er wird davon ausgegangen sein, Kornelius allein zu treffen.

Vers 28: Und er sprach zu ihnen: Ihr wisst, wie unerlaubt es für einen jüdischen Mann ist, sich einem Fremden anzuschließen oder zu ihm zu kommen; und mir hat Gott gezeigt, keinen Menschen gemein oder unrein zu nennen.

Dennoch zeigt Petrus keine Scheu. Er nimmt die Initiative und redet zu den Anwesenden.

  • Ihr wisst: Die Nationen wussten, wie die Juden über sie dachten und dass es ihnen nicht erlaubt war, sich einem Fremden (einem Heiden) anzuschließen und in sein Haus zu kommen. Petrus sieht sich als einen „jüdischen Mann“, der doch zugleich ein Christ ist.
  • Wie unerlaubt es ist: Die Frage ist, wer es verboten hat. Es fällt auf, dass das Gesetz im Alten Testament an keiner Stelle ausdrücklich sagt, dass ein Jude sich keinem Fremden anschließen oder zu ihm kommen darf.13 Es war vielmehr eine Vorschrift der theologischen Führerschaft der Juden und gründet sich vermutlich auf 5. Mose 7,1-6 (vgl. Joh 18,28). Wenn wir diesen Text lesen, hören wir zwar vom dem Verbot, sich mit den Nationen zu verbinden, doch es steht dort nicht, dass jeder Kontakt mit den Nationen verboten war. Die Rabbiner machten durch diese überzogene Textauslegung – wie in anderen Punkten – das Gesetz enger als es war. Ziel war es, jeden Kontakt mit Fremden möglichst zu unterbinden. Selbst Petrus fühlte sich bis zu diesem Zeitpunkt daran gebunden, obwohl er den Missionsbefehl des Herrn kannte, zu allen Menschen zu gehen.
  • Sich einem Fremden anzuschließen oder in sein Haus zu kommen: Der Fremde ist ein Ausländer (ein Heide). Er steht im Gegensatz zu einem Juden. Dazu zählten auch die Römer. Sich anzuschließen bedeutet, eine enge Verbindung mit ihm zu haben. Zu ihm zu kommen bedeutet, in sein Haus zu gehen, um sich dort aufzuhalten. Beide Verben stehen im Präsens und weisen auf ein gewohnheitsmäßiges Verhalten hin.

Die Gefahr, das Wort Gottes „enger zu machen“ besteht bis heute. Es mag im Einzelfall mehr oder weniger plausible Gründe dafür geben, dennoch ist es falsch. Die Anweisungen Gottes müssen so beachtet werden, wie Er sie gegeben hat – wir dürfen weder zur Rechten noch zur Linken abweichen. Es ist uns nicht gestattet, dem Wort Gottes etwas hinzuzufügen. Es ist uns ebenso wenig gestattet, etwas davon wegzunehmen.

  • Gott hat mir gezeigt: Petrus brauchte eine eindeutige Anweisung Gottes, sich jetzt anders zu verhalten. Gott hatte es ihm in einem Gesicht gezeigt. Von sich aus hätte Petrus sich niemals so verhalten, wie er es jetzt tat.
  • Keinen Menschen gemein oder unrein zu nennen, meint, die Menschen nicht per se in zwei Gruppen („rein“ versus „gemein“ oder „unrein“) einzuteilen. Von Natur sind wir das alle. Keiner wird diskriminiert. Das ist christlicher Boden. Petrus hatte gelernt, dass es nicht richtig war, die Nationen anders anzusehen als die Juden. Das war der Grund, warum Petrus der Einladung gefolgt war.

Für uns ist es heute selbstverständlich, diese Unterscheidung nicht zu machen. Die Gefahr liegt woanders. Die Tatsache, dass wir keinen Unterschied zwischen „rein“ und „unrein“ machen sollen, bedeutet nämlich nicht, dass wir mit der Welt frei umgehen können. Darum geht es in diesem Text nicht. Freundschaft mit der Welt ist immer Feindschaft gegen Gott und deshalb nicht erlaubt. Licht und Finsternis bleiben zwei unvereinbare Pole (Jak 4,4; 2. Kor 6,14). Wir können – und sollen – Kontakte mit ungläubigen Menschen nicht vermeiden oder verhindern. Wir sind das Licht der Welt und das Salz der Erde. Aber wir dürfen uns nicht mit Menschen anfreunden, die Teil der Welt sind und mit ihnen Gemeinschaft haben. Das wäre Verrat an unserem Herrn. Wir sind der Welt gekreuzigt und die Welt ist uns gekreuzigt (Gal 6,14). Etwas anderes ist es, wie unser Herr, ein „Freund der Zöllner und Sünder“ (Mt 11,19) zu sein, d. h. den Kontakt zu denen zu suchen, die Ihn brauchen und ein aufrichtiges Interesse an Ihm haben. Unser Herr hat sich diesen Menschen liebevoll zugewandt, aber keineswegs hat Er mit ihnen gemeinsame Sache gemacht.

Vers 29: Darum kam ich auch ohne Widerrede, als ich geholt wurde. Ich frage nun: Aus welchem Grund habt ihr mich holen lassen?

  • Ohne Widerrede kommen: Es ist interessant, dass gerade Petrus das sagt. Zwei Tage vorher hatte er noch ein entschiedenes „keineswegs, Herr“ gesagt, doch das war erledigt. Jetzt gab es kein Argument mehr dagegen und er hatte nicht länger gezögert, mit den Männern zu gehen.
  • Ich frage nun: Petrus war gekommen und wusste immer noch nicht (jedenfalls nicht genau), was Kornelius nun von ihm hören wollte. Er mochte es zwar ahnen, aber so oder so wollte er es aus dem Mund von Kornelius hören.

Es immer gut, ein Gespräch mit Fremden mit einer Frage zu beginnen, selbst dann, wenn wir die Antwort wissen oder ahnen. Fragen helfen häufig weiter und zeigen, wo der Gesprächspartner steht (vgl. Philippus in Apg 8,30). Unser Herr hat das auch getan. Obwohl Er alles wusste, hat Er Fragen genutzt, um die Herzen seiner Gesprächspartner zu öffnen.

Vers 30: Und Kornelius sprach: Vor vier Tagen fastete ich bis zu dieser Stunde, und um die neunte betete ich in meinem Haus; und siehe, ein Mann stand vor mir in glänzendem Gewand…

Kornelius berichtet nun, was geschehen war. Vier Tage waren vergangen, seit er dem Engel begegnet war. Es wird klar, dass Gott selbst Petrus und Kornelius zusammengebracht hatte.

Kornelius nennt einige Punkte, die vorher nicht berichtet wurden:

  1. Er hat gefastet, d. h. sein Gebet war keine „Eintagsfliege“, sondern etwas Beständiges. Fasten und Beten gehören oft zusammen (vgl. z. B. Neh 1,4; Ps 35,13; Dan 9,3; Mt 17,21; Apg 13,3; 14,23). Fasten sollte nie ein Selbstzweck sein.
  2. Er befand sich in seinem Haus, d. h. in einer privaten Sphäre.
  3. Der Engel hatte ein glänzendes Kleid an, was von Herrlichkeit und Heiligkeit spricht.

