Gemeinschaft

I. Die Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes

Gemeinschaft

Welch unergründlicher Gegenstand! Wir können ihn nur in einem Geist der Ehrerbietung und Anbetung erkunden. Dennoch enthüllt ihn uns das Wort Gottes wiederholt in einem gewissen Maße, damit unsere Herzen davon erfüllt werden.

1. Mose 22 gibt uns dazu eine Illustration. Als Vater und Sohn auf den Berg Morija stiegen, „gingen sie beide miteinander“. Das Lamm wurde der Gegenstand ihrer Unterhaltung. Derjenige, der kommen würde, war noch nicht sichtbar, aber der Glaube sah Ihn voraus, und bei dieser Gelegenheit, die ein Bild zukünftiger Tatsachen ist, drängt sich von neuem der Schluss auf: „Sie gingen beide miteinander.“ Dies zeigt die Gemeinschaft des Vaters mit dem Sohn in Bezug auf das Werk, das sich eines Tages erfüllen sollte.

An wenigstens vier Stellen sagt uns das Wort, dass der Vater den Sohn liebt – Ausdruck einer innigen Gemeinschaft und Liebesbeziehung innerhalb der Gottheit.

a) In der Ewigkeit

An drei Stellen öffnet sich im Wort Gottes der Himmel wie „ein Fenster“ in Bezug auf das, was „vor Grundlegung der Welt“ war.

In Seinem Gebet in Johannes 17 sagt der Herr Jesus: „Vater, ... du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt“ (Vers 24). „Der Vater liebt den Sohn“ vor der Zeit, bevor wir existierten, seit Ewigkeit.

In dieser glückseligen Gemeinschaft wurde der Ratschluss der Erlösung deutlich. Das Lamm ist „zuvorerkannt ... vor Grundlegung der Welt“ (1. Pet 1,20). Die Erlösten, die der Gegenstand dieser wunderbaren Errettung sein dürfen, sind „auserwählt in ihm vor Grundlegung der Welt“ (Eph 1,4).

In dieser Herrlichkeit, die der Sohn beim Vater hatte, ehe die Welt war (Joh 17,5), wurde „Gottes Weisheit in einem Geheimnis ... zuvorbestimmt ... vor den Zeitaltern, zu unserer Herrlichkeit (1. Kor 2,7). Die Gnade, die der Sohn uns eines Tages offenbaren sollte, ist „uns in Christus Jesus vor den Zeiten der Zeitalter gegeben“ (2. Tim 1,9). In Ihm ist uns das ewige Leben, „welches Gott ... verheißen hat vor ewigen Zeiten“ (Tit 1,2), gegeben worden.

Der vierzigste Psalm drückt prophetisch die Entscheidung des Sohnes aus, die ewigen Ratschlüsse Gottes, die über Ihn „in der Rolle des

Buches“ geschrieben waren, zu vollbringen: „Siehe, ich komme.“ Welche Worte benutzte Er, um auf diese Ankunft hinzudeuten? – „Ohren hast du mir gegraben“ (Vers 6)! Vollkommen war Sein Gehorsam: Als Er den Weg auf dieser Erde ging, war Sein Ohr jeden Morgen geöffnet, um zu hören „gleich solchen, die belehrt werden“ (Jes 50,4). Es war das Ohr, das später gleichsam durchstochen wurde – wie bei dem Knecht in 2. Mose 21, der aus Liebe zu seinem Herrn, seiner Frau und seinen Kindern für immer Knecht bleiben wollte.

In dieser glückseligen Ewigkeit, wo der Sohn nach Sprüche 8 wie ein „Schoßkind“ beim Vater war, wird auch die Gemeinschaft deutlich, die Sie in der Schöpfung verbindet. Er war gleichzeitig Sein „Werkmeister“ (s. Fußnote in der „Elberfelder Übersetzung“ zu Vers 30): „Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge“ (Röm 11,36). „Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen“ (Kol 1,16). In dieser Freude der Gemeinschaft, die den Vater und den Sohn verband, nahm der bewohnte Teil Seiner Erde (Spr 8,31) einen großen Platz ein.

b) Ausgegangen – gesandt – gekommen

Aber der Zeitpunkt kam, wo der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist (Ausdruck der Beziehung), den Vater kundmachte. Der Herr selbst sagt: „Denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen; denn ich bin auch nicht von mir selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt“ (Joh 8,42). Die Menschwerdung war nötig, damit unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne möglich werden konnte.

In dem Geheimnis der Gottheit ist der Sohn „von dem Vater ausgegangen und in die Welt gekommen“ (Joh 16,28). Aber es war auch genauso der Wille des Vaters, dass Er kam: Der Vater hat Ihn gesandt. „Du bist mein Sohn“, sagte die göttliche Stimme und fügte hinzu „heute habe ich dich gezeugt“ (Heb 5,5; s. WJ.Hocking „Der Sohn Seiner Liebe“).

c) In seinem Leben auf der Erde

Während des Lebens des Herrn Jesus auf der Erde finden wir wieder den Ausdruck „Der Vater hat den Sohn lieb“ (Joh 5,20). Er war nicht wie ein vom Vater unabhängiges Wesen, ein anderer Gott, der eigenmächtig handelte (J.N.D.). Es bestand eine vollkommene Einheit zwischen Ihnen: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30), aber auch eine vollkommene Abhängigkeit in Seiner Stellung als Mensch, die der Sohn eingenommen hatte: „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater tun sieht“ (Joh 5,19).

