Einführung in das Buch der Offenbarung

Einführung in das Buch der Offenbarung

Das Lesen dieses letzten Buches der Bibel löst unterschiedliche Empfindungen aus. Die einen lesen dieses Buch mit Begeisterung, andere machen einen großen Bogen darum und betrachten es als ein „Buch mit sieben Siegeln“.1 Es gibt kaum ein Buch, über das so viele Auslegungen geschrieben wurden, wie über dieses Buch. Es gibt allerdings zugleich kaum ein Bibelbuch, das so unterschiedlich interpretiert wird wie dieses Buch. Die Offenbarung scheint eines der schwierigsten Bibelbücher zu sein und ist doch zugleich hochaktuell. Es ist ein Buch, das unbedingt gelesen werden muss. Derjenige, der es liest und bewahrt, wird gleich zweimal „glückselig“ genannt (Off 1,3; 22,7) – eine Zusage, die es in keinem anderen Bibelbuch in dieser Form gibt.2 Ganz am Ende wird ausdrücklich gesagt: „Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, um euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen“ (Off 22,16). Der Herr Jesus legt also Wert darauf, dass wir dieses Buch nicht nur persönlich lesen und zu Herzen nehmen, sondern dass es in den Versammlungen gelesen und gepredigt wird.3

Die Einzigartigkeit des letzten Buches der Bibel ist unumstritten. Das macht schon das erste Wort klar, „Offenbarung“ (Apokalypse). Das Wort bedeutet „Enthüllung“. Wenn man von apokalyptischen Büchern spricht, ist hiermit eine Literaturgattung gemeint, die wir sonst in der Bibel nur im Alten Testament finden (besonders die Bücher Daniel, Hesekiel und Sacharja). Im Neuen Testament ist die Offenbarung das einzige Buch dieser Art. Neben den fünf geschichtlichen Büchern (die vier Evangelien und die Apostelgeschichte) und den einundzwanzig Briefen ist die Offenbarung das einzige neutestamentliche Buch, das im engeren Sinn prophetisch genannt werden kann.4 Die ersten vier Bücher beschreiben das Leben und das Werk unseres Herrn. Die Apostelgeschichte zeigt das praktische Leben der ersten Christen. Die Briefe geben die notwendige geistliche Unterweisung für das Leben der Christen und der Versammlung (Gemeinde). Die Offenbarung gewährt uns einen Blick in die Zukunft. Das Buch nimmt also als Abschluss des biblischen Kanons eine besondere und wesentliche Stellung im Neuen Testament ein.

Ein Vergleich mit den prophetischen Büchern des Alten Testamentes zeigt ebenfalls Unterschiede. Die Offenbarung wurde geschrieben, nachdem der Herr Jesus gelebt hat, gestorben und auferstanden und in den Himmel zurückgekehrt ist, während Er in den Büchern des Alten Testamentes lediglich vorausgesagt wurde. Deshalb nimmt Er in der Offenbarung den zentralen Platz ein.

A. C. Gaebelein schreibt: „Dieses großartige Buch des Wortes Gottes kann zurecht als Schlussstein der gesamten Bibel bezeichnet werden. Eine Pyramide wird erst durch einen Schlussstein, der die Spitze bildet, zu einer echten Pyramide. Auf die gleiche Weise wird die Bibel erst durch dieses Buch der „Offenbarung Jesu Christi die vollständige Offenbarung Gottes. Ohne dieses Schriftstück wäre die Bibel ein unvollendetes Buch, und die in den vorangegangenen Büchern aufgeworfenen Fragen blieben für immer unbeantwortet.“5

Die Offenbarung wird manchmal die „Offenbarung des Johannes“ genannt, was nicht ganz korrekt ist. Johannes hat dieses Buch wohl unter der Leitung des Heiligen Geistes geschrieben, doch eigentlich ist es die „Offenbarung Jesu Christi“ (Off 1,1). Die Offenbarung zeigt uns, wie alles einmal ausgehen wird. Doch vor allem zeigt sie uns, durch wen sich alle Pläne Gottes mit dieser Erde einmal erfüllen werden. „Denn der Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu“ (Off 19,10). Es geht in diesem Buch zentral um die Person unseres Herrn, der einmal als „Herr der Herren“ und „König der Könige“ auf der Erde erscheinen wird (Off 17,14; 19,16).

Schon das flüchtige Lesen dieses Buches stellt jeden Leser in das Licht Gottes. Für den ungläubigen Leser ist es eine ernste Mahnung, Buße zu tun. Für den gläubigen Leser ist es Belehrung, Trost, Ermutigung und zugleich Mahnung. Es ist nicht zuerst dazu gegeben, unsere Neugier zu befriedigen, sondern es gilt den Knechten Jesu Christi, d. h. solchen, die Ihm jetzt auf der Erde folgen, Ihm dienen und auf Ihn warten. Die Offenbarung hilft uns, das besser zu tun.

1. Ein prophetisches Buch

Das letzte Buch der Bibel ist ein prophetisches Buch. Es ist eine „Offenbarung“ und spricht über die Zukunft. Wir sollen wissen, was bald geschehen muss (Off 1,1). Im Zentrum steht eine Person, unser Herr und Heiland Jesus Christus, der in diesem Buch als der Richter beschrieben wird und dessen baldiges Kommen von Ihm selbst zugesagt wird (Off 22,7.12.20).

Dabei konzentriert sich biblische Prophetie im engeren Sinn auf Ereignisse und Personen, die mit der Erde zu tun haben. Deshalb spricht die Offenbarung nicht von der typisch christlichen Hoffnung. Sie spricht weder von der Entrückung noch vom Haus des Vaters.6 Es geht um das Reich Gottes in Macht und Herrlichkeit, das einmal auf der Erde gegründet und existieren wird und in dem Christus regiert. Es geht – um es mit den Worten von Petrus zu sagen – um die „Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ und um seine „herrliche Größe“ (2. Pet 1,16). Wenn wir damit beschäftigt sind, haben wir erstens Licht für unseren Weg und unsere Zeitverhältnisse, und zweitens wird die Sehnsucht nach dem Kommen unseres Herrn in unseren Herzen zunehmen (vgl. 2. Pet 1,19).

Die Offenbarung ist als letztes Buch der Bibel ein passendes Gegenstück zum ersten Buch der Bibel, das unsere Herkunft erklärt. Es geht in der Offenbarung im Kern um die Herrlichkeit und um die Zukunft unseres Herrn. Und seine Zukunft bestimmt wiederum die Zukunft dieser Erde und der Menschen, die Zukunft der Gläubigen und Ungläubigen, die Zukunft Israels und der Nationen und auch die Zukunft des Teufels und seiner Engel.

Man hat das Buch der Offenbarung mit einer großen Endstation verglichen, in die alle „Züge der Weissagung“ einfahren, die uns in der Bibel begegnen. Alle noch nicht erfüllten Prophezeiungen des Alten Testamentes erreichen hier ihr Ziel. Und auch die prophetischen Aussagen des Neuen Testamentes erfüllen sich in diesem Buch. Im Alten Testament wird Christus vorausgesagt. Im Buch der Offenbarung erscheint Er sichtbar, um zu herrschen. Er wird regieren, so wie es Jakob in seinem Segen über Juda vorausgesagt hat: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehorchen“ (1. Mo 49,10).

Das Buch der Offenbarung ist ein Buch der Gegensätze. Wir finden Akteure, die einmal auf der Weltbühne auftreten werden. Mächte der Bosheit und Finsternis treffen auf Mächte des Himmels und des Lichts. Gut und Böse stehen einander gegenüber. Satan lehnt sich gegen Christus auf und wird besiegt. Bestehende Ordnungen brechen zusammen. Es gibt Menschen, die gerettet sind, und solche, die verloren gehen. Am Ende wird es zwei Destinationen geben: den Himmel und die Herrlichkeit auf der einen Seite, den Abgrund, den Feuersee und die ewige Verdammnis auf der anderen Seite. Am Ende triumphiert jedenfalls unser Herr und Heiland. „Und es geschahen laute Stimmen in dem Himmel, die sprachen: Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen, und er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 11,15).

Die Offenbarung klärt alle noch offenen prophetischen Fragen, die bei der Lektüre der übrigen prophetischen Bücher offengeblieben sein könnten. Deshalb kann man dieses Buch nur dann wirklich verstehen, wenn man die übrigen prophetischen Bücher (besonders die Bücher Daniel, Hesekiel und Sacharja) gelesen hat. Diese Bücher werfen Licht auf die Offenbarung, und die Offenbarung wirft Licht auf diese Bücher. „Indem ihr dies zuerst wisst, dass keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist“ (2. Pet 1,20).

Zusammenfassend können wir sagen: In der Offenbarung wird die Heilsgeschichte Gottes mit dieser Erde abgeschlossen. Am Ende steht das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus, das mit dem tausendjährigen Reich beginnt und in die Ewigkeit nach der Zeit übergeht. Der Weg zu diesem Ziel ist geprägt von Widerstand, Kampf und Gericht. Im Mittelpunkt des Geschehens steht Christus, das Lamm und der Löwe, der am Ende den Sieg über alle feindlichen Mächte davonträgt. Er ist der Anfang und das Ende, Ausgangspunkt und Ziel des großen Heilsplans Gottes! Ihm gehört alle Ehre und Anbetung!

2. Zweck und Absicht

Wir haben gesehen, dass die Offenbarung ein prophetisches Buch ist, das den Knechten Christi zeigt, was bald geschehen wird. Damit sind der eigentliche Zweck und die Absicht benannt. Und dennoch ist die Offenbarung mehr als ein „Endzeitfahrplan“. Die Sicht auf die Zukunft wird uns nicht gegeben, um unsere Neugier zu befriedigen. Es steckt viel mehr dahinter. Ich möchte drei Punkte nennen:

  1. Es geht – wie bereits gezeigt – zentral um die Herrlichkeit unseres Herrn und Heilandes, der hier auf der Erde, wo einmal sein Kreuz (Symbol der Verachtung) stand, regieren wird.
  2. Es geht darum, leidende Gläubige zu ermutigen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die ursprünglichen Empfänger durch große Leiden und Verfolgungen gingen. Johannes stellt sich deshalb als „euer Bruder und Mitgenosse in der Drangsal und dem Königtum und dem Ausharren in Jesus“ vor, der selbst „um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen“ in der Verbannung lebte (Off 1,9). Deshalb ist die Offenbarung nicht nur ein „prophetisches Buch“, sondern zugleich ein „Trostbuch“ für leidende und kämpfende Christen.
    Worin liegt der Trost?
    Darin, dass der jetzt verachtete und abgelehnte Jesus Christus einmal in Macht und Herrlichkeit regieren wird. Diese Regierung dauert tausend Jahre und geht dann in die Ewigkeit nach der Zeit über.
    Darin, dass diejenigen, die Ihm heute folgen, dann mit Ihm regieren werden. Sie werden Anteil an dem Sieg Christi haben.
    Darin, dass einmal alle Feinde zu seinen Füßen liegen werden und sich Ihm beugen müssen – auch diejenigen, die die Gläubigen heute verfolgen.
  3. Es geht auch um Warnung. Die Gläubigen in den sieben Versammlungen Kleinasiens befanden sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – in keinem guten geistlichen Zustand. Deshalb ist das Buch der Offenbarung zugleich eine Mahnung und Warnung, in Trübsalen nicht einzuknicken und sich nicht der Welt anzupassen. Mit Recht ist gesagt worden, dass die Offenbarung die letzte mahnende Stimme des zu Ende gehenden ersten Jahrhunderts ist.

