Psalm 121 – Der Herr, dein Hüter

In diesem schönen Psalm finden wir die Erfahrungen eines Gläubigen, der in den Erprobungen und Versuchungen auf dem Glaubensweg seine Hilfe und eine nie versagende Quelle im Herrn findet. (Hamilton Smith)

Ein Stufenlied. Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: Woher wird meine Hilfe kommen? Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird nicht zulassen, dass dein Fuß wanke; dein Hüter schlummert nicht. Siehe, der Hüter Israels, er schlummert nicht und schläft nicht. Der Herr ist dein Hüter, der Herr ist dein Schatten über deiner rechten Hand. Nicht wird die Sonne dich stechen am Tag, noch der Mond bei Nacht. Der Herr wird dich behüten vor allem Bösen, er wird behüten deine Seele. Der Herr wird behüten deinen Ausgang und deinen Eingang, von nun an bis in Ewigkeit.

Drei Blickwinkel

Dieser Psalm hat – ähnlich wie andere Psalmen – viele Leser besonders interessiert. Das verwundert nicht, beschreibt er doch den Herrn unter einem besonders zu Herzen gehenden Aspekt, nämlich als unseren Hüter. Zweimal wird dieser Titel genannt (Verse 3 und 5). Ein Hüter ist jemand, der bewahrt und bewacht.1 Bewahrung und Schutz sind das Hauptthema dieses Loblieds. Davon ist sechsmal die Rede. Jeder Gläubige wünscht, beschützt und bewahrt zu werden und wir wissen sehr gut, dass es nur einen gibt, der das tun kann.

„Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit untadelig darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heiland, durch Jesus Christus, unseren Herrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Ewigkeit! Amen“ (Jud 24.25).

Der Psalm besteht nur aus wenigen Versen und hat eine einfache Struktur. In den ersten beiden Versen spricht der Dichter selbst. In dem Rest des Psalms wird er angesprochen. Zu allen Zeiten haben Gläubige in ihrer Not beim Lesen dieses Psalms Trost gefunden.

Wie andere Psalmen kann man den Text unter drei verschiedenen Gesichtspunkten lesen:

  • Historischer Blickwinkel: Der Leser stellt sich die Frage, vor welchem geschichtlichen Hintergrund ein Psalm geschrieben worden ist.
  • Prophetischer Blickwinkel: Der Leser stellt sich die Frage, welche prophetische Situation in einem Psalm abgebildet wird.
  • Praktischer Blickwinkel: Der Leser stellt sich die Frage, was ein Psalm uns heute zu sagen hat. Dabei gilt es zu bedenken, dass die Psalmen eine typisch israelitische (jüdische) Prägung haben. Sie sind in einer Zeit (Haushaltung) geschrieben worden, die sich von der christlichen Zeit deutlich unterscheidet. Anwendungen sind erlaubt, müssen allerdings mit der gebotenen Vorsicht gemacht werden.

Über alles fragen wir uns beim Lesen der Psalmen, was wir von unserem Herrn lernen, denn schließlich spricht das Alte Testament besonders von Ihm und zeigt uns seine Herrlichkeit (Lk 24,27; Joh 5,39).

Es ist meine Absicht, Psalm 121 besonders unter dem praktischen Gesichtspunkt zu uns sprechen zu lassen. Dennoch ist es nützlich, zunächst kurz zu zeigen, wie dieser Psalm historisch und prophetisch eingeordnet werden kann.

Historischer Blickwinkel

Psalm 121 ist der zweite Psalm der sogenannten „Stufenlieder“. Insgesamt 15 Psalmen sind so überschrieben (Psalm 120 bis 134). Vier davon sind von David geschrieben (122,124,131,133), einer von Salomo (Psalm 127). In den übrigen zehn Fällen ist der Dichter unbekannt. Wann diese zehn übrigen Psalmen geschrieben worden sind, ist ebenfalls nicht bekannt.

Zunächst müssen wir uns Gedanken über die Bezeichnung „Stufenlied“ oder „Lied der Stufen“ (Hebräisch: schir hammaalot) machen. Es ist nicht eindeutig, was damit gesagt werden soll. Das hebräische Wort „maalah“ kann tatsächlich mit „Stufe“ übersetzt werden (vgl. 2. Mo 20,26; 1. Kön 10,19; Neh 3,15). Es kann aber auch mit „Hinaufzug“ (Aufstieg) wiedergegeben werden (z. B. Esra 7,9) oder mit „Grad“ (d.h. Grad einer Sonnenuhr).

Es gibt im Wesentlichen drei Erklärungen dazu, welchem Zweck die Stufenlieder gedient haben:

  1. Die jüdische Tradition verbindet sie mit den fünfzehn Stufen, die zum Tempel hinaufführten. Es gab im Tempel Salomos eine halbkreisförmige Treppe mit fünfzehn Stufen, die vom Vorhof der Männer zu dem der Frauen hinabführte. Die Stufenlieder sollen deshalb von den Juden gesungen worden sein, während sie zum Tempel gingen. Diese Annahme gilt allerdings als weniger wahrscheinlich.
  2. Einige Ausleger vermuten, dass diese zehn Psalmen von den Juden gedichtet und gesungen wurden, als sie aus der babylonischen Gefangenschaft zurückkehrten und sich auf den gefährlichen Weg zurück nach Jerusalem machten. Die Annahme ist gut möglich.
  3. Andere weisen darauf hin, dass sie von den Juden gesungen wurden, während sie dreimal im Jahr zu den großen Festen des Herrn (Passahfest, Pfingstfest, Laubhüttenfest) nach Jerusalem gingen. Es scheint ziemlich sicher zu sein, dass dies den Tatsachen entspricht. Psalm 122,4 spielt darauf direkt an: „…wohin die Stämme hinaufziehen, die Stämme Jahs, ein Zeugnis für Israel, zu preisen den Namen des Herrn!“ So gesehen bilden die Stufenlieder eine Art „Liederbuch“ der Juden auf dem Weg nach Jerusalem.2

Auch im Blick auf die Frage, wann diese Psalmen entstanden sind und wer sie geschrieben hat, gibt es unterschiedliche Vermutungen. Die fünf von David bzw. Salomo gedichteten Psalmen sind zu deren Lebzeiten entstanden. Vor welchem Hintergrund das geschah, wissen wir allerdings auch nicht.

Die übrigen zehn Psalmen werden häufig dem König Hiskia zugeschrieben, dessen Leben von Gott nach seiner schweren Krankheit um fünfzehn Jahre verlängert wurde (2. Kön 20,6). Als Zeichen dafür ließ Gott den Zeiger der Sonnenuhr um zehn Stufen rückwärtsgehen (2. Kön 20,11). Der geschichtliche Hintergrund wäre in diesem Fall die Bedrohung Jerusalems durch feindliche Mächte (Assyrien) im Leben Hiskias. Die Bezeichnung „Stufenlieder“ hätte dann nichts mit den Stufen einer Treppe zu tun, sondern verbindet sich mit den „Graden“ der Sonnenuhr.

