Jesaja, Das Buch – Bibel-Lexikon

Außer der Tatsache, dass Jesaja der Sohn Amoz‘ war, ist nichts Weiteres über seine Herkunft bekannt. Er weissagte in den Tagen Ussijas, Jothams, Ahas‘ und Hiskias, die allesamt Könige von Juda waren. Der Zeitraum vom letzten Regierungsjahr Ussijas an bis zum Tod Hiskias umfasst 57 Jahre, von 797 bis 740 v. Chr. Der erste Vers des Buches macht deutlich, dass das „Gesicht" Juda und Jerusalem betraf. Wenn man diese Tatsache stets beachtet hätte, wäre man auch in der Zeit der Kirche vor manchen Dingen bewahrt geblieben1. Außerdem wäre die Prophetie besser verstanden worden.

Kurz gesagt, behandelt die Prophetie Jesajas das Versagen der Nation Juda und die Gerichte über sie. Um das Volk zu bestrafen, wird Assyrien von Gottes als Zuchtrute benutzt (vgl. Jes 10,5), es wird danach aber selbst vernichtet werden. Darüber hinaus werden Gerichte gegen die Nationen, die um das verheißene Land herum lebten und Feinde des Volkes Gottes waren, angekündigt. Schließlich werden der Messias und seine Verwerfung vorhergesagt, und es wird über den universellen Segen gesprochen.

Das Buch kann in die folgenden sieben Abschnitte eingeteilt werden:

  1. Kapitel 1-12: Der sündige Zustand des Volkes, das sich aber noch im Besitz des Landes befindet; verschiedene Ankündigungen und Züchtigungen, die in dem Assyrer gipfeln; die Einführung Immanuels; Abschluss mit einem Lied.
  2. Kapitel 13-27: Gerichte über Babylon und die Nationen, bei denen Israel Gefangenschaft und Verwerfung erduldete; der Abschnitt endet mit der Befreiung aus ihrem Zustand der Ausgestoßenheit und mit Anbetung in Jerusalem.
  3. Kapitel 28-35: Fünf „Wehe" über das untreue Israel; abschließend wird von der Befreiung von dem Assyrer und den verbündeten Nationen und von der Freude des Friedensreiches berichtet.
  4. Kapitel 36-39: Diese Kapitel sind geschichtlich, aber auch prophetisch; es wird der Weg des Segens für Jerusalem und das Haus Davids beschrieben.
  5. Kapitel 40-48: Gott streitet mit Israel wegen des Götzendienstes; Kores, der Befreier, wird erwähnt. Er ist ein Vorausbild auf Christus.
  6. Kapitel 49-57: Gott streitet mit Israel wegen des verworfenen und leidenden Messias.
  7. Kapitel 58-65: Endgültige Ergebnisse: der Überrest wird befreit und gesegnet.

Kapitel 1 bis 4

Diese Kapitel bilden eine Einleitung. Die „sündige [...] Nation" (Jes 1,4) war vollständig verdorben und ist schmerzhaft gezüchtigt worden. Vom Kopf bis zum Fuß war nichts Gesundes zu finden. Trotz der Züchtigungen gab es keine Reue, so dass Gottes Gerichte noch weiter anhalten mussten. Aber für die zukünftigen Tage besteht ihnen auch Gnade bevor. Zion wird dann der Mittelpunkt der Segnungen sein, und ein Überrest wird errettet werden.

Kapitel 5

Israel war Gottes Weinberg und die Männer Judas waren die „Pflanzung seines Ergötzens" (Jes 5,7). Das Volk wurde angesichts der Fürsorge Gottes, die er ihnen gewidmet hatte, gerichtet. Kein Überrest wird erwähnt (vgl. Mt 21,33-41).

Kapitel 6

Das Volk war untauglich für seinen Messias, aber es wird gerichtet angesichts seines Kommens in Herrlichkeit. Ein Überrest wird anerkannt.

Kapitel 7

Als der Unglaube ein Bündnis suchte, wird Immanuel, der Sohn Davids, als ein Zeichen für den Glauben eingeführt. Das Haus Davids nach dem Fleisch wird gerichtet, aber es gibt noch Hoffnung (siehe Immanuel)!

Kapitel 8 bis 9,6

Die Assyrer überrennen das Land, und das Bündnis der Nationen wird zunichte gemacht. Ein Überrest wird mit Immanuel in Verbindung gebracht, der für die ungläubigen Nationen ein Stein des Anstoßes ist (Jes 8,14), aber ein Licht inmitten der Finsternis, bis er in Macht und Herrlichkeit angenommen werden wird (Jes 8,22 - 9,1).

Kapitel 9,7 bis 10,34

Die nationale Geschichte wird vom Ende des fünften Kapitels wiederaufgenommen. Verschiedene Gerichte des HERRN werden ausführlich berichtet, bis hin zum letzten Gericht durch den Assyrer, der von Gott als Rute benutzt wird (Jes 10,5). Aber danach wird er selbst für seinen Hochmut in den letzten Tagen bestraft werden.

