Die sieben Geister vor Gottes Thron

Was ist mit den sieben Geistern vor Gottes Thron in Offenbarung 1,4 gemeint?

Bibelstelle(n): Offenbarung 1,4; 3,1; 4,5; 5,6; Jesaja 11,2; 1. Korinther 6,19; 12,13; Epheser 1,3; 4,4

Der Gruß des Johannes

Offenbarung 1, 4 beginnt mit dem Gruß des Apostel Johannes an die sieben Versammlungen in Asien. In seiner Anrede, stellt er die drei Personen der Gottheit gesondert vor und zwar in einer Weise die dem Charakter der Offenbarung entspricht. So wird Gott als der vorgestellt, „der da ist und der da war und der da kommt“ (Off 1,4), als das, was er seinem Wesen nach ist: der Unveränderliche, der Ewige, der Immer-Seiende. Als zweites wird der Heilige Geist durch den Ausdruck „sieben Geister “ vorgestellt. Anschließend wird der Herr Jesus in einer dreifachen Weise beschrieben. Erstens, in Bezug auf sein vollkommenes Leben auf der Erde in der Vergangenheit, als „der treue Zeuge“. Zweitens, in Bezug auf seine Vorrangstellung die er jetzt im Himmel einnimmt, als „der Erstgeborene aus den Toten“. Drittens, in Bezug auf seine erhabene Stellung die er in der Zukunft einnehmen wird, als „der Fürst der Könige der Erde“.

Symbolik in der Offenbarung

Bevor wir näher auf die „sieben Geister Gottes“ eingehen, noch eine Bemerkung zur Symbolik in der Offenbarung. Die Offenbarung ist ein Buch, in dem sehr viel mit Symbolen gearbeitet wird. Es ist daher ein schwerwiegender Fehler, wenn man diese figurative Sprache wortwörtlich versteht. So wird in Offenbarung 5,6 von Christus als einem Lamm mit sieben Hörnern und sieben Augen gesprochen. Es ist klar, dass wir das nicht wortwörtlich verstehen sollen. Sieben ist in der Zahlensymbolik der Bibel die Zahl der Vollkommenheit und so wird Christus hier als das geschlachtete Lamm beschrieben, der jedoch vollkommene Macht und vollkommene geistliche Einsicht besitzt.

Weiterhin können wir an vielen Stellen in der Offenbarung sehen, wie Anspielungen auf, oder Zitate aus dem Alten Testament benutzt werden. Niemals jedoch handelt es sich um eine bloße Wiederholung, sondern vielmehr um eine Erweiterung ihrer Bedeutung. Es würde z. B. zu Verwirrung und Unklarheit führen, setzte man das Jerusalem bei Jeremia mit dem neuen Jerusalem von dem Johannes redet gleich, oder meinte, dass das Babylon bei Jeremia auch das in der Offenbarung sei. Andererseits gilt auch, dass wir die Offenbarungen über das neue Jerusalem und Babylon nicht richtig verstehen werden, wenn wir nicht beachten, was das Alte Testament über Jerusalem und Babylon sagt. Wenn wir auch das Alte und das Neue Testament voneinander unterscheiden müssen, so dürfen wir es nicht absolut trennen. Zwischen beiden besteht eine göttliche Verbindung.

Die sieben Geister vor dem Thron Gottes

Es wurde schon erwähnt, dass es sich in Offenbarung 1,4 bei „den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind“ um den Heiligen Geist handelt, der hier jedoch unter einem ganz anderen Aspekt als sonst im Neuen Testament vorgestellt wird. In Apostelgeschichte 2 sehen wir, wie der Heilige Geist Pfingsten auf die Erde kommt, nachdem der Herr Jesus das Werk der Erlösung vollbracht hat, aus dem Tod auferstanden und in den Himmel gefahren ist. Das Kommen des Heiligen Geistes auf die Erde ist ein einmaliges Geschehen. Erst mit der Entrückung der Gläubigen wird auch der Heilige Geist diese Erde wieder verlassen  (vgl. 1. Thes 4, 13-18; 2. Thes 2). Nachdem ein Mensch das Evangelium geglaubt hat, nimmt der Heilige Geist in dem Gläubigen für immer Wohnung (Eph 1,13; 1. Kor 6,19; Joh 14,16)1. Er ist der absolute Garant für den Gläubigen, dass er für alle Ewigkeit errettet ist. Weiterhin ist er das Unterpfand für das Erbe, welches alle Gläubigen mit dem Herrn Jesus einmal in Besitz nehmen werden (vgl. Eph 1,13;3,6; Röm 8,17).  Es ist auch der Heilige Geist, durch den die Versammlung geformt wird; durch ihn wird jeder Gläubige in den einen Leib getauft (1. Kor 12,13). Durch sein Wohnen nicht nur in dem individuellen Gläubigen, sondern auch korporativ in der Versammlung, macht er sie zu einer Behausung Gottes im Geist (Eph 2,22).