Manches in den Stufenliedern lässt sich vor dem geschichtlichen Hintergrund des Lebens Hiskias tatsächlich gut erklären. Es könnte deshalb sein, dass sich die Erfahrungen dieses gottesfürchtigen Königs, die er in den kritischen Phasen seines Lebens machte, in diesen Psalmen widerspiegeln.

Bei allen unterschiedlichen Annahmen, wann diese Psalmen geschrieben und gesungen worden sind und wer sie (außer David und Salomo) geschrieben hat, bleibt die geistliche Belehrung wichtiger. Der Heilige Geist zeigt uns, wie ein glaubender Mensch durch die Erfahrungen, die in diesen Stufenliedern beschrieben werden, in der Erkenntnis und dem Lob Gottes von Stufe zu Stufe weitergeführt wird. Das endet in Psalm 134 in einem kurzen und doch besonders zu Herzen gehenden Lobgesang.

J. N. Darby schreibt dazu folgendes und leitet damit auch den prophetischen Blickwinkel ein:

„Die Psalm 120-134 werden als Stufenlieder bezeichnet. Sie werden so genannt, weil sie bei bestimmten Gelegenheiten gebraucht wurden und gewisse fortschreitende Vorgänge bezeichneten, wie z. B. die Rückkehr der Gefangenen aus Babylon. In der Tat, wir finden in diesen Psalmen das stets wachsende Bewusstsein, dass sich die Wanderer der Heimat, dem Ruheort nähern. Doch diese Befreiung aus Babylon und die Rückkehr in der Zeit von Kores sind nur ein Vorbild der zukünftigen Rückkehr Israels aus seiner jetzigen Zerstreuung. Deshalb entsprechen die Stufenlieder den Umständen und den Gefühlen des Überrestes in den letzten Zeiten bis zu dem Augenblick, wenn er befreit und in die Ruhe des Reiches eingeführt werden wird“.3

Prophetischer Blickwinkel

Die Psalmen werden häufig zur persönlichen Erbauung der Gläubigen gelesen und direkt auf das Leben eines Christen angewendet. Dazu sind sie tatsächlich gegeben, aber nicht in erster Linie. Der prophetische Blickwinkel ist eigentlich der wesentliche Aspekt, der leider häufig übersehen wird. Das gilt auch für die Stufenlieder.

Die Stufenlieder sind – wie das ganze Buch der Psalmen – prophetisch. Das liegt daran, dass beim Schreiben der Psalmen wesentliche Elemente der Geschichte des Volkes Israel noch zukünftig waren. Das betrifft zum einen das Leiden des Messias und das Leiden des Überrestes in der Drangsalszeit. Es betrifft ebenso die öffentliche Herrlichkeit des Messias und der damit verbundene Segen für Israel im kommenden Reich. Genau davon sprechen die Psalmen: von Leiden und Herrlichkeiten. Allerdings bilden sie weniger konkrete Ereignisse ab, sondern zeigen vielmehr die Empfindungen derer, die durch diese Umstände gehen.

Jedes Psalmbuch hat seinen eigenen Charakter. Im fünften Teil (Ps 107-150) erkennen wir einen Rückblick und eine Zusammenfassung der Wege Gottes mit seinem irdischen Volk. Er endet mit Lobgesang. Die Stufenlieder sind Teil dieses Buches und sprechen ebenfalls rückblickend von den Erfahrungen des Überrestes der Juden auf dem Weg in das kommende Reich. Die Empfindungen werden in einer gedanklich aufsteigenden Linie beschrieben. Jeder dieser Psalmen zeigt sozusagen eine besondere Stufe auf dem Weg der äußeren und inneren Umkehr der gläubigen Juden in der Zeit des Endes. Vielleicht ist das sogar die beste Erklärung für die Bezeichnung „Stufenlied“.

Unter diesem Aspekt kann man die Stufenlieder in fünf Gruppen von je drei Psalmen einteilen. Jede Fünfergruppe hat einen ähnlichen gedanklichen Aufbau. Im ersten Psalm wird die Not vorgestellt, die vorhanden ist, im zweiten Psalm geht es besonders um das Vertrauen zu Gott in der Not. Im letzten Psalm ist die Rede davon, dass die Bitte erhört wird und Gott aus der Not befreit. Es geht um Gottes Antwort.

Für die erste Gruppe (Ps 120-122) gilt folgendes:

  • Psalm 120 beschreibt die Not des Überrestes. Der gläubige Jude blickt zurück auf die Zeit der Drangsal, aus der der Herr ihn errettet hat. Verschiedene Feinde dieser letzten Zeit wie der Assyrer (Mesech), die umgebenden Völker (Kedar) und der Antichrist (die Zunge des Truges), werden genannt. Das Sehnen nach Frieden erfüllt das Herz des Überrestes.
  • Psalm 121 beschreibt den Schutz des Herrn: Der Überrest sucht Hilfe und bekommt sie von dem „Hüter Israels“. Der Überrest sucht keine menschliche Hilfe, sondern weiß, dass jede Hilfe nur von Gott kommt. In allen Umständen und zu jeder Zeit bewacht Er alle Aktivitäten (Ausgang und Eingang).
  • Psalm 122 beschreibt das Ziel: Es geht um Hoffnung, die mit dem König David verbunden ist, der diesen Psalm schreibt. Es geht um Jerusalem, die Stadt des großen Königs, wo die Throne zum Gericht stehen und von wo aus der Frieden einmal gesichert werden wird.

Diese drei Psalmen beschreiben den gläubigen Überrest der Juden, der aus Jerusalem und Umgebung geflohen ist. Diese Flucht wird verursacht durch den „Gräuel der Verwüstung“ (ein Götzenbild), der im Tempel aufgerichtet werden wird (Mt 24,15ff). Diese wenigen treuen Juden werden von Gott außerhalb des Tempels (und außerhalb Jerusalems) bewahrt werden (Off 12,14). Es ist offensichtlich, dass sie sich im Exil nicht wohlfühlen, denn die Menschen dort hassen sie und sie hassen den Frieden (Ps 120,6). Sie wollen sich deshalb auf den Weg nach Jerusalem machen und rechnen auf der Reise mit dem Schutz Gottes (Ps 121). Sie sind davon überzeugt, dass ihre Füße schon bald wieder in den Toren Jerusalems stehen werden.

Praktische Anwendung

Vor dem Hintergrund des historischen und prophetischen Blickwinkels wollen wir die einzelnen Verse dieses Psalms zu unseren Herzen reden lassen. Wir erinnern uns, dass er die Empfindungen von Gläubigen beschreibt, die auf dem Weg zu ihrem Ziel sind – für die Juden war das Jerusalem, für uns ist das die himmlische Heimat. Das Neue Testament macht klar, dass wir uns auf einer „Reise“ befinden. Wir leben in der Welt, sind jedoch nicht von der Welt. Unser Bürgertum ist in den Himmeln. Wir leben als zielorientierte Menschen, deren Heimat nicht die Erde ist. Briefe wie der Philipperbrief und der Hebräerbrief sind solche „Pilgerbriefe“, die den Gläubigen auf dem Weg zur Heimat zeigen.

