Die Wüstenwanderung des Volkes Gottes

III. Die Hilfsquellen in der Wüste

Die Wüstenwanderung des Volkes Gottes

Die große Hilfsquelle in der Wüste - wie übrigens überall - ist es nicht der Zugang zu Gott? „Ich aber, Gott zu nahen ist gut für mich“ (Ps 73,28), sagte Asaph nach der schlimmen Prüfung, die er durchzumachen hatte. Dieser Gedanke führt uns dazu, nacheinander das Gebet, den Glauben, das Hohepriestertum und die Opfer in der Wüste zu betrachten.

Aber die höchste Hilfsquelle ist Gott selbst, der zu uns kommt mit seinen Segnungen, durch sein Eingreifen und mit seiner Gnade. Das wird den Schluss unserer Ausführungen bilden.

1. Das Gebet

In Hebräer 4 ist das Gebet, nach dem Wort Gottes und dem Hohenpriestertum Christi, die dritte Hilfsquelle für den, der sich auf dem Weg zur Ruhe befindet: „Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe“ (V. 16).

In 4. Mose ist es hauptsächlich Mose, der das tut. Er hatte eine wunderbare Gemeinschaft mit Gott. Der Herr konnte sagen: „Mit ihm rede ich von Mund zu Mund“ (4. Mo 12,8). Er unterhielt sich mit ihm „wie ein Mann mit seinem Freund redet“ (2. Mo 33,11).

Ein Vers zeigt uns das Geheimnis dieser Vertrautheit: „Und wenn Mose in das Zelt der Zusammenkunft hineinging, um mit ihm zu reden, so hörte er die Stimme zu ihm reden von dem Deckel herab, der auf der Lade des Zeugnisses war, zwischen den beiden Cherubim hervor; und er redete zu ihm“ (Kap. 7,89). Sehen wir auf Mose in der beständigen Spannung, die ihm das Murren und die Vorwürfe des Volkes verursachten, ohne von den Aufgaben seiner Stellung als Führer zu reden, unter denen er mehr als einmal geseufzt hat! Und siehe, er ließ alles, was ihn bedrückte, das Durcheinander, das ihn umgab, den Staub der Wüste zurück, und trat in die Dämmerung des Heiligtums ein, um mit seinem Gott zu reden. Er kam in die Stille hinein und lauschte zunächst der Stimme, die von dem Deckel herab zu ihm redete. Dann, erst nachher, sprach er zu Ihm. Glückselige Gemeinschaft der Seele mit ihrem Gott, wovon uns der Herr Jesus das vollkommene Beispiel gegeben hat, als Er lange vor Tagesanbruch aufstand und sich an einen öden Ort begab oder des Abends allein auf den Berg stieg, um zu beten.

Dieses Vorrecht ist heute unser Teil, denn wir können jeden Tag und besonders jeden Morgen die Gegenwart des Herrn aufsuchen, in seinem Wort auf seine Stimme hören und Ihm alles sagen, was wir auf dem Herzen haben. Das Lesen des Wortes in der Familie ist eine kostbare und nützliche Sache, aber nichts kann den täglichen, persönlichen Umgang mit dem Herrn Jesus zu seinen Füßen ersetzen. Der Gläubige, der das vernachlässigt, wird in seinem geistlichen Leben keine Fortschritte machen und dem Feind umso mehr die Flanke bieten.

Auf dem ganzen Weg durch die Wüste sehen wir Mose beten. In Tabhera betet er und das Feuer legt sich. Für seine Schwester Mirjam, die ihn schwer beleidigt hat, fleht er: „O Gott, bitte, heile sie doch!“ Nach sieben Tagen der Züchtigung wird Mirjam wieder aufgenommen. In Kades legt er Fürsprache für Israel ein und erreicht die Vergebung von Seiten des HERRN (Kap. 14,13-20). Zur Zeit des Aufstandes von Korah tritt er wieder ein - nicht für Korah, Dathan und Abiram - sondern für das Volk des HERRN, das ihm so am Herzen liegt (Kap. 16,22). Als die feurigen Schlangen das Volk bissen, betet Mose von neuem für sie (Kap. 21,7).

Mehr als einmal fiel er auf sein Angesicht (Kap. 14,5; 16,4; 17,10; 20,6), indem er dadurch ausdrückte, dass er sich völlig auf Gott warf. Er fragte nach Seinen Gedanken, als er sie nicht kannte im Fall der unreinen Personen, die das Passah nicht feiern konnten (Kap. 9,8) oder im Fall der Töchter Zelophchads (Kap. 27,5). Schließlich, als das Alter und der Augenblick gekommen war, um sein Amt niederzulegen, bittet er den HERRN, über sein Volk einen Mann zu bestellen, „der vor ihnen her aus- und einzieht und der sie aus- und einführt, damit die Gemeinde des HERRN nicht sei wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Kap. 27,16.17).

Wenn er der einzige ist im 4. Buch Mose, der betet, wieviel Segen hat dann sein treues Einstehen seinem Volk gebracht! Wir sehen nicht, dass Aaron betete (ausgenommen mit Mose: Kap. 16,22), trotz seiner wichtigen Stellung, mit der er bekleidet war.

Wollen wir nicht häufiger ins Heiligtum eintreten, Gottes Stimme hören und mit Ihm reden?

2. Der Glaube

Ohne Glauben war es unmöglich von Ägypten nach Kanaan zu gelangen. Wir haben im Abschnitt über den Unglauben gesehen, dass es der Glaube war, der dem Volk so sehr gefehlt hat.

Zwei Männer handeln anders, Josua und Kaleb (Kap. 13,30; 14,6-9). Ihr Glaube und die Energie, die sich daraus ergibt, wird sie dahinführen, während all der Jahre des Umherirrens standhaft zu bleiben, sie wird sie am Jordan und vor Jericho stärken und während der ganzen Eroberung aufrecht halten. Von Kaleb wird wiederholt gesagt: „Er folgte dem HERRN völlig nach“ (Kap. 14,24; 32,12; 5. Mo 1,36; Jos 14,8.9.14). Für diese Männer zählte nur eine Sache: „Der HERR ist mit uns“.