Der Engel wird „Mann“ genannt. Obwohl Engel geschlechtslos sind, werden sie in der Bibel nie als Kinder oder Frauen vorgestellt, sondern immer als Männer. Sie sind „Gewaltige an Kraft“ und „Täter seines Wortes“ (Ps 103,20). Wir sollten sie nicht unterschätzen.

Verse 31–33: …und spricht: Kornelius, dein Gebet ist erhört, und deiner Almosen ist gedacht worden vor Gott. Sende nun nach Joppe und lass Simon holen, der auch Petrus genannt wird; dieser hält sich im Hause Simons auf, eines Gerbers, am Meer; der wird, wenn er hierher gekommen ist, zu dir reden. Sofort nun sandte ich zu dir, und du hast wohl getan, dass du gekommen bist. Jetzt sind wir nun alle vor Gott gegenwärtig, um alles zu hören, was dir von Gott befohlen ist.

Kornelius wiederholt, was ihm begegnet war und was er gehört hatte. Er hatte den Auftrag treu ausgeführt, sodass Petrus nun in seinem Haus war, um zu reden, was Gott durch ihn sagen würde.

  • Sofort nun sandte ich zu dir: Kornelius war gehorsam und hatte unmittelbar zu Petrus gesandt. Das war die Voraussetzung seinerseits für Petrus‘ Kommen.
  • Du hast wohl getan, dass du gekommen bist: Petrus war ebenfalls gehorsam gewesen und war gekommen. Kornelius empfand dies als besondere Gunst („du hast wohl getan“), für die er dankbar war (vgl. Phil 4,14).
  • Alle sind vor Gott gegenwärtig, um zu hören: Das war Kornelius‘ Empfinden. Er wollte Worte Gottes hören.
  • Jetzt: das war der Zeitpunkt, auf den er vier Tage lang gewartet hatte.
  • Wir alle: es ging nicht nur um Kornelius, sondern um alle, die er eingeladen hatte.
  • Vor Gott gegenwärtig: Kornelius hatte ein Bewusstsein der Gegenwart Gottes. Er war nicht vor Petrus gegenwärtig, sondern vor Gott.
  • Alles zu hören: Kornelius war wissbegierig. Er wollte alle Worte Gottes hören, d. h. Petrus sollte nichts auslassen.
  • Was dir von Gott befohlen ist: Der Redner ist nicht mehr als ein Kanal. Gott selbst redet.

Anwendung: Es handelt sich bei dieser Zusammenkunft nicht um das Zusammenkommen einer örtlichen Versammlung. Dennoch können wir das, was Kornelius sagt, auf die Wortverkündigung anwenden, in der alles seinen richtigen Platz bekommt.

  • Gott: Es geht um Ihn, der zu uns reden will.
  • das Wort Gottes: Wir wollen nicht die Worte und Meinungen von Menschen hören, sondern das, was Gott zu sagen hat.
  • der Diener Gottes: Gott spricht durch seinen Geist zu uns. Dazu benutzt Er Menschen, die sein Wort reden.
  • die Zuhörer: Wir sollten das Empfinden haben, dass wir vor Gott gegenwärtig sind.

Es gab im Haus des Kornelius keine Vorbehalte oder den Wunsch, dass irgendwelche Teile der Wahrheit verschwiegen werden sollten. Sie wollten alles hören. Man beachte den Gegensatz zu den Menschen heute, die sich gerne selbst die passenden Lehrer aussuchen, sodass es ihnen „in den Ohren kitzelt“ (2. Tim 4,3).

5. Petrus‘ Ansprache (Verse 34–43)

Nun endlich hören wir, was Petrus im Auftrag Gottes zu sagen hat. Man gewinnt den Eindruck, dass er sofort wusste, welche Botschaft hier notwendig war. Petrus wird vielleicht erneut an den Missionsbefehl des Herrn gedacht haben, der die Nationen unbedingt mit einschloss. Deshalb zögert er nicht und findet klare Worte.

Die Ansprache ist nicht sehr lang und unterscheidet sich deutlich von den Ansprachen, die Petrus zu Beginn der Apostelgeschichte gehalten hat, als er vor Juden sprach. Es fällt besonders auf, dass Petrus nicht von Buße spricht. Das war besonders für die Juden wichtig, die Christus gekreuzigt hatten (Kap 2,38; 3,19). Sie mussten öffentlich Buße tun und sich von dieser Freveltat distanzieren. Nun ist es nicht so, dass Buße für die Heiden nicht notwendig wäre. Doch Gott sah in die Herzen. Buße ist hier nicht der Hauptpunkt, weil Gott sein Werk im Herzen dieser Leute bereits begonnen hatte. Deshalb wird hier vor allem der Glaube betont. Petrus weiß, dass er hier eine andere Zuhörerschaft vor sich hat – und das berücksichtigt er.

In der Predigt oder im Gespräch mit Menschen brauchen wir Weisheit, das zu sagen, was in jedem einzelnen Fall notwendig und wichtig ist. Manchmal liegt der Schwerpunkt auf Buße, mal auf Bekehrung, mal auf Bekenntnis, mal auf Glauben. Manche müssen überzeugt werden, dass sie Sünder sind. Andere müssen vor allem auf den Rettungsweg hingewiesen werden.

Vers 34: Petrus aber tat den Mund auf und sprach: In Wahrheit begreife ich, dass Gott die Person nicht ansieht,

Petrus beginnt mit einem zentralen Punkt, nämlich der Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht. Das war eine Lektion für ihn als Jude. Es war ebenso eine Lektion für Kornelius als Heide. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen beide davon aus, dass Gott ein Gott der Juden war. Paulus würde das später der Lehre nach erklären: „Oder ist Gott der Gott der Juden allein? Nicht auch der Nationen? Ja, auch der Nationen“ (Röm 3,29).

  • Petrus tat seinen Mund auf und sprach: Das bedeutet nicht, dass er einfach anfing zu reden, sondern betont, dass s wichtige Worte waren.
  • In Wahrheit begreife ich: Petrus hatte seine Lektion gelernt. Vorher war ihm das nicht klar. Das gibt er mit diesen Worten indirekt zu. Er ist ehrlich genug, dies einzugestehen.
  • dass Gott...: Petrus realisiert, dass es nicht darum geht, was er meint oder denkt, sondern um die Sichtweise Gottes.
  • Gott sieht die Person nicht an: Petrus betont diese wichtige Wahrheit des Evangeliums, dass es keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Nationen gibt. Das Kreuz Christi nimmt alle Unterschiede weg. Es ist „kein Unterschied“ (Röm 3,22; Röm 2,10.11). Jeder Mensch – ob Jude oder Heide – ist ein Sünder. Jeder Mensch ist schuldig und erreicht nicht die Herrlichkeit Gottes (Röm 3,23). Doch ebenso gilt, dass das Heil Gottes jetzt allen Menschen angeboten wird. Gott ist ein Heiland-Gott für alle Menschen (1. Tim 2,4). Die Gnade Gottes ist heilbringend für alle Menschen erschienen (Tit 2,11) – auch denen, die von den Juden bisher als unrein angesehen und deshalb verachtet wurden. Gott sieht nicht auf das Äußere, auf die äußeren Unterschiede, die für Menschen so wichtig sind (vgl. 1. Sam 16,7; Jak 2,9).

