Die Bibel, eine Offenbarung von Seiten Gottes

Besitzen wir eine Offenbarung von Seiten Gottes, eine Mit­teilung Seiner Gedanken, auf welche wir uns verlassen können? Das ist eine Frage von höchster Wichtigkeit. Gibt es inmitten der widerstreitenden Meinungen der Men­schen, inmitten der zahlreichen verschiedenen Religionen etwas Sicheres und Bestimmtes, welches das Siegel der Au­torität an sich trägt und mich in den Stand setzt, zu sagen: Ich besitze von Seiten Gottes eine Offenbarung Seiner Ge­danken, welche zuverlässig und mit Autorität bekleidet ist, so dass ich von Ihm Selbst weiß, was Gottes und was die Wahrheit Gottes ist?

Auf den Menschen kann ich kein Vertrauen setzen. Ein Mensch, der eine solche Offenbarung nicht von Gott empfan­gen hat, versinkt in die tiefste Erniedrigung. Ich kann auch nicht auf die Kirche oder ihre Lehrer vertrauen. Auch sie haben ihre Geschichte - und was für eine Geschichte! Sie sind ein Rohr, welches in der Hand dessen, der sich darauf stützen will, zerbricht. Wohin soll ich mich wenden, um sa­gen zu können: Hier habe ich die Wahrheit, die ich lieben und auf die ich mich verlassen kann? - hier ist etwas, was Gott Selbst mir gegeben hat? Um das sagen zu können, muß ich zweierlei besitzen: eine Offenbarung von Seiten Gottes und eine zuverlässige Mitteilung derselben. Ohne Offenbarung kann der Mensch weder Gott noch Seinen Charakter kennen. Das Heidentum, ob zivilisiert oder unzivilisiert, ist ein beredtes Zeugnis für diese Tatsache. Mir zu sagen, dass die Anbetung von Katzen oder Eseln oder Fetischen eine wahre Erkenntnis Gottes darstelle, ist wert­los. Sie mag beweisen, dass der Mensch eines Gottes bedarf, dass er ohne einen solchen nicht fertig werden kann; aber sie beweist dann auch zugleich, dass er den wah­ren Gott nicht zu finden vermag, oder dass er Ihn nicht ha­ben will.

Wo also soll ich Gott und Seine Wahrheit finden? Der Hei­de kann Ihn mir nicht zeigen; er ist in das tiefste Verderben versunken, er vergöttert seine Leidenschaften und ernied­rigt sich in ihnen.

Der Koran oder „das Schwert“ der Mohammedaner ist keine Offenbarung Gottes. Seine Mitteilungen oder Offenbarun­gen sind erfunden worden, je nachdem die Gelegenheit sie wünschenswert erscheinen ließ.

Können mir die Juden von Gott erzählen, sie, die nach ih­ren eigenen Schriften von Gott verworfen sind? Können sie mir sagen, was Er ist?

Soll ich von den Jesuiten lernen, deren Ränke alle Völker beunruhigen? Oder von dem Papst, dessen Unfehlbarkeit durch die Geschichte Lügen gestraft und eigentlich nur von der unwissenden Menge geglaubt wird? Soll ich die vergol­deten Bilder der „Mutter Gottes“ anbeten, die man in den Kirchen und an den Landstraßen aufgerichtet hat? Muss ich da meinen Ruheort finden?

Soll ich mich endlich zu den Protestanten wenden, deren Führer zum großen Teil Rationalisten und Ungläubige sind oder die ein sogenanntes orthodoxes Glaubensbekenntnis hochhalten? Gibt es selbst in diesen evangelischen Glau­bensbekenntnissen eine wirkliche Übereinstimmung, und glauben diejenigen, welche sie unterzeichnen und festhal­ten, von ganzem Herzen an die darin aufgestellten Sätze? Man wird nicht viele unter ihnen finden.1

Was soll ich nun tun? Soll ich, wie Pilatus, fragen: Was ist Wahrheit? und in tiefer Ratlosigkeit meine Hände waschen und Christus Seinen Feinden preisgeben?