Hier geht es nicht um den errettenden Glauben, sondern um den praktischen, der uns den Weg gehen lässt und der jeden Tag in Tätigkeit sein muss: „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen“ (2. Kor 5,7). „Die blaue Quaste“ sollte die Kinder Israel ständig daran erinnern (4. Mo 15,37-41). An den Zipfeln ihrer Kleider sollte die Saumfassung der blauen Schnur eine Quaste sein, die wie eine Blume die Aufmerksamkeit auf sich zog, um sie allezeit zu mahnen, weder den Gedanken ihrer Herzen, noch den Wünschen ihrer Augen zu folgen, sondern dem, was dem HERRN wohlgefällt. Taucht eine Schwierigkeit auf, stellt sich ein Problem: Der Glaube schaut nach oben und folgt nicht seinen eigenen Gedanken. Tritt plötzlich eine Versuchung auf, der Blick des Glaubens richtet sich auf den HERRN und folgt nicht den Wünschen unserer Augen.

Uns Gläubigen heute sagt Kolosser 3,1.2: „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“. Wenn wir den schlimmen Übeln, die das Gericht Gottes nach sich ziehen, ausweichen wollen, dann muss der himmlische Grundsatz die kleinsten Einzelheiten unseres Lebens durchdringen, selbst die, die der Erde am nächsten stehen.

3. Das Hohepriestertum

„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Sprich zu Eleasar, dem Sohn Aarons, dem Priester, dass er die Räucherpfannen aus dem Brand herausnehme; und streue das Feuer weg, denn sie sind heilig. Die Räucherpfannen dieser Männer, die gegen ihre Seele gesündigt haben - man mache daraus breitgeschlagene Bleche zum Überzug für den Altar; denn sie haben sie vor dem HERRN dargebracht, und so sind sie heilig; und sie sollen den Kindern Israel zum Zeichen sein. Und Eleasar, der Priester, nahm die kupfernen Räucherpfannen, die die Verbrannten dargebracht hatten, und man schlug sie breit zum Überzug für den Altar, als ein Gedächtnis für die Kinder Israel, damit kein Unbefugter, der nicht von den Nachkommen Aarons ist, herzutrete, um Räucherwerk vor dem HERRN zu räuchern, und es ihm nicht ergehe wie Korah und seiner Rotte - so wie der HERR durch Mose zu ihm geredet hatte.
Und die ganze Gemeinde der Kinder Israel murrte am anderen Morgen gegen Mose und gegen Aaron und sprach: Ihr habt das Volk des HERRN getötet! Und es geschah, als die Gemeinde sich gegen Mose und gegen Aaron versammelte, da wandten sie sich zum Zelt der Zusammenkunft, und siehe, die Wolke bedeckte es, und die Herrlichkeit des HERRN erschien. Da gingen Mose und Aaron vor das Zelt der Zusammenkunft. Und der HERR redete zu Mose und sprach: Erhebt euch weg aus der Mitte dieser Gemeinde, und ich will sie in einem Augenblick vernichten! Da fielen sie auf ihr Angesicht. Und Mose sprach zu Aaron: Nimm die Räucherpfanne und tu Feuer vom Altar darauf und lege Räucherwerk auf, und bring es schnell zu der Gemeinde und tu Sühnung für sie; denn der Zorn ist von dem HERRN ausgegangen, die Plage hat begonnen.“ (4. Mo 17,1-11 )

Das zentrale Kapitel, sozusagen das Herzstück des 1. Buches Mose, spricht vom Vater und vom Sohn in Morija (Kap. 22). In der Mitte des 2. Buches Mose finden wir den hebräischen Knecht, der erklärt: „Ich liebe meinen Herrn, meine Frau und meine Kinder, ich will nicht frei ausgehen“ (Kap. 21). Im Zentrum des 3. Buches Mose und zugleich in der Mitte der fünf Bücher Mose steht der Sühnungstag, der die Grundlage für das Wohnen Gottes inmitten seines Volkes bildet (Kap. 16). Unser Kapitel, im Herzen des 4. Buches Mose, zeigt uns die alleinige Grundlage, auf der Gott Israel in das Land wird einführen können: Das Priestertum, wie aufs Neue bestätigt, auf der Grundlage des Lebens.

Bei dem Aufstand von Korah, Dathan und Abiram wurde die Autorität Moses und die Stellung Aarons durch das Gericht und den Tod wiederhergestellt, aber das Volk hatte alle Rechte auf das Land verloren. Wären die Dinge so weitergegangen, so wäre das Volk in Kürze unter dem Gericht Gottes aufgerieben worden. Nur die Gnade konnte es nach Kanaan bringen, die Gnade, gegründet auf das Priestertum, wie es unser Kapitel vorstellt. Der Stab Moses, der doch so oft benutzt wurde, war nicht ausreichend. Als Symbol der Autorität und der Macht war er nicht in der Lage, die Stämme, die so voll Schwachheiten und Elend waren, ans Ziel zu führen. Er konnte die Murrenden schlagen, aber dem Murren kein Ende setzen. Auf dem Weg durch die Wüste konnte das Priestertum nur in Begleitung der reinen Gnade Gottes wirksam sein.

Das gleiche finden wir in Hebräer 4: Niemand, kein Gläubiger, würde ohne die Fürbitte des Herrn Jesus das Ende des Weges erreichen. „Daher vermag er diejenigen auch völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden“ (Kap. 7,25)

Um in der Sache Korahs den Mann zu bezeichnen, „den der HERR erwählen wird“, wurde Mose gezwungen, den Test mit den Räucherpfannen vorzuschlagen. Was anderes hatte sich daraus ergeben, als der Tod der 250 Männer, die Weihrauch dargebracht hatten? Aber Gott hatte bei sich noch einen anderen Test in Bereitschaft, als den des Todes, nämlich den des Lebens. Jeder Stammesfürst musste seinen Stab, sein Zepter, zum Heiligtum bringen, zwölf Stäbe, „und der Stab Aarons war unter ihren Stäben“. Um den Mann zu bezeichnen, den der HERR erwählt hatte, würde Er seinen Stab sprossen lassen. Anders gesagt, das Leben, das in diesem toten Holzstab in Erscheinung treten würde, zeigte den Priester nach dem Herzen Gottes. „Und es geschah am nächsten Tag, als Mose in das Zelt des Zeugnisses hineinging, siehe, da hatte der Stab Aarons, vom Hause Levi, gesprosst: Er hatte Sprossen getrieben und Blüten gebracht und Mandeln gereift“ (Kap. 17,23). Ein bemerkenswertes Vorbild vom Herrn Jesus, dem Priester, „der es nicht nach dem Gesetz eines fleischlichen Gebots geworden ist, sondern nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens“ (Heb 7,16). „Wenn er nun auf der Erde wäre, so wäre er nicht einmal Priester, weil solche da sind, die nach dem Gesetz Gaben darbringen“ (Heb 8,4). Gestorben, auferweckt und in die Herrlichkeit erhöht, „ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden, von Gott begrüßt als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks“ (Heb 5,9.10).