In der Offenbarung finden wir jedoch etwas völlig anderes. Hier wird der Heilige Geist nicht in der Versammlung oder in Verbindung mit ihr gesehen, sondern als der, der zu ihr spricht. („Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“; Off 2,7). Es heißt hier übrigens „der Geist“, was darauf hinweist, dass es nur einen einzigen Heiligen Geist gibt. Wenn von den „sieben Geistern Gottes“ geredet wird, bedeutet das nicht, dass es mehrere Heilige Geister gibt. „Da ist ein Leib und ein Geist…“ (Eph 4,4; vgl. Off 22,17).

Dennoch wird in Offenbarung 1,4 und anderen Stellen (s. u.) nicht die Einheit seines Wesens vorgestellt, sondern die Vollkommenheit seines Wirkens. Offensichtlich spielt Johannes hier auf die Stelle in Jesaja 11,1.2 an, in der wir eine siebenfache Bezeichnung des Heiligen Geistes finden. Hier wird von dem Herrn Jesus als dem „Reis“ und „Schössling“ geredet, der als Messias für das Amt der Regierung im Reich Gottes mit der vollkommener Macht des einen Geistes ausgestattet wird. Ein Ausleger schreibt:

„Der Geist der Weisheit und des Verstandes befähigen Ihn zur Herrschaft, der Geist des Rates und der Kraft zum Treffen und Durchführen von Entscheidungen (vgl. Kap. 9,6), und der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn zeigt uns das tiefe Verständnis der Gedanken Seines Gottes und Vaters und Seine Abhängigkeit von Ihm bei völliger Herzensübereinstimmung, denn wie Sprüche 1,7 sagt, ist die Furcht des HERRN der Anfang der Erkenntnis.“

Diese Macht wird in Offenbarung 1,4 auf eine viel umfassendere Weise wirksam. Die sieben Geister stellen die Fülle und die völlige Entfaltung der Kraft des Heiligen Geistes dar, wie er in den Regierungswegen Gottes wirkt. Dies ist eine öffentliche Regierung über die Erde, auf die der Heilige Geist vom Himmel aus wirkt, was durch den Zusatz „vor seinem [d.h. Gottes] Thron“ klar wird.

Weitere Stellen

Überall wo uns das Wirken des Heiligen Geistes, wie oben dargestellt, beschrieben wird, macht der Zusammenhang in der Offenbarung klar, worauf sich die Macht des Geistes bezieht.

  • In Offenbarung 3,1 wird das Wirken des Heiligen Geistes in Beziehung zu der Versammlung gesehen. Der Herr Jesus ist Gott und alle Macht, alle Regierungsgewalt liegt in seinen Händen.
  • In Offenbarung 4 finden wir den Thron Gottes im Himmel beschrieben. In Vers 5 lesen wird dann: „… und sieben Feuerfackeln brannten vor dem Thron, die die sieben Geister Gottes sind.“ Feuer ist ein Bild der durchdringenden Heiligkeit Gottes. Der Heilige Geist wird in seinem Wesen und seinem Wirken in völliger Übereinstimmung mit dem Thron selber gesehen. Alles, was nicht mit der Heiligkeit und Reinheit des Thrones in Übereinstimmung steht muss gerichtet werden. In seiner vollkommenden Kraft wird der Heilige Geist alles durchforschen und an das Licht bringen, was im Gegensatz zu der heiligen Natur Gottes steht.
  • Schließlich, in einer letzten Stelle, sehen wir den Herrn Jesus in Offenbarung 5 als das Lamm „wie geschlachtet, das sieben Hörner hatte und sieben Augen, die die sieben Geister Gottes sind“ (Off 5,6). Durch die Hörner und die Augen wird die vollkommene Macht und Weisheit des Lammes symbolisiert in Bezug auf die Regierung über diese Erde.

Wir durften sehen, dass der Heilige Geist uns in der Bibel unter zwei verschiedenen Blickwinkeln vorgestellt wird, die sich zwar voneinander unterscheiden, sich aber nicht widersprechen. Wird uns in der Apostelgeschichte und den Briefen der Heilige Geist in seiner Einheit, wie er in den Gläubigen und in der Versammlung wirkt, vorgestellt, so wird er uns in der Offenbarung mehr in seiner Fülle, Vollkommenheit und der völligen Entfaltung seiner Kraft dargestellt, wie er in den Regierungswegen Gottes wirkt. In diesem Buch wird er nicht gesehen, wie er die Versammlung formt, in ihr wohnt und wirkt, sondern wie er gleichsam von außen zu ihr spricht.


Online seit dem 14.04.2011.

Fußnoten

  • 1 Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu der Zeit des Alten Testamentes, in der der Heilige Geist nicht dauerhaft in den Gläubigen Wohnung nahm, sondern nur in seiner Kraft für eine bestimme Zeit über sie kam (vgl. Ri 6,23; 1. Sam 16,14; Ps 51,11)