Kanon der Schrift – Bibel-Lexikon

Das Wort κανών bezeichnete eine Richtschnur oder Regel, anhand der Dinge überprüft wurden. Paulus gebraucht das Wort in diesem Sinn in Galater 6,16. Was die Schrift anbelangt, so verweist dieser Ausdruck darauf, welche Bücher darin eingeschlossen werden sollten. So wird vom Kanon der Schrift gesprochen, und die Bücher werden entweder kanonisch oder nicht-kanonisch genannt. Zum Glück werden die meisten Christen nicht durch derartige Fragen beunruhigt. In christlicher Einfalt glauben sie, dass sie in der Bibel nur das vor sich haben, was Gott niederschreiben ließ, und dass dieses Buch alles enthält, was gemäß seiner Absicht einen Teil davon bilden sollte. Da heutzutage alles angezweifelt wird, ist es trotzdem gut, die Sache etwas näher zu betrachten.

Zuerst erklärte die römische Kirche kühn, dass nur „die Kirche" entscheiden konnte, welche Bücher kanonisch waren. Schon auf dem Konzil von Karthago (etwa 400 n. Chr.) wurden Listen der Bücher angefertigt, und auf dem Konzil von Trient wurde dogmatisch festgelegt, welche Bücher die Schrift ausmachten. Sie entschieden sich auch, die Bücher aufzunehmen, die heute als die Apokryphen bekannt sind, wie man in der lateinischen Vulgata sehen kann, die von der römischen Kirche verwendet wird.

Die Schrift bestätigt uns, dass den Juden die Aussprüche Gottes anvertraut worden waren (Röm 3,2). Es ist wohl bekannt, wie sorgfältig sie die Schriften des A.T. jahrhundertelang überwachten, bevor es eine christliche Kirche gab. Die Bücher wurden in der jüdischen Sprache, also auf Hebräisch, geschrieben, und hier hatten die Apokryphen nie einen Platz. Sie waren auf Griechisch geschrieben und wurden erst der Septuaginta hinzugefügt. Das oben genannte Prinzip, dass die Schrift von der Kirche beglaubigt werden musste, ist falsch. Sicherlich konnte Gott eine Offenbarung geben, die auf keinerlei Weise das Siegel einer Gruppe von Menschen brauchte, und wenn sie noch so heilig waren. Aber die Kirche von Rom war nicht heilig, noch war sie allumfassend, sodass, selbst wenn das angenommene Prinzip richtig wäre, diese Abteilung der Kirche die letzte gewesen wäre, der man als einem zuverlässigen Führer in dieser Sache hätte vertrauen können.

Das N.T. hatte auch seine Gefahren. Zusammen mit den griechischen Handschriften wurden apokryphe Bücher gefunden, von denen Teile in den Versammlungen der ersten Tage gelesen wurden. Später hatten mehrere der so genannten Kirchenväter ihre Zweifel im Blick auf einige der Briefe. Dies war sogar bis in die Zeit der Reformatoren zu beobachten. Luther sprach respektlos über die Briefe an die Hebräer, Jakobus und Judas sowie die Offenbarung und setzte sie separat an das Ende seiner Übersetzung. Calvin zweifelte die Authentizität von Jakobus, 2. Petrus und Judas an. In der heutigen Zeit werden viele Teile der Bücher im A.T. und N.T. in Frage gestellt. Aber die Bibel braucht nicht durch Menschen bestätigt zu werden. Sie trägt ihr eigenes Zeugnis zum Herzen und Gewissen des Christen in der Kraft des Heiligen Geistes. Der natürliche Mensch ist nicht befähigt, über eine solche Frage zu urteilen. Die Bibel hat das Siegel Gottes auf sich, und je mehr sie von dem Christen studiert wird, umso vollkommener erscheint sie vor seinen Augen - kein Teil ist überflüssig und kein Teil fehlt.


Verweise auf diesen Artikel

Kanon


Kategorien

Spezialbegriffe