Auf diesem Weg werden wir bedroht und sind in Gefahr. Die bange Frage stellt sich deshalb: Wie können wir bewahrt werden? Für Paulus war diese Frage beantwortet. Er schreibt von den Gläubigen und von sich:

  • Philipper 4,7: „… und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus.“
  • Thessalonicher 3,3: „Der Herr aber ist treu, der euch befestigen und vor dem Bösen bewahren wird.“
  • Timotheus 4,18: „Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk und bewahren für sein himmlisches Reich; dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“

Unter diesem Gesichtspunkt lernen wir aus Psalm 121. Zunächst möchte ich jedoch auf zwei Besonderheiten hinweisen:

  1. Der Kerngedanke des ganzen Psalms ist die Bewahrung (das Wort „bewahren“ kommt sechsmal vor – dreimal als Verb und dreimal als Hauptwort). Die Hauptaussage ist, dass Gott die Seinen bewahrt. Er ist der Hüter. Das hebt nicht unsere eigene Verantwortung auf, uns selbst zu bewahren. Beide Seiten sind gleichzeitig wahr. Wir müssen alles tun, uns selbst zu bewahren und wissen doch, dass es Gott allein ist, der uns sicher ans Ziel bringt.4
  1. Gott wird durchweg als Herr (Jehova) bezeichnet. Das bedeutet, dass Er sich als derjenige vorstellt, der sich nicht verändert, sondern ewig derselbe bleibt (der Titel kommt fünfmal vor). „Ich, der Herr, ich verändere mich nicht“ (Mal 3,6). Er ist der ewige „Ich bin“ (2. Mo 3,14). Für uns ist das ein Hinweis auf unseren Herrn, der derselbe ist, „gestern und heute und in Ewigkeit“ (Heb 13,8).

Gliederung

Es fällt schwer, die 8 Verse des Psalms überhaupt einzuteilen. Das Hauptthema ist, dass Gott als der gezeigt wird, der uns bewahrt. Wenn man eine gewisse Struktur haben möchte, könnte man z. B. sagen:

  • Gott hilft (Verse 1.2)
  • Gott behütet (Verse 3.4)
  • Gott schützt (Verse 5.6)
  • Gott erhält (Verse 7.8)

Praktische Erklärungen

Vers 1: Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: Woher wird meine Hilfe kommen?

Der erste Teil des Verses ist eine Aussage, der zweite eine Frage. Der Psalmdichter empfindet auf der Reise, dass er Hilfe braucht. Er schaut weg von den bösen Menschen, von denen in Psalm 120 die Rede ist und richtet seine Augen nach oben. Kinder Gottes können Hilfe nur von oben erwarten. Deshalb macht uns dieser Vers Mut, hoffnungs- und erwartungsvoll zu dem zu schauen, der allein helfen kann.

Ich erhebe meine Augen

Der Psalmdichter befindet sich auf der Reise. Doch er schaut nicht nach unten oder um sich herum, sondern erhebt seine Augen. Wir stellen uns den Pilger auf dem Weg nach Jerusalem vor. Jerusalem liegt auf den Bergen Judäas und war bereits von weitem zu sehen.

Die Blickrichtung des Christen sollte nach vorne und nach oben gehen (Kol 3,1.2). Wir können sicher sein, dass der Teufel alles tun wird, um genau das zu verhindern. Er will, dass wir uns mit unseren Ängsten und Sorgen beschäftigen und mutlos, frustriert und unruhig werden. Christen schauen auf Christus, der im Himmel ist und der selbst auf der Erde erprobt worden ist (Heb 12,2; vgl. Ps 34,6).

Berge können in der Bibel ein Bild für irdische Mächte sein. Sie erinnern an das, was stark und unbeweglich ist. Wenn das hier der Gedanke sein sollte, dann erkennt der Psalmdichter im nächsten Vers an, dass seine Hilfe nicht von irdischen Mächten kommt. Wenn es hingegen um die Berge Jerusalems geht, denken wir an den Wohnort Gottes und dann bekommt der Blick zu den Bergen für uns eine ganz andere Bedeutung. Der Wohnort Gottes ist das Heiligtum im Himmel, zu dem wir in der Tat aufblicken. Dort steht der Thron der Gnade, zu dem wir jederzeit freimütig hinzutreten können und „Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe“ (Heb 4,16). In diesem Sinn sollen wir täglich unsere Augen zu den Bergen erheben. Je mehr wir nach unten schauen, umso mutloser und ängstlicher werden wir (siehe der Blick von Petrus auf die Wellen, als er auf dem Wasser ging). Je mehr wir unsere Augen erheben, umso weniger empfinden wir das Bedrückende der Umstände, in denen wir sein mögen.

Woher wird meine Hilfe kommen?

Es gibt eine Reihe von Bibelübersetzungen, die diese Aussage ebenfalls als Feststellung wiedergeben, d. h. davon ausgehen, dass der Psalmdichter zunächst Hilfe von den Bergen erwartete. Der hebräische Text ist jedoch eindeutig: Es handelt sich um eine Frage (das „woher“ im Text ist ein Fragewort). Der Psalmdichter erwartet seine Hilfe nicht von den Bergen. Es ist ihm klar, dass Hilfe nur von einem kommen kann, nämlich von dem Herrn.

Auf dem Weg zum Ziel war Gefahr immer im Verzug. Das galt für die Juden auf dem Weg von Babylon nach Jerusalem und es galt für alle jüdischen Pilger, die dreimal jährlich zu den Festen des Herrn nach Jerusalem gingen. Es gab Gefahren durch Witterung, durch wilde Tiere und vor allem durch Räuberbanden und feindlich gesinnte Menschen.

Auf unserem Weg zum Himmel gibt es ebenfalls Gefahren. Wir gleichen Schafen, die der Herr inmitten von Wölfen gesandt hat (Mt 10,16). Wir sollten die Gefahren nicht unterschätzen. Es gibt Umstände im Leben, die uns bedrohlich erscheinen und über die wir stolpern können. Wir benötigen Hilfe gegen unseren Widersacher, den Teufel, der sich uns immer entgegenstellt. Wir benötigen Hilfe gegen die uns umgebende Welt, die uns versucht. Und wir brauchen Hilfe gegen das Fleisch in uns, das uns zur Sünde verleiten will.

Die Frage ist daher berechtigt. Die Feinde sind stark und in eigener Kraft können wir sie nicht überwinden. Wo also kommt die Hilfe her?

Vers 2: Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Nun verdeutlicht der Psalmdichter, woran er gedacht hat. Er weiß, dass seine Hilfe nur von dem Herrn kommen kann, der erstens unveränderlich ist (der Herr) und zweitens allmächtig (Er hat Himmel und Erde gemacht).

Meine Hilfe kommt von dem Herrn

Der Psalmdichter gibt selbst die Antwort auf die gestellte Frage. Wer immer der Verfasser ist, er scheint in großer Not gewesen zu sein und sieht sich nach Hilfe um. Von woher wird sie kommen? Von den Bergen? Nein. Der Psalmdichter weiß, dass seine Hilfe nur von dem Herrn kommen kann. Er hat völliges Vertrauen zu Ihm.

