Eckstein und Schlussstein

Was genau bedeutet der Eckstein, der auch Kopfstein, Haupt der Ecke, Giebelstein usw. genannt wird? Gibt der Ausdruck "Eckstein" den ganzen Inhalt und Sinn wieder? (Siehe auch Ps 118,22; Eph 2,20; 1. Pet 2,6; Ps 92,16; Sach 4,7)

Bibelstelle(n): Psalm 118,22; Epheser 2,20; 1. Petrus 2,6; Psalm 92,16; Sacharja 4,7

Verschiedene Begriffe mit verschiedener Bedeutung

1.Antwort: Zunächst sei festgestellt, dass der Ausdruck „Kopfstein“ in Gottes Wort u.W. nicht vorkommt. Dieser ist, wie gerade die von Ihnen wiedergegebene Auslegung dartut, nur geeignet, Verwirrung zu stiften. Sie knoten verschiedene Dinge zusammen, die nicht zusammen gehören. Darum ist auch diese Auslegung, so schön und richtig an sich der im Bilde der Pyramide dargelegte Gedanke auch sein mag, weder klar noch nach der Schrift. Mit verschiedenen Ausdrücken will die Schrift immer auch verschiedene Gedanken zur Darstellung bringen; darum stellt auch der „Eckstein“ nur einen wichtigen Gedanken dar, aber nicht den; welchen Sie zitierten. Diesen finden Sie in Jesaja 28,16 deutlich ausgedrückt: „Siehe, ich gründe einen Stein in Zion, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, aufs festeste gegründet (genauer: gegründetste Gründung)“.

Christus, der Eckstein

Unter dem Eckstein versteht die Schrift also, wie es doch allgemein ausgelegt wird, jenen Grundstein, der jeweils als der erste gelegt wird und meistens mit einer besonderen Feier verbunden ist. Dieser Eckstein ist berufen, Hauptträger des ganzen Baues zu sein. Er ist daher besonders wichtig und darum wird zum Eckstein auch immer ein besonders großer und starker Stein benutzt. So ist z.B. der Eckstein der Tempelmauer (Salomos), den man bei den Ausgrabungen gefunden hat, ein Block von außerordentlicher Größe. An ihn reiht sich zunächst die ganze Grundlage – ebenfalls aus größeren Steinen – an. Daher bedeutet das Wort in der Ursprache genau „Haupt der Ecke“, d.h. der wichtigste Stein der Ecke, der Hauptträger, aber nicht Kopfstein, was einen ganz anderen Sinn ergibt.

Christus, der Fels

In Psalm 92,15 ist das Wort „Fels“ gebraucht, womit auch der Herr bezeichnet wird, aber mehr im Sinn der von jeher bestehenden, unerschütterlichen und unveränderlichen Unterlage, auf welcher der ganze Bau errichtet wird. In Matthäus 7,24–27 finden wir die ewige, göttliche und die menschliche Grundlage durch Fels und Sand dargestellt. „Eckstein“ bezeichnet mehr den aktiven Träger, der zum Bau gehört. Außerdem wird in Sacharja 10,4 und Jesaja 22,23 auch noch das Wort „Pflock“ vom Herrn gebraucht im Sinne eines festen Halt- und Angelpunktes, an dem alles hängt und um den sich alles dreht, der selbst aber unbeweglich steht.