Vers 35: sondern dass in jeder Nation, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ihm angenehm ist.

Petrus nimmt jetzt das Ergebnis einer Bekehrung vorweg, denn Gottesfurcht und praktische Gerechtigkeit sind Früchte einer Hinwendung zu Gott.

Petrus holt Kornelius genau an diesem Punkt ab, denn das traf auf ihn zu. Der natürliche Mensch ist dazu weder fähig noch willig. Erneut wird deutlich, dass Gott bereits ein Werk an Kornelius getan hatte, das nun vertieft wird, indem Petrus ihm das volle Evangelium verkündigt, dass die Gewissheit der Sündenvergebung einschließt.

Jeder Mensch – unabhängig von seiner Herkunft – der Gott fürchtet und gerecht lebt, ist Ihm angenehm. Das stimmt mit der Lehre von Paulus überein, der in Römer 2,10 beschreibt: „Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen“.

Hier wird nicht gelehrt, dass Gottesfurcht und praktische Gerechtigkeit der Weg zum Heil und in den Himmel sind. Betont wird vielmehr, dass es vor Gott keine Rolle spielt, wo ein Mensch herkommt. Die Herkunft macht keinen Unterschied. Wer Ihn als Folge seiner Hinwendung zu Gott fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist Ihm angenehm.

  • Gottesfurcht und Gerechtigkeit: Beides sind Kennzeichen des neuen Lebens, das Gott gibt. Beides gehört untrennbar zusammen. Gottesfurcht ist verbunden mit dem Glauben im Herzen eines Menschen. Das Ergebnis ist praktische Gerechtigkeit, d. h. ein Leben in Übereinstimmung mit Gott.
  • Ehrfurcht im Blick auf Gott
  • Gerechtigkeit im Blick auf Menschen
  • Ihm angenehm ist: Angenehm zu sein bedeutet wohlgefällig (vgl. den Ausdruck „angenehmes Opfer“ in Phil 4,18). Kein Heide muss ein Jude werden, um Gott wohlgefällig zu sein.

Vers 36: Das Wort, das er den Söhnen Israels gesandt hat, Frieden verkündigend durch Jesus Christus – dieser ist aller Herr –,

Zunächst spricht Petrus jetzt davon, was für Israel galt. Erst am Ende der kurzen Ansprache kommt er auf die Nationen zurück, nicht ohne zwischendurch anzumerken, dass Jesus Christus aller Herr ist.

  • Das Wort, das er den Söhnen Israels gesandt hat: Es war bekannt, dass das Wort zunächst den Söhnen Israels gegeben worden war. Als Christus (der Messias) kam, wurde zuerst dem Volk Israel die Friedensbotschaft gebracht, denn Er war zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt worden (Mt 15,24). Dennoch hatte der Engel bereits angekündigt, dass einmal Friede „auf der Erde“ sein würde (Lk 2,14).
  • Durch Jesus Christus: Die Botschaft des Friedens wurde durch „Jesus Christus“ verkündigt, d. h. durch den, der als niedriger Mensch (Jesus) auf der Erde lebte und jetzt zur Rechten Gottes ist (Christus).
  • Dieser ist aller Herr: Die Betonung liegt hier auf dem Wort „aller“. Jesus Christus ist nicht nur Herr der Juden (Apg 2,36), sondern der Herr aller Menschen. Das war gerade in der Stadt Cäsarea eine besondere Botschaft, denn diese Stadt war nach Cäsar benannt, der für sich in Anspruch nahm, „Herr“ (Kyrios) zu sein.

Vers 37: kennt ihr: das Zeugnis, das, angefangen von Galiläa, durch ganz Judäa hin ausgebreitet worden ist, nach der Taufe, die Johannes gepredigt hatte:

Kornelius war nicht unwissend. Er kannte gewisse Dinge, aber nicht alles. Ihnen war dabei klar, dass die Heiden bis dato keinen Anteil an dem Segen und der Friedensbotschaft hatten.

  • Angefangen von Galiläa und durch ganz Judäa ausgebreitet: Er wusste, wo alles angefangen hatte, nämlich in dem verachteten Galiläa (vgl. Mk 1,14.15). Dann hatte sich das Zeugnis durch ganz Judäa ausgebreitet – aber eben nicht weiter. Jesus war nicht über die Grenzen Israels hinausgegangen. Das war bekannt.
  • Die Taufe des Johannes war ebenfalls exklusiv für die Juden. Die Heiden hatten daran keinen Anteil. Soweit wir wissen, ist kein Heide mit dieser Taufe getauft worden.

Die Tatsachen an sich waren bekannt, aber nie hatten die Heiden bisher gehört, dass sie jetzt einen Anteil an diesem Segen haben sollte, der bisher nur den Juden galt. Genau das war völlig neu. Sie verglichen sich maximal mit Hunden, die von den Brotkrumen essen, die von den Tischen ihrer Herren fallen (Mt 15,27).

Vers 38: Jesus, den von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat, der umherging, wohltuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm.

Jetzt spricht Petrus von Jesus. Er ist bis heute das Zentrum jeder christlichen Predigt. Es geht um Ihn – und nicht um eigene Erfahrungen des Predigers, um moralische Lehren, um Theologie usw. Petrus beschreibt seinen Herrn hier mit wenigen Worten als Mensch und fasst sein Leben zusammen.