So steht heute vor unseren Augen und Herzen kein gestorbener Erlöser, sondern eine lebende Person, die sich für uns verwendet. „Ich war tot,“ sagt Er zu Johannes, „und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 1,18). Der Stab Aarons blieb vor dem Zeugnis, in der Bundeslade, als Gewähr dafür, dass die Gnade Gottes nie versagen würde.

4. Die Opfer

Die Verordnung der Opfer befindet sich im Wesentlichen in den ersten Kapiteln des 3. Buches Mose. Im 4. Buch Mose begegnen wir deren zweien, die charakteristisch sind für die Wüste und die wir sonst nirgends finden: Die rote junge Kuh (Kap. 19)1 und die eherne Schlange (Kap. 21).

a) Die rote junge Kuh

„Und der HERR redete zu Mose und zu Aaron und sprach: Dies ist die Satzung des Gesetzes, das der HERR geboten hat, indem er sprach: Rede zu den Kindern Israel, dass sie dir eine rote junge Kuh bringen, ohne Fehl, an der kein Gebrechen ist, auf die kein Joch gekommen ist; und ihr sollt sie Eleasar, dem Priester, geben, und er soll sie vor das Lager hinausführen, und man soll sie vor ihm schlachten. Und Eleasar, der Priester, nehme von ihrem Blut mit seinem Finger und sprenge von ihrem Blut siebenmal gegen die Vorderseite des Zeltes der Zusammenkunft hin. Und man soll die junge Kuh vor seinen Augen verbrennen: Ihre Haut und ihr Fleisch und ihr Blut samt ihrem Mist soll man verbrennen. Und der Priester soll Zedernholz und Ysop und Karmesin nehmen und es mitten in den Brand der jungen Kuh werfen. Und der Priester soll seine Kleider waschen und sein Fleisch im Wasser baden, und danach soll er in das Lager gehen; und der Priester wird unrein sein bis zum Abend. Und der sie verbrennt, soll seine Kleider mit Wasser waschen und sein Fleisch im Wasser baden, und er wird unrein sein bis zum Abend. Und ein reiner Mann soll die Asche der jungen Kuh sammeln und sie außerhalb des Lagers an einen reinen Ort schütten, und sie soll für die Gemeinde der Kinder Israel aufbewahrt° werden zum Wasser der Reinigung; es ist eine Entsündigung. Und der die Asche der jungen Kuh sammelt, soll seine Kleider waschen, und er wird unrein sein bis zum Abend. Und es soll den Kindern Israel und dem Fremden, der in ihrer Mitte weilt, zur ewigen Satzung sein.
Wer einen Toten berührt, irgendeine Leiche eines Menschen, der wird sieben Tage unrein sein. Dieser soll sich am dritten Tag damit entsündigen, und am siebten Tag wird er rein sein; und wenn er sich nicht am dritten Tag entsündigt, so wird er am siebten Tag nicht rein sein. Jeder, der einen Toten berührt, die Leiche eines Menschen, der gestorben ist, und sich nicht entsündigt, hat die Wohnung des HERRN verunreinigt; und diese Seele soll ausgerottet werden aus Israel. Weil das Wasser der Reinigung nicht auf ihn gesprengt wurde, ist er unrein; seine Unreinheit ist noch an ihm.
Dies ist das Gesetz, wenn ein Mensch im Zelt stirbt: Jeder, der in das Zelt geht, und jeder, der in dem Zelt ist, wird sieben Tage unrein sein. Und jedes offene Gefäß, auf dem kein festgebundener Deckel ist, wird unrein sein.
Und jeder, der auf freiem Feld einen mit dem Schwert Erschlagenen oder einen Gestorbenen oder das Gebein eines Menschen oder ein Grab berührt, wird sieben Tage unrein sein. Und man soll für den Unreinen vom Staub des zur Entsündigung Verbrannten nehmen und lebendiges Wasser darauf tun in ein Gefäß; und ein reiner Mann soll Ysop nehmen und ihn in das Wasser tauchen und soll auf das Zelt und auf alle Geräte und auf die Personen sprengen, die dort sind, und auf den, der das Gebein oder den Erschlagenen oder den Gestorbenen oder das Grab berührt hat. Und zwar soll der Reine auf den Unreinen sprengen am dritten Tag und am siebten Tag und ihn am siebten Tag entsündigen; und er soll seine Kleider waschen und sich im Wasser baden, und am Abend wird er rein sein.
Und wenn jemand unrein wird und sich nicht entsündigt, diese Seele soll ausgerottet werden aus der Mitte der Versammlung; denn er hat das Heiligtum des HERRN verunreinigt: Das Wasser der Reinigung ist nicht auf ihn gesprengt worden, er ist unrein. Und es soll ihnen zur ewigen Satzung sein. Und wer das Wasser der Reinigung sprengt, soll seine Kleider waschen; und wer das Wasser der Reinigung berührt, wird unrein sein bis zum Abend. Und alles, was der Unreine berührt, wird unrein sein; und wer ihn berührt, wird unrein sein bis zum Abend.“ (4. Mo 19)

Die Sünde wird uns in der Schrift unter einem zweifachen Gesichtspunkt vorgestellt: als Vergehen, als Schuld, im Blick auf die Gerechtigkeit Gottes, worauf die Vergebung antwortet (3. Mo 4 und 5). Andererseits, im Blick auf die Heiligkeit Gottes, als Befleckung, die einer Reinigung bedarf. Unser Kapitel, so wie auch Johannes 13, stellt diesen zweiten Fall vor. Was den Wandel des Gläubigen betrifft, gilt in Bezug auf die Wiederherstellung unter der Gnade: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh 1,9).

Es handelt sich hier nicht um die Grundlage unserer Beziehungen zu Gott, wie in 3. Mose 16, damit der Herr inmitten seines Volkes wohnen kann, sondern um die Fehltritte, die auf dem Weg durch die Wüste leider so oft vorkommen. Hier werden sie dargestellt als Berührung mit dem Tod. Die Gesinnung des Fleisches ist der Tod. Der Lohn der Sünde ist der Tod. Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben: Jede Äußerung des Fleisches anstelle des Lebens Christi in uns, ist sozusagen eine Berührung mit dem Tod. Die Sünden werden uns nicht mehr zugerechnet, uns, den Gläubigen, von denen Gott auf Grund „des ein für allemal geschehenen Opfers des Leibes Jesu Christi“ sagen kann: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken“ (Heb 10,10.17). Aber die Gemeinschaft mit dem Herrn wird dadurch unterbrochen, und wenn wir die Sünden nicht richten, setzen wir uns durch unser Versäumnis den Züchtigungen der Regierungswege Gottes aus (1. Kor 11,31.32).