Kapitel 11

Das Kapitel handelt von dem Messias, dem „Schössling" (Jes 11,1), und von seiner Regierung, welche die Quelle der Segnungen des 1000jährigen Reiches sein wird.

Kapitel 12

Israels Lied des Sieges an diesem Tag. Vgl. mit dem Lied in 2. Mose 15,1-21.

Kapitel 13 bis 24

In verschiedenen Aussprüchen werden Gerichte über Babylon und die Nationen angekündigt, besonders über diejenigen, die in Verbindung mit Israel stehen: Über Moab, Damaskus, über „das Land des Flügelgeschwirrs jenseits der Ströme von Äthiopien2" (Jes 18,1), über Ägypten, „die Wüste des Meeres3" (Jes 21,1), Duma, Arabien, „das Tal der Gesichte" (Jerusalem), Tyrus und über das Land, das ausgeleert und verödet ist und dessen Oberfläche umgekehrt ist (Jes 24,1). Schließlich werden die Heerscharen in der Höhe und die Könige auf der Erde bestraft (Jes 24,21).

Kapitel 25 bis 26

Kapitel 25 bis 26 enthalten ein Lied, in dem Gottes Eingreifen gepriesen wird, bis hin zum Verschlingen des Todes für immer (Jes 25,8).

Kapitel 27

Satan wird hier „Leviatan, die flüchtige Schlange, und [...] Leviatan, die gewundene Schlange" genannt (Jes 27,1). Seine Macht wird zerstört werden, und die Anbetung in Jerusalem wird einsetzen.

Kapitel 28 bis 35

Kapitel 28 bis 35 berichten Einzelheiten von den Dingen, die mit den Juden in den letzten Tagen geschehen werden. Sie machen einen Bund mit dem Tod und dem Scheol, aber ihr Bund wird zunichte gemacht werden. Nur in dem Stein, der in Zion liegt, ist Sicherheit zu finden, alles andere wird zu Grunde gehen (Jes 28,15-18).

Kapitel 29

Es werden Gerichte über Jerusalem angekündigt, dabei wird Jerusalem „Ariel" - das bedeutet „Löwe Gottes" - genannt. Die Befreiung kommt erst in der äußersten Not, aber ein weit schlimmeres Gericht, ein „Geist tiefen Schlafes", bleibt auf dem Volk. Am Tag der Rettung wird der Überrest Verständnis erlangen, und der Gewalttätige wird vernichtet (Jes 29,1.10.20.24).

Kapitel 30 bis 31

Statt auf Gott zu vertrauen, vertrauen sie auf Ägypten und suchen dort Rat.

Kapitel 32

Christus wird in Gerechtigkeit regieren; auf die Verwüstung folgt die Wieder-herstellung.

Kapitel 33

Der Überfall eines Verwüsters in dem Charakter Gogs (vgl. Hes 38), aber der HERR wird sich erheben, er wird Zion mit Recht und Gerechtigkeit füllen. Der Feind wird vernichtet, und Zion wird in Frieden sein (Jes 33,1.5.20).

Kapitel 34 bis 35

Das endgültige Gericht über Edom und die übrigen Nationen wird angekündigt (vgl. Ps 83), ebenso wie die Segnungen, die dem Gericht folgen werden.

Kapitel 36 bis 39

Dieser Abschnitt handelt von Hiskia und Sanherib. Das Warten auf das Eingreifen des HERRN tritt stark hervor. Die dann folgende Befreiung spricht bildlich davon, wie in den letzten Tagen Jerusalem und das Haus Davids von dem Assyrer äußerlich befreit werden. Zusätzlich wird Hiskias persönliche Geschichte berichtet, was bildlich zeigt, wie die Juden das Gericht Gottes über sie empfinden, wie sie zur Umkehr und Wiederbelebung kommen und zur inneren oder moralischen Befreiung.

Kapitel 40 bis 43

Hier beginnt ein anderer Teil des Buches. Der Messias wird nur ein wenig vorgestellt; es ist eher eine Frage der Rivalität zwischen Gott und den Götzen. Für solche, die ein geöffnetes Ohr haben, gibt es Trost. Der Herr Jesus, der Knecht des HERRN und sein Auserwählter, „wird den Nationen das Recht kundtun" (Jes 42,1).

Kapitel 44

Der HERR rechtet mit Jakob und Jeschurun, was das zwölf Stämme umfassende Israel meint (vgl. 5. Mo 32,15; 33.26-27).

Kapitel 45 bis 47

Kores ist ein Diener Gottes, und vor ihm würde Gott Nationen niederwerfen. Gott würde die Pforten offen halten (die Pforten Babylons, die in ihrer Feierlichkeit offen gelassen wurden). Die Götzen Babylons können sie nicht bewahren, Babylon sollte dazu gebracht werden, sich für seinen Stolz zu schämen (Jes 45,1).

Kapitel 48

Gott appelliert an Israel.

