Der Prophet Nahum

Kapitel 1-3

Der Prophet Nahum

Angaben zur Person

Nahum, der siebte der kleinen Propheten, stammte aus Elkosch in Galiläa. Das ist alles, was wir über ihn als Person wissen. Sein Name bedeutet Trost. In seinem Buch gibt es einige Hinweise darauf, dass er vermutlich in Judäa lebte und seine Prophezeiungen in Jerusalem während der letzten Tagen Hiskias aussprach. Der Einmarsch des Assyrers Sanherib gab wohl den Anlass für seine Prophezeiung, die das schreckliche Gericht über Ninive oder vielmehr über das gesamte assyrische Reich, dessen Hauptstadt Ninive war, zum Thema hat.

Ninive, Stadt der Feinde Israels – ihre Vergehen

Im Alten Testament sehen wir drei große Feinde des Volkes Gottes: die Ägypter, die Babylonier und Ninive, die uns jeweils in einem bestimmten Charakter vorgestellt werden. Die Ägypter stellen die Welt in ihrem natürlichen Zustand dar, mit dem Pharao als ihrem Fürst, der ein Bild Satans ist; die Welt, aus der Gott sein Volk errettet und herausgeführt hat. Babylon illustriert die moralische und religiöse Verderbtheit; es handelt mit großer Macht und hat das Volk Gottes unter seine Knechtschaft gebracht. Ninive ist ein Sinnbild für den Stolz und Hochmut der Welt, die ganz von sich und ihrer Wichtigkeit eingenommen ist. Sie wird jedoch wie alle anderen auch gerichtet werden und durch das Gericht des Allmächtigen vollständig vernichtet werden.

Wenn wir die Betrachtung über den Propheten Jona einmal durchlesen, werden wir feststellen, dass dort bereits einiges über die Entstehung, die Größe, den Reichtum und die Verderbtheit dieser großen Stadt gesagt wurde.

Dort ist von dem Propheten Jona die Rede, der über hundert Jahre vor Nahum von Gott den Auftrag erhielt, nach Ninive zu gehen und dieser stolzen Stadt den Untergang anzukündigen. Beim Hören der furchterregenden Worte dieses Propheten taten die Niniviten Buße, riefen ein Fasten aus und demütigten sich, so dass Gott, der stets barmherzig und langmütig ist, der auf die vorübergehende Demütigung des gottlosen Ahab (1. Kön 21,27–29) reagierte, das Böse gereute, das er den Niniviten angedroht hatte, und es nicht tat (Jona 3,10). Aber leider scheint es, dass diese Reue der Einwohner von Ninive nicht von langer Dauer war, oder dass zumindest die nachfolgenden Generationen derer, die Jona gehört hatten, zu ihrem bösen Wandel zurückkehrten.

Aus Nahums Prophezeiung geht hervor, dass zur Zeit dieses Propheten die Größe und der Wohlstand Ninives ungebrochen war. Sie trieben Handel in einem unglaublichen Umfang: „Du hast deine Kaufleute zahlreicher gemacht als die Sterne des Himmels“ (3,16). Die Stadt war wie ein Stausee, dem das Wasser von allen Seiten zufließt. Warum musste sie fallen? Warum will der Herr diese Stadt zerstören?

Erstens, weil sie Böses gegen Gott und das Volk Gottes erdacht und vorbereitet hatte. Der lebendige Gott wird es nicht ungestraft lassen, wenn Er auf die Ebene der vermeintlichen, von Menschen eingeführten, Götter herabgesetzt wird, wie es der Rabsake im Namen seines Herrn tat (Jes 36; 37). Gott lässt es auch nicht ungestraft, wenn man die Hand gegen die erhebt, die der Herr liebt und die Ihm angehören, denn die Assyrer hatte die Absicht, Juda und die Anbetung des wahren Gottes zu zerstören. Er hatte Israel in Gefangenschaft genommen. Deshalb muss er fallen, wie man sieht (1,9–14).

Außerdem muss Ninive aufgrund seiner Raubzüge bzw. seiner Eroberungen zerstört werden (2,11–13; 3,1). Die Assyrier glaubten, dem Volk mit der Annektierung einen wirklichen Dienst zu erweisen, aber Gott beurteilte die Sache anders und verglich die Eroberer mit wilden Tieren, die ihre Beute in ihre Höhlen bringen (2,12).

Ein weiterer Grund liegt in dem moralischen Verfall: Ninive ist eine „Hure“, Üppigkeit verführt die Menschen und in gefahrvollen Zeiten werden die Krieger „zu Weibern“ (3,4.13)

Schließlich – und darin ähnelt sie Babylon – musste diese reiche, handeltreibende und verdorbene Stadt fallen, da sie die sie umgebenden Völker in Versuchung führte.