  • Jesus: Der Name Jesus bedeutet „der Herr ist Rettung“. Diesen Retter braucht jeder Mensch. Jesus ist zugleich der Name seiner Menschheit und seiner Niedrigkeit. Es ist der Name, der auf seinem Kreuz stand. In keinem anderen ist Rettung als nur in Ihm (Apg 4,12).
  • Der von Nazareth: Das hat eine doppelte Bedeutung:
  1. Wir denken an den Spross, so wie er im Alten Testament angekündigt war (hebräisch nezer = Spross oder Schössling; vgl. Jes 11,1; Dan 11,7). Er hat in einem dürren Land Frucht für Gott gebracht. Das ist Gottes Sichtweise auf den Mann von Nazareth.
  2. Wir denken an den von Menschen Verachtete. Selbst Nathanael war der Meinung, dass aus Nazareth nichts Gutes kommen konnte (vgl. Joh 1,46). Das ist die Sichtweise der Menschen auf den Mann von Nazareth.
  • Wie Gott Ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat: Das geschah anlässlich seiner Taufe am Jordan. Christus war nicht nur vom Heiligen Geist gezeugt, sondern Er wurde auch mit Ihm gesalbt (das Speisopfer wurde mit Öl gemengt und gesalbt):
  1. Er kam von Gott und fand als Mensch Gottes Zustimmung. Der Himmel öffnete sich über Ihm und die Stimme Gottes wurde gehört: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ (Lk 3,22). Der Kontrast ist augenfällig: Der von den Menschen abgelehnte Nazarener hatte Gottes Zustimmung.
  2. Mit Heiligem Geist gesalbt (vgl. Ps 89,21). Der einzige Mensch, auf den der Heilige Geist bleibend kam bevor das Werk am Kreuz vollbracht war, war Jesus Christus. Er wurde von dem Vater, Gott, versiegelt (Joh 6,27). Auf uns kommt die Salbung erst in der Zeit nach dem Werk am Kreuz und nachdem wir geglaubt haben.
  3. Mit Kraft gesalbt: Christus war nicht nur mit Heiligem Geist gesalbt, sondern dieser Geist erfüllte Ihn auch mit seiner Kraft. Das war im Alten Testament vorausgesagt (Mich 3,8). Der Heilige Geist ist beides – eine Person und eine Kraft. Lukas berichtet zum Beispiel, dass der Mensch Jesus in der Kraft des Heiligen Geistes umherging (Lk 4,1.14). Christus selbst bestätigt, dass Er durch den Geist Gottes die Dämonen austrieb (Mt 12,28).
  • Er ging umher: Er wartete nicht, bis die Menschen zu Ihm kamen, sondern Er ging zu ihnen. Man konnte Ihn sehen, anfassen und mit Ihm reden. Er war jederzeit verfügbar, wenn Menschen in Not waren.
  • Wohltuend und alle heilend: Er redete nicht nur, sondern Er handelte vor allen Dingen. Er half den Menschen – und zwar allen, die seine Hilfe in Anspruch nehmen wollten.
  • Die vom Teufel überwältigt waren: So beschreibt Petrus die Menschen, mit denen unser Herr zusammentraf. Letztlich ist es eine Beschreibung aller Menschen, denn alle sind Sklaven des Teufels und der Sünde. Der Teufel hat uns überwältigt und niemand außer Christus kann uns befreien.
  • Gott war mit ihm: Er war selbst Gott, aber als Mensch war Gott mit Ihm. Das bedeutet nicht nur, dass Gott Ihm half, sondern es beschreibt die Tatsache, dass Er zu jedem Zeitpunkt die volle Zustimmung Gottes fand. Obwohl auch anderen das Zeugnis ausgestellt wird, dass Gott mit ihnen war (z.B. Joseph, David, Salomo) haben sie nicht in allem und jederzeit Gottes Zustimmung gehabt. Das kann von keinem anderen Menschen als nur von unserem Herrn gesagt werden. Jesus Christus ist einzigartig und unvergleichlich.

Vers 39: Und wir sind Zeugen alles dessen, was er sowohl im Land der Juden als auch in Jerusalem getan hat; den sie auch umgebracht haben, indem sie ihn an ein Holz hängten.

Petrus betont jetzt, dass die Apostel Zeugen davon waren. Sie hatten alles genau mitbekommen, was geschehen war – auch dass sie Jesus von Nazareth umgebracht hatten, indem sie Ihn kreuzigten und sich dadurch schuldig machten.

  • Wir sind Zeugen: Gemeint sind die 12 Apostel. Ein Zeuge ist jemand, der alles hört und sieht, was geschieht (Ohren- und Augenzeugen). Das war die Voraussetzung dafür, ein Apostel zu sein (Apg 1,21.22). Der Kontrast zu „ihr“ in Vers 37 fällt auf. Es ist ein Unterschied, etwas zu wissen, weil man es gehört hat, oder etwas zu bezeugen, weil man es erlebt hat.
  • Im Land der Juden und in Jerusalem: Das Land der Juden umfasst hier wohl Galiläa und Judäa. Das war – zusammen mit Jerusalem – der Bereich, in dem unser Herr seinen Dienst getan hat.
  • Den sie auch umbrachten: Es fällt auf, dass Petrus hier nicht von dem Sühnungstod des Herrn spricht, sondern die Schuldfrage derer in den Fokus stellt, die Ihn kreuzigten. Sie haben Ihn umgebracht, d. h. getötet (Apg 3,15) und ermordet (Apg 7,52). Schuld daran waren Juden und Heiden gemeinsam (Apg 4,27). Es waren die Juden, die Ihn umbringen wollten, es waren die Römer, die das Urteil vollstreckt haben. Es war somit eine kollektive Schuld.
  • An ein Holz hängen: Das Holz (gemeint ist das Kreuz) spricht besonders von der Verachtung der Menschen für Jesus Christus. Wir denken daran, dass Er durch diese Todesart ein Fluch Gottes für uns wurde (Gal 3,13; Apg 5,30).

Der Herr Jesus hatte selbst gesagt, dass Ihm niemand das Leben nehmen könne, sondern dass Er es von sich aus geben würde (Joh 10,18). Das konnte Er nur tun, weil Er Gott und Mensch in einer Person ist. Er hat selbst entschieden, in welchem Moment Er seinen Geist in die Hand des Vaters gab. Er ist nicht unter den Folgen der Kreuzigung gestorben, sondern weil Er selbst entschied, sein Leben zu geben. Dennoch war sein Tod – unter dem Blickwinkel der Verantwortung von uns Menschen – nichts anderes als Mord. Beide Sichtweisen sind zu unterscheiden, ohne dass wir sie trennen können.

Vers 40: Diesen hat Gott am dritten Tag auferweckt und ihn sichtbar werden lassen,

Menschen töteten ihn, aber Gott hat Ihn sowohl auferweckt als auch sichtbar werden lassen. Die Auferstehung ist eine sehr gut belegte historische Tatsache. Sie zu leugnen, ist ziemlich ignorant.

  • Diesen hat Gott: Hier zeigt sich der Kontrast zwischen dem, was Menschen taten und was Gott tat. Menschen haben Ihn umgebracht. Gott hat Ihn auferweckt.
  • Diesen hat Gott auferweckt: Es geht hier um Christus als Mensch. Als Sohn Gottes ist Er selbst auferstanden (Joh 10,18; Röm 1,4). Als Mensch wurde Er auferweckt. Das erste ist aktiv, das zweite passiv.
  • Am dritten Tag: Das hatte der Herr Jesus mehrfach vorausgesagt. So wie Jona drei Tage im Bauch des Fisches war, war unser Herr drei Tage im Herzen der Erde (Mt 12,40).
  • Gott hat Ihn sichtbar werden lassen: Es gibt mehr als genügend Zeugen seiner Auferstehung. Dazu zählen nicht nur die Apostel, sondern eine ganze Reihe anderer Zeugen. Die Evangelien berichten darüber ebenso wie Paulus in 1. Korinther 15,5-8.

Die Tatsache, dass Jesus Christus gekreuzigt worden war, wurde zur Zeit der Apostelgeschichte von niemand geleugnet. Es war ein historische Tatsache, die alle Bewohner Jerusalems mitbekommen hatten. Dass Er jedoch auferstanden ist, wurde sehr wohl geleugnet (vgl. Mt 28,11-15). Nur glaubende Menschen aus den Juden haben Ihn in Auferstehung gesehen. Seine Feinde wollten die Tatsache nicht wahr haben, dass Jesus lebt. Durch die Auferweckung drückt Gott sein Siegel auf der Werk seines Sohnes und bestätigt es (Röm 6,4). Deshalb ist diese Tatsache einer der Hauptpunkte der Predigt durch die Apostel (Apg 2,24.32; 3,15; 4,10; 5,30; 10,40; 13,30.34.37; 17,31; 26,8).

Vers 41: nicht dem ganzen Volk, sondern den von Gott zuvor erwählten Zeugen, uns, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er aus den Toten auferstanden war.

Petrus betont jetzt, dass es nicht das ganze Volk war, das Ihn in Auferstehung gesehen hatte, sondern lediglich ausgewählte Zeugen, die Gott speziell dafür bestimmt hatte.