Gott offenbart uns die kommenden Gerichte, die über eine gottlose Menschheit hereinbrechen werden, um uns zu ermutigen und zu warnen. Er will uns zeigen, wie wir in dieser Welt zu seiner Ehre leben können. Dazu ist eine gewisse Kenntnis des wahren Charakters dieser Welt erforderlich – und genau das zeigt uns die Offenbarung. Die Welt ist erstens götzendienerisch und zweitens rebellisch (Off 9,20.21; 16,9). Sie wird angeführt vom Fürsten dieser Welt, der „Krieg führt mit dem Lamm“ (Off 17,14). Und nicht nur das: Sie steht unter dem Gerichtsurteil Gottes, das bald vollzogen wird. Auch das lehrt uns das Studium der Offenbarung.

3. Der Verfasser

3.1. Interne und externe Hinweise

Der Autor nennt sich selbst mehrfach mit seinem Namen Johannes. Zu Beginn schreibt er: „Johannes den sieben Versammlungen“, und: „Ich, Johannes, euer Bruder ...“ (Off 1,4.9). Am Ende des Buches nennt er sich noch einmal mit Namen: „Und ich, Johannes, bin der, der diese Dinge hörte und sah ...“ (Off 22,8).

Gleich zu Anfang sagt er von sich selbst, dass er im Auftrag seines Herrn Jesus Christus schreibt. Dennoch gilt festzuhalten, dass es nicht die „Offenbarung des Johannes“, sondern die „Offenbarung Jesu Christi“ ist (Off 1,1). Er hat sie allerdings durch seinen Engel „seinem Knecht Johannes gezeigt“. Derjenige, der diese Offenbarung aufschreiben sollte (Off 1,19), trägt also den Namen Johannes und bezeichnet sich als einen Knecht Jesu Christi. Den eindeutigen Auftrag „zu schreiben“ finden wir in keinem Buch so häufig wie hier (vgl. Off 1,11.19; 2,1.8.12.18; 3,1.7.14; 14,13; 19,9; 21,5). Diese Formulierung lässt vermuten, dass große Teile des Buches einem direkten wörtlichen (mündlichen) Diktat entstammen. Dabei fällt auf, dass Johannes nicht nur „hörte“, sondern auch „sah“. Gerade das, was er sah, berührte ihn emotional mehrfach stark (vgl. Off 1,17; 5,4; 10,9.10; 17,6; 19,10; 22,8.9).

Damit ist allerdings noch nicht gesagt, wer dieser Johannes ist. Es gibt sehr gute Gründe, davon auszugehen, dass es sich um den Jünger Jesu, d. h. den Sohn des Zebedäus, handelt. Wir kennen ihn gut aus den vier Evangelien. Er nennt sich hier weder „Apostel“ noch „Jünger“, sondern „Knecht“. Das passt zu dem Charakter des ganzen Buches, das sich ja an „Knechte“ richtet. Der Schreiber verbindet sich darin mit den Empfängern des Buches. Die Art und Weise, wie er auf das Alte Testament verweist (sehr viele Verse haben einen direkten oder indirekten Bezug zum Alten Testament), zeugen darüber hinaus von einer exzellenten Kenntnis der alttestamentlichen Schriften und des jüdischen Denkens.

Außer der Tatsache, dass der Verfasser Johannes heißt, gibt uns das Buch selbst keine weiteren direkten Hinweise darauf, dass es sich um den Jünger und Apostel Jesu handelt. Es liegt allerdings auf der Hand, dass die Empfänger ihn gut kannten und dass er die Empfänger kannte. Und nicht nur das: Der Autor tritt mit eindeutiger Autorität auf, und zwar als jemand, der erwarten kann, dass die Briefempfänger seine Botschaft annehmen würden. Sonst hätte er sich anderweitig vorgestellt. Nun wissen wir aus der Kirchengeschichte, dass der Jünger Johannes viele Jahre in Ephesus lebte und arbeitete. Er wurde von Kaiser Domitian für eine gewisse Zeit auf die Insel Patmos verbannt. Später kehrte er nach Ephesus zurück, wo er nach einem erfüllten Leben starb.

Das Zeugnis der Kirchenväter ist in der Frage der Verfasserschaft eindeutig. Weil das Buch an sieben Gemeinden in Kleinasien geschickt wurde, fand es unter den Gläubigen schnelle Verbreitung, so dass sich eine ganze Reihe der frühen Schreiber darauf beziehen und den Apostel Johannes als Verfasser nennen. Justin der Märtyrer (ca. 100–165 n. Chr.), der kurz nach dem Tod des Johannes geboren wurde, nennt ihn ausdrücklich als Autor.7 Ebenso Irenäus von Lyon (ca. 175–195 n. Chr.), der von Polykarp gelernt hatte, der wiederum ein Schüler des Johannes war. Im Jahr 1945 in Ägypten gefundene Papyri, die man auf das Jahr 150 n. Chr. datiert, enthalten ein Zitat aus Offenbarung 1,19. Dort wird ausdrücklich gesagt, dass dies von Johannes, dem Bruder des Jakobus und Sohn des Zebedäus, geschrieben sei. Weitere Zeugen sind Clemens von Alexandrien (ca. 150–215 n. Chr.) und Origenes (ca. 185–253 n. Chr.).

3.2. Kritik

Es muss uns allerdings nicht wundern, dass es gegen die Verfasserschaft von Johannes Einwände gab und gibt. Der Teufel versucht immer, das Wort Gottes zu diskreditieren. Erste Einwände stammen von Dionysius von Alexandria (gest. 265 n. Chr.). Als Grund gab er die Verschiedenheit der Sprache zwischen dem Evangelium und den Briefen des Johannes einerseits und der Offenbarung andererseits an. Der wahre Grund wird jedoch ein anderer gewesen sein, denn Dionysius leugnete die Wahrheit von einem tatsächlichen tausendjähren Reich auf dieser Erde, die in der Offenbarung gelehrt wird. Ihm folgte der Kirchenhistoriker Eusebius von Cäsarea (263–339 n. Chr.), der die Ansicht vertrat, der Verfasser sei ein „Johannes der Älteste“ gewesen. Bis heute gibt es viele Theologen, die ihm in seiner Kritik folgen. Allerdings gibt es in der Kirchengeschichte keinen einzigen Beweis dafür, dass ein zweiter Johannes damals gelebt und unter den Gläubigen in Kleinasien bekannt gewesen wäre.8

Ein Hauptargument, das Kritiker bis heue vorbringen, ist der Hinweis auf die Unterschiede zwischen der Offenbarung und den übrigen Schriften des Apostels Johannes. Man weist darauf hin, dass das Vokabular anders und der Gebrauch der griechischen Sprache unterschiedlich ist. Doch dieses Argument zieht nicht wirklich, denn es setzt voraus, dass ein Schreiber sich immer an das gleiche sprachliche Muster hält – unabhängig von dem Thema, das er gerade behandelt. Dabei ist es eigentlich normal, dass man in einem Buch, das zu einer anderen Literaturgattung gehört, ein anderes Vokabular gebraucht.9

Außerdem gibt es ausgleichend dazu eine ganze Reihe von Übereinstimmungen in den Büchern des Apostels Johannes. Einige davon sind:

  1. In allen Schriften spricht Johannes über grundsätzliche Themen wie Licht und Finsternis.
  2. Ausdrücke wie „Lamm“, „überwinden“, „wahr“ und „lebendiges Wasser“ verbinden das Evangelium mit der Offenbarung.
  3. In Johannes 19,37 und in Offenbarung 1,7 wird Sacharja 12,10 zitiert. In beiden Fällen wird jedoch für das Wort „durchstochen“ ein anderes Wort verwendet als in der Septuaginta.

Die vorgebrachte Kritik ändert nichts an der Tatsache, dass der Apostel Johannes der Schreiber der Offenbarung ist. Wir zweifeln nicht daran, dass der Heilige Geist dafür Sorge getragen hat, dass wir genügend historische Beweise in Händen haben. Sie machen deutlich, dass es sehr gute Gründe gibt, bei der traditionellen Auffassung zu bleiben, dass der Jünger und Apostel Johannes, der als Sohn des Zebedäus und Bruder des Jakobus bekannt war, die Offenbarung geschrieben hat.

W. Kelly schreibt in seiner Einleitung zur Offenbarung Folgendes: „Es ist beachtenswert, dass Gott Johannes als Werkzeug gewählt hat, um das abschließende Buch des Neuen Testaments mitzuteilen. Es ist für Gott nichts Neues, die Schriften desselben inspirierten Schreibers in einen scharfen Gegensatz zueinander zu stellen. Derjenige, der ausdrücklich zum Apostel der Nichtjuden bestellt worden war, sollte auch der berufene Zeuge Christi an solche werden, die Juden gewesen waren (Anmerkung des Verfassers: gemeint ist Paulus als Schreiber des Hebräerbriefes). Die abschließende und vor allem die entscheidende Botschaft der Gnade, welche die Juden aus jeder irdischen Verbindung heraus zu Christus im Himmel rief, wurde weder Petrus noch Jakobus gegeben, sondern Paulus. So war auch der Zeuge von Gnade und Wahrheit, die durch Jesus Christus gekommen sind, nach Gottes Gedanken (und nicht der Menschen) der geeignetste Mittler, die zukünftigen Gerichte Gottes zu offenbaren. Tatsächlich liegt der sittliche Grund darin: Christus wird zum Vollzieher des Gerichts, nachdem Er als Gegenstand des Glaubens und einziger Kanal der Gnade abgelehnt wurde. Das wird uns förmlich und lehrmäßig in Johannes 5 dargestellt. Nun wurden jene Gnade und Wahrheit, genauso wie früher Christus selbst, durch jenes Gebilde vollkommen verachtet, das seinen Namen auf der Erde trug. Darum war Johannes mehr als jeder andere geeignet, die ernsten Gerichte in Visionen vonseiten Gottes zu zeigen, durch welche Er die geringschätzig behandelten Rechte seines Sohnes rächt... Obwohl also der vollständigste Gegensatz in Form, Gegenstand und Ausgang zwischen dem Evangelium und der Offenbarung des Johannes besteht, wird nichtsdestoweniger vor allem die Person des Herrn Jesus als der Gegenstand der Anteilnahme und Ehre Gottes in beiden vor uns gestellt. Daher empfingen selbst solche Seelen, die die Hauptthemen dieser prophetischen Visionen nicht verstanden, ständig unaussprechlichen Trost aus den verschiedenen Darstellungen Christi, die dieses Buch uns zeigt, insbesondere in Zeiten der Prüfung, Verwerfung und Verfolgung. Wer, der die Kirchengeschichte kennt oder sich gegenwärtig mit Seelen beschäftigt, bemerkt nicht, dass Erlöste Gottes – selbst mit sehr wenig Licht – durch die Offenbarung außerordentliche Stärkung und Hilfe gewinnen?“10

4. Empfänger der Offenbarung

Die ersten Sätze des Buches machen klar, an wen die Offenbarung ursprünglich gerichtet wurde, nämlich an die „sieben Versammlungen, die in Asien sind“ (Off 1,4). Asien ist hier nicht der uns bekannte Kontinent, sondern die römische Provinz, die den westlichen Teil Kleinasiens umfasste, d. h. vom Ägäischen Meer bis zum anatolischen Hochland. Es ist der westliche Teil der heutigen Türkei.11 In Vers 11 werden diese sieben Versammlungen konkret genannt: „Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es den sieben Versammlungen: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamus und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea.“12 Die Auswahl gerade dieser sieben Versammlungen erfolgte nicht zufällig, sondern durch die souveräne Offenbarung des Heiligen Geistes an Johannes. Zum einen machte ihr geistlicher Zustand die Botschaft für sie besonders wichtig. Zum anderen diente ihr geistlicher Zustand dazu, uns in Kapitel 2 und 3 einen Überblick über die ganze Geschichte der Gemeinde (Kirche) hier auf der Erde zu geben.