Das Fleisch äußert sich in unserem persönlichen Verhalten (V. 11), in der Familie, „im Zelt“ (V. 14), in unserer Arbeit und in unseren Beziehungen gegen außen, „auf freiem Feld“ (V. 16). Obwohl unterschiedlich betont, behält es doch immer sein leidenschaftliches Wesen (Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei, Lästerung … Eph 4,31), oder seinen unreinen, verdorbenen Charakter (Hurerei, Unreinigkeit, Leidenschaft, böse Lust ... Kol 3,5). Das Verschulden wird vielleicht nur ein einfaches „Gebein“ sein (V. 16): diese kleinen Dinge, auf die man nicht genügend Acht gibt: Fehlende Geradheit oder Ehrlichkeit, unangebrachte Worte. Der Fehltritt kann auch die Art eines Grabes annehmen: Heuchelei, die die Sünde in einen anständigen Mantel kleidet. Erinnern wir uns im Blick auf „das Zelt“, dass die Unreinigkeit alles befleckte, was sich darin befand, besonders auch „jedes offene Gefäß“. Eine ernste Lektion für uns Eltern, oder ältere Brüder und Schwestern! Wenn wir uns streiten, wenn wir unsere nahen Verwandten in Misskredit bringen oder schlecht von ihnen oder von der Versammlung reden, werden die jüngeren, die Kinder, die jungen Gläubigen in der Familie uns hören und - als offene Gefäße - auch verunreinigt.

Alle diese Dinge verunreinigen, unterbrechen die Gemeinschaft mit dem Herrn und erfordern, dass die Seele unverzüglich gereinigt und wiederhergestellt werde. Das ist es, wofür die Asche des Opfers sorgt, die Erinnerung an die sühnenden Leiden des Christus.

Die Opfergabe der jungen Kuh

Sie wird uns vorgestellt als „ein für allemal“ dargebracht. Bezogen auf den Tod Christi finden wir diesen Ausdruck in den Briefen verschiedene Male wieder. Die Asche stellt sodann das Zeugnis eines vollbrachten Werkes dar, dessen Anwendung auf Herz und Gewissen nötig ist und das zur Reinigung völlig genügt. Die junge Kuh selbst musste ohne Fehl sein, sie durfte kein Gebrechen haben und kein Joch durfte auf sie gekommen sein. Sie ist ein Vorbild von Christus, der keine Sünde getan hat, in dem keine Sünde war und der Sünde nicht kannte. Sie wurde vor das Lager hinausgeführt, wie der Herr Jesus, der hinausging, sein Kreuz tragend, um außerhalb des Tores gekreuzigt zu werden. Ihr Blut musste siebenmal gegen die Vorderseite des Zeltes der Zusammenkunft hin gesprengt werden, d.h. zum Zeugnis für den Menschen, der herzunahte und nicht vor Gott im Allerheiligsten wie am Sühnungstag.

Eleasar, der Priester, opfert die Gabe nicht selbst: „Man soll sie vor ihm schlachten ... man soll die junge Kuh vor seinen Augen verbrennen.“ Das Feuer des Gerichts verzehrt alles: die Haut, das Fleisch, das Blut, den Mist. Der Priester nimmt Zedernholz, Ysop und Karmesin und wirft es mitten in den Brand des Opfers: Der Gläubige wird dahin geführt, alles, was die Welt anbieten kann, vom Höchsten bis zum Bescheidensten, alle menschliche Herrlichkeit, alles, was der natürliche Mensch sich auf dieser sündigen Erde wünschen könnte, unter den Tod Christi gestellt zu betrachten (Gal 6,14). Für den Glauben verschwindet die Herrlichkeit dieser Welt im Gericht des Kreuzes.

Anschließend wird die Asche gesammelt und außerhalb des Lagers an einem reinen Ort niedergelegt, um aufbewahrt zu werden zum Wasser der Reinigung, zur Entsündigung. Das Opfer der jungen Kuh wird nicht erneuert werden, aber das lebendige Wasser - der Heilige Geist - wird die Asche anwenden - die Erinnerung an die Leiden Christi und an das Zeugnis eines wirksamen Werkes - auf den, der unrein wird.

Wie vollzieht sich diese Reinigung?

Nachdem sich der Schuldige seines Fehltrittes bewusst wurde, hatte er sich einem reinen Mann anzuvertrauen, der am dritten Tag (nicht sofort, das Empfinden des Fehlers musste vertieft werden) von dem Wasser, das die Asche enthielt, auf ihn, den Unreinen, sprengte. Wie wir gesehen haben, bezieht sich die Unreinigkeit in diesem Kapitel auf die Beschmutzung der Wüste, obwohl sie durch jede Sünde bewirkt wird. In der Praxis sind das für uns vor allem die schwachen Seiten und Mängel unseres Charakters und Verhaltens, diese häufigen Äußerungen des Fleisches in unserem Leben, über die wir oft zu leicht hinweggehen, ohne sie überhaupt zu bemerken. Doch ist es wichtig, sich darüber Rechenschaft zu geben, sie zu bereuen und zu bekennen. Das ist eine Übung des Gewissens, die sich bis zum dritten Tag vertieft, an dem der Heilige Geist, um die Seele wieder zu beleben, sie an die Leiden Christi erinnert. Er lässt sie aufs Neue fassen, dass der Herr Jesus auch für diese bestimmte Sünde sterben musste.

