Botschafter des Heils in Christo 1873

Über die Bedienung des Wortes in der Welt und in der Versammlung

Der Zweck dieser Zeilen ist, in flüchtigen, aber bestimmten Zügen darzustellen, wie schriftwidrig die Gewohnheiten und Einrichtungen sind, die man hinsichtlich dieser Bedienung eingeführt hat. Ich lege mir zwei Fragen zur Beantwortung vor.

1.: Gibt es in der Schrift einen Grund für die Meinung, dass niemand der Welt das Evangelium verkündigen dürfe, als nur ein solcher, der auf diese oder jene Weise dazu ordiniert oder eingesetzt ist?

2.: Wird eine solche Ordination oder Einsetzung in Betreff derer verlangt, welche in der Versammlung lehren?

Nach Beantwortung dieser Fragen werde ich zeigen, dass nach der Schrift nicht nur die Predigt des Evangeliums in der Welt und das Lehren in der Versammlung, sondern auch die Handlung des Taufens, das Brechen des Brotes am Tisch des Herrn, sowie endlich das Ausüben der Zucht keineswegs solche Tätigkeiten sind, die von dazu angestellten oder eingesetzten Personen gehandhabt werden müssen, sondern die ihren Platz finden ohne jegliche Art von Ordination.

1. Das Predigen des Evangeliums in der Welt.

Was die Predigt des Evangeliums betrefft, so darf man, ohne Widerspruch zu fürchten, kühn behaupten, dass keine einzige Stelle in der ganzen Heiligen Schrift vorhanden ist, welche anzeigt, dass die Auslegung der Hände oder sonst etwas dergleichen erforderlich sei, um jemandem das Recht zu verleihen, das Evangelium von Christus predigen zu dürfen, und dass ferner kein einziges Beispiel von jemandem angegeben werden kann, der zu diesem Zweck ordiniert worden wäre, außer durch Christus selbst. Zum Beweis hierfür werde ich die bekanntesten Prediger des Evangeliums, deren Geschichte, uns in der Schrift mitgeteilt wird, dem Leser vorführen und ihm dadurch zeigen, dass hier von keiner menschlichen Einsetzung in deren Dienst irgendwo die Rede ist. Ich sage: menschliche Einsetzung, weil niemand durch den Geist das Evangelium verkündigen kann, der nicht durch Christus gesandt und eingesetzt ist. Diese Sendung und Einsetzung ist jedoch genügend. Alles, was darüber ist, ist nichts als menschliche Überlieferung und steht ganz und gar im Widerspruch mit der Heiligen Schrift. Es ist eine völlige Verkennung dessen, was allein und ausschließlich Christus und dem Heiligen Geist zukommt. Man will die gewohnte Art der Einsetzung beweisen, durch die Einsetzung von Seiten Christi; allein Letztere beweist nichts anders, als dass Christus das Recht hat, einzusetzen. Niemand wird dieses in Abrede stellen. Aber wann und wo hat Er diese Macht einem anderen verliehen? Nirgends. Er gab den Aposteln den Befehl, in der ganzen Schöpfung, das Evangelium zu verkündigen; aber dieses ist kein Befehl, um andere dazu einzusetzen. Sie haben dieses auch niemals getan. Gott hat in diesen Dingen eine Autorität, die Er nimmer einem Menschen anvertraut hat.

Untersuchen wir zunächst, wie es betreffs dieser Sache in dem Alten Testament steht. – Die Prediger, von denen wir dort lesen, sind die Propheten. Es gab viele Propheten, aber wir finden nicht ein einziges Beispiel von dem, was jetzt in der Kirche geschieht. Sie waren einfach von Gott berufen und gingen ihren Weg, ohne auf irgendeine Einsetzung zu warten, die auch an keinem von ihnen vollzogen worden ist. Ein jeder, der mit der Bibel vertraut ist, weiß dieses. Wer hat z. B. Henoch eingesetzt oder ordiniert, dessen Prophezeiung wir in Juda finden? Wer setzte Noah, „den Prediger der Gerechtigkeit“, ein? Wer ordinierte den Mose und Samuel? Sie waren einfach durch Gott berufen und mussten oft einem unwilligen Volk seine Befehle überbringen. Ehe Jeremia geboren wurde, bestimmte Gott ihn zu einem Propheten unter den Völkern. „Ehe ich dich bildete im Mutterleib, habe ich dich gekannt, und ehe du hervor kamst aus der Mutter, habe ich dich geheiligt, habe ich dich den Völkern Propheten gestellt“ (Jer 1,5). Wenn ein solcher Mann wie Jeremia in unseren Tagen aufstände, würde seine Ordination von der Kirche anerkannt werden? Und wie würde Amos in unseren Tagen empfanden werden? Wir hören ihn selbst sagen: „Und Amos antwortete und sprach zu Amazia: Ich war kein Prophet und ich war keines Propheten Sohn, sondern ein Viehhirte war ich und las wilde Feigen. Aber Jehova nahm mich weg hinter der Herde, und Jehova sprach zu nur: Gehe hin, weissage meinem Volk Israel“ (Amos 7,14–15). Es ist mehr als gewiss, dass, wenn in unseren Tagen ein anderer Amos hinter der Herde hinweggerufen würde, um zu prophezeien oder zu predigen, demselben ein höchst kühler Empfang zu Teil werden und man das Verlangen an ihn stellen würde, vorher etliche Jahre eine Universität oder ein Seminar zu besuchen. In Hesekiel finden wir noch ein Beispiel; wer außer Gott hatte ihn berufen (Hes 1–2)?