Für uns gilt, zwei Sackgassen zu erkennen:

  1. Es ist unmöglich, dass wir uns selbst helfen können. In uns ist keine Kraft, schwierigen Umständen zu begegnen. Das Selbstvertrauen ist die größte Quelle der Schwachheit und führt fast unweigerlich zu einer Niederlage. Oft müssen wir diese Lektion durch bittere Erfahrungen lernen. Es geht uns wie Petrus, der meinte, stark genug zu sein, mit seinem Herrn sterben zu können und eine derbe Niederlage erlebte. Ein mutmachendes Beispiel ist Gideon, dem von der ersten Minute an klar war, dass er in eigener Kraft nichts ausrichten konnte.
  2. Unsere Hilfe kommt nicht von den Bergen, zu denen der Psalmdichter seinen Blick erhoben hatte. Berge sprechen von dem, was stabil und stark ist. Wir Menschen neigen häufig dazu, auf das zu vertrauen, was groß und mächtig aussieht. Doch in der Welt gibt es keine Hilfe für den Gläubigen. Wer auf Menschen oder andere Ressourcen vertraut, wird früher oder später enttäuscht werden. Nicht, dass Gott uns nicht andere Menschen an die Seite stellen kann, die uns helfen können. Dennoch sollten wir unser Vertrauen nicht auf die Werkzeuge setzen, sondern auf den, der alles in der Hand hält.

Der zweite Aspekt steht hier im Vordergrund. Treffend drückt es der Prophet Jeremia aus: „Ja, trügerisch ist von den Hügeln, von den Bergen her das Lärmen; ja, in dem Herrn, unserem Gott, ist die Rettung Israels“ (Jer 3,23). Durch denselben Propheten lässt Gott seinem Volk sagen: „So spricht der Herrn: Verflucht ist der Mann, der auf den Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht und dessen Herz von dem Herrn weicht“ (Jer 17,5). Ein anderer Psalmdichter sagt: „Vertraut nicht auf Fürsten, auf einen Menschensohn, bei dem keine Rettung ist“ (Ps 146,3). Im Licht des Neuen Testamentes denken wir an Paulus, der die Korinther auffordert: „Wacht, steht fest im Glauben; seid mannhaft, seid stark“ (1. Kor 16,13). Die Epheser sollten „stark im Herrn“ sein (Eph 6,10).

Der Glaube schaut über die Berge hinweg zu dem, der alles erschaffen hat – auch die Berge. Es ist der, der vor den Bergen da war (Ps 90,2). In Psalm 123,1 heißt es dann: „Ich erhebe meine Augen zu dir, der du in den Himmeln thronst!“

Der Herr wird uns seine Hilfe sicher geben, wenn wir alles von Ihm erwarten. Dabei überlassen wir es Ihm, wie Er es tut und wann Er es tut. Wir können sicher sein, dass seine Weise und sein Timing immer richtig sind. Wie jemand treffend gesagt hat: „Gottes Hilfe kommt spätestens rechtzeitig.“

Der Herr, der Himmel und Erde gemacht hat

Der Ausdruck, dass der Herr Himmel und Erde gemacht hat, kommt im Alten Testament häufig vor. In den Stufenliedern werden damit einerseits der Segen und anderseits die Hilfe des Herrn verbunden (vgl. Ps 124,8; 134,3). Damit wird ausgedrückt, dass Gott über allem steht, was in dieser Schöpfung (Himmel und Erde) zu finden ist. Der Schöpfer ist größer und mächtiger als seine Schöpfung. Also kann es im Himmel und auf der Erde nichts geben, das Er nicht kontrolliert und das uns deshalb schaden könnte. Unserem Herrn ist alle Gewalt gegeben, im Himmel und auf der Erde (Mt 28,18). Das sollten wir nicht vergessen.

Als die Jünger zu Beginn des christlichen Zeugnisses unter Druck gerieten und von ihren Widersachern attackiert wurden, appellierten sie im Gebet an diesen allmächtigen Gott: „Sie aber, als sie es hörten, erhoben einmütig ihre Stimme zu Gott und sprachen: Herrscher, du, der du den Himmel und die Erde und das Meer gemacht hast und alles, was in ihnen ist“ (Apg 4,24).

Der Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, ist kein lokaler oder nationaler Gott wie die Götter der Menschen. Deshalb steht Er über allen Umständen des Lebens und hilft denen, die auf dem Weg zur himmlischen Heimat sind. Er kennt alle Schwierigkeiten und Hindernisse und ist mit seiner Hilfe da.

Die Zeit, über die der Psalm prophetisch spricht, ist eine Zeit, in der Gott geleugnet und der Mensch vergöttert wird. Bezeichnenderweise ist es gerade die Zeit, in der das ewige Evangelium (Röm 11,19.20; Off 14,6) verkündigt wird, dass nämlich Gott in der Schöpfung wahrnehmbar ist und die Menschen diesen Schöpfer verehren sollen. Die Schatten dieser Zeit sind heute deutlich erkennbar. Schon jetzt leugnen viele Menschen den Schöpfergott, der Himmel und Erde gemacht hat und vertrauen lieber einer Theorie, die völlig unbewiesen und unlogisch ist (Evolutionstheorie). Als Kinder Gottes hingegen sehen wir in dem Gemachten seine ewige Kraft und Göttlichkeit. Diesem Gott schenken wir volles Vertrauen.

Wir wollen uns gegenseitig Mut machen, unsere Augen auf Gott zu richten, der in seiner Allmacht Himmel und Erde geschaffen hat. Hinzu kommt – und das konnte der Psalmdichter nicht wissen – dass wir auf den sehen, der seine Liebe zu uns dadurch bewiesen hat, dass Er seinen Sohn für uns gab (Röm 8,31-39).

Auf den Umstand, dass Gott in diesem Psalm durchgängig der Herr genannt wird, wurde bereits hingewiesen. Unter diesem Namen tritt Gott zu Anfang mit dem Menschen in Verbindung (1. Mo 2) und später mit seinem Volk Israel, dem Er seinen Bund gab. Als Er Mose zu den Kindern Israel sandte und dieser Ihn fragte, was sein Name sei, gab Er ihm die Antwort: „Ich bin, der ich bin“ (2. Mo 3,14). Er ist derselbe, der sich nicht ändert, der Ewige (Ps 102,27; Jes 41,4). Auch wenn wir Gott heute als Vater kennen, der sich im Sohn offenbart hat, bleibt es auch wahr, dass Er für uns der unveränderliche Gott ist, dem wir uneingeschränkt vertrauen können. Von Ihm kommt in der Tat jede Hilfe.

Vers 3: Er wird nicht zulassen, dass dein Fuß wanke; dein Hüter schlummert nicht.

Nun erhält der Psalmdichter Antwort. Zunächst bleibt offen, vom wem die Rede ist (es heißt nur „er“). Erst Vers 5 lüftet das Geheimnis, dass es sich nicht um einen mächtigen menschlichen Beschützer oder einen Engel handelt, sondern um den Herrn selbst. Es bleibt auch offen, wer genau die Antwort gibt. Dennoch gewinnt man den Eindruck, dass es der Herr selbst sein könnte, der hier über sich spricht oder der einen Propheten mit einer Botschaft schickt. Er gibt dem Psalmisten erstens die Zusage, dass sein Fuß nicht wanken wird. Zweitens sichert Er ihm zu, dass Er sein Hüter ist, der nicht schlummert. Dabei wird ein negativ ausgedrückter Tatbestand genannt, dem eine positive Zusage gegenübergestellt wird.