  • Nicht dem ganzen Volk: Kein ungläubiger Jude hat Christus in Auferstehung gesehen. Das letzte, was sie von Ihm wahrgenommen haben, war die Grablegung.
  • Den von Gott zuvor erwählten Zeugen: Gott hatte einige Menschen dazu bestimmt, seine Auferstehung zu bezeugen – nicht nur die Apostel, sondern auch andere (siehe 1. Kor 15,5-8). Das war nötig, um dieses Ereignis zu beweisen. Petrus war einer dieser Zeugen.
  • Mit ihm gegessen und getrunken (z. B. Lk 24,41-43): Das beweist, dass die Zeugen kein Phantom gesehen hatten. Christus ist nicht nur als Mensch gestorben, sondern auch auferstanden. Er hatte „Fleisch und Gebein“ (Lk 24,39).
  • Nachdem Er auferstanden war: Christus ist Mensch und Gott zugleich. Als Sohn Gottes ist Er in Kraft erwiesen durch Totenauferstehung (Röm 1,4). Damit sind nicht nur die Toten gemeint, die Er selbst zum Leben auferweckt hatte (wie z. B. Lazarus), sondern auch seine eigene Auferstehung. Er hatte Gewalt, sein Leben selbst wiederzunehmen (Joh 10,18).

Petrus erklärt den anwesenden Römern also nachhaltig, dass Christus nicht im Tod geblieben ist, sondern dass Er lebt. Kein Römer hat Ihn je so gesehen. Er ist ein Gegenstand des Glaubens.

Vers 42: Und er hat uns befohlen, dem Volk zu predigen und ernstlich zu bezeugen, dass dieser der von Gott bestimmte Richter der Lebenden und der Toten ist.

Jetzt spricht Petrus von dem Auftrag des auferstandenen Herrn, dem Volk zu bezeugen, dass der gekreuzigte und auferstandene Jesus der von Gott bestimmte Richter der Menschen ist. Hier weitet sich jetzt schon der Horizont. Es geht zwar noch zunächst um „das Volk“ (die Juden), aber dann um „Lebende und Tote“ (das schließt die Heiden ein).

  • Uns hat er befohlen: Die Apostel hatten einen klaren Auftrag von dem auferstandenen Herrn. Sie sollten Ihn bezeugen – und zwar in Jerusalem und Judäa anfangend (Apg 1,8). Es war ein klarer Auftrag. Es war keine Option, sondern ein Befehl.
  • Dem Volk zu predigen und ernstlich zu bezeugen: Gemeint sind die Juden. Sie waren die ersten, denen das Evangelium gepredigt wurde. Das sollte mit allem Nachdruck geschehen.
  • Zu predigen bedeutet, etwas als Herold (königlicher Ausrufer) zu verkündigen. Es war Gott wichtig, dass die Botschaft von seinem Sohn öffentlich und mit Überzeugung weitergegeben wurde.
  • Zu bezeugen bedeutet, eine Sache zu bekräftigen, bzw. zu bestätigen. Es beschreibt ein feierliches und ernstes Zeugnis, das abgelegt wird. Es ist die verstärkte Form von „zeugen“ (also ein vollständiges und klares Zeugnis ablegen).
  • Der von Gott bestimmte Richter: Petrus beginnt nicht mit der Vergebung der Sünden, sondern mit dem Gericht. Er spricht nicht von der Liebe Gottes, sondern zeigt, dass Gott Licht ist. Er kann Sünde nicht sehen. Damals saßen Menschen über seinen Sohn zu Gericht (Juden und Römer). Bald wird Er ihr Richter sein. Gott hat Ihn dazu bestimmt. Der Herr Jesus hat das selbst bestätigt (z. B. Joh 5,22).
  • Lebende und Tote: Dieser Ausdruck schließt Juden und Heiden ein! Alle sind gemeint! Wer Jesus nicht als Retter angenommen hat, wird Ihn einmal als Richter erleben. Petrus unterscheidet hier nicht die verschiedenen Zeitpunkte, an denen das Gericht stattfindet, sondern betont die Tatsache, dass es so ist. Jeder Mensch – nicht nur die Juden – wird einmal Rechenschaft über sein Leben und seine Taten ablegen müssen (vgl. Apg 17,31; 2. Tim 4,1).

Es fällt auf, dass in der ganzen Apostelgeschichte nicht ein einziges Mal von Gottes Liebe die Rede ist. Auch Paulus spricht im Römerbrief viel mehr über den heiligen Gottes als über den liebenden Gott (obwohl er die Liebe Gottes durchaus erwähnt, vgl. z. B. Röm 5,5.8). Wir können es uns nicht erlauben, in der Predigt des Evangeliums nur über die Liebe Gottes zu sprechen. Das Evangelium offenbart zunächst einmal, dass Gott gerecht ist (Röm 1,17) und den Sünder richten muss. Das dürfen wir nicht verschweigen – obwohl wir natürlich zu Recht auch über die Liebe Gottes reden.

Vers 43: Diesem geben alle Propheten Zeugnis, dass jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen.

Diesem gerechten Gericht Gottes kann man entkommen, indem man Vergebung der Sünden hat. Die Botschaft darüber ist von den Propheten bezeugt und gilt jetzt allen, die an Ihn glauben. Dieser Satz ist der Höhepunkt in der Rede von Petrus und zugleich das Herzstück des Evangeliums, der guten Nachricht Gottes an uns Menschen.

  • Diesem: es geht um Jesus Christus und um keinen anderen. Der von den Menschen abgelehnte Nazarener ist derjenige, in dem Vergebung der Sünden erlangt werden kann. Gott hat Ihn „dargestellt … als ein Sühnmittel durch den Glauben an sein Blut, zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden“ (Röm 3,25).
  • Geben alle Propheten Zeugnis: Christus ist in der Bibel zu finden – und zwar bereits im Alten Testament. Auch wenn die Propheten nicht wussten, von wem sie sprachen, wies ihre Botschaft doch auf den Einen hin (vgl. 1. Pet 1,10).14
  • Jeder: Die Botschaft der Vergebung der Sünden gilt jedem Menschen, d. h. Juden und Heiden. Johannes 3,16 spricht ebenfalls vom jedem „der an ihn glaubt“. In Offenbarung 22,17 wird das Wasser des Lebens jedem angeboten, der es annehmen will („wer will“).
  • Der an ihn glaubt: Das ist die notwendige Voraussetzung. Der Glaube ist der Weg zum Heil. Er gleicht der Hand, die Gottes Rettung in Christus annimmt. Ohne Glauben kann niemand zu Gott kommen und das Heil bekommen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass man glaubt, sondern was und vor allem wemman glaubt. Der Glaube richtet sich auf eine Person.15
  • Vergebung der Sünden: Die Briefe des Neuen Testamentes zeigen uns, dass das Evangelium deutlich mehr beinhaltet als Vergebung der Sünden (das „Heil Gottes“ – seine Rettung umfasst eine große Segensfülle), aber das Erste, was ein Sünder erfasst, ist, dass er Vergebung seiner Sünden braucht. Davon spricht Petrus hier. Vergebung ist Tilgung oder Schuldenerlass (das Wort bedeutet eigentlich, dass etwas weggeschickt oder losgelassen wird). Selbst die beiden Briefe, die die höchsten christlichen Segnungen beschreiben, erwähnen die „Vergebung“ der Sünden (Eph 1,7; Kol 1,14).
  1. Kelly schreibt: „Genau dies wusste Kornelius noch nicht. Niemand konnte es wissen, bevor das Werk der Erlösung vollbracht war. Die Erlösten des Alten Testaments befanden sich vor der Vollendung des Werkes Christi genauso in Sicherheit wie danach. Dieses Werk stellte sie jedoch erst auf den Boden einer ihnen bewussten Erlösung vor Gott.“16
  • Empfangen: Vergebung der Sünden ist ein großes Geschenk, das Gott uns macht. Dennoch beinhaltet das Wort hier mehr. Es ist abgleitet von einem Ausdruck, der „aktivergreifen, um etwas zu nehmen und zu empfangen“ bedeutet, d. h. die Initiative der Ergreifenden ist eingeschlossen. Gott drängt sein Geschenk niemandem auf, der es nicht haben möchte.
  • Durch seinen Namen: Noch einmal weist Petrus auf diesen Namen hin, in dem Gott Vergebung anbietet. Einen anderen Weg gibt es nicht (Apg 4,12). Der Glaube ist unsere Seite (subjektiv). Das Heil ist Gottes Heil in Christus (objektiv).

