Ninive – Bibel-Lexikon

Ninive war die Hauptstadt des antiken Königreichs von Assyrien. Sie wurde sehr früh von Nimrod gegründet (1. Mo 10,11.12; vgl. Micha 5,5). Sie war anfangs zweifellos vergleichsweise klein. Von der weiteren Entwicklung ist nichts weiter überliefert, bis Jona etwa 1300 Jahre nach ihrer Gründung gesandt wurde, um ihre Zerstörung anzudrohen. Damals war es eine außerordentlich große Stadt - wörtlich: „eine Stadt groß für Gott" (Jona 3,3) - von drei Tagereisen, was wahrscheinlich auf ihren Umfang hindeutet. „Drei Tagereisen" werden von Niebuhr auf etwa 145 km geschätzt. Diese Fläche würde auch Gärten, Weiden (die notwendig wären für die „Menge Vieh" (Jona 4,11)) und sonstige Grünflächen mit einschließen. Die Bevölkerung war sehr groß, aber sie wohnte nicht so dicht zusammen wie in den modernen Großstädten. Es gab dort 120.000, die nicht unterscheiden konnten zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken. Damit sind wahrscheinlich Kinder gemeint. So kann man die Bevölkerung auf etwa 600.000 Einwohner schätzen.

Jona unternahm eine Tagereise in die Stadt hinein und verkündete auf diesem Weg seine Botschaft. Die Leute glaubten Gott. Angeführt von ihrem König demütigten sie sich, sie fasteten und hörten mit ihren bösen Taten auf (Jona 3; 4). Gott sah ihre Werke und wandte sich von dem Übel ab, das er angedroht hatte. Dieser König war vielleicht Salmaneser II, dessen Herrschaft in dem Zeitraum 858-823 v. Chr. datiert wird.

Ninive wird das nächste Mal in 2. Könige 19,36 bzw. in Jesaja 37,37 erwähnt, als Sanherib nach der Zerstörung seines Heeres durch Gott nach Ninive zurückkehrte, wo er durch zwei seiner Söhne umgebracht wurde.

Die anderen Hinweise auf Ninive in der Schrift beschäftigen sich mit ihrem Gericht und der Ankündigung ihrer Zerstörung. Die Prophezeiung Nahums widmet sich besonders dieser Stadt. Diodorus behauptet, dass es eine alte Prophezeiung gab, dass Ninive nicht fallen sollte, bevor der Fluss ein Feind der Stadt geworden war. Dies trat im dritten Jahr der Belagerung ein, als der Fluss über die Ufer ging und die Stadt teilweise überflutete. In der Weissagung Nahums wird gesagt: „Mit einer überschwemmenden Flut wird er Ninives Stätte völlig zerstören" (Nah 1,8), und „Die Tore an den Strömen sind geöffnet, und der Palast verzagt" (Nah 2,7). Ninive sollte vollständig zerstört werden und nicht wieder aufstehen: „Er wird … Ninive zur Wüste machen, dürr wie die Steppe". Diese Stadt war sehr stolz gewesen und hatte in ihrem Herzen gesagt: „Ich bin es und gar keine sonst". Sie sollte ein Lagerplatz für wilde Tiere sein (Zeph 2,13-15; vgl. Jes 10,5-19). Sie war eine „Blutstadt, ganz erfüllt mit Lüge und Gewalttat" (Nah 3,1), sie sollte zu nichts gemacht und endgültig zerstört werden; es würde keine Heilung für ihre Wunde geben (Nah 3,19). In Hesekiel 31,3-17 wird Assyrien mit einer Zeder von hohem Wuchs verglichen, welche völlig zerstört worden war.