Die Ankündigung des Gerichts

Das war der Zustand dieser mächtigen und schuldbeladenen Stadt, deren Untergang Nahum verkündete, und der 70 Jahre später stattfinden sollte. Der Assyrer, der Zerstörer des Zehn-Stämme-Reiches, war der Schrecken Judas. Gott hatte Sanherib zum Rückzug gedrängt, aber das gegnerische Reich wurde nicht gestürzt, und er konnte jeden Moment neue Armeen gegen Jerusalem entsenden. Dann kam der Prophet aus dem von den Assyrern verwüsteten Galiläa und verkündete, dass Ninive fallen würde und dass die Zerstörung, die es erwartete, vollständig und endgültig sein würde. „Er wird völlig zerstören; die Drangsal wird sich nicht zweimal erheben“ (1,9). Assyrien erholte sich nie und schon im zweiten Jahrhundert n.Chr. blieben keine Überreste von Ninive mehr zurück.

Ninive wurde zweimal zerstört: Einmal nach einer vergeblichen dreijährigen Belagerung durch die Meder, als der Fluss (Tigris) durch langandauernde Regenfälle so anschwoll, dass er die Stadt überschwemmte und einen Teil der Mauern zum Einsturz brachte. Dadurch wurde der Weg für den Feind geöffnet, der die Stadt eroberte und zerstörte. Ninive erholte sich später wieder und erlangte für einen Moment seinen früheren Ruhm zurück, wurde dann jedoch ein zweites Mal von Cyaxares, dem König der Meder, und Nabopolassar, dem König von Babylon, eingenommen. Völlig geplündert und vom Feuer vernichtet ging die Stadt unter, um nie wieder aufzustehen. Diese eindeutigen Prophezeiungen in Bezug auf die beiden Zerstörungen Ninives finden wir im Buch Nahum. Dazu ein paar Schriftstellen: „Und mit einer überschwemmenden Flut wird er Ninives Stätte völlig zerstören, und Finsternis wird seine Feinde verfolgen ...Die Tore an den Strömen sind geöffnet, und der Palast verzagt“ (1,8; 2,6). „Denn wären sie auch wie Dornen verflochten und von ihrem edlen Wein berauscht, sie sollen völlig verzehrt werden wie dürre Stoppeln... Dort wird das Feuer dich verzehren, das Schwert dich ausrotten, dich verzehren wie der Abfresser. Vermehre dich wie der Abfresser, vermehre dich wie die Heuschrecke!“ (1,10; 3,15). „Raubt Silber, raubt Gold! Denn unendlich ist der Vorrat, der Reichtum an allerlei kostbaren Geräten. Leere und Entleerung und Verödung! Und das Herz zerfließt, und die Knie wanken, und in allen Lenden ist Schmerz, und ihrer aller Angesichter erblassen.“ (2,10.11).

Auch in den folgenden Versen lesen wir, wie der Prophet den vollständigen Niedergang und die bleibende Verwüstung Ninives beschreibt: „Und mit einer überschwemmenden Flut wird er Ninives Stätte völlig zerstören, und Finsternis wird seine Feinde verfolgen ... Wo ist nun die Wohnung der Löwen und die Weide der jungen Löwen, wo der Löwe umherging, die Löwin und das Junge des Löwen“ (1,8.9; 2,12). Leider! Über fünfundzwanzig Jahrhunderte lang wurden diese Vorhersagen so gut erfüllt, dass niemand die genaue Lage einer der größten Hauptstädte der Welt, der reichen Metropole Assyriens mit mehr als zwei Millionen Einwohnern innerhalb ihrer Stadtmauern, kannte. Ausgrabungen unter fachkundiger Leitung französischer und englischer Gelehrter haben sechs unterirdische Paläste des antiken Ninive sowie verschiedene Gegenstände hervorgebracht, die zumindest teilweise etwas über den Gottesdienst, die Sitten und Gebräuche, die Industrie und die Geschichte der Assyrer aussagen. Einige dieser Objekte wurden von dort abtransportiert und sind heute im British Museum in London und im Louvre in Paris zu sehen. Man hat auch einige Inschriften aus keil- bzw. nagelförmigen Buchstaben entdeckt; nach vielen Versuchen haben es schließlich einige Gelehrte geschafft, diese zu entziffern, und sie haben dazu gedient, die Wahrheit und Genauigkeit einiger Tatsachen zu bestätigen, die in der Bibel beschrieben werden. Wir nennen zwei Beispiele dazu:

In unserer zweiten Betrachtung über König Hiskia sahen wir, dass der assyrische König Sanherib, der mit einer gewaltigen Armee in das Land Juda eingedrungen war, ihm einen Tribut von dreißig Talenten Gold und 300 Talenten Silber auferlegte und dass Hiskia sich bereit erklärte, ihm diese beträchtliche Summe zu zahlen, notfalls sogar mit den Schätzen des Tempels. Dann erinnerten wir uns an die arrogante und blasphemische Ansprache des Gesandten Sanheribs unter den Stadtmauern von Jerusalem. Als man den prächtigen Palast tief unter der Erde vergraben entdeckte, fand man auch auf diesem, wie auch auf den anderen, zahlreiche Inschriften, die sich auf die damalige Herrschaft bezogen. Eine von diesen bestätigt die biblische Darstellung und gibt genau an, wie viele Talente Gold und Silber vorhanden sind (1. Könige 18,14).

In einem anderen Raum desselben Palastes sehen wir auf einer Platte ein tiefes Relief, das die Belagerung von Lachis darstellt. Sanherib sitzt auf seinem Thron vor der Stadtmauer, Frauen und Kinder betteln um Gnade, Soldaten begehen grausame Taten an den Juden. Über dem Thron des Königs steht: „Sanherib, König der Legionen, König des Landes Assur, sitzt auf dem Thron des Gerichts vor der Stadt Lachis. – Ich habe meine Erlaubnis gegeben, sie zu schlachten.“ Der beste Beweis dafür, dass die Schrift Wahrheit und Gottes Wort ist, besteht in der moralischen Wirkung, die sie auf das Gewissen und auf die Herzen derer hat, die sie in aller Einfachheit und unter Gebet lesen. Daneben hat Gott, wie wir hier sehen, es jedoch in gewisser Weise für gut befunden, materielle Beweise für ihre Vollkommenheit aus der Erde ausgraben zu lassen.

Zwei ermutigende Abschnitte

Lasst uns zum Schluss noch zwei Abschnitte aus dem Propheten Nahum betrachten, wobei wir Gott bitten wollen, dass sie segensreich für unsere Seelen sind. Inmitten von Anschuldigungen, Drohungen und Gericht für die Blutstadt, ist es eine Freude, auch in diesem Buch, wie bei allen anderen Propheten ebenso, ermutigende und ermunternde Worte für die zu finden, die diesen Worten Glauben schenken. In Vers 1 von Kapitel 2 lesen wir: „Siehe, auf den Bergen die Füße dessen, der gute Botschaft bringt, der Frieden verkündigt!“ Im wörtlichen Sinn konnte sich das auf diejenigen beziehen, die Juda die Nachricht von der Zerstörung der unbarmherzigen Stadt, diesem grausamen Feind des Volkes Gottes, überbrachten. Aber diese Worte haben eine geistliche und sehr wichtige Bedeutung für uns. In Jesaja 52 Vers 7 werden Sie ähnliches finden: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße dessen, der frohe Botschaft bringt, der Frieden verkündigt, der Botschaft des Guten bringt, der Rettung verkündigt, der zu Zion spricht: Dein Gott herrscht als König!“ Der Apostel Paulus erinnert in Römer 10,15 an diese Worte und gleichzeitig wendet er sie auf ihre wahre Reichweite für uns an. Die Boten sind von Gott gesandt, Evangelisten, die der Herr ausgesandt hat, dass sie gute Nachrichten verkünden und Frieden ausrufen, die gute Botschaft vom Heil in Christus und den Frieden Gottes, den durch die Gnade jede Seele erhält, die das Evangelium oder die gute Botschaft im Glauben annimmt. Diese gute Nachricht wird Ihnen schon lange mitgeteilt. Haben Sie sie schon angenommen? Glauben Sie daran? Haben Sie den Frieden, den diese mit sich bringt?

Wir lesen: „Der Herr ist gütig, er ist eine Festung am Tag der Drangsal; und er kennt die, die zu ihm Zuflucht nehmen“ (Nah 1,7). Haben Sie geschmeckt, dass der Herr gütig ist (2. Pet 2,3)? Lieben Sie Ihn, so dass diese Aussage in ihrer ganzen Wahrheit auf Sie zutrifft?: „Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt“ (1. Kor 8,3)? Kann man von Ihnen das Gleiche sagen wie der Apostel von den Galatern: „Jetzt aber, da ihr Gott erkannt habt, vielmehr aber von Gott erkannt worden seid“ (Gal 4,9)? Was für ein Glück ist es, von Gott gekannt zu sein und somit zu seinen geliebten Kindern gezählt zu werden, zu denen, von denen es heißt: „Der Herr kennt die sein sind“ (2. Tim 2,19). Deshalb sollen wir Ihm glauben und vertrauen, denn, wie Nahum schreibt: „Er kennt die, die zu ihm Zuflucht nehmen“ (Nah 1,7).