6. Der Heilige Geist und die christliche Taufe (Verse 44–48)

Der letzte Teil des Kapitels zeigt die herrlichen Ergebnisse der Predigt von Petrus. Oft ist es so, dass die Zuhörerschaft nach einer Predigt des Evangeliums gespalten ist (vgl. z. B. Apg 28,24). Es gibt solche, die ablehnen, es gibt solche, die gleichgültig sind und es gibt solche, die annehmen. Hier ist es anders.

F. B. Hole schreibt: „Ihr Glaube trat hervor wie ein Blitzstrahl, und unmittelbar darauf folgte der Donnerschlag des Heiligen Geistes“.17 Besser kann man es kaum formulieren. Petrus hatte offensichtlich vor, noch weiter zu reden, aber das Wirken des Heiligen Geistes in den Zuhörern war so mächtig, dass er nicht mehr weiter sprechen konnte.

Zum dritten Mal in der Apostelgeschichte lesen wir nun davon, dass der Heilige Geist auf Gläubige kam:

  • Kapitel 2: die in Jerusalem auf dem Obersaal versammelten Juden: Buße – Taufe – Heiliger Geist
  • Kapitel 8: die in Samaria zum Glauben gekommenen Samariter
  • Kapitel 10: die im Haus des Kornelius versammelten Römer

In allen drei Fällen gibt es wichtige Unterschiede, die zu beachten sind: 18

  • Kapitel 2: Zuerst ist die Rede von Buße, dann von der Taufe und schließlich vom Heiligen Geist. Durch Buße distanzierten sich diese Juden von denen, die Christus gekreuzigt hatten. Durch die Taufe mussten sie sich bewusst auf die Seite des verachteten Nazaräers stellen. Erst dann kommt der Heilige Geist.
  • Kapitel 8: Hier ist zuerst die Rede vom Glauben, dann von der christlichen Taufe, dem Gebet und dem Händeauflegen der beiden Apostel. Danach kommt der Heilige Geist. Hier wird besonders betont, dass die Samariter den Heiligen Geist nicht unabhängig von den Aposteln aus Jerusalem bekamen (Gebet und Händeauflegen). Die alte Feindschaft zwischen Juden und Samaritern sollte keinesfalls weiter gepflegt werden.
  • Kapitel 10: Hier steht zu Beginn der Glaube. Die Gabe des Heiligen Geist ist „aus der Kunde des Glaubens“ (Gal 3,2). Als Folge davon bekommen sie den Heiligen Geist und danach werden sie getauft. Das ist die „normale“ Reihenfolge in der christlichen Zeit. Wer dem Evangelium des Heils glaubt, wird mit dem Heiligen Geist versiegelt (Eph 1,13). Danach bekennt er sich durch die Taufe öffentlich dazu, mit Christus in seinem Tod identifiziert zu sein.

Vers 44: Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten.

Spektakulärer hätte die Reaktion kaum sein können. Petrus ist noch im Begriff zu reden, als der Heilige Geist auf alle fällt, die das Wort hören.

  • Während Petrus noch diese Worte redete: Man hat den Eindruck, dass Petrus noch mehr sagen wollte, aber er konnte es nicht (vgl. Apg 11,15). Etwas Unerwartetes geschah. Gott tat ein mächtiges Werk.
  • Der Heilige Geist fällt auf alle: Das war nicht die Wirkung der Predigt durch Petrus, sondern das Wirken Gottes durch die Predigt von Petrus. Die Tatsache, dass der Heilige Geist auf alle fällt, ist keine erneute Taufe mit dem Heiligen Geist (das war ein einmaliges Ereignis und fand statt, als sich das Pfingstfest erfüllte, Apg 2,1-4; 1. Kor 12,13), sondern ein erneutes Ausgießen des Geistes.19 Der Heilige Geist erfüllte die Anwesenden zum einen mit Kraft. Zum anderen empfingen sie Ihn als Person, der nun in ihnen wohnte. Sie wurden mit dem Heiligen Geist versiegelt (2. Kor 1,22; Eph 1,13; 4,30), sie bekamen Ihn als Unterpfand (2. Kor 1,22; 5,5; Eph 1,14) und als Salbung (1. Joh 2,20.27).

Wir beachten, dass diese Gläubigen vorher weder beschnitten wurden noch legte Petrus ihnen die Hände auf. Beides war nicht erforderlich. So wie sie waren, empfingen sie – nachdem sie geglaubt hatten – den Heiligen Geist.

  • Die das Wort hörten: Es kann nicht anders sein, als dass es ein glaubendes Hören war. Es ist weder explizit von Buße die Rede (Kornelius war bereits von neuem geboren) noch wird der Glaube direkt erwähnt. Dennoch ist klar, dass sie das Wort im Glauben annahmen. Sonst wäre der Geist nicht auf sie gekommen.

In Apostelgeschichte 11,17 rechtfertigt sich Petrus vor den gläubigen Juden und sagt rückblickend auf diesen großartigen Moment, dass Gott auf diese Weise den Gläubigen aus den Nationen „die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn Jesus Christus geglaubt haben“. Der Unterschied zwischen Juden und Heiden existiert in der Versammlung Gottes nicht mehr. Die Zwischenwand ist tatsächlich nicht länger vorhanden (Eph 2,14).

Vers 45: Und die Gläubigen aus der Beschneidung, so viele mit Petrus gekommen waren, gerieten außer sich, dass auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen worden war;

Das Ganze geschah vor den Augen der anwesenden Juden. Sie sollten bezeugen, dass die Nationen die gleiche Gabe empfangen hatten wie auch sie.