Was ich benötige, ist eine Offenbarung von Seiten Gottes Selbst, und diese besitze ich - Sein Name sei ewig dafür gepriesen! - in Seinem Worte.

Ja, hier ist etwas - Gott, in einer Seiner Selbst würdigen Weise geoffenbart. Aber nun kommt man her und sagt mir, das, was sich als Gottes Wort ausgibt, sei gar nicht Gottes Wort. Es sei nichts mehr und nichts weniger als eine Zu­sammentragung der vielfältigsten Überlieferungen und Schriftstücke, welche erst sieben- oder achthundert Jahre nach dem angeblichen Entstehen dieser Schriften vorge­nommen worden sei; woher man sie genommen und wer sie geschrieben hatte, wisse Gott allein (nur sind sie nicht von Ihm). So redet man von den Heiligen Schriften. Sie sind, wenn wir den meisten Gelehrten unserer Tage glau­ben wollten, nicht das Wort Gottes, sondern eine ganz un­zuverlässige Sammlung von Schriften, welche im Laufe der Geschichte Israels entstanden sind. Teilweise hätten Prie­ster sie geschrieben, unter welchen das Gesetz allmählich sich entwickelt habe, teilweise Propheten, welche gegen die Grundsätze des Volkes (beachten wir: nicht gegen ihre Sünden oder ihre Übertretungen des Gesetzes) ankämpf­ten; teilweise seien sie aus der Mitte des Volkes selbst her­vorgegangen. So ist nach den Meinungen jener klugen Ge­lehrten das Alte Testament entstanden. Und das Neue? Nun, vier Briefe mögen von Paulus herrühren, sagt man, die übrigen aber seien sehr zweifelhaft; das meiste sei wohl nichts anderes als ein späterer Versuch, die Paulinischen und Petrinischen Parteien in der Kirche miteinander aus­zusöhnen usw.

All dem gegenüber fragen wir: Wo ist das Wort Gottes? Da, wo es stets war, wie das Licht in der Sonne ist. Man mag in der Sonne Flecken und hellere oder dunklere Teile entdeckt haben und darüber mehr oder weniger zutreffen­de Erklärungen oder gelehrte Vermutungen aufstellen; aber wer Augen hat zu sehen, wandelt nach wie vor in ih­rem vollen und göttlich gegebenen Licht. Sie leuchtet mit derselben Pracht und Fülle, wie sie es stets getan hat. Ge­radeso ist es mit dem Wort Gottes; es scheint heute wie vor tausend und mehr Jahren mit unverändertem Glanz, und der Eingang in dieses Wort gibt Licht und Verständnis den Einfältigen. Diese besitzen eine Natur, welche das Wort in dem wahren Charakter, so wie Gott es gegeben hat, zu schätzen vermag. Den Weisen und Verständigen aber hat Gott diese Dinge verborgen und sie den Unmündigen ge­offenbart. „Sie werden alle von Gott gelehrt sein“ (Joh 6, 45), ist die Erklärung des Herrn und Seines Propheten für alle, welche hören können.

Dass die alttestamentlichen Schriften in ihrer gegenwärti­gen Form gesammelt wurden, lange bevor der Herr auf der Erde war, wird von niemand bestritten; ja, Christus Selbst erkennt die verschiedenen Teile des Alten Testaments, wie sie heute bestehen, an. Der bekannte jüdische Geschichts­schreiber Josephus, sehr bestimmt in seinen Erklärungen, redet nicht von einer ungewissen Menge von Büchern, son­dern von einer bestimmten Zahl: zweiundzwanzig; und er sagt ferner, dass wohl Schriften nach der Regierung des Perserkönigs Artaxerxes entstanden seien, dass diese aber nicht dieselbe Autorität besäßen wie jene. Dass die Bücher gesammelt wurden, dafür können wir Gott danken. Ob man nun die Geschichte Ruths mit den Richtern verbindet und die Klagelieder mit dem Propheten Jeremia, oder nicht, ist von keiner so großen Bedeutung. Der ihnen zuge­hörende Platz in der Geschichte liegt auf der Hand. Die Frage, wer das Buch Ruth geschrieben hat, ist für den Gläubigen auch nicht von Wichtigkeit. Er nimmt die Schriften auf als das Wort Gottes; Gott Selbst ist ihr Urhe­ber. Dass bei ihrer Zusammenstellung hier und da einige kurze Bemerkungen hinzugefügt worden sind (wie z. B. „und sie sind daselbst bis auf diesen Tag“, Jos 4, 9 usw.), ist möglich, aber das berührt in keiner Weise die göttliche Offenbarung. Das Buch zeigt deutlich, dass es als ein Gan­zes von Gott eingegeben ist und dass Er in der Zusammen­stellung der einzelnen Schriften, wie auch vielleicht in der Einschaltung jener Bemerkungen, Seine Hand gehabt hat.