Ninives Zustand kann als typisch für eine Welt in ihrem hochmütigen Stolz auf die eigene Tapferkeit angesehen werden. Diese Stadt war die Macht, die von Gott gebraucht wurde, um seinen Unwillen gegenüber Israel zu zeigen. So wird sie die „Rute meines Zornes" (Jes 10,5) genannt. Der Zorn Gottes gegen sein Land und sein Volk endet in der Zerstörung des Assyrers - ein Hinweis auf eine Macht in den letzten Tagen, die moralisch dem Charakter des Assyrers entsprechen wird und nach Babylon zerstört werden wird (Jes 14,24.25). In der Geschichte fiel Assyrien vor Babylon.

Der Bericht von der Einnahme Ninives wird von Ctesias gegeben, welcher in Diodorus Siculus 2,27.28 niedergelegt ist. Cyaxares, der König von Medien, belagerte mit der Hilfe der Babylonier unter Nabopolassar die Stadt. Seine Bemühungen waren vergeblich: Er wurde immer wieder zurückgestoßen, aber nachdem er Verstärkung bekommen hatte, besiegte er die assyrische Armee, und die Assyrer wurden in der Stadt eingeschlossen. Er versuchte dann, die Stadt durch Blockade zu bezwingen, aber er war zwei Jahre lang erfolglos, bis seine Anstrengungen unerwartet durch einen außergewöhnlich starken Anstieg des Tigris unterstützt wurden, sodass ein Teil der Mauern weggerissen wurde und die Meder die Stadt einnehmen konnten. Der assyrische König Saracus verbrannte sich in seiner Verzweiflung in seinem Palast. Die Eroberer überließen alles den Flammen, und die Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht.

Rawlinson und andere glauben diesem Bericht nicht und räumen ihm in der Geschichte keinen Platz ein. Eine solche Zerstörung würde jedoch mit der Schrift übereinstimmen, welche, wie oben zitiert, von dem Wasser spricht. Die Stadt wird auch in Verbindung mit ihrem Gold und Silber erwähnt, das geraubt wurde, „denn unendlich ist der Vorrat, der Reichtum an allerlei kostbaren Geräten" (Nahum 2,10). Die, welche in den letzten Jahren die Erdwälle untersucht haben, bezeugen eine Zerstörung durch Feuer. Es wurden aus Kalk gemeißelte Alabasterstatuen, die durch Hitze zerstört wurden, Holzkohle und verkohltes Holz gefunden, die von Mauerresten und in der Erde begraben worden waren. Jahrelang wurden Nachforschungen in den Ruinen unternommen, und es gibt immer noch vieles, das untersucht werden muss. Die großen Museen Europas sind mit Überresten ausgestattet, und viele Tafeln wurden entdeckt, von denen eine einen bemerkenswerten Bericht über die Flut gibt. Es kann mit Recht gesagt werden, dass die Bibliothek von Ninive in neuerer Zeit geöffnet worden ist, und die Details der Aufzeichnungen, die vor Tausenden von Jahren gemacht wurden, nun gelesen werden können.

Die wichtigsten Ruinen sind an folgenden Stellen gefunden worden:

1. Kouyunijk (das eigentliche Ninive), gegenüber von Mosul, welches bei 36° 22’ N, 43° O liegt.

2. Etwa 30 km südöstlich liegt Nimroud.

3. Ca. 20 km fast nördlich befinden sich Ruinen bei Karamles.

4. Etwa 20 km nordwestlich liegt Khorsabad.

Diese vier Orte können als die Randpunkte der antiken Stadt aufgefasst werden. Sie bilden ein Trapezoid von etwa 100 km im Umfang. Die Mauern der antiken Stadt mögen eine größere Ausdehnung besessen haben, sie waren nur begrenzt durch den Tigris. Die Ausgrabungen zeigen ausgedehnte Gebäude, deren Eingänge mit geflügelten Stieren und anderen Skulpturen geschmückt waren. An einigen Stellen können die Spuren von Wagenrädern im Kalksteinpflaster nachgewiesen werden.

Ninive wurde um 606 v. Chr. von den Medern und Babyloniern zerstört. Der Fall der Stadt bedeutete das Ende des assyrischen Reiches.


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Assyrer


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