Das Ende des Buches bestätigt den Empfängerkreis, macht jedoch klar, dass die Botschaft nicht nur diesen sieben Versammlungen galt: „Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, um euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen“ (Off 22,16). Der Empfängerkreis ist somit bewusst weit gefasst. Das korrespondiert mit dem, was wir in Vers 1 lesen, dass es nämlich darum geht, den „Knechten“ Jesu Christi zu zeigen, was bald geschehen soll. Letztlich ist jeder angesprochen, der sich heute als Knecht im Reich Gottes befindet und seinem Herrn folgen und dienen möchte. Die Offenbarung erfüllt also keineswegs in erster Linie die Neugier des Lesers, der sich für apokalyptische Themen interessiert, sie gilt vielmehr Menschen, die dem Herrn Jesus dienen und gehorchen wollen!

Die ursprünglichen Briefempfänger befanden sich in einer schwierigen Situation. Zum einen gab es äußeren Druck durch Verfolgung. Hinzu kamen Auseinandersetzungen mit der Religion und Kultur ihres Umfeldes, sowie von innen durch verschiedene Irrlehren. Die Offenbarung wurde also ursprünglich an verfolgte und angefochtene Christen geschrieben. Das macht weiter klar, dass es sich keineswegs um eine theologische Abhandlung handelt, sondern – wie wir gesehen haben – in erster Linie um ein Buch der Korrektur und Ermutigung.

5. Zeit und Ort der Niederschrift

Der Ort der Niederschrift wird in dem Buch selbst angegeben. Der Verfasser schreibt: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse in der Drangsal und dem Königtum und dem Ausharren in Jesus, war auf der Insel, genannt Patmos, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen“ (Off 1,9). Die Offenbarung wurde also auf der Insel Patmos und in einer Zeit der Christenverfolgung geschrieben.

Die Insel Patmos liegt in der südlichen Ägäis und gehört heute zu Griechenland. Ihre Fläche beträgt ca. 35 km², die höchste Erhebung 269 Meter. Johannes befand sich dort in der Verbannung und war von seinen Glaubensgeschwistern in Kleinasien getrennt. Am Tag des Herrn (d. h. an einem Sonntag) war er im Geist und hörte eine laute Stimme, die zu ihm sprach: „Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es den sieben Versammlungen...“ (Off 1,11).

Schwieriger als die Frage nach dem Ort der Niederschrift ist der Zeitpunkt, wann die Offenbarung geschrieben wurde. Diese Frage wird ebenso kontrovers diskutiert wie die Frage der Verfasserschaft. Traditionell wird angenommen, dass die Offenbarung am Ende der Regierungszeit des Kaisers Domitians geschrieben wurde, der von 81 bis 96 n. Chr. Kaiser in Rom war. Die meisten konservativen Ausleger nennen die Zeit zwischen 90 und 95 n. Chr. als Datum der Niederschrift. Nun wissen wir, dass Bibelkritiker die Abfassung der Bibelbücher in der Regel später ansetzen, als sie tatsächlich geschrieben wurden. Interessanterweise ist es im Fall der Offenbarung gerade umgekehrt. Einige bibelkritische Ausleger legen sie in die Regierungszeit Neros (54–68 n. Chr.). Sie argumentieren u. a. damit, dass die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. in der Offenbarung nicht erwähnt wird.

Auf den ersten Blick scheint die Beantwortung der Frage nach der Zeit nicht so wichtig zu sein. Und doch hängt sie eng mit dem richtigen Verständnis des Buches zusammen. Die frühe Datierung wird deshalb vorgenommen, weil manche Bibelkritiker bestimmte Abschnitte als eine Anspielung auf konkrete historische Ereignisse auslegen möchten.13 Ausleger, die meinen, die Weissagungen der Offenbarung hätten sich alle im ersten Jahrhundert erfüllt, vertreten in der Regel das frühe Datum. Allerdings gibt es dafür keine glaubhaften externen Beweise. Diese existieren allerdings sehr wohl für die spätere Datierung.

Der bereits angeführte Kirchenvater Irenäus schrieb um das Jahr 180 n. Chr., dass die Offenbarung auf der Insel Patmos am Ende der Regierungszeit Domitians geschaut wurde. Clemens von Alexandria weist darauf hin, dass Johannes beim Tod des Kaisers Domitian aus seiner Verbannung von der Insel Patmos zurückkehrte. Somit können wir davon ausgehen, dass die späte Datierung (ca. 95 n. Chr.) richtig ist.

Das wird dadurch erhärtet, dass die Offenbarung in einer Zeit geschrieben wurde, als die Christen in Kleinasien verfolgt wurden. Zur Zeit Neros war das durchaus noch nicht der Fall, wohl jedoch zur Zeit Domitians.14 Dieser forderte Anbetung für sich selbst und bestand darauf, als „Dominus et Deus“ (Herr und Gott) gepriesen zu werden. Er ließ deshalb in Ephesus einen Tempel bauen, in dem er sich verehren ließ. Dadurch geriet Johannes, der dort unter den Gläubigen lebte und arbeitete, in Konflikt mit dem Kaiserkult. Tertullian berichtet, dass der Kaiser Johannes deshalb von Ephesus nach Rom bringen ließ, um ihn zu verhören. Nachdem er gefoltert worden war, wurde er nach Patmos verbannt. Erst nach dem Tod Domitians konnte Johannes nach Ephesus zurückkehren.

Domitian erreichte somit durch seine Maßnahme genau das Gegenteil. Anstatt den Einfluss von Johannes zu eliminieren, benutzte Gott seinen verbannten Knecht, um ihm eine besondere Offenbarung zu geben, die uns bis heute erhalten ist. Immer noch gilt: „Der im Himmel thront, lacht, der Herr spottet ihrer“ (Ps 2,4).

6. Die Offenbarung im Kanon der biblischen Bücher

Diejenigen, die Johannes als Verfasser der Offenbarung betrachten, erkennen dieses Buch im Allgemeinen zugleich als göttlich inspiriert und damit als Teil der Heiligen Schrift“ an. Diejenigen, die das nicht tun, stehen dem Gedanken der Kanonizität in der Regel kritisch gegenüber und lehnen sie häufig ab. Unter den sehr frühen Kirchenvätern hingegen gab es nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Offenbarung inspiriertes Wort Gottes ist und somit zum Kanon der Bibelbücher gehört.

Es ist dennoch auffallend, dass gerade das Buch der Offenbarung – obwohl es sehr früh unter den Gläubigen kursierte – erst relativ spät offiziell als zum Kanon der Bibelbücher gehörend akzeptiert wurde. Letztlich dauerte die Diskussion bis ins zwölfte Jahrhundert, und selbst einige der Reformatoren behandelten die Offenbarung später noch mit einer gewissen Vorsicht. Luther gehörte am Anfang zu dieser Gruppe, revidierte seine Meinung jedoch später grundlegend. Zwingli glaubte nicht, dass Johannes die Offenbarung geschrieben habe. Calvin hingegen glaubte uneingeschränkt an ihre Zugehörigkeit zum biblischen Kanon und vertrat die apostolische Verfasserschaft, ebenso Melanchthon.

Ein Grund für die Skepsis liegt darin, dass sich der Stil dieses Buches von den übrigen neutestamentlichen Büchern abhebt. Ein anderer Grund ist die schon recht früh wachsende Opposition gegen die Lehre der Bibel, dass Christus vor der Gründung des tausendjährigen Reiches auf diese Erde zurückkommt. Beginnend mit dem 3. und 4. Jahrhundert wurde diese biblische Lehre zurückgewiesen.15 Wer jedoch daran festhält, wird keine Mühe haben, das Buch der Offenbarung als Teil der Heiligen Schrift anzuerkennen und festzuhalten. Er wird jeden Versuch ablehnen, das Buch der Offenbarung zu diskreditieren oder gar aus dem Kanon der Bibelbücher zu streichen. Wir benötigen das Buch der Offenbarung. Es gehört zu dem „prophetischen Wort“, von dem Petrus sagt, dass es wie eine Lampe ist, auf das zu achten wir wohltun (2. Pet 1,19). Es gehört zu der Schrift, die von Gott eingegeben „und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit“ ist (2. Tim 3,16).

7. Bildliche und symbolische Sprache

Beim Lesen der Offenbarung fällt unmittelbar auf, dass häufiger als in jedem anderen neutestamentlichen Bibelbuch Bilder und Symbole gebraucht werden. In einigen alttestamentlichen Büchern (vor allem den Propheten Hesekiel, Daniel und Sacharja) finden wir das ebenfalls. Schon gleich im ersten Vers benutzt der Schreiber das Wort „zeigen“, das von dem Wort „Zeichen“ abgeleitet ist. Es deutet die Art und Weise an, wie Gott uns in diesem Buch zukünftige Dinge offenbart. Diese symbolische Sprache macht das Verständnis vieler Einzelheiten der Berichterstattung nicht unbedingt einfacher.

Die Symbole der Offenbarung stammen aus unterschiedlichen Bereichen:

  • Aus der unbelebten Natur: Beispiele sind Sonne, Mond, Sterne, Donner, Blitz, Wind, Hagel, Meere, Flüsse, Berge und Inseln.
  • Aus Welt der Pflanzen: Beispiele sind Bäume, Gräser, Korn und Weinstock.
  • Aus der Welt der Tiere: Beispiele sind Lamm, Pferd, Heuschrecke, Skorpion, Leopard, Bär, Löwe, Adler, Schlange und Drache. Manchmal werden Bestandteile von Tieren genannt, wie z. B. Hörner, Kopfe, Flügel, Schwanz und Blut.
  • Aus der Welt der Menschen: Beispiele sind Mutter, Kind, Braut, Hure, Älteste, Zeugen und Schnitter.
  • Aus der Welt der Kultur: Beispiele sind Waagschale, Trinkbecher, Buch und Kleid.
  • Aus der Welt des Militärs: Beispiele sind Kriegsgeräte wie Schwert und Bogen.
  • Aus der Welt der Musik: Beispiele sind Musikinstrumente wie Flöte, Harfe und Posaune.
  • Aus der Welt der Landwirtschaft: Beispiele sind Kelter und Sichel.
  • Aus der Welt der Architektur: Beispiele sind Stadt, Straße, Tempel und Säule.
  • Außerdem gibt es Symbole, die dem Alten Testament entnommen sind, wie z. B. Gegenstände aus der Stiftshütte wie Tempel, Lade, Leuchter, Weihrauchgefäß oder auch kostbare Materialien wie Gold, Edelsteine und Perlen.

Es liegt auf der Hand, dass die Erklärung der Symbole für das Verständnis der Offenbarung von entscheidender Bedeutung ist.16 Nun ist das zwar eine schwierige, allerdings in den meisten Fällen nicht unlösbare Aufgabe, denn ein Teil der Symbole wird in der Offenbarung selbst erklärt, andere erklären sich aus dem Zusammenhang, und wieder andere Symbole finden wir in anderen Bibelbüchern – besonders im Alten Testament.

Zu den Symbolen, die das Buch selbst erklärt oder die sich aus dem Zusammenhang erschließen, gehören z. B. die sieben Sterne (sieben Versammlungen), die sieben Feuerfackeln (sieben Geister Gottes), die goldenen Schalen voll Räucherwerk (die Gebete der Heiligen), der große Drache (der Teufel), die Hure (die Stadt Babylon), der Reiter auf dem Pferd (Christus).

Zu den Symbolen, die wir aus dem Alten Testament heraus erklären können, gehören z. B. der Baum des Lebens, das verborgene Manna, die eiserne Rute, die vier lebendigen Wesen, der Löwe aus dem Stamm Juda, das Tier aus dem Meer und der Feuersee.