Die Übung muss noch weiter gehen. Der unreine Mensch in Israel musste bis zum siebten Tag warten, damit der reine Mann ein zweites Mal von diesem Wasser mit der Asche auf ihn sprenge. Dann wusch er seine Kleider und badete sich im Wasser „und am Abend wird er rein sein“. Dieses Werk des Gewissens vom dritten bis zum siebten Tag entspricht dem Selbstgericht, diesem Suchen der tieferen Gründe unseres Fehlens im göttlichen Licht. Das Gedenken an das vollkommene Werk Christi erstreckt sich dann nicht nur bis zu einem bestimmten Fehltritt, sondern bis zur eigentlichen Wurzel des Bösen. Gerade dies machte es nötig, dass Er für uns zur Sünde gemacht wurde. Wenn ich zum Beispiel zu jemand böse Worte gesagt habe, geziemt es sich, sobald es mir bewusst wird, die Sache dem Herrn zu bekennen. Dann ist es wichtig, im Stillen, allein mit Gott, die begangene Sünde wirklich zu verurteilen, vor Ihm geübt zu sein, nicht nur bezüglich der ausgesprochenen Worte, sondern auch über das, was dazu geführt hat: die Gedanken, die ich vielleicht schon lange gegen die betreffende Person in meinem Herzen genährt habe. Man wird so dahin geführt - im Bewusstsein dessen, was es den Herrn gekostet hat, dafür an unserer Stelle zu leiden - nicht nur die Worte zu verurteilen, sondern auch den Zustand des Geistes und des Herzens, der dazu geführt hat. Man wird sein Vergehen gegenüber dem Betroffenen eingestehen und sich bemühen, es wiedergutzumachen.

Das Wort muss nachher das Zeugnis gegen außen (Kleider) und die Person selbst (sich im Wasser baden) in Ordnung bringen. In den Sprüchen wird uns gesagt: Wer seine Übertretungen bekennt und lässt, wird Barmherzigkeit erlangen (Spr 28,13). Dazu ist Wachsamkeit und Nüchternheit (wörtlich: Selbstkontrolle) nötig, ohne von der Hand oder dem Fuß zu reden, die es vielleicht „abzuhauen“ gilt (Mt 18,8).

Ein Mann der priesterlichen Familie, der sich einmal verunreinigt hatte, blieb es „bis an den Abend“. Während all dieser Zeit, bis die Sonne untergegangen war, durfte er nicht von den heiligen Dingen essen. Dann erst konnte er sein Fasten beenden (3. Mo 22,6.7). Gibt es darin nicht auch eine Belehrung für uns, sei es im geistlichen oder täglichen Leben? Die Gemeinschaft mit dem Herrn kann nicht wiederhergestellt werden, ohne dass die Reinigung erfüllt ist. Vorher kann man sich nicht wirklich von „den heiligen Dingen“ nähren. Das Fasten, das der Schuldige beachten musste, redet es nicht in ganz praktischer Weise zu uns von einer gewissen persönlichen Selbstdisziplin, die zu einer wahren Wiederherstellung gehört?

Der reine Mann

„Der reine Mann“, der das lebendige, mit der Asche gemischte Wasser sprengen musste, erinnert an den, der dem Beispiel des Meisters folgend, die Füße seiner Brüder wäscht (Joh 13,14). Er selbst wurde dadurch unrein bis an den Abend (V. 21). Ein Mensch, so gottesfürchtig er sein mag, wird sich nicht mit dem Bösen beschäftigen können, auch nicht bei seinem Nächsten, ohne dadurch irgendwie in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

Das gegenseitige Bekennen nach Jakobus 5,16, um füreinander beten zu können, kommt diesem nahe. Nicht zu vergessen ist, dass ein solches Bekenntnis absolute Verschwiegenheit verlangt: Der, der einen Sünder von seinen Verirrungen zurückführt, „bedeckt eine Menge von Sünden“, d.h. er bewahrt völliges Stillschweigen darüber (Jak 5,20).

Erinnern wir uns auch an Galater 6,1: „Wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geist der Sanftmut, wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest.“ Wer geistlich ist und berufen, seinen Bruder in einem Geist der Sanftmut zurechtzubringen, muss sich indes, aus Furcht, seinerseits zu fallen, selbst in Acht nehmen. Macht nicht gerade das einen Teil der Übung des Mannes aus, der das Wasser auf seinen unreinen Bruder sprengt?

Wir wollen aber hervorheben, dass im Neuen Testament jeder Gläubige direkten Zugang zu Gott hat und keinen Mittler auf der Erde benötigt, weder um Ihm seine Sünden zu bekennen, noch um zu Ihm zu beten oder um Ihn anzubeten. Aber diese Grundwahrheit schließt diesen brüderlichen Beistand in Gnade nicht aus, den die Geschwister einander in der Furcht des Herrn und in der Sanftmut der Liebe leisten können.

Übersehen wir zum Schluss den Ernst des 20. Verses nicht: „Wenn jemand unrein wird und sich nicht entsündigt, diese Seele soll ausgerottet werden aus der Mitte der Versammlung; denn er hat das Heiligtum des Herrn verunreinigt“. Wenn sich ungerichtete und nicht bekannte Sünden auf dem Gewissen ansammeln, wird die Gemeinschaft mit dem Herrn getrübt, der Klang des geistlichen Lebens wird gedämpft, und dies kann den Schuldigen von Fall zu Fall bis zum Ausschluss führen, der unumgänglich ist, weil der Herr in der Mitte seines Volkes wohnt (vgl. 4. Mo 5,2; 1. Kor 5,11.13).

b) Die eherne Schlange

„Da kam das Volk zu Mose, und sie sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir gegen den HERRN und gegen dich geredet haben; flehe zum HERRN, dass er die Schlangen von uns wegnehme. Und Mose flehte für das Volk. Und der HERR sprach zu Mose: Mache dir eine feurige Schlange und tu sie auf eine Stange; und es wird geschehen, jeder, der gebissen ist und sie ansieht, der wird am Leben bleiben. Und Mose machte eine Schlange aus Kupfer und tat sie auf die Stange; und es geschah, wenn eine Schlange jemand gebissen hatte, und er schaute auf zu der Schlange aus Kupfer, so blieb er am Leben.“ (4. Mo 21,7-9)

„Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, [nicht verloren gehe, sondern] ewiges Leben habe.“ (Joh 3,14.15)

Zum ersten Mal in der dunklen Geschichte des 4. Buches Mose sagt das Volk mit Aufrichtigkeit: „Wir haben gesündigt, dass wir gegen den Herrn und gegen dich geredet haben“ (Kap. 21,7). Es brauchte den Biss der Schlange, das Bewusstwerden der ganzen Bosheit des Feindes, des Giftes, das dem Fleisch mit seinem satanischen Ursprung in uns entspricht, um das Volk soweit zu bringen.

Mose betet für das Volk. Der Herr beauftragt ihn, eine eherne Schlange auf eine Stange zu tun, damit jeder, der sie anschaute, am Leben blieb.

„Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden...“ (Joh 3,14), sagte der Herr Jesus in der denkwürdigen Nacht, da Nikodemus zu Ihm gekommen war. Aus dem Mund des Heilandes haben wir die Gewissheit, dass gerade Er es ist, auf den die Schlange hindeutete. Wie ist es möglich, dass hier eine Schlange und nicht ein Lamm ein Bild des Herrn Jesus sein kann? In der ganzen Schrift stellt die Schlange den Teufel dar (Off 20,2). Der junge Stier, der Widder, die Turteltaube, reine Tiere, sind ein Bild des makellosen Opfers für unsere Sünden. Der Abgrund, in den der Herr der Herrlichkeit herabsteigen musste, war viel tiefer als seine physischen Leiden oder die Erniedrigung, die Er in seinem Leben erfuhr: „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht“ (2. Kor 5,21). „Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist“ (Gal 3,13). In den drei Stunden der Finsternis, o unausforschliches Geheimnis, wurde der Sohn Gottes, der vollkommene Mensch, das makellose Opfer, wie zu einer „Schlange“ gemacht, und unter dem unendlichen Gewicht des göttlichen Fluches wie die Sünde selbst behandelt. Einen solchen Christus muss man anschauen, um gerettet zu werden, nicht nur als das Vorbild, das Er in seinem Leben und sogar in seiner Hingabe bis in den Tod war: „... so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“

5. Der Fels und der Brunnen

„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Nimm den Stab und versammle die Gemeinde, du und dein Bruder Aaron, und redet vor ihren Augen zu dem Felsen, so wird er sein Wasser geben; und du wirst ihnen Wasser aus dem Felsen hervorbringen und der Gemeinde zu trinken geben und ihrem Vieh. Und Mose nahm den Stab vor dem HERRN weg, so wie er ihm geboten hatte. Und Mose und Aaron versammelten die Versammlung vor dem Felsen; und er sprach zu ihnen: Hört doch, ihr Widerspenstigen! Werden wir euch Wasser aus diesem Felsen hervorbringen? Und Mose erhob seine Hand und schlug den Felsen mit seinem Stab zweimal; da kam viel Wasser heraus, und die Gemeinde trank und ihr Vieh. …

Und von dort zogen sie nach Beer; das ist der Brunnen, von dem der HERR zu Mose sprach: Versammle das Volk, und ich will ihnen Wasser geben.
Damals sang Israel dieses Lied:
Herauf, Brunnen! Singt ihm zu! Brunnen, den Fürsten gegraben, den die Edlen des Volkes mit dem Gesetzgeber gehöhlt haben, mit ihren Stäben!
Und aus der Wüste zogen sie nach Mattana;“ (4. Mo 20,7-11; 21,16-18)

a) Der Fels

1. Korinther 10,4 sagt uns: „Sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete. (Der Fels aber war der Christus.)“ Am Anfang der Durchquerung der Wüste war der Fels geschlagen worden, ein Bild von Christus am Kreuz, woher seinem Volk jede Segnung zufließt (2. Mo 17,6). Nach den Anweisungen des Herrn genügte es, in unserem Kapitel, zum Felsen zu reden, und zwar mit dem Stab Aarons, der gesprosst hatte, in der Hand. Welch ein Wunder! Der Zugang steht uns immer offen, um in einem ernsten, kurzen, klaren Gebet zu Dem zu reden, der geschlagen worden ist. Der Stab erinnert an das Hohepriestertum, das, gegründet auf das Leben und die Gnade, die einzige Grundlage war, auf der Gott das Volk noch in Kanaan einführen konnte. Der Stab der Autorität, derjenige des Führers, führte wegen der Schwachheit des Volkes und wegen seines Unglaubens schließlich nur zur Züchtigung. Die neue Generation musste begreifen, dass sie nur durch die Gnade ins Land eintreten konnte.

Trotz des Vergehens Moses, der den Felsen mit seinem eigenen Stab zweimal schlug, „kam viel Wasser heraus“ (V. 11). Diese Wasser reden zu uns von der Gnade, die dem, der Durst hat, umsonst zukommt (Röm 3,24; Off 22,17). Die Gnade, die überreichlicher ist (Röm 5,20; Jes 44,3.4), die uns nahe ist, die jederzeit für den vorhanden ist, der Durst hat (Joh 7,37; Jes 55,1). Der Fluss aus Hesekiel 47 vertiefte sich in dem Maß, je weiter man seinen Ufern entlang ging. Das sind die Wasser des Heiligtums, die Gnade, die man im Lauf des Lebens immer besser kennenlernt, diese „wahre Gnade Gottes, in der ihr stehen sollt“ (1. Pet 5,12). Diese Gnade unterweist uns auf dem Weg, die Gottlosigkeit zu verleugnen, besonnen, gerecht und gottselig zu leben, und die glückselige Hoffnung zu erwarten (Tit 2,12.13).

b) Der Brunnen

Das Volk, das von den Wassern aus dem Felsen zu trinken hatte, konnte zum König von Edom sagen: „Wir wollen kein Wasser aus den Brunnen trinken.“ Diese sind ein Bild der menschlichen Hilfsquellen, die uns von der Welt angeboten werden (Kap. 20,17). Nachdem es am Brunnen von Beer seinen Durst gestillt hatte, konnte es auch das Wasser Sihons, des Königs der Amoriter, verweigern (Kap. 21,22).

Bei dem Brunnen sagte der HERR zu Mose: „Versammle das Volk, und ich will ihnen Wasser geben“ (Kap. 21,16). Das ist nicht nur das Wasser, das jeder für sich selbst aus der Quelle trinkt, sondern die gemeinsame Erfrischung, die man, versammelt um den Herrn, in Gemeinschaft miteinander findet. Gott selbst ergreift die Initiative, hier antwortet Er nicht auf ein Gebet oder auf das Murren. Er sagt: „Ich will geben.“ Ganz am Ende der Wüstenreise ist das die letzte Gabe Gottes vor dem Eintritt in Kanaan: Das Wasser, das ins ewige Leben quillt.

Die Fürsten haben den Brunnen gegraben (V. 18). Denken wir an alle die, deren sich Gott im Lauf der Jahrhunderte bediente, um das Wasser des göttlichen Wortes freizulegen, zuweilen unter Lebensgefahr. In unseren Tagen können die „Edlen“ sowohl die geistlichen Elemente einer Versammlung darstellen, sowie auch die Führer, deren schriftlicher Dienst uns noch zu unserer Verfügung steht, um uns die Reichtümer des Wortes besser bekanntzumachen. Die Fürsten, die Edlen des Volkes, haben „mit dem Gesetzgeber“ gegraben, d.h. mit Christus. Das Volk ist Nutznießer dieses Dienstes, der so zu seiner Verfügung steht, und es schätzt ihn als eine Gabe Gottes. Zum zweiten Mal singt es in seiner Freude ein Lied (vgl. 2. Mo 15 und lies Jak 5,13). Das Wasser fließt und die Anbetung erhebt sich zu dem Gott der Gnade.