Das Buch bekennt, ein Bericht aller Wege Gottes von der Schöpfung an (und selbst, was Seine Ratschlüsse betrifft, noch früher beginnend) bis zur Ankunft des Herrn zu sein, ja, bis zum Ende der Zeit, bis Gott sagen kann: „Es ist ge­schehen! Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende“. Es bekennt ferner, uns eine Offenbarung des Vaters in dem Sohne zu geben. Ist das eine Offenba­rung Gottes, oder ist es, wie unsere Gelehrten zu sagen be­lieben, nur eine Entwicklung des nationalen Lebens in ei­nem kleinen, geringen Volke? „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht“ (Joh 1, 18). Ist das eine Of­fenbarung von Gott oder nicht?

Das Buch wird als ein Ganzes von Christus und Seinen Aposteln in einer Weise behandelt, welche zeigt, dass es ei­nen wohlbekannten und besonderen Charakter besaß. „Die Schrift kann nicht aufgelöst werden“ (Joh 10, 35). „Dann öffnete er ihnen das Verständnis, um die Schriften zu verstehen“ (Lk 24, 45). „Erforschet die Schriften . . ., sie sind es, die von mir zeugen“ (Joh 5, 39) „Dies sind die Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, dass alles erfüllt werden muß, was über mich geschrieben steht in dem Gesetz Moses und den Propheten und Psalmen“.

Unser Herr erkannte also, während Er auf Erden war, die Schriften (das, was wir das Alte Testament nen­nen) genauso an, wie wir sie heute besitzen und wie die Ju­den sie einst besaßen; Er berief sich auf ihre Autorität als das Wort Gottes. Und nach Seiner Auferstehung hören wir: „Und von Mose und von allen Propheten anfangend, erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn betraf“ (Lk 24, 27). Zu einer anderen Zeit sehen wir Ihn das Buch Jesaja nehmen und die Stelle vorlesen: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesandt hat usw.“ und Er fügt dann hinzu: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt“ (Lk 4, 16-21).

Doch nicht nur die Schriften, sondern auch ihre Schreiber haben von seilen des Herrn unbedingte Anerkennung ge­funden. „Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? und keiner von euch tut das Gesetz“ (Joh 7, 19). „Deswegen gab Mose euch die Beschneidung (nicht dass sie von Mose sei, sondern von den Vätern)“ V. 22. „Da ist einer, der euch verklagt, Mose, auf den ihr eure Hoffnung gesetzt habt. Denn wenn ihr Mose glaubtet, so würdet ihr mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubet, wie werdet ihr meinen Wor­ten glauben?“ (Joh 5, 45-47). „Wenn er jene Götter nann­te, zu welchen das Wort Gottes geschah, und die Schrift kann nicht aufgelöst werden . . .“ (Joh 10, 35). (Der Aus­druck „Götter“ bezieht sich auf die Richter, welche im He­bräischen häufig Elohim (Götter) genannt werden). „Ab­raham aber spricht zu ihm: Sie haben Mose und die Pro­pheten; mögen sie dieselben hören. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen geht, so werden sie Buße tun. Er sprach aber zu ihm: Wenn sie Mose und die Propheten nicht hören, so werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den To­ten aufersteht“ (Lk 16, 29-31). Wie wahr waren jene Worte von den armen Juden jener Tage, und wie wahr sind sie von den heutigen Ungläubigen! Das Christentum und die Auferstehung des Herrn sind wirkungslos, wenn man Mo­se und den Propheten nicht glaubt.