Es gibt allerdings noch eine dritte Kategorie von Symbolen, für die wir in der Bibel keine Erklärung bekommen. Ein Beispiel dafür ist der „weiße Stein“ (Off 2,17), der dem Überwinder in Pergamus zugesagt wird, oder die „Augensalbe“, von der im Brief an Laodizea die Rede ist (Off 3,18). Bei der Interpretation dieser Bilder ist es gut, besonders vorsichtig zu sein. Dennoch müssen wir bedenken, dass diese Symbole den ursprünglichen Lesern durchaus nicht unbekannt waren und sie die symbolische Bedeutung i. d. R. gut verstehen konnten. Ein weiteres Beispiel ist das „Buch mit den sieben Siegeln“ (5,1; 6,1–17; 8,1). Es ist eben kein gedrucktes Buch, wie wir es kennen, sondern eine Buchrolle aus Papyrus, die nicht geöffnet werden konnte, ohne die Siegel zu brechen.

Der Leser der Offenbarung steht allerdings vor einem weiteren Problem. Nicht immer ist es nämlich eindeutig, was symbolisch zu verstehen ist und was wörtlich gemeint ist. Vielleicht ist das sogar die schwierigste Frage überhaupt, um das Buch richtig zu verstehen. Ein Beispiel sind die Katastrophen, die in Kapitel 8,6–12 beschrieben werden. Der Text spricht von Hagel, von Feuer, von Blut, von Bäumen, von Gras, von einem großen brennenden Berg usw. Die Frage lautet, ob das wörtlich oder symbolisch gemeint ist. Ein weiteres Beispiel sind die Zahlen, die häufig genannt werden, z. B. die 144.000 Versiegelten in Kapitel 7,4 und 14,1.3. Dazu gibt es drei Positionen:

  • Position a: Einige Ausleger verstehen alles wörtlich, was nicht eindeutig und ausschließlich symbolisch zu erklären ist.
  • Position b: Einige Ausleger verstehen alles symbolisch, was nicht ausschließlich wörtlich zu verstehen ist.
  • Position c: Einige Ausleger suchen die Wahrheit in der Mitte der beiden genannten Positionen, und sie haben wahrscheinlich Recht.

Letztlich bleibt es eine gewisse Schwierigkeit, mit der sich der Leser der Offenbarung auseinandersetzen muss. Manche Hinweise in der Offenbarung können sogar sowohl wörtlich als auch symbolisch gemeint sein. Das gilt besonders für die Zahlen, die genannt werden. Wenn z. B. von „sieben Versammlungen“ die Rede ist, so verstehen wir das ohne Weiteres wörtlich, denn es waren tatsächlich sieben Gemeinden, an die Johannes schrieb. Andererseits symbolisiert die Zahl sieben zugleich eine gewisse Vollkommenheit, in der Gott uns in dem, was Er über diese sieben Versammlungen sagt, einen vollständigen prophetischen Überblick über die Geschichte der Kirche auf dieser Erde gibt.

Wir halten fest, dass die Offenbarung ein Buch voller Bilder und Symbole ist. Es lohnt die Mühe, sie zu verstehen. Dennoch werden Fragen bleiben, und manches wird erst dann wirklich endgültig klar werden, wenn sich die Weissagungen dieses Buches erfüllen. Es bleibt dabei, dass wir heute „stückweise erkennen“ (1. Kor 13,9).

8. Auslegungsgrundsätze

Die ungewöhnliche bildhafte und symbolische Form der Darstellung biblischer Wahrheit in der Offenbarung hat dazu geführt, dass es verschiedene Interpretationsansätze gibt, um den Inhalt zu erklären. Es geht im Kern um die Frage, welche Bedeutung die Offenbarung für uns heute hat und welche Ziele die Visionen des Buches verfolgen. Wenn man ein Bibelbuch richtig verstehen will, muss man sich an bestimmte „Regeln“ und „Grundsätze“ halten. Man nennt das heute gerne „Hermeneutik“ (die Lehre von der Auslegung und Erklärung eines Textes oder Werkes). Gerade beim Studium der Offenbarung zeigt sich, dass es wichtig ist, das richtige Grundverständnis für die Interpretation zu haben. Es genügt nicht, die einzelnen Worte und Bilder zu erklären, sondern man benötigt die richtige Herangehensweise.

Wichtig ist, dass wir die Offenbarung nicht losgelöst von allen anderen Büchern der Bibel betrachten können, denn das Wort Gottes ist eine Einheit. Kein Teil der Bibel widerspricht dem anderen. Sie ergänzen einander vielmehr. Altes und Neues Testament sind miteinander verbunden. Gerade wenn es um das Studium prophetischer Themen geht, macht die Bibel selbst klar, dass keine Aussage der Bibel von „eigener Auslegung“ ist (2. Pet 1,20).

Es ist nicht meine Absicht, die verschiedenen Interpretationsansätze hier ausführlich darzustellen und zu bewerten. Ich beschränke mich auf einige Hinweise zu den vier Gängigsten:

8.1. Der allegorische Ansatz

Dieser Ansatz findet seinen Ursprung in der alexandrinischen Schule des 3. und 4. Jahrhunderts. Hier wird alles in der Offenbarung in bildlicher Form verstanden, d. h. der gesamte Text wird nicht wörtlich verstanden. Die Bilder und Symbole in der Offenbarung werden auf diese Weise völlig losgelöst von tatsächlichen historischen Ereignissen oder zeitlichen Abläufen. Dieser Erklärung zufolge ist die Offenbarung ein zeitloses Buch, das einfach den Kampf zwischen Gut und Böse in einer bildhaften Sprache zeigt. Später hat man diesen Ansatz vor allem auf das kommende Friedensreich angewandt, das demzufolge nicht real auf dieser Erde aufgerichtet wird. Einer der Verfechter dieses Erklärungsmodells war Augustinus. Er sah in der Offenbarung vor allem eine Erklärung des Konfliktes zwischen Gott und dem Teufel in der Geschichte der Kirche. Die moderne und liberale Variante dieses Modells erklärt uns, dass die Offenbarung die symbolische Darlegung der Tatsache ist, dass Gott am Ende siegen wird.

Es dürfte jedem aufrichtigen Bibelleser klar sein, dass dieser Ansatz in die Irre führt. Das Alte Testament sagt eindeutig voraus, dass es ein Reich Gottes auf dieser Erde geben wird, in dem der Messias in Gerechtigkeit und Frieden regieren wird. Die Offenbarung macht klar, dass dieses Reich auf eine Zeit von tausend Jahren beschränkt ist (Off 20,2–7). Es gibt nicht den geringsten Grund, das bildlich aufzufassen.

8.2. Der zeitgeschichtliche (präteristische17) Ansatz

Diese Herangehensweise ist ebenfalls nicht neu und erstaunlicherweise relativ weit verbreitet. Sie sieht in der Offenbarung eine Beschreibung der Konflikte in der Frühzeit des christlichen Zeugnisses auf der Erde, die den Kampf des erstarkenden Christentums gegen das heidnische Rom zeigt und mit einem Sieg des christlichen Glaubens endet. Nach dieser Theorie haben sich alle Weissagungen der Offenbarung bereits erfüllt. Liberale Theologen behaupten, dass die vermeintlichen „Prophetien“ des Buches bei der Abfassung bereits erfüllt waren. Alle Bilder und Symbole in den Gesichtern von Johannes beziehen sich demnach auf Menschen, Länder und Ereignisse der damaligen Welt. Die beiden Tiere in Offenbarung 13 werden z. B. als das kaiserliche Rom gedeutet. Das zweite Kommen Christi wird auf den Fall Jerusalems im Jahre 70 bezogen. Die Absicht des Johannes besteht darin, seine Leser zu ermutigen, Jesus Christus treu zu bleiben.

Dieser Ansatz ist ebenfalls abzulehnen, denn er geht davon aus, dass die Offenbarung ausschließlich Geschichte enthält und nicht zukünftige Dinge voraussagt – was jedoch ausdrücklich das Ziel des Buches ist (vgl. Off 1,1).18

8.3. Der kirchengeschichtliche (historische) Ansatz

Dieses Erklärungsmodell stammt aus dem Mittelalter. Der prophetische Ansatz der Offenbarung wird durchaus anerkannt, allerdings nicht auf die „Zeit des Endes“ (vgl. Dan 8,17.19 u. a.) bezogen, sondern auf die Zeit zwischen der Menschwerdung Christi und seiner Wiederkunft, d. h. es geht angeblich um eine Beschreibung der gegenwärtigen Zeit und der Geschichte der Christenheit. Die historische Interpretation geht davon aus, dass die Offenbarung die gesamte Kirchengeschichte mit dem Hass und Widerstand der bösen Mächte dieser Welt beschreibt, die sich den Gläubigen entgegenstellen. Diesen Ansatz verfolgen häufig solche, die meinen, dass es nach der Erscheinung Christi kein sichtbares Reich auf der Erde geben wird. Sie versuchen vielmehr, aus der Offenbarung praktische Handlungsanweisungen für die gegenwärtige Zeit abzuleiten. Interessanterweise war dieser Erklärungsversuch während der Zeit der Reformation und später im Pietismus relativ populär. M. Luther sah z. B. in dem Papst die Erfüllung der Voraussagen über den Antichristen. Im Gegensatz dazu sahen katholische Ausleger den Antichristen im Protestantismus und verbanden die Zahl 666 mit dem Namen Luthers. Später sahen manche Ausleger die Erfüllung von Offenbarung 13 in Napoleon.

Erneut wird deutlich, dass dieser Ansatz nur in die Irre führen kann. Allein die unterschiedlichen Erklärungen über den Antichristen zeigen, dass diese Methode fast willkürlich ist und man das hineininterpretieren kann, was man gerne möchte. Es ist unbestritten, dass sich das Studium der Offenbarung auf das tägliche Leben der Christen auswirkt. Doch das kann nicht die eigentliche Erklärung des Buches sein. Selbst der flüchtige Leser muss erkennen, dass es um zukünftige Ereignisse geht, an deren Ende ein Reich steht, in dem Christus tausend Jahre regiert.

8.4. Der futuristische (zukunftsbezogene) Ansatz

Der Ursprung dieses Erklärungsansatzes wird häufig solchen zugeordnet, die – im Zuge der Erweckungsbewegung vor ca. 200 Jahren – die prophetischen Schriften der Bibel unter Gebet studierten und erkannten, dass Christus einmal auf dieser Erde in Macht und Herrlichkeit regieren wird. Dies ist jedoch nicht ganz korrekt, denn den futuristischen Erklärungsansatz findet man durchaus bereits bei den frühen Kirchenvätern. Er geht – völlig zu Recht – davon aus, dass die gesamte Offenbarung ein Buch ist, das zukünftige Ereignisse beschreibt. Er folgt der Einteilung, die Johannes selbst in Kapitel 1,19 gibt. Danach stellt sich Christus in Kapitel 1 als Richter vor („was du gesehen hast“). In Kapitel 2 und 3 wird die – aus der Sicht des Johannes damals noch zukünftige – Entwicklung des Christentums gezeigt („was ist“), und ab Kapitel 4 werden Dinge beschrieben, die zwischen der Entrückung der Gläubigen und der Wiederkunft des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit liegen („was nach diesem geschehen wird“).

Es liegt auf der Hand, dass diejenigen, die ein tatsächliches Friedensreich auf dieser Erde leugnen, diesen Erklärungsansatz ablehnen. Dazu zählen heute vor allem bibelkritische Theologen. Der Einwand lautet darüber hinaus, dass der Leser der Offenbarung keinen Trost beim Lesen des Buches findet, wenn alle Aussagen zukünftig sind. Dieses Argument zieht jedoch nicht, denn gerade der Blick darauf, dass Gott alle seine Zusagen im Blick auf die Zukunft in Christus erfüllen wird, gibt jedem Leser Kraft und Zuversicht.