Wenn diese Männer bis zum Empfang irgendeiner menschlichen Ordination geschwiegen hätten, dann würde sicher ihr Mund für immer geschlossen geblieben sein; und wenn das „widerspenstige Volk“, die Priester und die Obersten, deren Mund hätten stopfen können, so würden sie es sicher getan haben. Doch was tat Moses, als ein Jüngling zu ihm kam, um gegen Eldad und Medad, die im Lager prophezeiten, zu Zeugen? „Und Josua, der Sohn Nuns, der Diener Moses, einer von seinen Jünglingen, antwortete und sprach: Mein Herr Mose, wehre ihnen! Aber Mose sprach zu ihm: Eiferst du für mich? Möchte doch das ganze Volk Jehovas Propheten sein, dass Jehova seinen Geist auf sie legte!“ (4. Mo 11,28–29) viele würden in unseren Tagen ganz anders sprechen. Würden sie sich erfreuen über das Prophezeien eines Eldad, und würden sie Männer wie Hesekiel und Amos mit Freude empfangen? Ach, nein! Wenn man nicht kommt mit einer Ordination oder einer Anstellung von Seiten der Menschen, so wird man von den Meisten mit verächtlichem Achselzucken abgewiesen. Hat man nicht ein Zeugnis von der Hochschule oder ein Anstellungspatent von irgendeiner dazu bestimmten Behörde aufzuweisen, so wird man, und hätte man auch die ausgezeichnetsten Gaben von Gott empfangen, zur Predigt des Evangeliums nicht zugelassen. Es ist gerade, als müsste Gott sich den Zuordnungen und Regeln der Menschen unterwerfen, und als hätte kein von Ihm gesandter Diener Christi das Recht, das Evangelium frei verkündigen zu dürfen.

Doch gehen wir weiter und untersuchen wir, was das Neue Testament in dieser Beziehung lehrt. Schon die Antwort Jesu an seine Jünger, welche Ihm mitteilten, dass sie jemandem, weil derselbe Ihm nicht folge, verboten hätten, in seinem Namen Teufel auszutreiben, liefert den Beweis, dass der Herr ganz anders über die freie Wirksamkeit des Heiligen Geistes dachte, als die christliche Kirche in unseren Tagen. „Wehrt ihm nicht“, sagt Jesus, „denn es ist niemand, der ein Wunderwerk tun wird in meinem Namen und wird bald übel von mir zu reden vermögen; denn wer nicht wider euch ist, ist für euch“ (Mk 9,38). Die Handlungsweise der ersten Christen stand mit diesem Grundsatz ganz in Übereinstimmung. In der Apostelgeschichte finden wir keine Spur von Ordination oder Einweihung durch Händeauflegen und Gebet zur Predigt des Evangeliums. Gerade das Gegenteil. Jeder Gläubige, welcher Gaben empfangen hatte und durch die Liebe des Christus zu den Seelen gedrungen wurde, predigte einfach das Evangelium, wo sich dazu nur eine Gelegenheit zeigte. In Apostelgeschichte 7 finden wir, wie Stephanus den Juden das Evangelium verkündigt, und in Apostelgeschichte 8, wie Philippus in Samaria predigt. Wer waren Stephanus und Philippus? Waren sie angestellte Prediger? Waren ihnen zur Bedienung des Wortes von Seiten der Apostel die Hände aufgelegt? O nein, keineswegs; sie waren einfach Diakonen. Und was war ihre eigentliche Beschäftigung? Sie hatten die Tische zu bedienen, oder mit anderen Worten, die Armen zu versorgen (Apg 6,2–4). Von einer Anstellung ins Predigtamt war hier durchaus keine Rede. Im Gegenteil hören wir die Apostel sagen: „Es ist nicht gut, dass wir das Wort Gottes verlassen und die Tische bedienen. So seht euch nun, Brüder, nach sieben Männern aus euch um, von gutem Zeugnis, voll des Heiligen Geistes und Weisheit, die wir zu dieser Angelegenheit anstellen wollen. Wir aber werden im Gebet und im Dienst des Wortes verharren.“ – Was also die Predigt des Evangeliums betrifft, so sehen wir diese Diakonen mit allen anderen Christen auf gleichem Boden. Und dennoch verkündigen sie nicht nur das Evangelium, sondern erbauen selbst die Versammlungen. Anstatt sie aber hierin zu verhindern, sandten die Apostel vielmehr den Petrus und Johannes nach Samaria, um das Werk des Philippus durch ihr Zeugnis zu bestätigen und anzuerkennen.

