Wie lange baute Noah an der Arche?

Wie lange baute Noah an der Arche? Sind die 120 Jahre in 1. Mose 6,3 so zu verstehen, dass sie sich auf die Dauer des Bauens beziehen? Dabei heißt es in 1. Mose 5,32, dass Noah im Alter von 500 Jahren seine Söhne zeugte und in 1. Mose 7,6, dass er 600 Jahre alt war, als die Flut kam. Zwischen diesen beiden Angaben liegen also nur 100 Jahre, in denen seine drei Söhne heranwachsen mussten und reif geworden waren, sich zu verheiraten, um dann nach Gottes Auftrag die Arche zu bauen. Für den Bau der Arche blieben vielleicht 20 bis 30 Jahre übrig, weil die Vorväter nicht so früh geheiratet haben, und nicht 120 Jahre.

Bibelstelle(n): 1. Mose 5,32; 6,3; 7,6; 1. Petrus 3,20

Wenn ich auf die von Ihnen angeschnittene Frage zu sprechen komme, ob Noah 120 Jahre lang an der Arche baute oder nur eine kürzere Zeit, dann kann es nur darum gehen, genau zu untersuchen, was die Bibel dazu sagt. Es ist keine einfache Frage. Und schon viele Brüder haben darüber nachgedacht. Einige sind zu dem Schluss gekommen, dass Noah 120 Jahre an der Arche baute, andere – wie Sie – dass es nur wenige Jahrzehnte waren.

Es gibt einen Vers im Neuen Testament, der dazu eine – wie ich meine – klare Aussage macht: „... als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde“ (1. Pet 3,20). Demnach wurde die Arche während der Zeit zugerichtet, als die Langmut Gottes harrte.

Wann oder wie lange währte „die Langmut Gottes“? Was ist damit gemeint? Die Langmut Gottes kann sich eigentlich nur auf die 120 Jahre beziehen, die Gott warten wollte, bevor Er das Gericht ausführen würde. „Und der HERR sprach: Mein Geist soll nicht ewiglich mit dem Menschen rechten, da er ja Fleisch ist; und seine Tage seien 120 Jahre“ (1. Mo 6,3).

Einige Bibelübersetzungen geben diesem Vers zwar einen anderen Sinn. So übersetzt z.B. Luther: „Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertundzwanzig Jahre“, als ob die Menschen, die vor der Sintflut sehr alt geworden waren, von nun an nur noch 120 Jahre alt werden sollten. Diese Übersetzung mag grammatikalisch zulässig sein, macht jedoch wenig Sinn. Auch nach der Flut sind Menschen älter als 120 Jahre geworden. Gewiss hat das Lebensalter zu dieser Zeit deutlich abgenommen und schon relativ bald wurde wohl kaum noch einer 120 Jahre alt. Doch warum sollte Gott bereits in 1. Mose 6,3 die Lebenszeit auf 120 Jahre begrenzen, wenn das dann doch erst einige Generationen später eintrifft? Und warum gerade 120 Jahre?

Dieser Vers wird erst dann schlüssig, wenn man ihn so versteht, wie es beispielsweise die Elberfelder Übersetzung nahe legt: Die Tage des Menschen sollten nun gezählt sein; Gott würde dem Menschen noch eine Gnadenfrist von 120 Jahren geben; dann wäre die Langmut Gottes zu Ende. Übrigens weiß Gott auch heute schon, wann unser Zeitalter im Gericht enden wird, auch wenn Er diesen Zeitpunkt nicht offenbart hat und Er noch mit Langmut wartet (2. Pet 3,9).

Nun entsteht die Frage, wie eine 120-jährige Gnadenfrist damit zusammenpasst, dass Noah am Ende von 1. Mose 5 bereits 500 Jahre alt ist. Von da an waren es ja nur noch 100 Jahre bis zur Flut (1. Mo 7,6). Die Antwort ist einfach: Der biblische Bericht ist nicht chronologisch. Das ist nichts Ungewöhnliches in der Bibel. Viele alttestamentliche Geschichten bleiben unverständlich, wenn man alle Verse und Kapitel zeitlich hintereinander reihen will. In unserem Fall muss die „Langmut Gottes“ einfach 20 Jahre vor dem 500. Lebensjahr Noahs begonnen haben, wie wir bereits gesehen haben.

Man kann 1. Mose 5,32 nur so verstehen, dass Noah mit 500 Jahren begann, Söhne zu zeugen. Sem wurde erst 98 Jahre vor dem Ende der Flut geboren (1. Mo 11,10), als Noah etwa 503 Jahre alt war (am Ende der Flut war er 601 Jahre alt: 1. Mo 8,13).

Mit dem 6. Kapitel beginnt ein neuer Teil des 1. Buches Mose. Zeitlich greifen die ersten Verse zurück in die Zeit, als Noah 480 Jahre alt war und Gott dem Menschen eine Gnadenfrist von 120 Jahren setzte.

Dieses Kapitel ist folgendermaßen aufgebaut:

  1. Verse 1-8: Die Geschichte der Menschen vor der Flut; warum Gott das Gericht beschloss und auf welche Zeit Er es festsetzte.
  2. Verse 9-12: „Die Geschichte Noahs“ im Überblick; warum er Gnade fand. (Ein Einschub.)
  3. Verse 13-22: Was Gott zu Noah sprach und wie dieser reagierte.

Es ist anzunehmen, dass Gott sogleich zu Noah redete, unmittelbar nachdem er bei sich selbst eine Gnadenfrist von 120 Jahren festgesetzt hatte (vgl. z.B. Amos 3,7). Außerdem lesen wir nicht, dass Gott Noah mitgeteilt hat, wie lange seine Langmut währen würde. Nur bei sich selbst sprach Er von den 120 Jahren. Deshalb hat Noah wohl ohne Zögern mit dem Bau der riesigen Arche begonnen (s. 1. Pet 3,20). Er konnte nicht warten, bis alle seine Söhne geboren und verheiratet waren, bis alle Tiere herbeikamen usw.

Wenn Gott also in Kapitel 6,18 zu Noah von seinen „Söhnen“ und deren Frauen spricht, bedeutet das nicht, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits Söhne hatte. Nach einer kurzen Schilderung der Geschichte des Menschen (V. 13) und der Anweisung, was Noah jetzt zu tun habe (V. 14-16), spricht Gott von dem, was kommen würde und Noah dann noch tun sollte (V. 17-20). Auch die Geburt und Hochzeit der Söhne Noahs war noch zukünftig, aber die Söhne und ihre Frauen würden zu ihrer Zeit kommen, bevor die Flut käme, wie Gott auch die Tiere rechtzeitig herbeiführen würde.

Liebe Geschwister, ich hoffe, dass ich verständlich machen konnte, warum ich glaube, dass Noah 120 Jahre an der Arche baute. Seien Sie dem bald wiederkommenden Herrn anbefohlen und herzlich gegrüßt.


Online seit dem 05.10.2008.