Ein Vergleich dieser vier Erklärungsansätze macht deutlich, dass nur der futuristische Ansatz der richtige sein kann. Er zeigt, dass die Offenbarung die Vollendung aller biblischen Weissagungen für die Schöpfung ist. Die Aussagen vieler Propheten über die Zukunft Israels und anderer Menschen finden ihre Erklärung nur dann, wenn man die Offenbarung mit diesem Erklärungsansatz liest und versteht. Gleiches gilt für die Endzeitreden unseres Herrn in Matthäus 24 und 25 und Aussagen über die Zukunft in den Briefen von Paulus (z. B. 2. Thessalonicher 2) und anderer Schreiber.

A. C. Gaebelein schreibt: „Die futuristische (zukunftsbezogene) Methode ... ist als einzige zufriedenstellend und in völliger Übereinstimmung mit dem gesamten prophetischen Wort... Alles, was über das dritte Kapitel der Offenbarung hinausgeht, ist noch nicht erfüllt. Es befindet sich alles in der Zukunft... Die beiden einzigen Kapitel in der Offenbarung (Kapitel 2 und 3), in denen wir das Wort „Kirche“ finden, beinhalten die Weissagungen über die Kirche hier auf der Erde. Dieser von Gott geoffenbarte Ablauf der Kirchengeschichte steht vor dem Abschluss, und die vorausgesagten Ereignisse von Kapitel 4 bis zum Ende des Buches müssen noch erfüllt werden.“19

Wer einmal verstanden hat, dass der richtige Schlüssel zum Verständnis die Dreiteilung ist, die uns Kapitel 1,19 liefert, wird keine Mühe haben, Folgendes zu erkennen:

  1. Die Kapitel 2 und 3 (die Briefe an die sieben genannten Versammlungen) haben nicht nur eine historische, sondern ebenfalls eine prophetische Bedeutung. Sie zeigen sieben aufeinanderfolgende Phasen der Kirchengeschichte. Die Beschreibung beginnt mit dem ersten Niedergang in Ephesus und endet mit dem völligen moralischen Untergang in Laodizea.20
  2. Die Kapitel 4 bis 19 setzen voraus, dass die wahren Gläubigen vor der Stunde der Versuchung, die über die Menschen kommen wird (die zugleich die große Drangsal über Israel ist, vgl. Off 3,10; Jer 20,7; Mt 24,21), entrückt werden und diese Zeit nicht durchleben werden. Man nennt das die „prätribulationistische“ Auslegung der Offenbarung.
  3. Die Kapitel 19 bis 22 beschreiben ein tatsächliches tausendjähriges Reich, das – den Voraussagen im Alten Testament entsprechend – auf dieser Erde aufgerichtet wird. Christus wird dort in Gerechtigkeit, in Macht und in Herrlichkeit regieren. Man nennt das die prächiliastische Auslegung der Offenbarung.

Die futuristische Auslegung der Offenbarung setzt diese drei Punkte voraus. Sie stehen miteinander in Verbindung, d. h. wer das eine glaubt, wird das andere ebenfalls glauben. Die prophetische Auslegung der sieben Briefe ist ein Argument für die prätribulationistische Auslegung und unterstützt zugleich die prächiliastische Auslegung. Dies ist durchaus kein Zirkelschluss, wie manchmal behauptet wird, sondern die konsequente Schlussfolgerung, wenn man die Bibel als eine Einheit betrachtet und Schriftstelle mit Schriftstelle vergleicht.

9. Christus im Buch der Offenbarung

Das Buch der Offenbarung spricht häufig über den Herrn Jesus. Er ist der Schlüssel zum Verständnis biblischer Prophetie und auch der Auslegung der Offenbarung. Im Allgemeinen wird Er im Charakter des Sohnes des Menschen gesehen, der kommt, um zu richten. Gott hat Ihm „Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist“ (Joh 5,27). Er ist der „von Gott bestimmte Richter der Lebenden und der Toten“ (Apg 10,42). Als Johannes Ihn in Kapitel 1 in seiner richterlichen Herrlichkeit sieht, fällt er wie tot zu seinen Füßen nieder (Off 1,17). Ohne solche Bezeichnungen zu berücksichtigen, die in Relativsätzen stehen (z. B. „der da lebt“, „der da kommt“, „der die sieben Sterne in seiner Rechten hält“ usw.), begegnen uns folgende Titel unseres Herrn: 21

  • das Lamm (28 Mal)
  • Jesus (9 Mal)
  • Christus (4 Mal)
  • das Alpha und Omega (3 Mal)
  • der Erste und Letzte (3 Mal)
  • Jesus Christus (3 Mal)
  • der Anfang und das Ende (2 Mal)
  • der Herr der Herren (2 Mal)
  • der König der Könige (2 Mal)
  • der Morgenstern (2 Mal)
  • der Sohn des Menschen (2 Mal)
  • der treue Zeuge (2 Mal)
  • die Wurzel Davids (2 Mal)
  • Treu und Wahrhaftig (2 Mal)

Weitere Titel, die jeweils einmal vorkommen, sind u. a. der „Erstgeborene aus den Toten“, der „Fürst der Könige der Erde“, der „Lebendige“, der „Sohn Gottes“, der „Heilige“, der „Wahrhaftige“, der „Amen“, der „Anfang der Schöpfung Gottes“, der „Löwe aus dem Stamm Juda“, der „Sohn“, das „Wort Gottes“, das „Geschlecht Davids“, der „Herr Jesus“ und der „Herr Jesus Christus“.

Gott begegnet uns häufig unter dem Titel des Allmächtigen, während wir den Namen des Vaters nur selten finden.22 Der Heilige Geist wird ebenfalls (ähnlich wie im Evangelium von Johannes) häufiger erwähnt.

Obwohl der Herr Jesus in seiner richterlichen Herrlichkeit vor uns steht, zeigt die Offenbarung dennoch deutlich, dass wir – die Glaubenden – Ihn nicht zu fürchten haben, denn Er hat unser Gericht am Kreuz getragen. Das machen Anfang und Ende des Buches klar. Als Johannes zu Beginn wie tot zu seinen Füßen niederfällt, legt der Herr seine Rechte auf ihn, und er wird mit den Worten ermuntert: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades“ (Off 1,17.18). Und ganz am Ende des Buches stellt Er sich vor als: „Ich, Jesus“ (Off 22,16), d. h. als derjenige, der rettet (der Name Jesus bedeutet: „der Herr ist Rettung“). Wir respektieren den, der sich in diesem Buch als Richter vorstellt, und haben doch zugleich keine Angst vor Ihm.

Wir finden in den verschiedenen Titeln viele Aspekte seiner Person und seines Werkes. Die Tatsache, dass vor allem das „Lamm“ so häufig wie in keinem anderen Buch des Neuen Testamentes erwähnt wird, zeigt uns, dass letztlich alles auf der Grundlage seines vollbrachten Werkes am Kreuz beruht. Er ist „das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“ (Joh 1,29). Wie das zustande gebracht wird, zeigt uns die Offenbarung.

Mit Recht ist gesagt worden, dass wir das Buch der Offenbarung umso besser verstehen, je mehr wir Christus darin sehen. Wenn es unser Wunsch ist, Ihn in allen Weissagungen zu erkennen, dann werden wir sicher nicht in die Irre gehen, selbst wenn wir das eine oder andere Detail des Inhalts nicht verstehen. Wenn wir allerdings die Offenbarung nur lesen, um unsere Neugier zu befriedigen, werden wir an dem wirklichen Inhalt vorbeigehen. Leider gibt es Auslegungen über die Offenbarung, die diesen Punkt wenig betonen. Sie beschäftigen sich ausführlich mit den Bildern und Symbolen, sie zeigen im Detail, was passiert und wie Gericht geübt wird. Doch sie versäumen es, ausführlich über den zu sprechen, der der Mittelpunkt des Buches ist und den Ratschluss Gottes realisiert. Es ist jedenfalls segensreich, dieses Buch ganz besonders mit der Frage im Herzen zu lesen, was wir über unseren Herrn und seine Herrlichkeit lernen können.

10. Gliederung

10.1. Überblick

Es gibt – wie fast immer in der Einteilung biblischer Bücher – unterschiedliche Möglichkeiten, das Buch der Offenbarung zu gliedern. Unstrittig ist die Dreiteilung, die das Buch in Kapitel 1,19 selbst vorgibt: „Schreibe nun das, was du gesehen hast und was ist und was nach diesem geschehen wird.“ Wir haben gesehen, dass dieser Vers der Schlüssel zum richtigen Verständnis der Offenbarung ist. Wenn wir diesen Schlüssel nicht beachten, kommen wir zu einer falschen Interpretation.

Teil 1: Die richterliche Herrlichkeit des Sohnes des Menschen in Kapitel 1 („was du gesehen hast“).

Teil 2: Die sieben Briefe an sieben Versammlungen in Kleinasien in den Kapiteln 2 und 3 („was ist“). Es handelt sich um historisch existierende örtliche Gemeinden, die zugleich symbolisch die gesamte Christenheit von Anfang bis zum Ende darstellen.

Teil 3: Die Zeit nach der Entrückung in den Kapiteln 4 bis 22 („was nach diesem geschehen muss“). Dieser Hauptteil beginnt mit den Worten: „Komm hier herauf, und ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen muss“ (Off 4,1). Alles, was hier berichtet wird, findet nach der Entrückung der Gläubigen statt und ist – auch aus unserer Perspektive – noch zukünftig.

Die Kapitel 4 bis 19 beschreiben die „Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird“ (Off 3,10), eine Zeit, die mindestens sieben Jahre dauern wird. Diese Zeit ist von Gerichten über die Feinde Gottes geprägt. Die Darstellung folgt in einem gewissen Sinn und zu einem großen Teil – jedoch nicht durchgängig – einer chronologischen Reihenfolge. Der durchgehende Gedanke ist der, dass eine Serie von 3 Mal 7 Gerichten gezeigt wird:

  • Die sieben Siegelgerichte (Kapitel 6,1 bis 8,5)
  • Die sieben Posaunengerichte (Kapitel 8,6 bis 11,18)
  • Die sieben Schalengerichte (Kapitel 15,5 bis 16,21)

Häufig wird die Chronologie allerdings durch Einschübe und Rückblicke unterbrochen, die gewissen Detailaufnahmen gleichen. Wenn man das erkennt, kann man dem chronologischen Ablauf der Geschehnisse jedoch recht gut folgen.

Diese Einschübe sind:

  • Kapitel 7: Die Erlösten aus Israel und aus den Völkern
  • Kapitel 8,3–5: Die Fürbitte im Himmel
  • Kapitel 10,1–11,13: Das geöffnete Buch und die zwei Zeugen
  • Kapitel 11,19–15,4: Drei Zeichen am Himmel
  • Kapitel 16,13–16: Harmagedon
  • Kapitel 17,1–19,5: Die falsche Braut Christi

Die Kapitel 20 bis 22 bilden den Schluss. Sie zeigen die Wiederkunft Christi, sein irdisches Reich, das Gericht vor dem großen weißen Thron und die Ewigkeit. Danach folgt ein kurzer Epilog mit den Schlussworten des Herrn Jesus selbst.