Und was lesen wir in Apostelgeschichte 8,4? – Dass alle Gläubigen das Evangelium verkündigen. „Die Zerstreuten nun gingen umher und verkündigten das Wort.“ Und diese Zerstreuten bestanden alle aus den Gliedern der Versammlung zu Jerusalem. Und was tat der Herr? Erkannte Er dieses Werk an? Segnete Er ihre Predigt? Ja wohl und zwar in einer überströmenden Weise. Wir lesen: „Die nun zerstreut waren durch die Trübsal, die wegen Stephanus geschah, zogen durch bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia, und redeten zu niemandem das Wort, als allein zu den Juden. Es waren aber unter ihnen etliche Männer von Zypern und Kyrene, die, als sie nach Antiochia kamen, auch zu den Griechen redeten und ihnen die gute Botschaft von dem Herrn Jesus brachten. Und des Herrn Hand war mit ihnen, und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zum Herrn“ (Apg 11,19–21). Die ersten Prediger des Evangeliums außerhalb den Mauern von Jerusalem waren also einfache Gläubige, Glieder der Versammlung, die man, da sie sich keiner Ordination, keiner Anstellung oder Einweihung oder Händeauflegung rühmen konnten, gegenwärtig als Laien bezeichnen würde. Es kam ihnen nicht in den Sinn, sich der Predigt des Evangeliums zu enthalten; im Gegenteil dehnten sie ihren Wirkungskreis immer mehr aus, durchzogen verschiedene Länder, erbauten die Versammlungen und richteten das Wort selbst an die Nationen, so dass in Antiochia sogar eine Versammlung aus den Nationen entstand. Und was taten die in Jerusalem zurückgebliebenen Apostel? Sie sandten Barnabas hin, um das Werk zu prüfen, und dieser, „als er hingekommen war und die Gnade Gottes sah, freute sich und ermahnte alle, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren.“ Das ist die göttliche Handlungsweise. Ach, wie sehr ist die christliche Kirche von den einfachen Grundsätzen der Wahrheit abgewichen.

Und dass dieses nicht nur im Anfang also war, zeigt uns die Apostelgeschichte in möglichster Klarheit. Nirgends ist die Rede von einer Ordination zur Predigt des Evangeliums. Ein jeder, wer es auch sein mochte, predigte nach dem Maß der Gnade, die ihm durch Gott verliehen war. Man lese z. B. bis kurze und einfache Geschichte des Apollos in Apostelgeschichte 18,24–28. „Ein gewisser Jude aber, mit Namen Apollos, aus Alexandria gebürtig, ein beredter Mann, der mächtig war in den Schriften, kam nach Ephesus. Dieser war unterwiesen in dem Weg des Herrn, und brünstig im Geste redete und lehrte er sorgfältig die Dinge von Jesu.“ Hier findet man keine Spur von Ordination. Apollos kannte nur die Taufe von Johannes, Aquila und Priszilla, die ihn hörten, wussten mehr. Und was taten sie? Sie nahmen ihn zu sich und legten ihn: den Weg Gottes noch genauer aus. Und wurde er dann ordiniert? Keineswegs. Nachdem er besser unterwiesen war, setzte er seine Arbeit fort, wurde von den Versammlungen empfangen und war den Glaubenden durch die Gnade sehr behilflich.

Ebenso war es mit Barnabas, ja, mit Paulus selbst. Paulus predigte Christus ohne eine andere Sendung als diejenige von Seiten Christi selbst. In dem Brief an die Galater beruft er sich darauf, dass er seine Sendung und Ordination nur vom Herrn empfangen habe und keineswegs mittels der Apostel zu Jerusalem. Er erklärt dort ausdrücklich, dass er von den Zwölfen nichts empfangen, ja, dass er bereits vierzehn Jahre hindurch das Evangelium verkündigt habe, bevor er alle die Apostel zu Jerusalem kennen lernte. Und welchen Grund führt er an zur Rechtfertigung seiner und der Wirksamkeit jener Christen, die gleichen das Evangelium verkündigten, ohne eine andere Berufung als diejenige des Herrn? „Da wir aber denselben Geist des Glaubens haben, (nach dem was geschrieben steht: „Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet“) so glauben auch wir, darum reden wir auch“ (2. Kor 4,13).

Auch zu Rom finden wir Brüder, die durch die Banden des Apostels Vertrauen gewonnen hatten, „das Wort zu reden ohne Furcht“ (Phil 1). Und aus dem zweiten und dritten Briefe des Apostels Johannes geht deutlich hervor, dass die Aufnahme eines Predigers des Evangeliums ganz und gar von dem Evangelium abhängig war, welches sie brachten, und keineswegs von der Ordination, die sie empfangen hatten, oder von den Händen, die ihnen aufgelegt worden waren. In der Tat, man wird sowohl im Alten, wie im Neuen Testament vergeblich nach einer Ordination oder Anstellung durch einzelne Personen oder durch die Versammlung Christi suchen. Die Propheten im Alten und die Prediger des Evangeliums im Neuen Testament wurden durch Gott gesandt und brachten die ihnen anvertraute Botschaft, ohne in irgendeiner Beziehung von Menschen abhängig oder durch sie ordiniert zu sein. Das System der Ordination oder der Händeauflegung ist erst später in der Kirche eingeführt und hat dem Papsttum den Weg gebahnt. Bestimmte Prediger wurden in den Gemeinden angestellt, Bischöfe wurden über verschiedene Gemeinden gesetzt, und danach entstanden die Synoden und schließlich der Papst und das Papsttum.