Christus, der Schlussstein

In Sacharja 4, 7 haben wir nun einen ganz anderen Sinn, nicht den zu allererst gelegten, den Grundstein, sondern im Gegenteil den allerletzten, den ganzen Bau abschließenden und krönenden Stein, der daher Schluss- oder Giebelstein genannt wird. In Sacharja wird bekanntlich unser Herr als der Hohepriester und König Israels, beides in einer Person, dargestellt, sowie auch als der endgültige Erbauer des Tempels (Kap. 6,13). In Kapitel 3 und 4 sind zunächst beide Würden getrennt. In Kapitel 3 steht der Hohepriester vor uns (Vers 8) und in Verbindung mit ihm erscheint in Vers 9 der Eck- oder Grundstein des Tempels. Nun, die Grundlage der göttlichen Segenswege, auch für Israel, ist bekanntlich die Erlösung am Kreuz: „Ich will die Ungerechtigkeit dieses Landes an einem Tag wegnehmen“. Darum ist hier die hohepriesterliche Würde zuerst genannt, weil der Herr zuerst Sein hohepriesterliches Amt ausgeübt hat, indem Er Sein eigenes Blut für uns ins Heiligtum getragen hat (Heb 9). Die ganze Gnadenoffenbarung hat ihren Ausgangspunkt am Kreuz von Golgatha, Aber Christus ist auch Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks, also Priester in Ewigkeit. Sein Königtum auf Erden in Herrlichkeit wird erst am Ende der Zeiten offenbart werden, wenn Er als königlicher Richter wieder auf der Erde erscheinen wird. Erst nachdem das Gericht über die Erde stattgefunden hat, wird Er Seinen Tempel vollenden und beide Würden in Seiner Person vereinen und in der ganzen Fülle ihrer Herrlichkeit und ihres Segens ausüben. Erst dann wird der ganze herrliche Bau des Hauses Gottes seinen völligen Abschluss und seine Krönung finden. Diese letzte Phase, nämlich das Königtum des Christus, steht heute noch aus; aber es wird nach Sacharja 4 kommen und in seiner Vollendung im Schlussstein zum Ausdruck gebracht werden.

Christus, der verworfene Eckstein

2. Antwort: Eine weitere gute Antwort den Eckstein betreffend, gibt Herr P. Schneller vom Syrischen Waisenhaus im „Boten aus Zion“, die gewiss auch interessieren wird. Es ist die Erklärung eines Bethlehemer Baumeisters über die Bedeutung des Ecksteins eines Bauwerks, die unsere Auffassung, die wir gegeben haben, bestätigt. Dieser sagt: „Das siehst du doch, dass das der wichtigste Stein ist, mit dem ich das Gebäude begonnen habe. Denn nach den durch ihn gelegten Linien richtet sich in die Länge, in die Breite und in die Höhe die ganze Gestalt des Baues. Darum nennen wir ihn Raas-es säuje, d.h. Haupt der Ecke.“ Dies gibt in der Tat erst recht den vollen Sinn dieses Bildes vom Eckstein wieder; denn Christus ist ja sowohl der Träger als auch der absolute Maßstab und das vollkommene Vorbild Seines ganzen Hauses. Herr P. Schneller bezieht sich dabei speziell auf Matthäus 21,42–44, wo der Herr von sich als dem verworfenen Stein, der doch zum Eckstein wurde, redet. Er wurde in der Tat als Träger des erwarteten Königreiches von den Juden verworfen; aber schon lange müssen sie zu ihrem Erstaunen sehen, wie der Verworfene durch Gottes Macht dennoch der Eckstein des Hauses Gottes geworden ist, auf dem alles ruht, auch für die Juden. In Vers 44 verlässt der Herr dann das Bild des Baues und redet von sich allgemein als einem so gewaltigen Stein, dass der Mensch sich zu seinem Verderben an Ihm stößt und der unfehlbar jeden zerschmettert, auf den Er einmal im Gericht fallen wird, also gleich dem Stein im Traumgesicht Nebukadnezars, der nicht nur den metallenen Koloss in Trümmer legt, sondern auch zum Berge wird, der die ganze Erde füllt (Dan 2, 35–36).

Christus, der Eckstein – die Grundlage der Lehre der Apostel

3. Antwort: Wir müssen vorerst betonen, dass es nicht „Grundstein“, sondern „Eckstein“ heißen muss. Dem Bau liegt das zugrunde, was die Apostel und Propheten des Neuen Testamentes, nachdem der Heilige Geist auf die Erde gekommen war, gelehrt haben. Insbesondere ist es die Lehre des Apostels Paulus. Er sagt: „Als ein weiser Baumeister habe ich die Grundlage gelegt“ (1. Kor 3). Was die Apostel und Propheten verkündigten war Christus, der eine Grund und die eine Grundlage. In Epheser 2,20 ist nun nicht von einem Grund, sondern von einem „Haupt der Ecke“ die Rede. Bei einem auszuführenden Bau wurde in einer Hauptecke ein besonderer Stein gelegt, der die Linienrichtung ergab und an den so oder so angebaut wurde. Darum heißt es auch nicht „auf welchen“, sondern „in welchem“, das will sagen, so mit Ihm verbunden, dass es ausschaut, wie aus Ihm herausgeworden, mit Ihm und untereinander zusammengefügt.


Online seit dem 10.02.2007. Zuletzt bearbeitet am 15.10.2020.