10.2. Detaillierte Struktur

Für eine detaillierte Struktur und zum Studium bietet sich als eine Möglichkeit folgendes Gerüst an:

Prolog – der Schreiber stellt sich vor (Kapitel 1,1–8)

Teil A: „Was du gesehen hast“ – der Sohn des Menschen als Richter (Kapitel 1,9–20)

Teil B: „Was ist“ – sieben Versammlungen in Kleinasien (Kapitel 2,1 bis 3,22)

  1. Ephesus (Kapitel 2,1–7)
  2. Smyrna (Kapitel 2,8–11)
  3. Pergamus (Kapitel 2,12–17)
  4. Thyatira (Kapitel 2,18–29)
  5. Sardes Kapitel (3,1–6)
  6. Philadelphia (Kapitel 3,7–13)
  7. Laodizea (Kapitel 3,14–22)

Teil C: „Was nach diesem geschehen muss“ – die Zeit nach der Entrückung (Kapitel 4,1 bis 22,5)

  1. Ein Blick hinter die Kulissen – im Himmel (Kapitel 4,1 bis 5,14)
    1.1. Der Thron (Kapitel 4)
    1.2. Das Lamm und das Buch (Kapitel 5)
  2. Die sieben Siegelgerichte (Kapitel 6,1 bis 8,2)
    2.1. Das erstes Siegel: das weiße Pferd (Kapitel 6,1.2)
    2.2. Das zweite Siegel: das feuerrote Pferd (Kapitel 6,3.4)
    2.3. Das dritte Siegel: das schwarze Pferd (Kapitel 6,5.6)
    2.4. Das vierte Siegel: das fahle Pferd (Kapitel 6,7.8)
    2.5. Das fünfte Siegel: die Seelen unter dem Altar (Kapitel 6,9–11)
    2.6. Das sechste Siegel: eine große Verwirrung (Kapitel 6,12–17)

    Erster Einschub: Die Erlösten aus Israel und aus den Völkern (Kapitel 7,1–17)
    (a) Die 144.000 Versiegelten aus Israel (Kapitel 7,1–8)
    (b) Die große Volksmenge (Kapitel 7,9–17)

    2.7. Das siebte Siegel: sieben Engel mit sieben Posaunen (Kapitel 8,1.2)

    Zweiter Einschub: Die Fürbitte im Himmel (Kapitel 8,3–5)
  3. Die sieben Engel mit den sieben Posaunen (Kapitel 8,6 bis 11,18)
    3.1. Die erste Posaune: die Erde (Kapitel 8,7)
    3.2. Die zweite Posaune: das Meer (Kapitel 8,8.9.)
    3.3. Die dritte Posaune: Flüsse und Wasserquellen (Kapitel 8,10.11)
    3.4. Die vierte Posaune: Sonne, Mond und Sterne (Kapitel 8,12.13)
    3.5. Die fünfte Posaune (das erste „Wehe!“): die Heuschrecken (Kapitel 9,1–12)
    3.6. Die sechste Posaune (das zweite „Wehe!“): die Engel am Euphrat (Kapitel 9,13–21)

    Dritter Einschub: (Kapitel 10,1 bis 11,13)
    (a) Das geöffnete Buch (Kapitel 10)
    (b) Die zwei Zeugen (Kapitel 11,1–13)

    3.7. Die siebte Posaune (das dritte „Wehe!“): Das Reich wird angekündigt (Kapitel 11,14–18)

    Vierter Einschub: Drei Zeichen im Himmel (Kapitel 11,19 bis 15,4)
    (a) Das erste Zeichen: die Frau und ihr Sohn (Kapitel 11,19 bis 12,18)
    (b) Das zweite Zeichen: die drei Tiere (Kapitel 12,3 bis 13,18)
    - Der Drache – der Teufel (Kapitel 12,3–18)
    - Das Tier aus dem Meer – der römische Herrscher (Kapitel 13,1–10)
    - Das Tier aus der Erde – der Antichrist (Kapitel 13,11–18)

    Zwischeneinschub: Szenen aus der großen Drangsal (Kapitel 14,1–20)

    (c) Das dritte Zeichen: die Überwinder (Kapitel 15,1–4)
  4. Die sieben Schalen oder die letzten Plagen (Kapitel 15,5 bis 16,21)
    4.1. Die erste Schale: auf die Erde (Kapitel 16,2)
    4.2. Die zweite Schale: auf das Meer (Kapitel 16,3)
    4.3. Die dritte Schale: auf die Flüsse und Wasserquellen (Kapitel 16,4–7)
    4.4. Die vierte Schale: auf die Sonne (Kapitel 16,8.9.)
    4.5. Die fünfte Schale: auf den Thron des Tieres (Kapitel 16,10.11.)
    4.6. Die sechste Schale: auf den Euphrat (Kapitel 16,12)

    Fünfter Einschub: Harmagedon (Kapitel 16,13–16)

    4.7. Die siebte Schale: in die Luft (Kapitel 16,17–21)

    Sechster Einschub: Babylon – die falsche Braut (Kapitel 17,1 bis 19,5)
    (a) Babylon, die große Hure (Kapitel 17,1–8)
    (b) Babylon, die große Stadt (Kapitel 18,1 bis 19,5)
  5. Die Vollendung (Kapitel 19,5 bis 21,8)
    5.1. Die Hochzeit des Lammes (Kapitel 19,6–10)
    5.2. Die Erscheinung Christi (Kapitel 19,11–16)
    5.3. Die Gerichte Christi (Kapitel 19,17–21)
    5.4. Das Binden des Drachen (Kapitel 20,1–3)
    5.5. Die Vollendung der ersten Auferstehung (Kapitel 20,4–6)
    5.6. Gog und Magog (Kapitel 20,7–10)
    5.7. Der große weiße Thron: das Gericht über die Toten (Kapitel 20,11–15)
    5.8. Der neue Himmel und die neue Erde (Kapitel 21,1–8)
  6. Die Braut des Lammes, das himmlische Jerusalem (Kapitel 21,9 bis 22,5)

    Epilog (Kapitel 22,6–21)

Anhang 1: Die Offenbarung – der richtige Blickwinkel

Wir haben gesehen, dass es unterschiedliche Erklärungsansätze gibt, um das Buch der Offenbarung zu deuten. Nur der zukunftsbezogene (futuristische) Ansatz kann richtig sein, weil nur er die gesamten prophetischen Aussagen der verschiedenen Weissagungen der Bibel berücksichtigt und zeigt, wie sich am Ende der Zeit alles erfüllen wird.

Allerdings muss man leider feststellen, dass es selbst unter den Vertretern der futuristischen Auslegung drei verschiedene Sichtweisen gibt, die wiederum einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie man die biblische Prophetie – und damit das Buch der Offenbarung – erklärt. Diese drei Sichtweisen unterscheiden sich vor allen Dingen darin, wie man das tausendjährige Reich und die Herrschaft Christi versteht und welche Beziehung die neutestamentliche Gemeinde dazu hat. Je nachdem, welche Position man einnimmt, wird man zwangsläufig zu einem unterschiedlichen Verständnis der biblischen Prophetie und der gesamten Offenbarung gelangen.23

1. Die amillenarische Sicht

Diese relativ weit verbreitete Sichtweise lehnt ein tatsächliches tausendjähriges Reich auf dieser Erde ab. Ihre Vertreter werden manchmal als Achiliasten bezeichnet. Die amillenarische24 Sicht lehrt, dass es keine buchstäbliche tausendjährige Herrschaft des Messias auf der Erde geben wird. Augustin, der Bischof von Hippo in Nordafrika (354–430 n. Chr.), war einer der ersten prominenten Vertreter dieser Lehre. Er vertrat die Ansicht, dass das tausendjährige Reich (das Millennium) das gegenwärtige Zeitalter zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen Christi sei. Beim zweiten Kommen des Herrn Jesus würde es eine allgemeine Auferstehung und ein allgemeines Gericht geben. Danach würde die Ewigkeit nach der Zeit (manchmal der „ewige Zustand“ genannt) anbrechen. Augustin war ferner der Meinung, Satan sei durch das Werk vom Kreuz nicht nur besiegt, sondern bereits gebunden worden. Die nicht zu leugnende Präsenz der Sünde, des Unglaubens, des Heidentums und des Fehlens von Gerechtigkeit und Frieden auf der Erde erklärte er, indem er alle Zusagen über das kommende Reich geistlich verstand. Er erklärte, dass sich diese Zusagen im gegenwärtigen Zeitalter in den geistlichen Segnungen der Gläubigen erfüllt hätten. Konsequenterweise lehnte er damit ab, dass sich die Zusagen Gottes an sein irdisches Volk buchstäblich erfüllen würden und dass es eine nationale Wiederherstellung des Volkes Israel in der Zukunft geben würde.

Seit Augustin hat diese Sichtweise eine Reihe von Änderungen erfahren. Dennoch ist sie immer noch die offizielle Sicht der Römischen Kirche. Selbst viele Reformatoren vertraten diese Ansicht, und bis heute es die Sichtweise der meisten protestantischen Kirchen, auch vieler sogenannter evangelikaler Gruppen. Das betrifft besonders solche Ausleger, die sich zu den Bündnistheologen rechnen.25 Es wird zum Teil gelehrt, dass die Kapitel 19 bis 22 der Offenbarung die Vollendung des sogenannten jüngsten Tages und den darauffolgenden ewigen Zustand beschreiben. Für andere Vertreter dieser Sichtweise ist das tausendjährige Reich jetzt schon Wirklichkeit. Die tausend Jahre werden symbolisch verstanden und beschreiben einfach nur die lange Zeitspanne, in der sich Gottes Heilsplan auf der Erde erfüllt.

Es ist klar, dass dieses Lehrgebäude einer Prüfung anhand der biblischen Aussagen nicht standhält und als Interpretationsmodell für die Offenbarung ungeeignet ist. Erstens ist in diesem Erklärungsansatz kein Platz für die Entrückung der Gläubigen. Das zweite Kommen Christi wird nicht unterschieden von der Entrückung einerseits und der Erscheinung des Herrn Jesus andererseits, obwohl das Neue Testament diesen Unterschied eindeutig macht. Zweitens gibt es keine tatsächliche Erfüllung der Zusagen, die Gott den Patriarchen und seinem irdischen Volk Israel gegeben hat und die sich nach den Aussagen der Bibel im kommenden Friedensreich tatsächlich (buchstäblich) erfüllen werden.

2. Die postmillenarische Sicht

Vertreter dieser Sichtweise werden manchmal Postchiliasten genannt. Sie behaupten, dass sich das Reich Gottes bereits jetzt in der Welt ausdehnt – und zwar einerseits durch die Botschaft des Evangeliums und andererseits durch das Wirken des Heiligen Geistes. Dadurch werden mehr und mehr Menschen gerettet, bis am Ende die ganze Welt christianisiert ist. Danach kehrt Christus zurück und wird hier auf der Erde in Gerechtigkeit und Frieden regieren. Diese Periode wird die gemeinsame Glanzzeit der Kirche und Israels sein. Wenn Christus erscheint, erfolgt eine allgemeine Auferstehung, die für die Ungläubigen eine Auferstehung zum Gericht sein wird und für die Gläubigen zum Leben.

Die postmillenarische Sicht wurde vor allem als Reaktion auf den sich verbreitenden Liberalismus und Humanismus propagiert und erfuhr über einen gewissen Zeitraum relativ weite Verbreitung. Doch auch hier müssen wir feststellen, dass sie einer Überprüfung anhand der Lehre des Wortes Gottes ebenso wenig standhält. Es ist erstens – ebenso wie in der amillenarischen Sicht – kein Platz für die Entrückung. Zweitens werden die verschiedenen Phasen der ersten Auferstehung, von der die Bibel spricht, nicht unterschieden. Drittens wird kein Unterschied zwischen Israel und der Gemeinde gemacht. Hinzu kommt, dass die Erfahrung zeigt, dass es völlig unrealistisch ist, dass einmal die ganze Welt „christianisiert“ wird. Der Vormarsch anderer Religionen hat ebenso wie zwei Weltkriege gezeigt, dass diese Sichtweise nicht haltbar ist. Letzteres ist vermutlich der Grund dafür, dass der Postmillenarismus aktuell nicht mehr sehr verbreitet ist.