Gegen diese Behauptung wird gewöhnlich der Einwand erhoben, dass dem Paulus und dem Barnabas zu Antiochia die Hände aufgelegt und sie dadurch ordiniert oder angestellt worden seien. Bei etwas näherer Prüfung wird man jedoch finden, dass dieses Ereignis mit dem Gesagten gänzlich in Übereinstimmung ist. Was lesen wir? „Es waren aber in Antiochia in der Versammlung, die dort war, Propheten und Lehrer: Barnabas und Simeon usw. und Saulus. Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir nun Barnabas und Paulus aus zu dem Werk, wozu ich sie berufen habe. Da fasteten und beteten sie, und als sie ihnen die Hände aufgelegt Hütten, entliehen sie sie.“ Paulus und Barnabas waren also bereits Lehrer, bevor ihnen die Hände aufgelegt wurden. Paulus war schon seit acht Jahren bekehrt und hatte während dieser ganzen Zeit das Evangelium verkündigt. Auch Barnabas hatte seit langer Zeit dasselbe getan. Sie wurden also hier nicht zu Predigern ordiniert, denn sie waren längst Prediger des Evangeliums, Es fand hier durchaus keine solche Ordination statt. Der Heilige Geist wählte sich unter den versammelten Lehrern und Propheten den Paulus und den Barnabas zu einem besonderen Werk, zur Evangelisation unter den Nationen aus; und sie wurden unter Gebet und Fasten und mit Auslegung der Hände dem Herrn zu diesem Werk anbefohlen. Was hat nun dieses mit der gewöhnlichen Ordination in unseren Tagen zu schaffen? Und überdies wo ist der Mann in der Versammlung, der zu sagen wagt: „Der Heilige Geist sagt: Sondert mir aus ...“ Und damit keine Rede sein kann von einer durch Menschen geschehenen Sendung, lesen wir: „Sie nun, ausgesandt von dem Heiligen Geist“ (Apg 13,1–4).

Dasselbe gilt von 1. Timotheus 4,14. „Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir gegeben ist durch Weissagung mit Händeauflegen der Ältestenschaft.“ Von einem Ordinieren zum Lehrer oder Prediger des Evangeliums ist hier nicht im Entferntesten die Rede. Timotheus hatte eine besondere Gabe, über welche uns nichts Näheres gesagt wird, durch die Weissagung empfangen; und bei dieser Gelegenheit hatten die versammelten Ältesten ihm die Hände aufgelegt. – Aus beiden Fällen leuchtet klar hervor, dass die Händeauflegung ganz gut geschehen kann als ein Zeichen der Anbefehlung der Gnade des Herrn in Verbindung mit dem Gebet, wenn man nur dabei im Auge hält, dass hier von einer Ordination oder Einweihung durch Händeauflegung durchaus nicht die Rede sein darf, weil man in diesem Fall in die Rechte des Herrn und des Heiligen Geistes eingreifen würde.

