Ist heute die Anbetung auf den Platz am Tische des Herrn beschränkt?

In Johannes 4,23 heißt es, dass die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden. Ein Ort ist nicht genannt, im Gegensatz zum Berg Garizim oder zu Jerusalem. Frage a): Ist heute die Anbetung auf den Platz am Tische des Herrn beschränkt? Frage b): Gibt es neben der gemeinsamen Anbetung auch eine persönliche Anbetung im Kämmerlein oder nur ersteres?

Bibelstelle(n): Johannes 4,23

Was Anbetung ist

Vorausgehend möchte ich feststellen, was wahre Anbetung ist. Der "Botschafter", Jahrgang 1887, Seite 318, schreibt darüber treffend: "Wahre Anbetung ist das Ausströmen eines Herzens, welches Gott kennen gelernt hat als einen Geber, das den Sohn kennt, durch welchen die Gabe vom Himmel herab ihm zufließt; und das vom lebendigen Wasser des Heiligen Geistes getrunken und indem es getrunken, in diesem Geiste eine Quelle lebendigen Wassers gefunden hat, welches in das ewige Leben quillt und so zu seiner Quelle zurückfließt in Anbetung, Lob und Dank. Wahre Anbetung ist mit anderen Worten die Antwort eines Herzens, welches erkannt und erfahren hat, dass es durch Gottes Willen errettet und geheiligt ist, und dass dieser Wille durch den Sohn Gottes ausgeführt wurde." Anbetung ist also eine Darbringung von Früchten des Werkes des Herrn für und in uns, zur Verherrlichung der Person des Herrn und Gottes selbst.

Am Tisch des Herrn bringen wir Gott den Sohn

Bei Beantwortung obiger Fragen nun müssen wir feststellen, dass wir nicht bloß ein Konglomerat (Gemenge) vieler einzelner Gläubiger sind, sondern eine organische Einheit, der Leib des Christus und zugleich das Haus und der Tempel Gottes, was in unseren Zusammenkünften sichtbar zum Ausdruck kommen soll. Als eine solche Einheit stehen wir vor Gott. Für diese Einheit ist in der Tat der Tisch des Herrn die einzige Gelegenheit zur Anbetung, denn nur da sind wir die Darbringenden, Huldigenden, wo wir sozusagen die Front Gott zukehren. Bei allen anderen Zusammenkünften dagegen sind wir die Nehmenden: wenn wir das Wort in irgend einer Form verkündigen und hören, empfangen wir von Ihm, um es weiter zu geben, wie einst die Jünger, als der Herr die Volksmengen speiste, und in den Gebetsversammlungen bringen wir Ihm unsere Bitten vor, sind also wiederum die Nehmenden. Nur am Tisch des Herrn bitten wir nicht, sondern da legen wir unseren gefüllten Korb auf Gottes Altar und da sagen wir Ihm selbst, was Er durch Seinen Geist in unsere Herzen gelegt hat (wie der Israelit in 5. Mose 26). So sollten wir wenigstens am Sonntag kommen, Ihm die Opfer des Lobes bringen, nicht um Segen für uns zu holen, der ja zwar nicht fehlen wird; wenn wir aber Ihm nichts bringen, weil unsere Herzen leer sind, müssen wir uns auch nicht wundern, wenn wir keinen Segen mitnehmen.

Anbetung auch persönlich außerhalb der Zusammenkünfte

Die einzelnen Glieder des Leibes betreffend kann man jedoch die Frage auch noch etwas anders beantworten. Man darf doch mit Fug und Recht fragen, ob denn unser Herz nur in dieser einen Stunde jeder Woche voll Dank, Lob und Anbetung sein soll oder kann. Da muss man doch sagen: Nein! Je mehr wir uns in Ihn, in Seine Offenbarung, in Sein Herz, Seine Liebe und Gedanken versenken, um so mehr wird unser Herz Anlass finden, zu überströmen, und so oft wir durch den Geist uns mit Ihm und Seinem Wort beschäftigen, kann Herz und Mund auch des einzelnen Christen in Anbetung und Lob überfließen. Ist das Lied der Maria bei Elisabeth, die Huldigung der Weisen aus dem Morgenland, die Salbung der Füße des Herrn durch Maria von Bethanien nicht auch Anbetung, ganz persönliche Anbetung? Gewiss, es sind gerade Beispiele, an denen man lernen kann, was Anbetung ist. Unser Leben sollte eine einzige Anbetung, ein Lob für den Herrn sein, aber unserer Einheit in Christus Ausdruck gebend, ist sie nur am Tische des Herrn möglich. Das wollen wir wohl unterscheiden.

Zusammenfassung

Zusammenfassend darf also wohl gesagt werden, dass wahre Anbetung überall und zu jeder Zeit möglich ist. Wo irgend ein Herz überfließt in Lob und Dank bei der Betrachtung des Herrn, Seines Werkes und im besonderen der Liebe Gottes, sei es nun einzeln oder gemeinsam mit anderen, wird dies vor Gott wohlgefällig sein. Einzelne Gläubige (Apg 16, 14; 18,7; 1. Kor 14, 25), wie auch Gruppen von solchen (Apg 17,4.17; 13,43.50) geben uns Zeugnis davon. Wollen wir indessen zugleich unserer Einheit in Christus Ausdruck verleihen, dann ist dies nur möglich in Verbindung mit dem Brechen des Brotes. "Denn ein Brot, ein Leib sind wir." Am Tisch des Herrn bekennen wir nicht nur unser Erlöstsein in Christus, sondern unser Einssein mit Ihm und mit allen Gläubigen.


Online seit dem 09.02.2007.