Vor seiner Heirat dachte Isaak nach am „Brunnen des Lebendigen, der sich schauen lässt“ (1. Mo 24,63), nachdem er Rebekka zur Frau hatte, wohnte er dort (1. Mo 25,11). Das ist ein schönes Beispiel. Es ermuntert uns, wenn die Familie einmal gegründet ist, gemeinsam dort zu wohnen, um zusammen „Erben der Gnade des Lebens zu sein“.

Nach der Erfahrung mit der ehernen Schlange wendet sich das Volk „gegen Sonnenaufgang“ (Kap. 21,11), zu Christus hin, dem wahren Licht. Nach der geistlichen Erfrischung, die sie am Brunnen fanden, haben die Israeliten Kraft, um zu kämpfen und den Sieg über die Amoriter zu erringen.

6. Die Wolke und die Herrlichkeit des Herrn

„Da erschien die Herrlichkeit des HERRN am Zelt der Zusammenkunft allen Kindern Israel …

Und Korah versammelte gegen sie die ganze Gemeinde an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft. Da erschien die Herrlichkeit des HERRN vor der ganzen Gemeinde. …

Und es geschah, als die Gemeinde sich gegen Mose und gegen Aaron versammelte, da wandten sie sich zum Zelt der Zusammenkunft, und siehe, die Wolke bedeckte es, und die Herrlichkeit des HERRN erschien. …

Und Mose und Aaron gingen von der Versammlung weg zum Eingang des Zeltes der Zusammenkunft und fielen auf ihr Angesicht; und die Herrlichkeit des HERRN erschien ihnen.“ (4. Mo 14,10; 16,19; 17,7; 20,6)

Die ganze Bedeutung der Wolke entsprang der Gewissheit, dass Gott dadurch seine Gegenwart bezeugte: „Der HERR kam in der Wolke herab“ (4. Mo 11,25; 12,5). Bei sieben besonderen Gelegenheiten, vier davon im 4. Buch Mose, offenbart der HERR darin seine Herrlichkeit.

In 2. Mose 16,10 sieht die ganze Gemeinde Israels, nachdem sie Ägypten den Rücken gekehrt hat, die Wüste vor sich, die sie zu durchziehen haben wird: „Und siehe, die Herrlichkeit des HERRN erschien in der Wolke“. Bis dahin hatte die Wolke sie geführt, sie beschützt, jetzt, in Verbindung mit der Wanderung durch die Wüste, offenbart sich ihnen die Herrlichkeit.

Die gleiche Herrlichkeit wird die Stiftshütte erfüllen (2. Mo 40,34), wie sie bei der Weihung der Priester dem ganzen Volk erscheinen wird (3. Mo 9,23). Das ist die Herrlichkeit im Zusammenhang mit dem Versammeln, dem Heiligtum und dem Gottesdienst, der beste Beweis, dass Gott in der Mitte der Seinen ist.

Im 4. Buch Mose nimmt die Erscheinung der Herrlichkeit einen anderen Charakter an. Als alles verloren schien, so dass es weder bei Mose noch bei Aaron irgendein Hilfsmittel gab für das aufrührerische Volk, das sogar Josua und Kaleb steinigen wollte, „da erschien die Herrlichkeit des HERRN an dem Zelt der Zusammenkunft“ (Kap. 14,10). Das gleiche geschah als Korah seine ganze Rotte versammelt hatte, um Mose seinen Willen und den seiner Männer aufzuzwingen, „da erschien die Herrlichkeit des HERRN vor der ganzen Gemeinde“ (Kap. 16,19). Am nächsten Tag empört sich das Volk von neuem. Mose und Aaron, am Ende ihrer Hilfsmittel, wenden sich dem Zelt der Zusammenkunft zu, „und siehe, die Wolke bedeckte es, und die Herrlichkeit des HERRN erschien“ (Kap. 17,7). Endlich gehen Mose und Aaron, vor dem Murren der Generation, die in der Wüste aufgewachsen war, vor seinen Einsprüchen und seinen „Warum“, von der Versammlung hinweg zum Eingang des Zeltes der Zusammenkunft und fallen auf ihr Angesicht, „und die Herrlichkeit des HERRN erschien ihnen“ (Kap. 20,6). In allen diesen Fällen, als alles endgültig gefährdet schien, bewahrte die Offenbarung der Gegenwart Gottes das Volk Israel vor dem völligen Untergang. Er zeigte sich in seinem Licht, aber auch in seiner Heiligkeit: Er befreite seine Diener, aber das Gericht, das ohne die dreifache Fürbitte Moses über das ganze Volk gekommen wäre, traf die Schuldigen.

In Johannes 18,6 leuchtet die gleiche Herrlichkeit im Herrn Jesus selbst hervor: Die Männer, gekommen um Ihn zu greifen, weichen zurück, als Er sich zu erkennen gibt. Sodann tritt Er für die Seinen ein, indem Er sich zwischen sie und die Feinde stellt.

Denken wir auch daran, wie der Herr dem Apostel Paulus während seines bewegten Lebens siebenmal erschienen ist. Und halten wir fest, dass Er in den verschiedensten Umständen, sogar in den hoffnungslosesten des Lebens, immer noch gleich mächtig ist, um sich zum Wohl der Seinen in Gnade und Herrlichkeit zu offenbaren.