Der Fuß wankt nicht

Auf dem Weg zum Ziel ist es wichtig, dass der Fuß nicht wankt und die Schritte befestigt sind. In den Bergen und Tälern Israels kann ein einziger Fehltritt weitreichende Folgen haben, sodass der Wanderer seinen Weg nicht mehr fortsetzen kann.

Wir sorgen uns auf der Reise vielleicht, dass wir einknicken, ausrutschen, fallen oder zu erschöpft sein könnten, um weiterzugehen. Dann können wir Gott gemeinsam mit dem Dichter von Psalm 119 bitten, unsere Schritte zu befestigen Vers 133). Das Neue Testament spricht ebenfalls mehrfach vom Befestigen. Paulus sichert den Korinthern zu, dass Gott uns befestigen wird bis ans Ende (1. Kor 1,8), d. h. bis zu dem Augenblick, an dem wir das Ziel erreicht haben. Es mag sein, dass Er Prüfungen zulässt. Doch dabei sagt Er uns zu, dass Er mit jeder Prüfung auch den Ausweg schaffen wird, sodass wir sie ertragen können (1. Kor 10,13).

Im Alten Testament gibt es ähnliche Aussagen über unsere Füße. Hier drei Beispiele:

  1. Samuel 2,9: „Die Füße seiner Frommen bewahrt er.“
  2. Sprüche 3,26: „…denn der Herr wird deine Zuversicht sein und wird deinen Fuß vor dem Fang bewahren.“
  3. Psalm 37,23: „Von dem Herrn werden die Schritte des Mannes befestigt, und an seinem Weg hat er Gefallen…“

Wichtig ist, dass der Psalmdichter hier von einer Gewissheit spricht. Gott wird nicht zulassen, dass unser Fuß wankt. Mit anderen Worten: Gott kann – und wird – unseren Fuß bewahren. Es ist unmöglich, dass wir wanken. Wenn wir fallen, ist es nicht Gottes Schuld, sondern eigene Schuld.

Der Teufel hingegen hat nichts anderes im Sinn, als uns aus unserer Festigkeit zu lösen. Er nutzt dazu schwierige Umstände und feindliche Menschen, die uns entweder verführen wollen oder direkt angreifen. Petrus warnt deshalb davor, dass wir nicht mit fortgerissen werden und aus unserer eigenen Festigkeit fallen (2. Pet 3,17). Wenn dem Feind das gelingt, haben wir keinen festen Stand mehr und fallen hin. Deshalb erfolgt im Neuen Testament die Aufforderung „festzustehen“. Wir sollen fest im Glauben und fest im Herrn stehen (1. Kor 16,13; Phil 4,1). Wenn wir auf unseren Herrn sehen und Ihn bitten, uns zu bewahren, wird Er es ganz sicher tun. Die Seite unserer Verantwortung formuliert David so: „Ich habe den Herrn stets vor mich gestellt; weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken“ (Ps 16,8). Vertrauen wir hingegen auf uns selbst, werden wir fallen.

In unserem Psalm ist es keine Aufforderung, sondern eine Zusicherung Gottes. Beides steht nebeneinander und beides ist wahr. Es gibt die Seite unserer Verantwortung und die Seite der festigenden Gnade Gottes.

Gott sorgt dafür, dass wir den Weg mit festen Schritten gehen können, dass wir den Wettlauf mit Ausharren laufen können, indem wir fest auf das Ziel sehen (Heb 12,1; Phil 3,14). Er hat versprochen: „Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen.“ Deshalb können wir vertrauensvoll sagen: „Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“ (Heb 13,5.6).

Dein Hüter schlummert nicht

Zum ersten Mal ist jetzt von einem Hüter die Rede. Es war damals in Israel nicht ganz einfach, eine Wache zu finden, die die ganze Nacht wach blieb und aufpasste. Sobald das Reiselager für die Nacht aufgeschlagen wurde, war es unbedingt nötig, einen zuverlässigen Nachtwächter zu haben, bevor man sich sicher zum Schlafen legen konnte. Ein menschlicher Wächter neigt leicht dazu, irgendwann müde zu werden und zu schlummern. Nicht so unser Herr. Er ist der „Hüter“, der nicht schläft.

Dabei ist die Zusage zunächst persönlich. Es ist „dein Hüter“. Ein Hüter ist jemand, der uns bewacht und bewahrt und der auf uns aufpasst. Er kennt die Gefahren, wird rechtzeitig warnen und handeln.

Dieser Hüter schlummert nicht, d. h., Er schläft nicht. Er ist immer wach. Keine Sekunde verliert Er uns aus dem Auge und bewacht uns. Kein menschlicher Hüter könnte das leisten. Der himmlische Hüter kann es. Seine Fürsorge ist absolut konstant und wird nie unterbrochen. Es gibt nichts und niemand, der Ihn dazu veranlassen könnte.

Der Ausleger A. Barnes (1787–1870) schreibt zu diesem Vers: „Eine Schildwache kann auf ihrem Posten einschlafen durch Nachlässigkeit oder vor Übermüdung; der Steuermann kann am Ruder vom Schlaf überwältigt werden, ja selbst einer Mutter kann es passieren, dass sie an dem Bett ihres kranken Kindes einschlummert; doch Gott gerät nie in Erschöpfung, wird niemals müde, ist niemals unachtsam. Er schließt seine Augenlider nie, dass er die Lage seines Volkes oder die Bedürfnisse seiner Geschöpfe vergäße.“5

Vers 4: Siehe, der Hüter Israels, er schlummert nicht und schläft nicht.

Der Gedanke von Vers 3 wird wiederholt, vertieft und erweitert. Es wird bestätigt, dass der Hüter nicht schlummert. Es wird vertieft, dass Er nicht schläft. Und es wird erweitert, dass Er der Hüter Israels ist.

Er schlummert nicht und schläft nicht

Der Unterschied zwischen schlummern und schlafen ist nicht groß, wenn es überhaupt einen gibt. Beide Worte werden für den natürlichen „Schlaf“ gebraucht. Vielleicht müssen wir bei diesen beiden Ausdrücken besser gar nicht an eine Steigerung denken (in Psalm 76,6 wird das Wort „schlummern“ sogar für den Tod gebraucht). Der Psalmdichter möchte nur die Betonung darauf leben, dass der göttliche Hüter ganz sicher nicht schlafen kann.

Schlummern ist an anderer Stelle der Ausdruck für einen Soldaten, der während seines Dienstes nicht wachsam und aufmerksam ist (Jes 5,27). In Jesaja 56,10 wird das Wort gebraucht, um schläfrige Wächter zu beschreiben. Bei unserem Herrn gibt es so etwas nicht. Von Alexander dem Großen ist überliefert, dass er während eines Feldzuges zu seinen Soldaten gesagt haben soll: „Ich wache, damit ihr schlafen könnt“. Der Hüter, der über uns wacht, ist größer als der größte Feldherr dieser Welt.