  • Die Gläubigen aus der Beschneidung: Gemeint sind die Gläubigen aus den Juden, die mit Petrus aus Joppe gekommen waren. Nicht ohne Grund nennt der Schreiber sie „Gläubige aus der Beschneidung“. Die Beschneidung war das äußere Zeichen, dass sie von den Heiden (den Unbeschnittenen) unterschied. Dieses äußere Zeichen spielte jetzt keine Rolle mehr. Gerade sie müssen erkennen und bezeugen, dass die Nationen dasselbe Teil bekommen.
  • Sie geraten außer sich: Sie kommen in einen Zustand des größten Erstaunens (eig. in eine Ekstase; vgl. dasselbe Wort in Vers 10). Das Wort beschreibt jemand, der aus einer festen Position gebracht wird und völlig außer sich gerät. In der Tat gab es die feste Position der Juden, in der sie sich seit vielen Jahrhunderten befunden hatten, nicht mehr. Gott wandte sich nicht länger einem einzigen Volk zu (5. Mo 28,9), sondern Er nahm jetzt „aus den Nationen ein Volk für seinen Namen“ (Apg 15,14).
  • Die Gabe des Heiligen Geistes auf die Nationen ausgegossen: Die großartige Gabe Gottes gilt nicht nur den Juden (Apg 2), nicht nur den Samaritern (Apg 8), sondern auch den Nationen. Indem der Heilige Geist auf sie fiel, wurde Er ausgegossen. Das Wort wird in diesem Zusammenhang nur hier und in Kapitel 2,33 gebraucht.20 Es beschreibt etwas, das reichlich gegeben wird. In Johannes 3,34 lesen wir, dass Gott den Geist nicht „nach Maß“ gibt.

Die verschiedenen Ausdrücke, die in Verbindung mit dem Austeilen des Heiligen Geist an einzelne Personen gebraucht werden, kann man wie folgt unterscheiden:

  • Der Geist fällt: Es ist kein langsamer Prozess, sondern der Geist kommt von oben von einem Augenblick auf den anderen.
  • Der Geist wird ausgegossen: Es handelt sich um eine reichliche Gabe Gottes an einen Glaubenden.
  • Der Geist wird empfangen: Es ist eine Gabe, die wir durch Glauben ergreifen und empfangen.
  • Der Geist wird gegeben: Das Wort „Gabe“ legt die die Betonung darauf, dass etwas in gleichem Wert und Maß und ohne jegliche Einschränkung gegeben wird. Jeder Gläubige bekommt den gleichen Geist. Es gibt keinen Unterschied zwischen Juden und Heiden.

Die Gläubigen aus den Nationen mussten nicht erst Juden werden, um den Heiligen Geist bekommen zu können. Nein, sie durften auf keinen Fall zum Judentum geführt werden. Gemeinsam mit den Gläubigen aus den Juden bildeten sie nun eine neue Herde, die keinen Zaun des Gesetzes mehr hatte (Joh 10,16; Eph 2,14). Um den Heiligen Geist zum empfangen, reicht der Glaube an Christus aus. Wenn Gott keine weiteren Bedingungen stellt, dürfen wir das auch nicht tun, indem wir Menschen Gesetze und Vorschriften auferlegen, die zu halten sie verpflichtet sind.

Wir sollten ein wertschätzendes und dankendes Empfinden dafür haben, dass Gott uns eine solche Gabe gegeben hat.

Vers 46: denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott erheben.

Die Folgen des Ausgießens des Heiligen Geistes sind die gleichen wie in Apostelgeschichte 2. Die Gläubigen reden in Sprachen und erheben Gott.

  • In Sprachen reden: Gemeint sind tatsächliche Fremdsprachen, die sie nie gelernt hatten. Es geht nicht um ein ekstatisches Reden in Lauten, die kein Mensch versteht. Hier steht nichts davon, dass sie das Evangelium in anderen Sprachen verkündigt hätten. Warum sollten sie auch? Die Parallele zu den Ereignissen am Pfingsttag ist unübersehbar (Apg 2). Petrus wird das gemerkt haben. Das Reden in Sprachen war ein Zeichen für die anwesenden Juden. Für sie war damit völlig klar, dass die Gläubigen aus Nationen nun auf gleichem Niveau standen wie auch sie.
  • Gott erheben: Das Wort beschreibt etwas, das größer gemacht und verherrlicht wird. Nun können wir Menschen Gott objektiv nicht größer machen als Er ist. Gemeint ist, dass Er in unseren Augen oder den Augen anderer (also subjektiv) größer wird und wir Ihn preisen.

Das Reden in Sprachen war ein Zeichen des Anfangs (vgl. Mk 16,17.18). Gott hat am Anfang durch „Austeilungen des Heiligen Geistes“ (dazu gehören die Sprachen) mitgezeugt (Heb 2,4: man beachte die Vergangenheitsform). Diese Gabe gibt es heute nicht mehr (1. Kor 13,8). Gott erheben wir allerdings immer noch. Wir beten Ihn an in Geist und Wahrheit (Joh 4,23.24).

Vers 47: Dann antwortete Petrus: Könnte wohl jemand das Wasser verwehren, dass diese nicht getauft würden, die den Heiligen Geist empfangen haben wie auch wir?

Petrus scheint nicht in große Verlegenheit zu geraten. Er reagiert nüchtern und sachlich und spricht jetzt von der christlichen Wassertaufe, mit denen diese Gläubigen nun getauft werden sollten. Es gibt keinen Grund, dass jemand, der den Heiligen Geist empfangen hat, nicht auch getauft werden sollte.

  • Petrus antwortet: Die Initiative zur Taufe mit Wasser geht von Petrus aus. Die christliche Taufe folgt auf den Glauben (Mk 16,16) und dem damit verbundenen Empfangen des Heiligen Geistes. Bei den Juden in Apostelgeschichte 2 war das anders. Sie mussten sich durch die Taufe zuerst zu dem von ihnen bisher abgelehnten Jesus Christus bekennen. Die Verbindung zum Volk der Juden musste gekappt werden. Dann bekamen sie den Geist. Hier ist es anders.
  • Die den Heiligen Geist empfangen haben: Petrus erkannte genau, was passiert war. Durch das Empfangen des Geistes verschwand der Unterschied zwischen Juden und Heiden. Beide „Gruppen“ stehen jetzt auf einem neuen – nämlich christlichen – Boden. Für beide gibt es „einen Herrn, einen Glauben und eine Taufe“ (Eph 4,5).
  • Dass diese nicht getauft würde: Die Taufe ist nicht eigentlicher Bestandteil der Predigt des Evangeliums. Menschen, die es angenommen haben, werden getauft (so sollte es jedenfalls sein). Alle Segnungen im Blick auf den Himmel gehören ihnen, sobald sie den Geist haben. Im Blick auf die Nachfolge auf der Erde werden sie dann getauft. Diese beiden Seiten sollten nicht verwechselt werden.
  • Könnte jemand das Wasser verwehren: Die christliche Taufe ist eine Wassertaufe, die durch Untertauchen erfolgt. Sie symbolisiert den Tod (auf den Tod des Christus getauft; Röm 6,3). Die Taufe ist ein öffentlich sichtbares Zeichen und ein Privileg. Wir sind nicht befugt, jemanden die Taufe zu verwehren, der dem Herrn folgen möchte. Wir müssen solche auf den christlichen Boden stellen.

Vers 48: Er befahl aber, dass sie getauft würden in dem Namen des Herrn. Dann baten sie ihn, einige Tage zu bleiben.

