Kann man aus den Worten des Herrn: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" schließen, dass Er vom Vater nicht verlassen gewesen sei?

Bibelstelle(n): Matthäus 27,46; Markus 15,34

Betreffs der Frage der Sünde hatte der Herr Jesus es nur mit Gott zu tun. Somit ist es Gott, der Ihn verlassen hat. Es scheint mir, dass es deshalb nicht korrekt wäre, von einem Verlassensein von Seiten des Vaters zu sprechen. Es ist gewiss, dass Jesus in den drei Stunden der Finsternis - als zur Sünde gemacht wurde - keine Gemeinschaft mit Gott haben konnte. Dies war es auch, was für Ihn, den vollkommenen und gerechten Menschen, so furchtbar war; für Ihn, der ununterbrochen die Wonne in Gott gefunden hat. In der Gottheit konnte es nie und hat es nie einen Bruch gegeben, die Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes wurde nie unterbrochen; dieselbe ist ohne Schatten und Wechsel.

Es ist auffallend, dass Johannes nicht von dem Verlassensein von Seiten Gottes spricht, als Jesus am Kreuze hing, denn er hat das Brandopfer vor Augen, während Matthäus und Markus, die Christus als Sünd- und Schuldopfer zum Gegenstand haben, das Gott-Verlassensein betonen. Er hat sich Gott geopfert in Seiner ganzen Vortrefflichkeit, und dies freiwillig, und Gott roch den Wohlgeruch der Vorzüglichkeit dieses Opfers. Die Erfüllung der vier verschiedenen levitischen Opfer zeigt uns die unerforschliche Unendlichkeit der Person des Christus.

Der Unterschied, den man in Johannes zwischen dem Geist und der Seele Jesu einerseits und den Herzen der Jünger andererseits macht, scheint mir nicht stichhaltig zu sein, denn der Gegenstand von Johannes 14 sind meines Erachtens nicht die Zuneigungen. Der Herr Jesus wurde in Seinem menschlichen Geist und in Seiner menschlichen Seele erschüttert und zwar durch besondere Umstände, welche Ihn beeinflussen. Darum wendet er sich sofort, wie wir dies in Johannes 12 sehen, in vollkommener Abhängigkeit und Vertrauen an Seinen Vater; eine Unterwürfigkeit, die Ihn mit vollkommenem Frieden erfüllte. Das Wort des Herrn: "Euer Herz werde nicht bestürzt" soll uns vor Unruhe bewahren, welche durch gewisse Umstände nur zu leicht bewirkt wird. Das Vertrauen zu Gott (so wie es zwischen Jesu und Seinem Vater war) befreit uns von aller Unruhe und gibt uns den Frieden Jesu, einen vollkommenen Frieden. Dieser Gegenstand ist so erhaben und so tief, dass wir ihn in dem Raum, der uns zur Verfügung steht, nicht weiter entwickeln können, aber vielleicht finden Sie in diesen kurzen Andeutungen etwas, das Ihnen dienen kann; dies in Erwartung einer besseren Erklärung, die Ihnen schon auf Erden werden kann, sicherlich aber droben in der Herrlichkeit. 


Online seit dem 07.09.2006.