Doch fahren wir fort. In Matthäus 24, 15 erkennt der Herr einen anderen Propheten an, und zwar gerade denjenigen, dessen Buch am meisten in Frage gezogen wird: Daniel. lm 15. Kapitel sagt Er „trefflich hat Jesajas über euch geweis­sagt.“ Lukas 4 haben wir bereits bezüglich des Propheten Jesajas angeführt; indes gibt der Herr in demselben Kapitel auch den Büchern der Könige und der Geschichte von Elia und Elisa Autorität. Doch warum noch mehr Stellen an­führen? Das ganze Leben und die Reden des Herrn Jesus sind so innig mit den in dem Gesetz und den Propheten offenbarten Wahrheiten durchflochten (obwohl sie ande­rerseits weit über diese hinausgingen, da das Gesetz beisei­te gesetzt werden sollte), dass man die ganze Offenbarung von Christus und der Bibel herausreißen müsste, um die Autorität des Gesetzes und der Propheten zu entfernen. Er ist nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. Was zu erfüllen? Eine armselige, zur Zeit Esras vollführte Zu­sammenstellung menschlicher Schriften? — fragwürdige, von Menschen gefertigte Dokumente, welche erst nach und nach zu einem anfänglich unbekannten Gesetz wur­den? Oder das Wort Gottes, welches auf dem Wege göttli­cher Inspiration Mose und denen, welche Jehova sandte, mitgeteilt wurde? Christus wurde in Bethlehem geboren, weil der Prophet durch Gottes Willen es so gesagt hatte. Er starb, weil anders die Schriften nicht erfüllt werden konn­ten. Ja wahrlich, Himmel und Erde werden vergehen, aber nicht ein Jota, nicht ein Strichlein wird von dem Gesetz fal­len, bis alles erfüllt ist.

Wenden wir uns jetzt zu den Dienern unseres Herrn Jesus Christus, zu den Aposteln und Schreibern des Neuen Testamentes. Sie alle berufen sich wieder und wieder auf die Schriften des Alten Testamentes, so wie wir es besitzen, und bestätigen es überall als einen göttlich eingegebenen Bericht, aufgezeichnet von denen, welchen die einzelnen Bücher zugeschrieben werden. Aber natürlich, der Mensch in seinem stolzen Wahn meint fähiger zu sein, uns zu sagen, was Christentum und Wahrheit sind, als Christus und Seine Apostel. — Und was sagen die Apostel? Paulus beginnt den Römerbrief mit einer Anerkennung der Heiligen Schriften und der Propheten: Gott hat Sein Evangelium „durch seine Propheten in heiligen Schriften zuvor verhei­ßen“. Dann folgt der Beweis, dass alle, Heiden und Juden, unter der Sünde sind. Hatte denn der Jude keinen Vorzug? Allerdings; ihm waren die „Aussprüche Gottes“ anver­traut. Dennoch war er ein Sünder, und der Apostel liefert den Beweis aus den Schriften (Kap. 3). Jede Frage wird durch eine unmittelbare Berufung auf die Schrift gelöst. So auch in Römer 4, 3: „Was sagt die Schrift?“, und dann folgt eine Anführung aus dem ersten Buch Mose und den Psal­men. Die weiteren Kapitel sind ebenfalls voll von Berufun­gen auf die alttestamentlichen Schriften. Auch in den übri­gen Briefen des Apostels finden sich zahlreiche Anführun­gen aus dem Alten Testament; ebenso in den Schriften des Johannes, des Petrus usw. Mit einem Wort: In den Evange­lien und in den Briefen, in dem Munde des Herrn und in dem Munde Seiner Knechte, überall begegnen wir der göttlichen Autorität des Alten Testaments, so wie wir es besitzen. Und ich brauche nicht zu sagen, dass die Autorität Christi und Seiner Apostel schwerer wiegt als menschliche Spekulationen, welche sich in jedem einzelnen Falle auf besondere persönliche Einbildungen gründen und mit dem Einfluss der geistigen Kraft vergehen, welche sie hervorge­rufen hat. Gott sei Dank! wir haben die Autorität Christi und Seiner Apostel dafür, dass die Schriften nicht nur von denen herrühren, deren Namen sie tragen, sondern, dass die in ihnen enthaltenen Wahrheiten uns auch von Gott Selbst gegeben sind.