Wir denken an die Begebenheit auf dem Karmel, wo Elia den Baalspriestern gegenübersteht. Als ihr Gott nicht reagiert, fordert Elia sie mit den Worten heraus: „Ruft mit lauter Stimme, denn er ist ja ein Gott, denn er ist in Gedanken, oder er ist beiseite gegangen, oder er ist auf der Reise; vielleicht schläft er und wird aufwachen“ (1. Kön 18,27). Der Gott des Palmdichters muss nicht mit lauter Stimme angerufen werden, um aufzuwachen. Er ist immer wach.

Wir denken daran, dass dieser Hüter einmal als Mensch auf der Erde war und dort tatsächlich geschlafen hat. Als die Jünger während des Sturms auf dem See umzukommen glaubten, schlief Er auf einem Kopfkissen. Doch als die Jünger Ihn in ihrem Unglauben weckten und Ihn fragten, ob es Ihm egal sei, dass sie umkämen, erwies Er sich als ihr Hüter, der nicht schläft und schlummert. Selbst in diesem Moment trug Er alle Dinge durch das Wort seiner Macht und ein einziges Wort genügte, um den Sturm zu stillen.

Es kommen Situationen im Leben, in denen wir zweifeln, ob diese Zusagen wirklich stimmen. Wir denken: „Mein Weg ist verborgen vor dem Herrn, und mein Recht entgeht meinem Gott.“ Doch dann hören wir die Worte:

  • „Ein ewiger Gott ist der Herr, der Schöpfer der Enden der Erde; er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist sein Verstand. Er gibt dem Müden Kraft, und dem Unvermögenden reicht er Stärke dar in Fülle“ (Jes 40,27-29).
  • „Denn die Augen des Herrn durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist“ (2. Chr 16,9).

Nein, „…er zieht seine Augen nicht ab von dem Gerechten“ (Hiob 36,7).

Der Hüter Israels

Der Redende gebraucht nun das Wort „Siehe“. Damit will er die Aufmerksamkeit auf etwas Wichtiges lenken. Der göttliche Hüter hat nicht nur den einen Wanderer im Auge, sondern Er passt auf ein ganzes Volk auf! Das ist eine große Aufgabe, die kein Mensch nur ansatzweise tun könnte. Doch Gott kümmert sich ununterbrochen um alle, die Ihm gehören.

Es ist die Rede von dem „Hüter Israels“. Hier geht es darum, dass der Herr sich nicht nur persönlich um uns kümmert, sondern auch gemeinschaftlich. Bei dem Hirten haben wir einen verwandten Gedanken. Er kümmert sich individuell um die Schafe und er kümmert sich kollektiv um die Herde. Gefahren gibt es nicht nur für den einzelnen Gläubigen, sondern ebenfalls für die ganze Herde (die Familie Gottes, die Versammlung Gottes). Deshalb kennen wir Gott als den Hüter jedes einzelnen ebenso wie den Hüter für sein Volk. Er wird uns persönlich und gemeinschaftlich bewahren.

Das Volk Israel ist in der Tat ein lebendiges Beispiel dafür, dass der Herr der Hüter ist. Kein Volk ist in seiner Geschichte je so attackiert worden wie dieses Volk. Immer wieder hat man versucht, es vom Erdboden auszulöschen. Doch alle Versuche sind gescheitert – und sie müssen scheitern. Wer dieses Volk angreift, tastet den „Augapfel“ Gottes an (Sach 2,12). Selbst wenn dieses Volk immer noch weitergeht im Unglauben und noch einmal eine sehr schwere Zeit erleben wird, wird Gott sein Volk bewahren und es in den Segen des kommenden Reiches bringen.

Vers 5: Der Herr ist dein Hüter, der Herr ist dein Schatten über deiner rechten Hand.

Jetzt wird zum ersten Mal klar und deutlich gesagt, dass es der Herr ist, der uns persönlich bewacht und bewahrt. Dann ist die Rede von einem Schatten über der rechten Hand. Während der Fuß von unserer Lebensführung (unserem Wandel) spricht, haben wir es bei der Hand mit unseren Aktivitäten zu tun. Auch darüber wacht unser Herr.

Dein Schatten über deiner rechten Hand

Es fällt zunächst auf, dass es nicht um „irgendeinen Schatten“ geht, sondern um „deinen Schatten“. Es wird sehr persönlich ausgedrückt. Dann ist es nicht einfach eine Hand, sondern die Rede ist von „deiner rechten Hand“. Die Hand spricht von dem, was wir tun, die rechte Hand davon, dass wir es in Kraft tun.

Man mag darüber nachdenken, warum ausgerechnet von dem Schatten über der Hand die Rede ist. Der Schatten schützt vor der Sonnenhitze (an anderer Stelle wird das Wort auch mit „Schirm“ übersetzt; z. B. 4. Mo 14,9). Es könnte sein, dass der Herr uns davor bewahrt, in unseren Aktivitäten nachzulassen. Wie leicht kann die rechte Hand – für die meisten Menschen die Hand zum Arbeiten – in der Hitze des Orients müde werden. Doch nein. Der Herr ist da. Er gibt nicht nur den nötigen Schatten, sondern Er ist selbst der Schatten über der rechten Hand. Der Herr ist bei uns, um uns zu schützen. Er steht über den Umständen, um unsere Aktivitäten vor der Hitze störender Einflüsse zu schützen6. Die Korinther werden aufgefordert, allezeit „überströmend“ zu sein – und zwar in dem Werk des Herrn (1. Kor 15,58). Ohne Ihn gelingt nichts. Mit Ihm gelingt alles, was zu seiner Ehre ist.

Vers 6: Nicht wird die Sonne dich stechen am Tag, noch der Mond bei Nacht.

Zum vierten und letzten Mal spricht der Psalmdichter von etwas, das nicht passieren wird (Vers 3: Er wird nicht zulassen, Vers 4: Er schlummert nicht, Er schläft nicht). Die Sonne wird nicht stechen am Tag und der Mond bei Nacht. Beides (Sonne und Mond) sind äußere Einflüsse, die der Wanderer nicht beeinflussen kann und die sich doch störend auswirken können. Am Tag ist es die Hitze, die Fuß und Hand müde macht. In der Nacht ist es der Mond, der die notwendige Ruhe (den Schlaf) negativ beeinflusst. Beides passiert nicht, wenn der Hüter über den Wanderer wacht.

Ging es in den vorherigen Versen um den Fuß und die Hand, so können wir bei Sonne und Mond an nicht veränderbare Umstände denken, die unser Inneres beeinflussen.

Gott nimmt die Glut der Sonne nicht weg und verhindert nicht, dass der Mond scheint. Doch Er sorgt dafür, dass sie uns nicht abhalten, unseren Weg zum Ziel zu gehen. Gott sorgt dafür, dass wir bei allem, was uns in unserem Glaubensleben beschäftigt, nicht beeinträchtigt werden. Er behütet den „inneren Menschen“.