Mit diesem Vers endet das Kapitel. Petrus befiehlt, die Gläubigen in dem Namen des Herrn zu taufen. Er hat nicht selbst getauft (vgl. Paulus in 1. Kor 1,14-17). Die Taufe muss nicht durch bekannte Leute erfolgen, sondern kann von jedem Gläubigen durchgeführt werden.

  • Petrus befiehlt: Der Herr hatte seinen Jüngern das Gebot gegeben, Menschen zu taufen (Mt 28,19). Es ist also ein klarer Auftrag. Er gilt für den Taufenden und nicht für den Täufling. Diese Seite wird oft übersehen. Wir warten nicht unbedingt darauf, dass jemand sich taufen lassen möchte (was gut und richtig ist; vgl. Apg 8,36). Wir sollten aber vielmehr dafür Sorge tragen, dass bekehrte Menschen tatsächlich getauft werden (ohne jemandem die Taufe aufzuzwingen).
  • Die Taufe im Namen des Herrn: Das Neue Testament vermeidet es, uns eine zwingende „Taufformel“ vorzuschreiben. Die christliche Taufe erfolgt auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28,19). Sie erfolgt auf den Namen Jesus Christi (Apg 2,38; 8,16; 19,5) und zugleich in dem Namen des Herrn. Petrus hatte gesagt, dass einer Herr ist – nämlich Jesus Christus. Wer getauft wird, bezeugt nicht nur, jetzt auf christlichem Boden zu stehen und Jesus als Retter zu kennen, sondern er hat den Wunsch, Ihn als Herrn anzuerkennen, d. h. Ihm zu folgen, Ihm zu dienen und Ihm zu gehorchen.
  • Der Wunsch zu bleiben: Diesen Wunsch können wir gut verstehen. Junge Bekehrte möchten – und müssen – belehrt werden. Juden und Heiden bleiben zusammen, um das Wort zu hören und gemeinsam zu lernen. Wir sind uns sicher, dass Petrus diesen Wunsch erfüllt hat.

Das in diesem Kapitel beschriebene Ereignis ist sehr wichtig. Wesentliche Punkte werden deshalb in Kapitel 11 aus der Retrospektive noch einmal berichtet. Vielen Juden fiel es schwer zu akzeptieren, dass die Unterschiede zwischen Juden und Heiden in der Zeit der Gnade nicht länger existieren. Gläubige, die überwiegend ihren Ursprung aus den Heiden haben, sollten von Herzen dafür dankbar sein, dass Gott diese Unterschiede annulliert und uns nicht nur die gleiche Stellung „in Christus“ gegeben, sondern uns auch durch den Geist in der Versammlung zu einer wunderbaren Einheit zusammengefügt hat.

Fußnoten

  • 1 Das Reich der Himmel (an anderen Stellen das „Reich Gottes“ genannt) ist nicht mit der Versammlung (Gemeinde) zu verwechseln. Dennoch gibt es eine enge Beziehung zwischen beiden. Die Versammlung ist ein Teil dieses Reiches. Sie ist der „Schatz im Acker“ und die „eine kostbare Perle“ von denen der Herr in den Gleichnissen vom Reich der Himmel spricht (Mt 13,44-46).
  • 2 Es ist Gottes Absicht, Häuser zu retten (vgl. Noah 1. Mo 7,1; Heb 11,7; den „Kerkermeister“ in Philippi in Apg 16,30.31) und zu segnen (Kornelius in Apg 11,13.14). Gott möchte darüber hinaus Häuser haben, die Ihm dienen (vgl. Jos 24,15; 1. Kor 16,15) und die Gemeinschaft mit Ihm haben vgl.5. Mo 14,26; 15,20).
  • 3 Kornelius wäre also nicht verloren gegangen, wenn er in diesem Augenblick von Gott weggenommen worden wäre.
  • 4 W. Kelly: Lectures Introductory – the Book of Acts
  • 5 Gemeint ist nicht, dass er ihn als „Gott“ erkennt und anerkennt. Die Anrede ist mit der höflichen englischen Anrede „Sir“ vergleichbar.
  • 6 Die Formulierung, dass Gebete und Almosen aufsteigen, verdient besondere Beachtung. Es wundert uns nicht, dass Gebete „aufsteigen“, weil sie ja direkt an Gott gerichtet sind. Almosen hingegen sind eigentlich für Menschen bestimmt. Dennoch steigen auch diese Wohltaten für Menschen zu Gott auf. Das Gute, das wir Menschen tun, ist zugleich eine Freude für Gott (vgl. Mt 25,40; 26,10).
  • 7 Das ist aber nicht gesichert. Wir wissen zu wenig über dieses Handwerk. Man könnte dagegenhalten, dass Petrus als gesetzestreuer Jude in diesem Fall wohl kaum bei einem Gerber logiert hätte.
  • 8 Nur in Bezug auf Christus heißt es ausdrücklich, dass Ihm der Himmel aufgetan wurde.
  • 9 In Apostelgeschichte 8,15 ist es ähnlich. Dort gehen Petrus und Johannes zu den Samaritern hinab, um sich mit den Gläubigen dort zu identifizieren.
  • 10 www. Evangeliums.net: Zitate Oswald J. Smith
  • 11 E. Eliot: Im Schatten des Allmächtigen
  • 12 Der katholischen Glaubenslehre zufolge ist der Papst tatsächlich der Nachfolger des Apostels Petrus.
  • 13 Gott hatte seinem irdischen Volk allerdings keinen ausdrücklichen Auftrag gegeben, zu den Nationen zu gehen und ihnen von dem Gott Israels zu erzählen. Das ist einer der Punkte, die die Zeit (Haushaltung) des Gesetzes von der Zeit (Haushaltung) der Gnade unterscheidet.
  • 14 Das Alte Testament spricht an vielen Stellen von der Segnung der Sündenvergebung (vgl. z. B. Ps 25,11; 32,1.5; 85,3; Jes 33,24; 40,2; 55,7; Jer 31,34; 33,8; Dan 9,24; Mich 7,19).
  • 15 Dieser Glaube an seine Person wird besonders im Johannesevangelium von dem Herrn selbst betont. 7-mal gebraucht der Herr dort die Formulierung „an mich glauben“ (Joh 6,35; 7,38; 11,25.26; 12,44.46; 14,12).
  • 16 W. Kelly: Lectures Introductory – the Book of Acts
  • 17 F. B. Hole: The Acts of the Apostles
  • 18 Es gibt noch einen vierten Fall in der Apostelgeschichte (Kap 19,1–6). Dort geht es um einen Sonderfall von gläubigen Juden in Ephesus, die nur die Taufe des Johannes kannten. Bei ihnen folgt deshalb auf den Glauben zunächst die christliche Taufe. Danach legt Paulus ihnen die Hände auf und dann empfangen sie den Heiligen Geist.
  • 19 Wer sich mit dem Thema „Taufe mit dem Heiligen Geist“ näher beschäftigen möchte, sei auf einen Artikel in Bibelkommentare.de mit dem gleichnamigen Titel verwiesen.
  • 20 Erst im 1000-jährigen Reich ist erneut von einem Ausgießen des Geistes die Rede (Jes 32,15; 44,3; Hes 39,29; Joel 3,1.2).