2. Das Lehren in der Versammlung

Wir haben behauptet, dass alle Gläubigen, nach dem Maß der ihnen verliehenen Gabe, der Welt das Evangelium verkündigen dürfen, und zwar ohne jede Art von Ordination oder Einweihung seitens der Menschen. Prüfen wir jetzt, was die Schrift uns bezüglich des Lehrens in der Versammlung sagt. Dass es einen besonderen Dienst sowohl in der Welt, als auch in der Versammlung gibt, und dass einzelne Glieder Christi mit besonderen Gaben zu einem solchen Dienste ausgerüstet sind, unterliegt keinem Zweifel. Es gibt Apostel, Propheten, Hirten, Lehrer und Evangelisten. Die Apostel und Propheten bilden das Fundament der Kirche; und niemand kann einen anderen Grund legen, denn der gelegt ist. Ihre Lehre haben wir vollständig im Neuen Testament. Hirten, Lehrer und Evangelisten werden fortdauernd durch den Herrn gegeben. – Hirten, um die Herde zu weiden, Lehrer, um die Lehre der Apostel und Propheten auszulegen, Evangelisten, um der Welt das Evangelium zu verkündigen. Außer diesen gibt es noch viele andere Gaben zur Auferbauung der Versammlung. „Denn einem wird durch den Geist gegeben das Wort der Weisheit, einem anderen aber das Wort der Erkenntnis nach demselben Geist, einem anderen aber Glauben in demselben Geste usw“ (1. Kor 12,8). Nun gilt einfach die Frage: In welcher Weise sollen nach dem Willen des Herrn diese Gaben in der Versammlung in Tätigkeit treten? Ist irgendwo die Rede von einer Ordination oder Einweihung in das Amt eines Lehrers oder eines Hirten? Keineswegs. Wird irgendeinmal in der Schrift von einem in dieser oder jener Versammlung angestellten Lehrer oder Hirten gesprochen? Man findet davon nirgends eine Spur. Kann die Unterscheidung zwischen so genannten Geistlichen und Laien aus der Schrift bewiesen werden? Keineswegs. Im Gegenteil wird vielmehr ausdrücklich gelehrt, dass alle und nicht nur die begabten Glieder der Versammlung Priester seien. Von einem Unterschied zwischen Priester und Volk, wie wir denselben im Alten Testament finden, ist im Neuen Testament keine Rede. Der einzige Unterschied besteht in der Verschiedenheit der Gaben, aber keineswegs in der Verschiedenheit der Stellung. Alle sind Priester; alle haben Freimütigkeit zum Eintritt ins Heiligtum; alle dürfen geistliche Opfer darbringen. Und wie es in der Versammlung der Gläubigen zugehen soll, lehrt uns das Zwölfte und vierzehnte Kapitel des ersten Briefes an die Korinther. Wie verschieden ist dieses von dem, was gegenwärtig in der Kirche stattfindet! Dort findet man jemanden, der als der Leiter der Versammlung den Vorsitz führt; denn der Leiter der Versammlung ist der Heilige Geist, der seine Gaben austeilt, welchem Er will. Alle stehen unter der Leitung des Geistes, alle können durch Ihn gebraucht werden, um die Gläubigen zu erbauen, zu ermahnen und zu lehren. Nur eine Ausnahme gibt es in dieser Regel, nämlich die Frauen müssen schwer gen in der Versammlung. Aber gerade diese Bestimmung zeigt uns deutlich, dass alle Brüder sprechen dürfen. Eine solche Bestimmung würde überflüssig, ja widersinnig sein, wenn nur eine Person angewiesen wäre, die Versammlung zu leiten und allein zu sprechen. Es ist selbstverständlich, dass niemand sprechen sollte, als nur der, welchen der Geist Gottes dazu befähigt hat, und welcher zur Erbauung der Versammlung redet. Aber der Heilige Geist muss jeden Bruder gebrauchen können, wenn Er will; und dieses kann Er nicht, wenn man, wie dieses heutzutage der Fall ist, eine Person angestellt hat, die alles tun muss.

Die Verwirrung, die in der Versammlung zu Korinth herrschte, machte das, was Paulus sagt, noch treffender und deutlicher. Viele redeten dort in fremden Sprachen, ohne dass die Versammlung, die nichts davon verstand, erbaut wurde. Manchmal sprachen zwei Zugleich. Nun sollte inan meinen, der Apostel würde ihnen geschrieben haben, die Unordnung in ihrer Mitte sei ein Beweis dafür, dass ihnen für die Tätigkeit des Heiligen Geistes die nötige Reife fehle, und dass es besser sei, einen Bruder zu erwählen, der die Leitung und die Lehre in der Versammlung übernehme. Hieran denkt er jedoch nicht im Entferntesten. Vielmehr hält er die Freiheit des Sprechens ganz und gar aufrecht und ermahnt sie nur, alle Dinge in Ordnung und zur Erbauung zu tun. Anstatt einer einzigen Person die Leitung der Versammlung zu übertragen, schreibt er: „Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeglicher von euch einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Sprache, hat eine Offenbarung, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung. – Propheten aber lasst zu zwei oder drei reden, und die anderen urteilen“ (1. Kor 14,26.29). Es ist sicher sehr verkehrt, wenn ein jeder in der Versammlung sprechen will, oder wenn man spricht, um zu sprechen und sich hören zu lassen; aber es ist ebenso verkehrt, wenn man, um dieser Unordnung vorzubeugen, einer Person die Leitung der Versammlung anvertraut. Dadurch legt man der freien Wirksamkeit des Geistes Gottes Fesseln an. Paulus Zeigt uns, welchen Weg wir einschlagen müssen, wenn Unordnung in der Versammlung ist. Die Gläubigen müssen dann ermahnt werden, sich nicht durch falsche Grundsätze und Beweggründe leiten zu lassen, sondern allezeit zu bedenken, dass die Auferbauung der Versammlung der einzige Zweck des Sprechens und Betens sein muss.