Der Herr konnte sagen: „Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat“ (Joh 4,34). Seine ganze Freude war es, diesen Willen zu vollbringen: „Weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue“ (Joh 8,29). Diese Abhängigkeit drückt sich im Gebet aus, wie wir es im Lukas-Evangelium bei sieben verschiedenen Gelegenheiten finden, die von Seiner glückseligen Gemeinschaft mit dem Vater zeugen. Durch jede Handlung, jedes Wort und durch das ganze Verhalten des Sohnes auf der Erde kam diese zum Ausdruck. Und durch Seinen Gehorsam zeigte Er Seine Liebe zu Seinem Vater (Joh 14,31).

Schon mit zwölf Jahren wollte Er in dem sein, was Seines Vaters ist (Lk 2,49). Er vertrieb die Verkäufer und Wechsler aus dem Tempel, weil sie aus dem Haus Seines Vaters ein Kaufhaus gemacht hatten. In diesem Gehorsam erfreute Er sich der beständigen Gemeinschaft mit Seinem Vater, der Ihn nicht „allein gelassen hatte“, ein Ausdruck, den man an mehreren Stellen des Johannes-Evangeliums wiederfindet.

Zwischen dem Vater und dem Sohn auf der Erde bestand ein Austausch der Gedanken. Daher antwortet die Stimme aus dem Himmel in Joh 12,27.28, als die Seele des Heilands bestürzt ist und Er Seinen Vater bittet, Ihn aus dieser Stunde zu erretten, aber vor allem doch Seinen Namen zu verherrlichen: „Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn auch wiederum verherrlichen.“

d) In Seinem Tod

Der Weg des Lammes musste bis zum Kreuz führen: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse“ (Joh 10,17). In Gethsemane empfand der Herr den Schrecken von dem, was Ihn erwartete: Er, der vollkommen heilig ist, sollte an unserer Statt zur Sünde gemacht werden; und dennoch konnte Er, eines Sinnes mit dem Vater, wiederholen: „Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille“ (Mt 26,42).

In Seinem Tod verherrlichte Er den Vater und erfüllte Seinen Willen, und doch – welch ein Geheimnis! – musste Er ausrufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Das Schwert war erwacht gegen Den, den Gott „mein Hirte“ nennt, gegen den Sohn, der mit dem Vater dieselben Gedanken in Bezug auf die Herde teilte, „wider den Mann, der mein Genosse ist“ (Sach 13,7), gegen Den, der sich allezeit der vollkommenen Gemeinschaft mit Seinem Gott erfreute. Er ist für uns ein Fluch geworden (Gal 3,13).

Die kleine Gruppe von Frauen, die bei Ihm geblieben waren, sahen während dieser Stunden der Finsternis von ferne zu. Wollen wir es ihnen darin nicht gleich tun, ohne zu versuchen, den Schleier, den der Geist Gottes über die Tiefen dieser unausforschlichen Stunden gebreitet hat, anzuheben?

e) In Seiner Auferstehung

In Seiner Auferstehung und Seiner Verherrlichung blieb der Sohn der Gegenstand der unwandelbaren Liebe des Vaters: „Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben“ (Joh 3,35). Er ist „durch die Herrlichkeit des Vaters“ auferweckt worden“ (Röm 6,4); und nachdem Er das Werk, das der Vater Ihm gegeben hatte, vollbracht hatte, wurde Er mit der Herrlichkeit verherrlicht, die Er bei Ihm hatte, ehe die Welt war (Joh 17,4.5). Gott hat „ihm Herrlichkeit gegeben“, bekräftigt 1. Pet 1,21. Der sterbende Sohn hatte klagend ausgerufen: „Mein Gott, nimm mich nicht hinweg in der Hälfte meiner Tage!“ Und der Vater hatte geantwortet: „Von Geschlecht zu Geschlecht sind deine Jahre ..., du aber bist derselbe, und deine Jahre enden nicht“ (Ps 102,24.27).

Als Teilhaber an Seiner Auferstehung sind wir „versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kol 1,13). Wir können schon jetzt, dem Vater danksagend, in diesen glückseligen Bereich der Gemeinschaft vorgreifen, die einmal während der Ewigkeit unser Teil sein wird.

Droben also, außerhalb der Zeit, vor unserer Existenz, liebt der Vater den Sohn.

Diese Liebe ist zu uns herabgekommen: „Dass du ... sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast“ (Joh 17,23); und auch: „Gleichwie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt“ (Joh 15,9). Aus dem Allerheiligsten, wo der Sohn Sein Herz in das des Vaters ausschüttet, erreicht uns das Echo Seines Gebets: „Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, auf dass die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen“ (Joh 17,26).

Wollen wir nicht, als Gegenstände einer solchen Liebe, uns hier auf der Erde daran erfreuen und ein wenig davon zurückstrahlen? „Bleibet in meiner Liebe“, „auf dass, gleichwie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet“ (Joh 15,9; 13,34).

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