3. Die prämillenarische Sicht

Es bleibt eine dritte Sichtweise übrig, die zu Recht davon ausgeht, dass die Voraussagen der Bibel über das tausendjährige Reicht wörtlich aufzufassen sind und dass Israel als Volk Gottes eine Zukunft hat. Das, was Gott seinem irdischen Volk Israel versprochen hat, wird einmal buchstäblich in Erfüllung gehen. Der Herr Jesus wird als Messias über sein Volk und als Sohn des Menschen über die gesamte Schöpfung regieren (z. B. Jes 9,5; Dan 7,13.14; Ps 8,7). Das tausendjährige Reich ist erstens nicht etwas, das „geistlich“ verstanden werden muss, sondern etwas, das einmal Realität wird. Zweitens wird dieses Reich nicht durch die Verbreitung des Evangeliums der Gnade aufgerichtet, sondern durch die Wiederkunft des Herrn Jesus. Wer einmal verstanden hat, dass es verschiedene „Haushaltungen“ (Dispensationen) gibt, hat mit diesem Erklärungsansatz keine Mühe. Die letzte Haushaltung ist die des tausendjährigen Reiches. Sie wird in Epheser 1,10 die „Fülle (Vollendung) der Zeiten“ genannt.

Die Kernpunkte dieser biblischen Sichtweise fassen wir wie folgt zusammen:

Das im Alten Testament zugesagte Friedensreich kommt tatsächlich und wird hier auf der Erde gegründet.

Dieses Reich beginnt, wenn Christus nach den Gerichten der Endzeit sichtbar erscheint und alle Ihm entgegenstehenden Mächte besiegt hat. Vor dieser Gerichtszeit („Stunde der Versuchung“ oder „Drangsal“ genannt) findet die Entrückung statt. Alle Gläubigen, die bis zu diesem Zeitpunkt gelebt haben und leben, werden von Christus in den Himmel aufgenommen.

Die Zeit der Drangsal und Versuchung dauert sieben Jahre. Es handelt sich um die letzte Jahrwoche Daniels (Dan 9,24–27). Es ist eine Zeit des gerechten Zorns und der Strafe Gottes, die den „Tag des Herrn“ einleiten. Wenn der Höhepunkt dieser Drangsal erreicht ist, wird Christus in Herrlichkeit erscheinen und alle Feinde besiegen.

Danach beginnt das sichtbare Reich auf der Erde. Es wird – wie in der Offenbarung angekündigt – tausend Jahre dauern. In dieser Zeit wird Christus mit den Gläubigen der Gnadenzeit regieren. Israel wird als Nation mit Gott versöhnt sein. Gerechtigkeit und Friede werden herrschen.

Alle alttestamentlichen Zusagen Gottes werden sich so erfüllen, wie Gott sie gegeben hat. Es wird keine offene Sünde geduldet werden, und die ganze Erde wird von der Erkenntnis Gottes erfüllt sein.

Es wird behauptet, dieser Erklärungsansatz sei die besondere Theorie der Vertreter der Lehre der Dispensationen, die man gerne mit der sogenannten „Brüderbewegung“ verbindet. Dies ist jedoch ein Irrtum. Erstens ist die Unterscheidung in verschiedene Haushaltungen keine Theorie, sondern die einzige belastbare Erklärung des Handelns Gottes mit Menschen. Zweitens war die prämillenarische Sicht die herrschende Sicht der ersten Gläubigen und der frühen Kirche bis zur Zeit Augustins. Es ist durchaus keine neue Erkenntnis aus dem 19. Jahrhundert, wobei unbestritten ist, dass sie in dieser Zeit „wieder entdeckt“ worden ist.

Anhang 2: Die Versammlung (Gemeinde) in der Offenbarung

Die Versammlung (Gemeinde) nimmt in der Offenbarung einen besonderen Platz ein. Zum besseren Verständnis des Buches ist es notwendig, den Charakter der Versammlung in diesem Buch gut zu verstehen.

Das Geheimnis „Christus und seine Versammlung“ war dem Apostel Paulus anvertraut. Das ist die Sichtweise Gottes auf seine Versammlung. Weder Johannes noch Petrus sprechen in diesem Sinn über die Versammlung. Was ist darunter zu verstehen? Aus Gottes Sicht besteht die Versammlung (wörtlich: die Herausgerufenen) aus allen Gläubigen der Zeit der Gnade, die mit dem Heiligen Geist versiegelt sind. Sie bilden eine wunderbare Einheit (einen Leib) und sind zugleich das Haus Gottes (eine Wohnstätte für Ihn) und die Braut des Lammes. Wenn wir die Versammlung nach dem Ratschluss Gottes sehen, so existiert sie von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der Zeit nach hat sie ihren Anfang genommen, als der Tag der Pfingsten sich erfüllte. Die Versammlung war im Alten Testament unbekannt (Kol 1,26). Sie ist ein Geheimnis, das dem Apostel Paulus kundgetan wurde. Er hat dieses Geheimnis offenbart und verwaltet (Eph 3,9).

Deshalb muss es uns nicht wundern, dass die Offenbarung – die es im Wesentlichen mit der Erde zu tun hat – nicht über die Versammlung aus der Sicht und gemäß dem Ratschluss Gottes spricht. J. N. Darby schreibt: „Welchen Platz nimmt nun die Versammlung im Dienst des Johannes ein, wie wir ihn im Buch der Offenbarung finden? In ihrem paulinischen Charakter gar keinen, ausgenommen in einem Satz, doch der findet sich erst, nachdem die Offenbarung selbst bereits abgeschlossen ist. Darin wird der wahre Platz, den sie während der Abwesenheit Christi einnimmt, angedeutet (Off 22,17).“26

Allerdings spricht die Offenbarung sehr wohl über die Versammlung, jedoch unter einem anderen Gesichtspunkt:

  1. Aus der Sicht unserer Verantwortung: Das finden wir besonders in den sieben örtlichen Versammlungen in Offenbarung 2 und 3. Wir müssen gut verstehen, dass es in diesen Kapiteln nicht um die eine Versammlung nach dem Ratschluss Gottes geht.27 Diese örtlichen Gemeinden werden vielmehr im Bild eines „Leuchters“ gesehen, der Licht an einem dunklen Ort verbreiten soll. Das spricht unsere Verantwortung an, der wir insgesamt leider nicht nachgekommen sind. Unter diesem Gesichtspunkt sehen wir die Versammlung im Verfall und im Niedergang, so wie sie sich heute darstellt. Wir finden in den sieben Briefen an die sieben Versammlungen ganz unterschiedliche Zustände. Licht und Schatten liegen nahe beieinander. So ist es, solange es in der Christenheit „gemischte Verhältnisse“ gibt und die wahren Kinder Gottes leider nicht immer nach Gottes Wort leben. Unechtes mischt sich unter das Echte, und am Ende – nach der Entrückung der wahren Gläubigen – wird Christus das, was dann noch übrig bleibt, aus seinem Mund ausspeien (Off 3,16). Das bedeutet nicht, dass wahre Gläubige verloren gehen, sondern dass am Ende – nach der Entrückung – nur Menschen übrig bleiben, die ein christliches Bekenntnis haben, ohne Leben aus Gott.
  2. Nach der Entrückung: In den Kapiteln 17 und 18 finden wir diese Christenheit im Bild der falschen Braut wieder. Von „Versammlung“ ist hier nicht mehr die Rede. Es ist das, was nach der Entrückung übrigbleibt. Die wahren Gläubigen sind im Himmel, während das rein äußerliche Bekenntnis von der Gemeinde noch auf der Erde existiert. Alles ist völlig verdorben. Gott zeigt uns diesen „Rest“ im Bild einer großen Hure, die am Ende gerichtet wird.
  3. Die Versammlung in Herrlichkeit: Ganz am Ende der Offenbarung sehen wir dann die Versammlung in Herrlichkeit vollendet. Wir denken besonders an die „Hochzeit des Lammes“ (Off 19,6–9) und an die Beschreibung der himmlischen Stadt in Offenbarung 21,9 bis 22,5. Alles ist perfekt und herrlich. Es ist nur Licht und Herrlichkeit zu finden. Allerdings spricht die Offenbarung auch hier nicht von der eigentlichen Bestimmung der Versammlung – dem Vaterhaus. Es wird alles in Bezug auf diese Erde gesehen. Selbst in der „Ewigkeit nach der Zeit“ (im sogenannten „ewigen Zustand“) wird die Versammlung als die „Hütte Gottes“ bei den Menschen auf der neuen Erde gesehen (Off 21,3).

Wir müssen bedenken, dass der Grundgedanke biblischer Prophezeiung immer die zukünftige Herrlichkeit des Herrn Jesus in seiner Regierung über die Werke der Hände Gottes ist (Ps 8,7; Eph 1,10). Es geht um das kommende Friedensreich und um das, was diesem Reich vorausgeht. Das ist im Neuen Testament nicht anders als im Alten Testament. Deshalb wird die Versammlung Gottes in den Weissagungen des Alten Testamentes überhaupt nicht erwähnt. Sie war nicht einmal bekannt. Sie ist der Gegenstand eines göttlichen Geheimnisses, das erst im Neuen Testament offenbart worden ist. Und gerade deshalb spielt die Versammlung in den Weissagungen des Neuen Testamentes und in der Offenbarung nur eine untergeordnete Rolle. Die typische Erwartung und Bestimmung der Versammlung ist himmlisch. Sie richten sich nicht auf Ereignisse der Endzeit, sondern auf das Kommen des Herrn zur Entrückung, die stattfindet, bevor sich die prophetischen Ereignisse der Endzeit erfüllen.28 Da es in der Offenbarung – zumindest in ihrem Hauptteil – allerdings gerade um diese Ereignisse geht, wird die Versammlung dort nicht erwähnt.

Anhang 3: Das erste und das letzte Buch der Bibel

Es liegt nahe, das letzte Buch der Bibel mit dem ersten Buch der Bibel zu vergleichen. Das erste Buch Mose zeigt den Anfang der Offenbarung der Wege Gottes mit der Erde und mit uns Menschen. Die Offenbarung zeigt, wie Gott seinen Plan mit den Menschen und mit der Erde zu einem Ende bringt. Derjenige, der das erste Wort hat, hat zugleich das letzte Wort. In Christus hat Gott das Universum geschaffen. In Christus bringt Er seine Wege mit dieser Schöpfung zum Abschluss. Man kann dieses Buch als den krönenden Schlussstein der Bibel und des Wirkens Gottes bezeichnen.