Aus den angeführten Kapiteln leuchtet es klar hervor, dass, wenn die Gläubigen zum Gottesdienst oder Brotbrechen zusammenkommen, kein Bruder, selbst nicht der begabteste, selbst nicht ein Apostel oder ein Prophet, die Leitung der Versammlung übernehmen darf. Der Heilige Geist muss völlig frei sein. Nur unter seiner Leitung muss man versammelt sein. Er gebraucht den, welchen Er will. Er kennt die Bedürfnisse der Versammlung. Er durchschaut die Herzen. Und darum kann auch nur Er darreichen, was nötig ist. Keine menschlichen Anordnungen dürfen Ihn in seiner Tätigkeit behindern. Zwar wird Er sich in den meisten Fällen derer bedienen, die Er mit besonderen Gaben ausgerüstet hat: aber dieses muss Ihm ganz überlassen bleiben. Selbst der begabteste Bruder darf seinen Platz nicht einnehmen. Es muss eine völlige Freiheit vorherrschen für die Ausübung der verschiedenen Gaben des Geistes. „Denn ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen, auf dass alle lernen und alle getröstet werden“ (1. Kor 14,31). Denselben Grundsatz finden wir auch in anderen Briefen. In Römer 13,6–8 sagt der Apostel: „Da wir aber verschiedene Gnadengaben haben, nach der uns verliehenen Gnade: es sei Weissagung, so lasst uns weissagen nach dem Maß des Glaubens; es sei Dienst, so lasst uns bleiben im Dienst; es sei, der da lehrt, in der Lehre; es sei, der da ermahnt, in der Ermahnung; der da mitteilt, in Einfalt; der da vorsteht, mit Fleiß, der da Barmherzigkeit übt mit Freudigkeit.“ – In 1. Thessalonicher 5,11 sagt er: „Deshalb ermuntert einander und erbaut ein jeder den anderen, wie ihr auch tut.“ – Petrus sagt: „Je nachdem jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit, als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes“ (1. Pet 4,10).

Bei unserer Untersuchung hat es sich also klar herausgestellt, dass die Ordination oder Einsetzung eines Hirten oder Lehrers in der Versammlung ebenso wenig zulässig ist, wie die Anstellung eines Evangelisten. Ein jeglicher, der eine Gabe von Gott empfangen hat, ist berufen, sie anzuwenden; und dieses gilt sowohl in Bezug auf die Hirten und Lehrer in der Versammlung, als auch in Bezug auf die Evangelisten in der Welt. Alle sind für die Anwendung ihrer Gaben vor Gott verantwortlich; und die Versammlung ist berufen, die Gaben mit Dank von Gott anzunehmen und sich durch dieselben bedienen zu lassen. Nimmer aber darf sich ein Hirte oder Lehrer das Recht anmaßen oder sich durch die Versammlung das Recht geben lassen, die Zusammenkunft der Gläubigen zu leiten oder bei derselben den Vorsitz zu führen. Er darf, ja er muss seine Gabe anwenden; doch dieses nimmt nicht weg, dass der Heilige Geist völlig unbehindert bleiben muss, um zu gebrauchen, welchen Er will. Wo dieser Grundsatz aufrecht gehalten wird, herrscht die Ordnung Gottes. Wo man hingegen einen Vorsitzenden gewählt oder angestellt hat, da mag nach menschlichem Urteil Ordnung vorhanden sein, aber nach dem Wort und den Gedanken Gottes herrscht dort die größte Unordnung, weil der Mensch den Platz des Heiligen Geistes eingenommen hat.

„Aber es gab doch Ältesten in den ersten Versammlungen“, wird man einwenden. Ganz gewiss; aber das Amt eines Ältesten bestand nicht im Lehren oder Prophezeien, sondern im Regieren und Beaufsichtigen der Herde. Dieses finden wir deutlich in 1. Timotheus 5,17. „Die Ältesten, die wohl vorstehen, lass doppelter Ehre würdig geachtet werden, sonderlich die da arbeiten im Wort und in der Lehre.“ Das Arbeiten im Wort und in der Lehre abhörte also nicht unbedingt zu dem Amt eines Ältesten; jedoch konnte ein solcher bei seinem Amt als Ältester auch die Gabe eines Hirten, eines Lehrers oder eines Evangelisten haben: und in diesem Fall war er doppelter Ehre würdig. Ein Ältester war, wie dieses aus dem Namen schon hervorgeht, einer der ältesten Glieder der Versammlung, der in jeder Beziehung, sowohl in als auch außer der Versammlung, ein gutes Zeugnis haben, dessen Betragen nachahmungswürdig und dessen Haus ein Schauplatz der Ordnung und der Gottesfurcht sein musste, so dass er über die Herde Aufsicht halten konnte (1. Tim 3,3–7; Tit 1,6–9). Er war wie ein Vater inmitten seiner Familie, musste über alle wachen und sie ermahnen, bei dem Herrn zu bleiben; und da er sich auch mit allerlei häuslichen Angelegenheiten zu befassen hatte, so musste er notwendig selbst Erfahrungen darin gemacht haben. Ein Ältester hatte also eine große Ähnlichkeit mit einem Hirten; jedoch darf man diese beiden Dinge nicht mit einander vermengen. Um ein Hirte zu sein, bedurfte es einer besonderen Gabe. Ein Hirte besaß die Gabe, um die Seelen zu weiden, das heißt, einem jeglichen die passende Speise zu geben und mit demselben über den Zustand seines Herzens zu sprechen. Er war keineswegs an einen Platz gebunden, sondern war überall Hirte, wohin er auch kommen mochte, während der Älteste nur an einem Platz seinen Dienst zu verrichten, an einem anderen Platze aber nichts zu sagen halte. Man sieht hieraus, dass in Bezug auf die Einrichtung der christlichen Versammlung und in Bezug auf das Reden in der Versammlung ein Ältester mit jedem anderen Bruder auf gleichem Boden stand.