Die Sonne am Tag

Von der Sonne heißt es, dass sie nicht stechen wird am Tag. Das Wort „stechen“ bedeutet eigentlich „schlagen“ (vgl. 1. Mo 4,15, wo es zum ersten Mal vorkommt). Als Mitteleuropäer empfinden wir die Sonne in der Regel als etwas angenehmes. In der Bibel ist die Sonne ebenfalls an den meisten Stellen positiv belegt. Doch es kann auch anders sein. Gerade im Orient kann die Sonnenhitze leicht müde machen. Sie macht es mühsam, sich zu Fuß fortzubewegen und zu arbeiten. Die Sonne steht hier für unangenehme Einflüsse von außen, die uns in unserem Glaubenslauf behindern. Wir können sie nicht verändern. Sie sind da und beeinflussen uns. Lebensumstände (z. B. berufliche Herausforderungen, Krankheiten, familiäre Probleme) können tatsächlich wie eine sengende Sonne sein, die uns jede Kraft und Freude nimmt.

Es gibt Momente im Leben, wo Gott es zulässt, dass die Sonne stechend wird. Bei dem Propheten Jona war das der Fall. Dort sorgte Gott sogar aktiv dafür, dass die Sonne Jona aufs Haupt stach, sodass er „ermattet niedersank“ (Jona 4,8). Doch das ist nicht der Normalfall. Jona war undankbar und missmutig und Gott musste ihn erziehen. In Psalm 121 ist das anders. Der Wanderer vertraut auf Gott und der schützt ihn.

Der Mond bei Nacht

Wenn im Orient der Mond vom klaren Himmel scheint, entwickelt er Kräfte, von denen wir Mitteleuropäer nur wenig ahnen. Der Mondschein kann in diesem Teil der Erde tatsächlich für Menschen gefährlich werden. Menschen, die dort viel im Freien übernachten, achten deshalb darauf, Kopf und Gesicht vor dem Mond zu schützen. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Mond ebenso gut wie die Sonne „stechen“ kann. Die Folgen können Krämpfe und sogar vorübergehende Blindheit sein.

Doch auch in anderen Erdteilen ist es bekannt, dass manche Menschen bei bestimmten Mondphasen (z. B. bei Vollmond) schlecht schlafen. Der Mond kann tatsächlich einen gewissen Einfluss auf uns ausüben (man spricht z. B. von Mondsüchtigkeit). Bis heute gibt es dazu keine schlüssigen wissenschaftlichen Erklärungen. Viele Menschen werden gerade nachts von ihren Gedanken geplagt, die den Schlaf rauben. Doch auch hier ist der Hüter da, um diese Einflüsse zu eliminieren.

Im geistlichen Bereich ist es ebenso, dass Einflüsse vorhanden sind, denen wir uns kaum selbst entziehen können und die sich als störend und gefährlich auswirken. Doch „wer im Schutz des Höchsten sitzt, wird bleiben im Schatten des Allmächtigen“ (Ps 91,1) und muss sich weder vor solchen Einflüssen fürchten noch sich damit beschäftigen. Er wird sich „nicht fürchten vor dem Schrecken der Nacht“ (Ps 91,5).

Vers 7: Der Herr wird dich behüten vor allem Bösen, er wird behüten deine Seele.

Die letzten beiden Verse zeigen noch einmal nachdrücklich, wie der Herr die Seinen behütet und erhält. Drei Dinge werden betont:

  • erstens werden wir vor allem Bösen bewahrt
  • zweitens wird die Seele bewahrt
  • drittens werden unser Ausgang und Eingang bewahrt

In allen drei Fällen ist es keine Bitte des Psalmdichters, sondern eine Zusage, die Gott gibt.

Der Herr behütet vor allem Bösen

Der Schutz Gottes ist umfassend: Die ganze Person (Geist, Seele und Körper) des Psalmdichters wird vor jedem Bösen bewahrt. Das bedeutet nicht, dass es kein Böses gibt, sondern dass der Herr den Wanderer darin behütet. In allem, was sich irgendwie gegen ihn richtet, wird Gott sein Schutz sein. Keinem Feind oder Wegelagerer ist es erlaubt, ihm zu schaden.

Für den Überrest Israels hat diese Zusage eine besondere Bedeutung. Die gläubigen Juden werden für diese Erde bewahrt und in das Reich eingehen. Für sie wird es tatsächlich eine buchstäbliche Befreiung von allem Bösen geben, das sie bedroht. Als Christen haben wir eine andere Hoffnung. Wir werden nicht für das irdische Reich bewahrt, sondern für das himmlische Reich. Paulus wusste: „Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk und bewahren für sein himmlisches Reich; dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“ (2. Tim 4,18). Den Thessalonichern sichert er zu: „Der Herr aber ist treu, der euch befestigen und vor dem Bösen bewahren wird“ (2. Thes 3,3).

Wir wissen, dass Gott seine Augen zu keiner Zeit von dem Gerechten abzieht (Hiob 36,7). Wenn wir in seiner Nähe bleiben, werden wir täglich erleben, wie Er uns vor dem Einfluss des Bösen bewahrt.

Johannes schreibt: „Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt; sondern der aus Gott Geborene bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an“ (1. Joh 5,18). Das zeigt erneut die Seite unserer Verantwortung. Davon spricht der Psalmdichter nicht. Er zeigt die Seite Gottes, der uns bewahrt.

Das Böse tritt in unterschiedlicher Form an uns heran. Zum einen liegt die ganze Welt in dem Bösen (1. Joh 5,19). Alles, was die Welt bietet, ist böse. Wir sind darauf angewiesen, dass unser Herr uns bewahrt, damit wir in glücklicher Gemeinschaft mit Ihm den Weg bis zum Ziel gehen können. Zum anderen gibt es Menschen, die uns Böses tun wollen (z. B. 2. Tim 3,13). Und schließlich ist es Satan, „der Böse“, der uns attackiert (siehe das Beispiel Hiobs). Wir müssen in der Welt mit Feindschaft und Angriffen rechnen. Nur weil der Herr uns sicher bewahrt, werden wir keine Beute des Bösen werden und das Ziel erreichen.

Bei dem Bösen können wir auch an irdische Umstände denken, die uns auf der Reise behindern. Der Herr lässt sie zu, doch wir können sie in dem Bewusstsein erleben, dass alles Übel aus seiner Hand kommt und zu unserem Guten ist (Röm 8,28). Schließlich wollen wir nicht vergessen, dass das Böse (Gedanken, Vorstellungen, Worten, Taten) aus dem eigenen Herzen kommen können.

Der Gläubige kennt den Herrn als seinen großen Hirten, der gesagt hat: „Und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben“ (Joh 10,28.29). Niemand und nichts kann uns je von der Liebe des Christus und der Liebe Gottes scheiden (lies Röm 8,35-39).

Der Herr behütet die Seele

Die Seele steht hier für das Innere des Menschen. Es geht nicht in erster Linie darum, dass der Körper bewahrt bleibt, sondern die Seele. Es ist unbedingt wahr, dass Gott sich nicht nur um Geist und Seele, sondern auch um den Körper der Seinen kümmert. Paulus schreibt: „Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und euer ganzer Geist und Seele und Leib werde untadelig bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (1. Thes 5,23). Der Herr wird den Körper (den Leib der Niedrigkeit) am Ende (bei der Entrückung) in einen Herrlichkeitsleib verwandeln (Phil 3,21).