Kapitel 49 bis 57

Christus wird eingeführt, und die Schuld des Volkes in Hinblick auf seine Person wird gezeigt.

Kapitel 50,1-9

Israel war wie eine Geschiedene, aber der Messias kam in angemessener Weise zu ihnen, um sie zu belehren und sich ihrer Sache anzunehmen. Wer würde mit ihm rechten? (Jes 50,8).

Kapitel 50,10 bis 51,23

Der Charakter des Überrestes: Sie gehören Gott und werden von ihm als „mein Volk" bezeichnet (Jes 51,4.16). Er wird sie trösten und erretten (Jes 51,11).

Kapitel 52,1-12

An Zion ergeht ein Weckruf, sich mit Macht anzukleiden. Die Füße des Überbringers von froher Botschaft sind lieblich (Jes 52,1.7).

Kapitel 52,13-53

Dieser Abschnitt bezieht sich in einer fünffachen Weise auf das Werk Christi, auch die Sühnung ist darin eingeschlossen.

Kapitel 54 bis 55

Jerusalem wird aufgefordert zu singen. Bis hin zu den „sicheren Gnaden Davids" sind Segnungen für sie aufgehoben, ebenso wie die völlig kostenlose Gnade für jeden, der dürstet (Jes 55,1.3).

Kapitel 56 bis 57

Angesichts der Wiederherstellung Israels folgen nun Ermahnungen. Solche, die entgegen Gottes Willen wandeln, werden bloßgestellt, selbst wenn es sich um Israeliten handelt.

Kapitel 58 bis 59

Die Empörung des Geistes über den Zustand Israels zur Zeit, als die Prophezeiung ausgesprochen wurde. Die Schilderung reicht aber bis zum Ende, wenn der Erlöser für Zion kommen wird (Jes 59,20).

Kapitel 60

Die Herrlichkeit Jerusalems in der Zeit des Segens.

Kapitel 61 bis 62

Christus beschäftigt sich in der vollen Gnade seiner Person mit den Segnungen Israels.

Kapitel 63 bis 64

Christus kehrt von dem Gericht aus Kapitel 34 zurück, mit Kleidern, die von dem Schlachten seiner Feinde beschmutzt sind (Jes 63,1-3). Danach folgen die Fürbitten des Geistes der Weissagung.

Kapitel 65

Gottes Antwort auf dieses Flehen.

Kapitel 66

Das 1000jährige Reich wird durch Gerichte eingeführt, und so endet dieses Buch mit den ernsten Worten: „Und sie werden hinausgehen und sich die Leichname der Menschen ansehen, die von mir abgefallen sind; denn ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer nicht erlöschen, und sie werden ein Abscheu sein für alles Fleisch" (Jes 66,24).

Schlussbemerkungen

Die Weissagung Jesajas umfasst ein sehr weites Feld. Als die Prophezeiung aufgeschrieben wurde, befand sich das Volk in einem sündigen Zustand, und obwohl Gott lange Geduld mit ihnen gehabt hatte, war der Zustand derart, dass das Gericht ausgeführt werden musste, sofern es keine wahre Umkehr gab. Es folgte tatsächlich Gericht, aber die Vollendung des Bösen ist nicht erreicht worden, bis ihr Messias gekommen war und von ihnen verworfen wurde. Der Antichrist wird in der Zukunft hingegen angenommen werden. Der Verwerfung ihres Messias folgte bereits Gericht, aber die große Drangsal wird noch kommen.

Viele Zitate aus dem Buch Jesaja im N.T. (es sind ungefähr 40 an der Zahl) zeigen, dass das Wort des Propheten auf die damaligen Zeiten angewandt wurde, wie zum Beispiel auf den Zustand des Volkes, die Zwecklosigkeit der Riten und Zeremonien oder wenn es darum ging, dass den Nationen Gnade vorausgesagt wurde. Die Sünde Israels, ihr Gericht und die Segnungen Gottes werden ihren Höhepunkt erst noch in Zukunft erreichen. In diesem Propheten ist Christus‘ Kommen in Niedrigkeit ebenso wie sein Auftreten in Herrlichkeit offenbart. In der Tat sind alle Wege Gottes mit seinem Volk Israel bis hin zum Ende in dieser umfangreichen Weissagung zu finden - auch wenn manche Gegenstände an anderer Stelle noch weiter vertieft werden. Es ist klar, dass dieses Buch nur durch die Inspiration des Heiligen Geistes geschrieben werden konnte.

 

Fußnoten

  • 1 In alten Ausgaben der zu Grunde liegenden englischen KJV werden die Weissagungen in den Kapitelüberschriften direkt auf die Kirche bezogen.
  • 2 Anm. in der ÜELB: Bezeichnung des äthiopischen Reiches in seiner größten Ausdehnung (wie Zeph 3,10).
  • 3 Anm. in der ÜELB: D. h. wahrscheinlich: Babel; Südbabylonien hieß im Assyrischen (wegen der häufigen Überschwemmungen des Euphrat) "das Meerland" und dessen König "der König des Meeres".