7. Die Gnade

„Wie soll ich verfluchen, den Gott nicht verflucht, und wie verwünschen, den der HERR nicht verwünscht hat?
Denn vom Gipfel der Felsen sehe ich es, und von den Höhen herab schaue ich es: Siehe, ein Volk, das abgesondert wohnt und sich nicht zu den Nationen rechnet! …

Siehe, zu segnen habe ich empfangen; und er hat gesegnet, und ich kann es nicht wenden.
Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel; der HERR, sein Gott, ist mit ihm, und Jubelrufe wie um einen König sind in seiner Mitte.
Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt; sein ist die Stärke des Wildochsen.
Denn da ist keine Zauberei gegen Jakob und keine Wahrsagerei gegen Israel. Um diese Zeit wird von Jakob und von Israel gesagt werden, was Gott gewirkt hat. …

Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!
Wie Täler breiten sie sich aus, wie Gärten am Strom, wie Aloebäume, die der HERR gepflanzt hat, wie Zedern am Gewässer!
Wasser wird fließen aus seinen Eimern, und seine Saat wird in großen Wassern sein; und sein König wird höher sein als Agag, und sein Königreich wird erhaben sein.“ (4. Mo 23,8.9.20-23; 24,5-7)

Am Ende seiner Wüstenreise angekommen, verdient das rebellische Israel gewiss nur den Fluch Gottes und seine Züchtigung. Der vom Feind angestiftete König Balak, der Zuflucht zum Propheten Bileam nahm, um es zu verfluchen, schien dem Volk nur das zu wünschen, was es sich zugezogen hatte.

Warum änderte Gott den Fluch in Segen? Es gibt nur eine mögliche Antwort: Aufgrund seiner Gnade, dieser unumschränkten, unverdienten, unerklärlichen Gnade.

Die Gnade rettet uns, und während unseres ganzen christlichen Lebens ist sie da, um uns zu unterweisen, wiederherzustellen und ans Ziel zu führen.

Bileam musste ausrufen: „Wie soll ich verfluchen, den Gott nicht verflucht? ... Denn vom Gipfel der Felsen sehe ich es ... Siehe, ein Volk, das abgesondert wohnt“ (Kap. 23,8.9). Dass auch wir lernen, die Geliebten des Herrn „vom Gipfel der Felsen“ zu sehen, so wie Gott sie in Christus sieht, getrennt von der Welt, abgesondert für Ihn und nicht für Satan!

„Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel“ (V. 21). In Christus sind wir abgewaschen, gereinigt, gerechtfertigt. Gott wird unserer Sünden und unserer Gesetzlosigkeiten nie mehr gedenken. Wir können „ohne Gewissen von Sünde“ ins Heiligtum eintreten. Nur die Gnade kann sich in solchen Worten ausdrücken. „Da ist keine Zauberei gegen Jakob, und keine Wahrsagerei gegen Israel“ (V. 23). „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? ... Kein Geschöpf wird uns zu scheiden vermögen von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8,35.39).

„Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!“ (Kap. 24,5). In Christus ist alles neu geworden, da ist eine neue Schöpfung: Gott sieht in den Seinen einen Widerschein der Schönheit Christi (Ps 45,12). Er hat uns „angenehm gemacht in dem Geliebten“ (Eph 1,6).

Ein gesetzlicher Geist wird die Gnade nicht begreifen. Andererseits kann man die Gnade Gottes leider auch in Ausschweifung verkehren. „Die auf nichtige Götzen achten, verlassen ihre Gnade“ (Jona 2,9). Um das Gleichgewicht zu bewahren, ist es wichtig, dass die Gnade weder eine Theorie ist, noch eine interessante Belehrung, sondern dass die Augen unserer Herzen ständig auf Den gerichtet sind, der die Gnade ist. Die Gnade Gottes ist nicht nur eine Gunst, sondern „aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade“ (Joh 1). Es geht darum, „in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus zu wachsen“. Der Apostel konnte schreiben: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin; und seine Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen“ (1. Kor 15,10).

Als der Prophet das Volk am Ende der Wüstenreise vor sich sieht, erklärt er: „Um diese Zeit wird von Jakob und von Israel gesagt werden, was Gott gewirkt hat“ (Kap. 23,23). Wir hätten gesagt: Was das Volk getan hat. Doch was besteht am Ende einer langen Lebensbahn noch fort? Ist es nicht die Erinnerung an die Gnade und Barmherzigkeit Gottes? Dass dies von Israel (dem neuen Namen des Kämpfers Gottes; 1. Mo 32,28) gesagt wird, kann man noch verstehen. Aber das Wort unterstreicht, dass von Jakob (dem Betrüger) gesagt wird: Was Gott gewirkt hat. Wir spüren, dass wir hier die Unermesslichkeit der Gnade berühren, die unser Elend zudeckt.

Trotz all seiner Fehltritte und Schwachheiten „bleibt noch eine Sabbathruhe dem Volk Gottes übrig“ (Heb 4,9). „Der, welcher ein gutes Werk in euch angefangen hat, wird es vollführen bis auf den Tag Jesu Christi“ (Phil 1,6).

O Gnade, welche alle Sünden
durch Christi Blut getilget hat!
Wie lässt uns seine Lieb empfinden
jetzt schon, was Gott bereitet hat,
für uns, die nur Barmherzigkeit
erlöst hat für die Ewigkeit.

Wie tief und weit vor uns
wird das Geheimnis liegen
der Liebe und der Gnad,
die wir dann ganz verstehn.

8. Der Segen

„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr die Kinder Israel segnen; sprecht zu ihnen:
Der HERR segne dich und behüte dich! Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig! Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!
Und so sollen sie meinen Namen auf die Kinder Israel legen, und ich werde sie segnen.“ (4. Mo 6,22-27)

Gäbe es einen schöneren Abschluss zu unserer Betrachtung als den Segen, mit dem Aaron das Volk zu segnen hatte?

Ist die dreifache Erwähnung des Namens des HERRN nicht ein verschleierter Hinweis auf die Dreieinheit Gottes? Das Herz des Vaters öffnet sich, um zu segnen. Er allein kann die bewahren, die der Sohn Ihm anvertraut (Joh 17,11). Christus, in dessen Angesicht wir die Herrlichkeit Gottes erkennen, lässt sein Angesicht über uns leuchten. Jeder kann von Ihm diese Gnade, die Er in ihrer Fülle gebracht hat, empfangen. Der Heilige Geist offenbart „die Tiefen Gottes“ (1. Kor 2,10), Er verherrlicht Christus und nimmt von dem Seinen, um es uns zu verkündigen (Joh 16,14). Durch Ihn haben wir die Gewissheit des Heils, den Frieden, als ein Teil der Frucht, die Er hervorbringt.

„Und so sollen sie meinen Namen auf die Kinder Israel legen“: Sie sind für Ihn gekennzeichnet, „und ich werde sie segnen“.

„Der Fels: Vollkommen ist sein Tun; denn alle seine Wege sind recht. Ein Gott der Treue … ist Er“ (5. Mo 32,4).

Fußnoten

  • 1 Siehe den Artikel „Das Opfer der roten jungen Kuh“ von H. R. im Anhang.
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