Diese Schreiber reden nicht aus sich selbst. Mose und die Propheten des Alten Bundes beginnen ihre Mitteilungen immer wieder mit den Worten: „So spricht der Herr“; und Paulus versichert wiederholt, dass das, was er sagt, von Gott selbst herkomme. Er hat nicht einmal nach den geeig­neten menschlichen Ausdrücken gesucht, um die Offen­barungen Gottes verständlich zu machen; nein, wenn er von den Dingen redet, „die uns von Gott geschenkt sind“, so sagt er: „welche wir auch verkünden, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist“ (1. Kor 2, 13). Was er brachte, war nicht das Wort eines Menschen, sondern das Wort Gottes. Was er schrieb, waren die Worte des Herrn, und als solche mussten sie von den Gläubigen aufgenommen werden.

Somit ist nicht nur die Bibel eine Offenbarung von Seiten Gottes, sondern auch die Mitteilung dieser Offenbarung ist Sein Werk. „So spricht der Herr“, heißt es im Alten, und „Worte, gelehrt durch den Geist“ im Neuen Testament, so dass das, was wir besitzen, das Wort Gottes ist. Gott hat uns nicht in Ungewissheit gelassen.

Vielleicht wird man einwenden, dass wir nur unvollkomme­ne Übersetzungen dieses Wortes in Händen halten. Doch dieser Einwurf ist nicht stichhaltig. Obwohl alle Überset­zungen Menschenwerk sind und deshalb mehr oder weni­ger unvollkommen sein müssen, so enthalten sie doch die Offenbarung Gottes; gibt es auch Fehler, Ungenauigkeiten, Irrtümer usw. in den Übersetzungen, so ändert das doch nichts an den Grundzügen der göttlichen Wahrheit.

Ein anderer überaus wichtiger Punkt, den ich nicht uner­wähnt lassen darf, ist die Einheit des Geistes in dem ganzen Alten und Neuen Testament. Sind auch die einzelnen Bü­cher zu ganz verschiedenen Zeiten und von den verschie­densten Personen geschrieben, weichen auch Stil und Spra­che der Schreiber wesentlich voneinander ab, so durchweht doch das Ganze nur ein Geist; ein großer einheitlicher Plan tritt dem Forscher von Anfang bis zu Ende entgegen. Man findet in dem Buche Gottes Geschichte und Prophezeiung, Poesie und sittliche Unterweisungen; man begegnet dem Menschen vor dem Gesetz, unter dem Gesetz, unter der Gnade und den wunderbaren Gedanken Gottes bezüg­lich der Kirche. Alles das ist verschieden und doch wieder durch ein so inniges Band miteinander verknüpft, dass nur ein und derselbe Geist die verschiedenen Schreiber geleitet und inspiriert haben kann. Nur ein Geist, nur eine inspirierende Kraft, welche das Ende von Anfang an kannte und jenen einheitlichen Plan vor sich hatte, kann der wirkliche Urheber des Buches sein, welches wir Bibel nennen. Wie ein ununterbrochener roter Faden zieht sich der Vorsatz Gottes durch alle die verschiedenen Teile dieses Buches hindurch und macht einen jeden Teil an seinem Platze dem Ganzen dienstbar und verbindet alle zusammen zu einem einheitlichen Ganzen.