Dennoch ist es unstrittig, dass die Gefahren für den inneren Menschen (die Seele) größer sind als für den äußeren Menschen. Deshalb haben wir es jeden Tag nötig, dass unsere Seele vor schädlichen Einflüssen bewahrt bleibt. Psalm 97,10 sagt: „Er bewahrt die Seelen seiner Frommen; aus der Hand der Gottlosen errettet er sie.“ Auch hier gibt es die Seite unserer Verantwortung. Salomo spricht davon mehrmals in den Sprüchen und zeigt die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen (vgl. Spr 16,17; 19,16; 21,23; 22,5). Unser Psalm spricht jedoch von dem, was Gott tut. Wenn uns Böses begegnet, sind wir aufgefordert, es im Gebet vor unseren Gott zu bringen. Die Folge ist, dass sein Friede unser Inneres (Herz und Sinn) bewahren wird in Christus Jesus (Phil 4,7).

Vers 8: Der Herr wird behüten deinen Ausgang und deinen Eingang, von nun an bis in Ewigkeit.

Der letzte Vers ist wie eine Zusammenfassung. Er zeigt, dass wir nicht nur umfassend, sondern zugleich dauerhaft bewahrt werden. Für die gesamte Reise von Anfang bis zum Ende weiß der Wanderer, dass der Herr da ist, um ihn zu schützen. Diesem Herrn kann er voll und ganz vertrauen.

Deinen Ausgang und deinen Eingang

Es ist bekannt, dass dieser Vers häufig auf Beerdigungen zitiert wird (dann jedoch meistens als Bitte, dass der Herr das tun möchte). Ohne Frage kann man diese Aussage auf den Heimgang eines Gläubigen anwenden (allerdings nicht als Bitte, sondern als tröstende Feststellung). Dennoch ist das nicht der ausschließliche Gedanke. „Ausgang und Eingang“ beziehen sich auf alle Aktivitäten und Bewegungen des Gläubigen. Das ganze Leben – jeder Tag – besteht aus einem „Ausgehen“ und „Eingehen“. Mit anderen Worten: Es geht um alles, was wir tun. Bei jeder Handlung und jedem Weg werden wir behütet.

Der Herr behütet uns, wenn wir morgens das Haus verlassen und abends heimkehren. Der Herr behütet uns, wenn wir in jungen Jahren in das Leben hinaustreten und es im Alter (oder vielleicht durch Krankheit) verlassen. Jeder Ausgang und jeder Eingang stehen unter seinem göttlichen Schutz.

Von nun an bis in Ewigkeit

Für einen gottesfürchtigen Juden bedeutete die Ewigkeit das Reich auf der Erde. Daran wird der Psalmdichter vermutlich gedacht haben. Für uns ist es mehr. Wir wissen, dass Gott uns vom ersten Tag des Glaubenslebens bis zum Ende begleitet und beschützt. Sein Schutz ist allumfassend und dauerhaft. Es gibt keinen Umstand des Lebens und keinen Moment im Leben, wo wir nicht darauf vertrauen könnten. Dafür sei Gott die Ehre!

Und sollte der Herr noch nicht kommen und wir durch den Tod gehen, dann können wir sicher sein, dass der Herr auch diesen letzten „Ausgang“ (wir verlassen die Erde) und den letzten „Eingang“ (wir gehen in die „ewigen Hütten“ ein, Lk 16,9) überwachen wird. Wir kommen sicher im Vaterhaus an. Der Herr wird uns für sein himmlisches Reich bewahren (2. Tim 4,18). Wenn wir dies in unseren Herzen fest halten, werden wir einen „reichlichen Eingang“ in das „ewige Reich unseres Herrn“ haben und uns darauf freuen (2. Pet 1,11).

Der Burmamissionar A. Judson (1788–1850) hat zu diesem Vers gesagt: „Gott hat mich nicht bisher so sorgsam geführt, um mich nun an der Himmelspforte im Stich zu lassen.7

Zusammenfassung

Der Herr ist unser Hüter. Ein andere Hilfe brauchen wir nicht. Er schläft nicht und schlummert nicht.

  • Er bewahrt unseren Fuß vor Straucheln, damit wir sicher gehen können.
  • Er bewahrt unsere Hand, damit wir für Ihn arbeiten können.
  • Er bewahrt vor den Einflüssen des Lebens, damit sie uns nicht weh tun.
  • Er bewahrt uns vor dem Bösen, damit es uns nicht schadet.
  • Er bewahrt unsere Seele, damit wir nicht mutlos werden.
  • Er bewahrt uns in allen Umständen und zu jeder Zeit, damit wir das Ziel sicher erreichen.

C.H. Spurgeon schreibt: „Niemand ist so sicher wie der, der in Gottes Hut steht, niemand so in Gefahr wie der, der sich in eigener Kraft sicher dünkt… Der Ewige selbst wird über unserer Tür wachen, wenn wir sie vor uns auf- oder hinter uns zumachen, und diesen gnädigen Dienst wird Er versehen, solange es noch einen einzigen Menschen gibt, der auf Ihn traut, solange noch irgendeine Gefahr übrig ist, kurzum, solange die Zeit währt. Gepriesen sei der Hüter Israels, der uns unter diesem Namen so besonders teuer geworden ist, seit die zunehmende Erkenntnis unserer Schwäche uns tiefer denn je empfinden lässt, wie sehr wir Bewahrung nötig haben“.8

Fußnoten

  • 1 Das Wort kommt zum ersten Mal in 1. Mose 2,15 vor. Dort bekommt Adam den Auftrag, den Garten zu „bewahren“.
  • 2 Das wird der Grund sein, warum es in der Lutherbibel „Wallfahrtslieder“ heißt. Das ist jedenfalls eine Interpretation und keine exakte Übersetzung.
  • 3 J. N. Darby: The Psalms
  • 4 Eine kleine Illustration hilft uns, die beiden Seiten besser zu verstehen: Ein Vater geht mit seinem kleinen Kind am Hafen spazieren. Er sagt dem Kind: „Bleib bitte an meiner Hand. Wenn du dich losreißt, fällst du ins Wasser und ertrinkst.“ Das Kind hat somit die Verantwortung, an der Hand der Vaters zu bleiben. Diese Verantwortung wird dem Kind nicht genommen. Sollte es sich tatsächlich losreißen und ins Wasser fallen, wird es dennoch nicht ertrinken. Der Vater wird dem Kind nachspringen und es vor dem Ertrinken bewahren.
  • 5 Psalms: Barnes‘ Notes on the whole Bible
  • 6 Es fällt auf, dass der Schatten nicht unter der Hand, sondern über der Hand ist, d. h. es ist nicht die Hand, die den Schatten wirft, sondern die Hand wird durch den Schatten geschützt.
  • 7 Zitiert nach C. H. Spurgeon: The Treasury of David
  • 8 C. H. Spurgeon: The Treasury of David