Was die Einsetzung der Ältesten betrifft, so leuchtet es aus allen Stellen hervor, dass sie keineswegs von der Versammlung gewählt, sondern nur durch die Apostel oder ihre Gesandten angestellt und eingeführt wurden. Die Versammlung war dazu gänzlich unbefugt; denn Paulus sandte Titus nach Kreta, um dort von Stadt zu Stadt Älteste anzustellen. War die Versammlung dazu befugt, dann hätte Paulus nicht den Titus senden dürfen, sondern den Versammlungen schreiben müssen, sich selbst die Ältesten zu wählen. In keinem einzigen an eine Versammlung gerichteten Briefe schrieb Paulus über Älteste, sondern nur Timotheus und Titus erhielten von ihm den Auftrag, Älteste anzustellen. Und nichts ist natürlicher als dies. Die Macht ist von Gott. Gott stellt mittelst der Apostel und ihrer Abgesandten Älteste an, um Aufsicht zu halten über die Herde. Mussten die Armen versorgt werden, dann wählte sich die Versammlung selbst die dazu geeigneten Männer; denn es war ihr Geld und Gut, welches verteilt werden sollte. Das Wählen der Ältesten durch die Versammlung oder Kirche, wie es in unseren Tagen gebräuchlich ist, ist aber ganz und gar gegen die Schrift. Dazu bedarf es einer apostolischen Autorität; und wo diese fehlt, da kann von keinem Ältestenamt die Rede sein. Überdies müsste die Kirche nicht in Parteien aufgelöst sein, wenn Gott Älteste würde geben können. Gott kann den verschiedenen Sekten und Konfessionen in der christlichen Kirche keine Ältesten geben; denn dadurch würde Er die Parteien anerkennen; und dieses kann Er nimmer tun. Freilich sorgt Er dennoch in seiner Gnade für unsere Bedürfnisse. Er schenkt nicht nur Einzelnen die Gabe eines Hirten, sondern erweckt auch auf jedem Platz, wo sich die Gläubigen versammeln, einen oder mehrere Brüder, die das Wohl der Versammlung besonders zu Herzen nehmen und auf die Herde achten, ohne das bestimmte Amt von Ältesten zu besitzen, oder dazu ordiniert zu sein.

3. Taufe, Abendmahl und Zucht

1.: Die Taufe wurde keineswegs durch solche Personen vollzogen, die dazu angestellt oder ordiniert waren, sondern einfach durch jeden Gläubigen, vornehmlich durch diejenigen, welche das Evangelium verkündigten. Dieses leuchtet so klar wie der Tag aus der Apostelgeschichte hervor, Philippus, ein Diakon, und als solcher eingesetzt, um die Armen zu versorgen, taufte in Samaria und wurde durch den Geist gesandt, um dem Kämmerer aus Mohrenland das Evangelium zu verkündigen und ihn zu taufen (Apg 8,27). Bei der Bekehrung von Kornelius taufte Petrus selbst nicht, sondern befahl den Brüdern, die mit ihm von Joppe gekommen waren, dieses zu tun (Kap 10). So etwas würde jetzt unmöglich sein. Oder würde wohl ein ordinierter Prediger in unseren Tagen es zulassen, dass in seiner Gegenwart ein sogenannter Laie eine Taufhandlung vollzöge? Und wer taufte den Paulus? Ein gewisser Jünger zu Damaskus, namens Annanias (Kap 9,18). Und was sagt Paulus selbst? Dass er nur sehr wenige getauft habe (1. Kor 1), woraus hervorgeht, dass er die Tausenden, die durch seine Predigt bekehrt wurden, durch andere taufen ließ. Und was taten die Gläubigen, die durch die Trübsal, die wegen Stephanus geschah, aus Jerusalem verjagt wurden? Sie predigten überall das Evangelium, und sicher werden sie auch alle getauft haben, welche gläubig wurden, Es ist daher eine Einrichtung späterer Zeit und ein Teil des Verfalls der Versammlung, dass man nur ordinierten Personen das Recht zu taufen zuerkennt.