Indes ist die Bibel nicht nur eine Zusammenstellung von Tatsachen und Ereignissen, sondern sie stellt auch die sitt­liche Grundlage der Beziehungen des Menschen zu Gott dar. Sie zeigt uns den Menschen in dem Zustand der Un­schuld, den Verlust dieser Unschuld, die sittliche Verant­wortlichkeit des Menschen, das mit göttlicher Autorität als vollkommenes Maß der Verantwortlichkeit gegebene Ge­setz, den durch die Übertretung des Gesetzes doppelt schuldigen Menschen, den Versuch, ein Heilmittel zu brin­gen in dem Zeugnis der Propheten und in dem Kommen des Sohnes Gottes Selbst, und endlich, nachdem sich alles als vergeblich erwiesen hat, als Resultat das Gericht der Welt. Nachdem dann jeder Mund zum Schweigen gebracht und die ganze Welt als schuldig und dem Gericht Gottes verfallen erwiesen ist, wird durch die Gnade Gottes ein vollkommenes Heil verkündigt, ein Heil, welches der Na­tur und der Herrlichkeit Gottes entspricht, das alle Jahr­hunderte hindurch in dem Wort der Prophezeiung festge­halten und endlich völlig geoffenbart worden ist. Und schließlich finden wir die himmlische Herrlichkeit und eine unter der Regierung des Messias wiederhergestellte Erde, den neuen Bund und nach allem die Ewigkeit. Diesem kann man noch die Kirche in ihrem besonderen Platz mit Christus, als Seine Braut, hinzufügen.

Wenn es in der Welt eine Segnung gibt außer der, den Herrn persönlich zu besitzen und Ihn als Heiland zu ken­nen, so ist es, das Wort Gottes zu haben, so wie Gott Selbst es uns, wie unseren Herrn, gegeben hat, ein göttliches und himmlisches Wort, welches aber dem Menschen und seinen Bedürfnissen vollkommen angepasst ist — ja, dieses Wort im Munde und im Herzen zu haben (Rö 10, 8). Das, was wir besitzen, ist das Wort des lebendigen Gottes Selbst, welches in den Gläubigen wirkt. Darum: „Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohne und in dem Vater bleiben“ (1. Joh 2, 24).

Fußnoten

  • 1 Was empfehlen die sogenannten „Zeugen Jehovas?“ Sie versichern, dass für ihre Lehren allein die Bibel und sonst keine anderen Quellen maßgebend seien. Sie haben ihre eigenen Methoden entwickelt, nach denen sie ihre Bot­schaft aus der Bibel schöpfen. Sie ziehen ihre Linien kreuz und quer durch die ganze Schriftmasse der Bibel, kombi­nieren fröhlich im Zickzack und stellen die abenteuerlich­sten Beziehungen und Berechnungen her. Ihre „Neue-Welt-Ubersetzung“ ist eine systematische Verfälschung der Bibel mit dem Ziel, sie zu einer Reklameschrift für die „Theokratische Organisation“ zu ernierigen, und ein Ver­such, die Bibel zum Echo der Lehren der „Zeugen Jeho­vas“ zu machen. Es ist nicht von ungefähr, dass in allen Selbstbezeichnungen, die sie je trugen, das Wort „christ­lich“ fehlt. Wohl geht es ihnen um die Bibel. Aber sie ha­ben die Bibel glattgewalzt, und dabei ist auch Christus un­ter die Walze gekommen. Er ist nicht mehr der Gipfel, auf den alles hinstrebt und der allem Sinn gibt. Das Wichtigste haben sie unterschlagen: Jesus, der Sünderheiland, der zur Buße ruft und den Verlorenen nachgeht, ist aus ihrer Bibel ausgemerzt. Dafür verliehen sie Ihm Züge, die Sein Ange­sicht zur blutigen Grimasse entstellen — Christus, als der Rächer, der Vernichter, der Henker, der Sich im Blut der Massenschlächterei von Harmagedon wälzt. Die „Zeugen Jehovas“ sind aus der Welt der Bibel ausgewandert in ein epikureisches Wunschreich in welchem sie ein diesseitiges, glückseliges Leben zu gewinnen trachten, und es nimmt nicht Wunder, dass sie bei dieser Wanderung den lebendi­gen Christus nicht brauchen konnten, sondern Ihn zu einer hölzernen Randfigur und einem bloßen Statisten gemacht haben. Erschlössen sie sich der vollmächtigen Verkündi­gung des Wortes Gottes, dann verlören sie jede Lust an ih­rem Lehrsystem.