Folgende Gegenüberstellung zeigt beispielhaft einige Verbindungslinien zwischen beiden Büchern:

  1. Der Bericht in 1. Mose beginnt damit, dass Gott Himmel und Erde schafft (1. Mo 1,1). Am Ende der Offenbarung sieht der Seher einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen (Off 21,1).
  2. In 1. Mose setzt Gott den ersten Menschen über die Werke seiner Hände auf dieser Erde. Gott sagte zu Adam und Eva: „Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!“ (Kap 1,28). Wir Menschen haben diesem Auftrag nicht entsprochen und alles verdorben. Der zweite Mensch vom Himmel hingegen wird einmal über alle Werke der Hände Gottes regieren. In der Offenbarung lesen wir, wie diese Herrschaft tausend Jahre lang im Segen ausgeübt werden wird (Off 11,17; 19,11).
  3. In 1. Mose lesen wir über den Sündenfall und von dem verlorenen Paradies. Gott vertrieb den Menschen aus dem Paradies. Der Zugang zum Baum des Lebens wurde versperrt (1. Mo 3,23.24). In der Offenbarung ist der Zugang zum Paradies Gottes und zum Baum des Lebens durch Christus geöffnet (Off 2,7; 22,2.14). Von einem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen ist keine Rede mehr. Im „Paradies Gottes“ wird es einen solchen Baum nicht mehr geben, weil Christus am Kreuz die Frage von Gut und Böse durch seinen Tod beantwortet hat.
  4. In 1. Mose 2,10 geht ein Fluss aus von Eden, der sich in vier Ströme teilt. In der Offenbarung ist die Rede von einem einzigen Strom von „Wasser des Lebens, glänzend wie Kristall, der hervorging aus dem Thron Gottes und des Lammes“ (Off 22,1). Nichts wird diesen Strom je aufhalten können. Der Segen Gottes wird nie wieder durch einen Fall in die Sünde beeinträchtigt werden. „In der Mitte ihrer Straße und des Stromes, diesseits und jenseits, war der Baum des Lebens, der zwölf Früchte trägt und jeden Monat seine Frucht gibt; und die Blätter des Baumes sind zur Heilung der Nationen“ (Off 22,2). Die Sprachverwirrung der Nationen (1. Mo 11,9) wird völlig geheilt werden.
  5. In 1. Mose müssen wir sehen, wie die Schlange die Menschen verführte und einen Triumph über sie hielt. In der Offenbarung lernen wir, wie der Teufel seine endgültige Strafe empfängt und für ewig in den Feuersee geworfen wird. „Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen“ (Off 20,10). In 1. Mose tritt der Teufel als listige Schlange und brüllender Löwe auf. In der Offenbarung tritt er endgültig ab.
  6. Mose berichtet von den Folgen der Sünde, von Tod, Trauer und dem Geschrei der Menschen. Die Offenbarung sagt uns: „Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen“ (Off 21,4).
  7. In 1. Mose wird Christus angekündigt. Er ist derjenige, der der Schlange den Kopf zermalmen wird (1. Mo 3,15) – die erste direkte Weissagung auf Christus. Er ist Schilo, der Friedenschaffende: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehorchen“ (1. Mo 49,10) – die letzte direkte Weissagung auf Christus in 1. Mose. Beides erfüllt sich in Christus. Er ist der Löwe aus dem Stamm Juda, der überwunden hat (Off 5,5). Auf Golgatha hat Er den besiegt, der die Macht des Todes hat. Er ist derjenige, der herrschen wird „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 11,15).

Die Offenbarung zu studieren bedeutet zu sehen, wie Gott alle seine Gnadenabsichten mit Himmel und Erde erfüllt. Sein Sohn wird verherrlicht, und die Seinen teilen seine Herrlichkeit mit Ihm. Am Ende heißt es: „Es ist geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende“ (Off 21,6). Dann wird Gott „alles in allem“ sein (1. Kor 15,28).

Fußnoten

  • 1 Es ist bemerkenswert, dass der Ausdruck „ein Buch mit sieben Siegeln“ zum Sprichwort geworden ist, obwohl Johannes – ganz im Gegensatz zu Daniel – am Ende ausdrücklich aufgefordert wird, das Buch nicht zu versiegeln (Off 22,10; Dan 12,4). Gott möchte, dass wir Kenntnis nehmen von dem, was bald geschieht.
  • 2 Es liegt ein Trost darin, dass das Glück und die Freude nicht dem zugesagt werden, der die Worte dieses Buches versteht, sondern dem, der sie liest und (in einem redlichen Herzen) bewahrt. Wer wollte von sich behaupten, alles zu verstehen, was in diesem Buch steht? Wirklich erkennen werden wir es dann, wenn es sich erfüllt. Dennoch wollen wir uns motivieren, so viel wie möglich jetzt schon zu erfassen.
  • 3 Zugleich wird der Leser ausdrücklich davor gewarnt, den Worten der Weissagung dieses Buches etwas hinzuzufügen oder etwas davon wegzunehmen (Off 22,18.19).
  • 4 Das bedeutet nicht, dass die Briefe nicht ebenfalls viele prophetische Aussagen beinhalten. Ohne Frage finden wir dort wichtige Hinweise, die das Bild der biblischen Prophetie ergänzen und abrunden. Dennoch haben diese einen anderen Charakter als die Offenbarung.
  • 5 A. C. Gaebelein: The Book of Revelation (in: The Annotated Bible)
  • 6 Die Entrückung wird – ohne dass sie erwähnt wird – allerdings vorausgesetzt. Zeitlich müssen wir sie vor den Ereignissen einordnen, die ab Kapitel 4 beschrieben werden. Dort sieht Johannes geöffnete Himmel, und die Gläubigen der gegenwärtigen Zeit der Gnade sind im Himmel. Also muss die Entrückung vorher stattgefunden haben.
  • 7 Er verfasste um 140 n. Chr. ein Werk mit dem Titel „Der Dialog“. Dort heißt es: „... dass ein bestimmter Mann, dessen Name Johannes war, einer der Apostel Christi, in einer Apokalypse (Offenbarung) weissagte, dass die Gläubigen tausend Jahre in Jerusalem herrschen werden.“
  • 8 Es gibt Bibelkritiker, die noch weiter gehen und sogar die Überlieferung, dass der Apostel Johannes in Ephesus lebte und starb, ablehnen. Sie vertreten die Auffassung, es sei das Werk eines unbekannten Schreibers, das durch einen weiteren unbekannten Schreiber überarbeitet und schließlich durch einen dritten ebenfalls unbekannten Autor später erweitert wurde. Auf diesem Weg soll es über drei bis vier Neufassungen gegeben haben, bis schließlich das dabei herausgekommen sei, was wir als „Offenbarung“ bezeichnen. Solche Kritiker behaupten, das Buch der Offenbarung sei bestenfalls eine „christliche Überarbeitung“ jüdischer Vorstellungen einer Apokalypse. Es braucht nicht weiter betont zu werden, dass wir eine solche phantasievolle Sichtweise entschieden zurückweisen. Sie findet ihren Ursprung in dem Vater der Lüge.
  • 9 Man vergleiche die unterschiedliche Schreibart in den Schriften von Paulus – ganz besonders dann, wenn man davon ausgeht, dass auch der Hebräerbrief von ihm geschrieben wurde.
  • 10 W. Kelly: The Revelation, in: Lectures Introductory to the Books of the New Testament
  • 11 Das Gebiet deckt sich in etwa mit dem antiken Königreich Pergamus, das 133 v. Chr. von den römischen Truppen erobert und in eine römische Provinz umgewandelt wurde. Pergamus – die alte Königsresidenz – blieb die offizielle Hauptstadt der Provinz, obwohl die Handelsstadt Ephesus den größeren Einfluss hatte.
  • 12 Die Tatsache, dass hier von „den sieben Versammlungen in Asien“ die Rede ist, besagt nicht, dass es in Asien sonst keine anderen Versammlungen gab. Wir wissen z. B. von der Versammlung in Troas (Apg 20,6), der Versammlung in Kolossä (Kol 1,2) und der Versammlung in Hierapolis (Kol 4,13).
  • 13 So hat man beispielsweise die Zahl 666 (Off 13,18) als Voraussage des Auftretens Kaiser Neros verstehen wollen, was natürlich wenig Sinn macht, wenn er zum Zeitpunkt der Niederschrift bereits verstorben war.
  • 14 Wir können der Kirchengeschichte entnehmen, dass verschiedene römische Kaiser das Mittel der Verbannung einsetzten, um unliebsame Gegner auszuschalten. Domitian scheint jedoch der Erste gewesen zu sein, der dieses Mittel gegen Christen einsetzte. Als Verbannungsort wählte er u.a. die Insel Patmos.
  • 15 Die Peschitta (eine frühe syrische Übersetzung der Bibel, die wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert zusammengestellt wurde) beinhaltet z. B. die Offenbarung nicht. Andere Historiker weisen darauf hin, dass die ursprüngliche Version der Peschitta doch die Offenbarung beinhaltete und sie erst später herausgenommen wurde. Wieder andere vertreten die Auffassung, dass die Übersetzung der Peschitta bereits im ersten Jahrhundert erfolgte, als die Offenbarung noch nicht allgemein unter den Christen bekannt war.
  • 16 Der Schweizer Bibellehrer H. Rossier hat hierzu ein kleines Buch mit dem Titel „Die symbolische Sprache der Offenbarung“ verfasst, das eine gute Hilfe ist, viele Symbole der Offenbarung besser zu verstehen.
  • 17 Der Präterismus (lat. praeterita = das Vergangene) geht grundsätzlich davon aus, dass sich alle endzeitlichen Prophezeiungen der Bibel entweder bei dem Fall Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. oder beim Untergang Roms im 5. Jahrhundert n. Chr. bereits erfüllt haben und das im Alten Testament angekündigte Reich Gottes bereits angebrochen ist.
  • 18 Einer der prominenten Vertreter dieses Denkansatzes, F. W. Farrar (1830–1903), schreibt: „Die Offenbarung ist das, was sie vorgibt zu sein: ein inspirierter Überblick über die Zeitgeschichte und der Geschehnisse des sechsten Jahrzehnts des ersten Jahrhunderts.“ (F. W. Farrar: The History of Interpretation)
  • 19 A. C. Gaebelein: The Book of Revelation (in: The Annotated Bible)
  • 20 Damit ist ausdrücklich nicht gesagt, dass diese beiden Kapitel nur auf diese Weise ausgelegt werden können. Es liegt auf der Hand, dass das, was den sieben Gemeinden damals gesagt wurde, neben der prophetischen Bedeutung eine zeitunabhängige direkte Ansprache und Anwendung für jede örtliche Versammlung auf der Erde hat.
  • 21 Vgl. dazu A. Remmers: Die Bibel im Überblick
  • 22 Im eigentlichen prophetischen Teil des Buches nur einmal in Kapitel 14,1
  • 23 Es ist deshalb gut, dass man sich – bevor man eine Auslegung zur Offenbarung oder zu anderen prophetischen Büchern liest – ein Bild über den Standpunkt des Verfassers verschafft. Die Gefahr, etwas zu lesen, was nicht „vernünftige“ und „unverfälschte“ Milch des Wortes Gottes ist (1. Pet 2,2), ist gerade hier relativ groß.
  • 24 A-millenarisch bedeutet wörtlich „Kein tausendjähriges Reich“ („a-“ ist die griechische Verneinungsform)
  • 25 Die Bündnistheologie steht im Gegensatz zu der Lehre der verschiedenen „Haushaltungen“ (Dispensationen), die wir in der Bibel finden. Vertreter dieser Theologie sehen die Zusagen Gottes an sein irdisches Volk in der Kirche (Gemeinde) erfüllt. Damit stellen sie die wörtliche Erfüllung der Zusagen Gottes an Abraham und an Israel an die Seite. Viele Bündnistheologen würden deshalb ebenfalls bestreiten, dass es ein buchstäbliches tausendjähriges Reich auf der Erde geben wird.
  • 26 J. N. Darby: Die Offenbarung (in: Synopsis der Bücher der Bibel)
  • 27 Deshalb eignen sich diese beiden Kapitel auch nicht als Argument für die Lehrauffassung, dass örtliche Versammlungen unabhängig voneinander sind und für ihr Handeln ausschließlich eigene Verantwortung tragen. Dieser Standunkt der sogenannten „Offenen Brüder“ lässt sich aus dem, was das Neue Testament über die Versammlung Gottes lehrt (besonders aus den Schriften des Paulus), nicht ableiten.
  • 28 Das nimmt natürlich nichts davon weg, dass wir zu denen gehören sollen, die die Erscheinung Christi lieben (2. Tim 4,8). Wir freuen uns mit unserem Herrn auf den Tag, wo Er hier auf dieser Erde in Herrlichkeit erscheint und wir mit Ihm. Wir freuen uns, wenn Ihm hier auf der Erde die Ehre werden wird, die man Ihm bis heute verwehrt. Und wir freuen uns auch auf die „Krone der Gerechtigkeit“, die Er denen geben wird, die seine Erscheinung lieben.