2.: Von einer Bedienung beim Abendmahl ist in der Schrift durchaus keine Rede. Das Abendmahl ist ein einfaches Mahl der Jünger des Herrn zur Verkündigung seines Todes. Wenn wir die Worte lesen: „Am ersten Tage der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen“ (Apg 20,7), so sehen wir deutlich, dass niemand hier den Vorrang hatte, niemand den Vorsitz führte, niemand austeilte oder diente. Man kam einfach zusammen, um unter einander das Brot zu brechen und dadurch den Tod des Herrn zu verkündigen. Das Austeilen des Brotes und des Kelchs von Seiten einer dazu bestimmten Person ist eine Verleugnung des allgemeinen Priestertums der Gläubigen. Und überdies stellt sich eine solche Person an den Platz des Herrn, der die Seinen zu Tische geladen hat. Dass es sich also wirklich verhält, geht klar aus dem ersten Briefe an die Korinther hervor. In dieser Versammlung hatten sich bei der Abendmahlsfeier viele Missbräuche eingeschlichen. Man hatte dort den Tisch des Herrn herabgewürdigt zu einem Mahl zur Befriedigung leiblicher Bedürfnisse. Der eine war hungrig, der andere trunken, weil die, welche zuerst kamen, alles aufzehrten. Paulus tadelt dieses mit strengen Worten, indem er sagt: „Das ist nicht des Herrn Abendmahl essen.“ Sowohl die, welche hungrig, als auch die, welche trunken waren, wurden durch ihn bestraft, weil sie den Tisch des Herrn als eine gewöhnliche Mahlzeit betrachteten. Woran aber richtet der Apostel seinen Brief? Schreibt er an die Ältesten oder an die Lehrer? Dieses hätte er natürlich tun müssen, wenn diese das Abendmahl bedienten; denn dann mussten diese Sorge tragen, dass solche Unordnungen beseitigt wurden. Aber er tut es nicht; er schreibt im Gegenteil an die ganze Versammlung; und hieraus geht deutlich hervor, dass die ganze Versammlung für die Ordnung am Tisch des Herrn verantwortlich ist. Die Ältesten und Lehrer werden in seinem Brief nicht einmal erwähnt. Man findet nichts darin, was an eine Einrichtung erinnert, wie gegenwärtig eine solche in der Kirche gefunden wird. Nein, der Herr hat einfach zu seinen Jüngern gesagt: „Nehmt, esst, dies ist mein Leib“; und so taten es die Gläubigen jener Tage. Sie kamen einfach als Jünger Jesu zusammen, um an seinen: Tische das Brot zu brechen und den Kelch zu trinken und dabei die Liebe dessen zu preisen, der sie mit seinem Blut erkauft hatte. Was darüber ist, ist eine Hinzufügung und Einrichtung späterer Tage und eine Rückkehr zu dem Priestertum des Alten Testaments.

3.: In Betreff der Zucht in der Versammlung verhält es sich ebenso. Derselbe Brief des Paulus an die Korinther liefert den Beweis, dass sie eine Sache der Pflicht und der Berufung der ganzen Versammlung ist. Paulus sagt nicht zu den Ältesten oder zu den Lehrern: „Tut den Bösen aus eurer Mitte!“ – sondern er sagt es zu der ganzen Versammlung. Und wiewohl er ein Apostel war und mit apostolischer Autorität handeln konnte, so sagt er dennoch nicht: „Ich werde ihn hinweg tun;“– sondern er vereinigt sich mit der Versammlung, indem er sagt: „Denn ich, zwar dem Leib nach als abwesend, aber im Geist gegenwärtig, habe schon, als gegenwärtig, geurteilt, den, der dieses also verübt hat, im Namen unseres Herrn Jesus Christus (wenn ihr und mein Geist mit der Macht unseres Herrn Jesus Christus versammelt seid) einen solchen dem Satan zu überliefern zum Verderben des Fleisches, auf dass der Geist errettet werde am Tag des Herrn Jesus“ (1. Kor 5,3–5). Die Versammlung ist also verantwortlich für die Heiligkeit des Tisches des Herrn. Sie muss ausschließen, wenn jemand in eine Sünde gefallen ist. Dieses ist niemals die Arbeit eines Ältesten oder eines Lehrers. Von solchen Grundsätzen weih die Schrift nichts. Gibt es Unordnung, so wird die Versammlung getadelt und bestraft; muss jemand ausgeschlossen werden, so ist das die Sache der Versammlung; sind Ketzer oder Irrlehrer vorhanden, so wird die Versammlung ermahnt, sich von denselben fern zu halten und sie nicht in ihr Haus aufzunehmen. In allen Dingen wird die Versammlung behandelt als die einzige befugte Macht, um die Ordnung und die Heiligkeit des Tisches des Herrn aufrecht zu halten.

Aus unserer Untersuchung geht also deutlich hervor, wie die Einrichtungen und Anordnungen unter den verschiedenen Parteien der christlichen Kirche ganz und gar im Widerspruch stehen mit den Grundsätzen Gottes. Bezüglich der größten Zahl der Anordnungen, auf die man in unseren Tagen einen so großen Wert setzt, findet man keine Silbe in der Heiligen Schrift. Möge der Herr uns doch ein einfältiges Auge geben, um seine Gedanken zu verstehen, und ein bereitwilliges und unterwürfiges Herz, um seinen Willen zu tun. „Gehorsam ist besser denn Opfer, Aufmerken besser, denn das Fett der Widder“ (1. Sam 15,22). Das Glück und die Ruhe unseres Herzens ist dadurch bedingt, dass wir dem Wort Gottes in allem gehorchen. Menschliche Formen und Einrichtungen sind kraftlos und machen das Herz dürre und gleichgültig. Nur der Geist Gottes weckt Leben und Genuss. Nur wo Er frei und ungehindert wirken kann, da ist Unterweisung und Erbauung, Ermahnung, Trost und Erquickung.

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