Das Buch Haggai

Einführung

Das Buch Haggai

Die Gefangenschaft des Hauses Juda in Babylon liegt zwischen dem Auftreten der Propheten Zephanja und Haggai. Letzterer ist chronologisch gesehen der erste der drei Propheten der Periode, die auf die Gefangenschaft folgte.

Haggai bedeutet „meine Feste“ oder „festlich“. Wir erfahren nichts über seine persönliche Geschichte. Er wird in Esra 5, 1 und 6, 14 erwähnt. Gewisse Ausleger haben aus Haggai 2,3 geschlossen, dass er den ersten Tempel gekannt haben musste. Wenn dies der Fall war, so musste Haggai zum Zeitpunkt seiner Prophetie mindestens 80 Jahre gewesen sein.

Im ersten Vers dieses Buches wird uns das Jahr mitgeteilt, in welchem die erste prophetische Botschaft Haggais an das Volk erging: das zweite Jahr des persischen Königs Darius I., welcher „der Große“ genannt wird, also das Jahr 520 v. Chr. Zwei Monate später beginnt der junge Sacharja ebenfalls, seine Botschaft zu verkündigen - eine Botschaft mit einer viel größeren Tragweite als die von Haggai.

Eine genaue Betrachtung der Daten der fünf Weissagungen Haggais zeigt uns, dass sich sein Dienst auf einen Zeitraum von nur vier Monaten beschränkt.

Die Zeit Haggais und Sacharjas

Um die Prophezeiungen Haggais und Sacharjas verstehen zu können, müssen wir sorgfältig den historischen Bericht studieren, der im Buch Esra enthalten ist. Wir erwähnen hier nur die wichtigsten Geschehnisse in diesem Zeitabschnitt:

  1. Nach der Rückkehr aus Babylon wird der Altar an seinem ursprünglichen Platz wieder-aufgebaut, und die durch das Gesetz festgelegten Feste werden wieder gefeiert.
  2. Im zweiten Jahr, also 536 v. Chr., wird der Grund zum neuen Tempel gelegt. Dies ist gleichzeitig eine Zeit der Freude und der Traurigkeit, denn die Fundamente zeigen, dass der neue Tempel gering sein wird im Vergleich zu dem ersten Tempel (Esra 3,12.13). Es folgen einander Tränen der Freude und Tränen der Traurigkeit.
  3. Dann wird der Bau des Tempels für eine Zeit vernachlässigt. Gleichgültigkeit, Mangel an Energie des Volkes Gottes und der wiederholte Widerstand durch die Feinde führen dazu, dass die Bautätigkeit eingestellt wird. Die Samariter, ein Mischvolk (Esra 4,1.9.10), machen dem jüdischen Überrest den Vorschlag, sich mit ihm zu verbünden und ihm bei der Arbeit zu helfen. Als ihr Vorschlag vornehm abgelehnt wird, gebrauchen sie politische Mittel, indem sie am Hof des persischen Königs falsche Nachricht hinterbringen, um den Wiederaufbau des Hauses Gottes zu behindern. Nach einiger Zeit scheinen ihre Intrigen von Erfolg gekrönt zu sein. Als Antwort auf ihren Gesuch bei Artasasta im Jahr 523 v. Chr. wird Befehl gegeben, den Bau des Tempels einzustellen. Bis zum Ende seiner Regierungszeit, also etwa ein Jahr, ruht die Arbeit am Haus Gottes vollständig 1.         
  4. 4. Darius I. (522 - 485 v. Chr.) ist seinen jüdischen Untertanen günstiger gesinnt. Zu Beginn seiner Regierungszeit beruft der Geist Gottes auch Haggai und Sacharja, um einen prophetischen Dienst zu erfüllen. Sie veranlassen das Volk, den Bau des Tempels wieder aufzunehmen.
  5. 5. Der Überrest zeigt sich in dieser Angelegenheit in großem Maße nachlässig. Sehr viele Juden gebrauchen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um sich schöne Wohnsitze zu bauen und diese auszugestalten, während das Haus des HERRN unvollendet bleibt. Sie handeln auf eine egoistische Weise und sind den göttlichen Interessen gegenüber gleichgültig.

Also werden ihre Ernten mittelmäßig. Die Segnung des Herrn fehlt bei all ihrer Arbeit. Auch teilt der Prophet ihnen mit, dass dieser Fluch eine Folge des Missfallens seitens des HERRN ist, weil sein Haus vernachlässigt wird: „Ihr habt viel gesät und wenig eingebracht; ihr esst, aber nicht zur Sättigung; ihr trinkt, aber nicht zur Genüge; ihr kleidet euch, aber es wird keinem warm; und der Lohnarbeiter erwirbt Lohn für einen durchlöcherten Beutel“ (Hag 1,6).

Das Buch Haggai liegt zeitlich gesehen zwischen den Kapiteln 4 und 5 des Buches Esra (vgl. Esra 5,1).

Die Botschaft Haggais

Mit Hilfe von Haggai möchte Gott, wie wir es gerade gesehen haben, das Gewissen eines innerlich erkalteten, erschlafften und nachlässigen Volkes, das seine eigene Bequemlichkeit sucht, erreichen.

Aber seine Botschaft geht weit über den Zeitraum hinaus, in welchem Haggai spricht. Ebenso wie die von den vorherigen Propheten verkündeten Prophezeiungen erstreckt sich diese bis zur Offenbarung des Tages der Herrlichkeit. Der Prophet spricht von dem Messias, unserem Herrn, als dem Ersehnten aller Nationen (Hag 2,7) und von dieser Zeit, in welcher alle Nationen erschüttert werden. Er kündigt den Zeitpunkt an, an dem das Haus mit der Herrlichkeit Gottes erfüllt sein wird. Dieser Abschnitt wird in Hebräer 12,26.27 zitiert. Der Herr wird wiederkommen und die verheißene Herrlichkeit mit sich bringen.

Stil und Ergebnis der Botschaft

Die Botschaft Haggais ist in einem sehr sachlichen Stil verfasst, was diesen von dem der Propheten vor der Gefangenschaft stark unterscheidet. Er ist einfach und wenig poetisch im Gegensatz zu dem von Jesaja oder Nahum verwandten Stil. Viele Fragen werden gestellt. Auch wird die Abstammung Haggais nicht erwähnt. Es gibt also nichts, was die Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte. Aber Haggai spricht im Namen des Gottes Israels (Hag 1,13; Esra 5,1) und das ist die Hauptsache!

Das Ergebnis lässt nicht auf sich warten: „Und die Ältesten der Juden bauten; und es gelang ihnen durch die Weissagung Haggais, des Propheten, und Sacharjas, des Sohnes Iddos; und sie bauten und vollendeten nach dem Befehl des Gottes Israels“ (Esra 6,14).

Fußnoten

  • 1 Dieser Artasasta war ein Usurpator, der unter dem Namen Smerdis (oder Bardiya) in die Geschichte einging.
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