Assyrien – Bibel-Lexikon

Das große Königreich von Assyrien war am Tigris gelegen und wurde im Norden von Armenien, im Osten vom Zagros-Gebirge und Medien, im Süden von Babylonien und im Westen von Syrien und der syrischen Wüste begrenzt. Das Reich besaß jedoch zweifellos nicht immer dieselben Grenzen. Es hatte Ninive als Hauptstadt. Den ersten Hinweis auf Assyrien findet man in 1. Mose 2,14, wo es heißt, dass einer der Flüsse des Paradieses „östlich von (oder vor) Assyrien" floss.

Der Name „Assyrien" scheint von der ersten Hauptstadt Assur (heute Kalat Scherkat) am Tigris abgeleitet worden zu sein, in der schon im 18. Jahrhundert v. Chr. nacheinander mehrere Könige hintereinander regierten. Nach einer Zeit der Fremdherrschaft von mehreren hundert Jahren erlangte Assyrien unter Assuruballit I. (1363-1328 v. Chr.) wieder die Unabhängigkeit und dehnte sich unter Salmaneser (oder Salmanassar) I. (1273-1244 v. Chr.) weiter aus. Letzterer verschönerte Ninive und führte mehrere Kriege gegen die assyrischen Nachbarn. Nach ihm erlebte das Reich eine Schwächeperiode, bis Adad-Nirari II. im Jahr 911 v. Chr den Thron bestieg. Seine siegreiche Herrschaft wurde noch von seinem Enkel, dem großen Assurnasirpal II. (883-859 v. Chr.), übertroffen, der von den Phöniziern und den Chaldäern Land eroberte.

Salmaneser (oder Salmanassar) III. folgte ihm im Jahr 859 v. Chr. nach. Er trug seine Waffen noch weiter. Auf drei Monumenten, die im Britischen Museum in London zu besichtigen sind, hat er seine Eroberungszüge aufzeichnen lassen. Eines dieser Monumente ist unter dem Namen Schwarzer Obelisk bekannt. Falls die Namen korrekt interpretiert sind, so wird dort ein Bündnis zwischen Ben-Hadad, dem König von Syrien, und Ahab, dem König von Israel, erwähnt, dass sich gegen Salmaneser richtete. Die beiden Könige wurden 853 v. Chr. in der Schlacht bei Karkar besiegt. Hasael von Damaskus wurde ebenfalls besiegt. Von Iahua, dem Sohn Khumris, das ist Jehu, den er fälschlicherweise Sohn Omris nennt, erhielt er Tribut, wovon die Schrift aber nichts sagt.

Der nächste König, der Syrien einnahm, war Adad-Nirari III. (811-783 v. Chr.). Er dehnte sein Reich bis zu der „Küste des Meeres der untergehenden Sonne" aus, was zweifellos auf das Mittelmeer hinweist. Zudem erlegte er den Phöniziern, Israeliten, Edomitern, Philistern und dem König von Damaskus Tribut auf. Nach diesem König nahm die Macht Assyriens für eine gewisse Zeit ab.

Der nächste bedeutende König war Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.), der als eigentlicher Gründer des assyrischen Weltreiches angesehen wird. Er festigte die verschiedenen Abhängigkeitsverhältnisse, beseitigte unruhige Völkerschaften und teilte das Reich in Provinzen auf, von denen jede einen festen jährlichen Tribut zahlen musste. In seinen Inschriften tauchen die Namen Joahas (Ahas, König von Juda), Pekach und Hosea (Könige von Israel), Reson (Rezin von Damaskus) und Hiram (König von Tyrus) auf. Der Name Merodak-Baladan ist ebenfalls zu finden. Zunächst wurde Hamat eingenommen, dann lag ganz Palästina vor ihm. Er attackierte die Israeliten östlich des Jordan und führte die Rubeniter, die Gaditer und den halben Stamm Manasse gefangen weg (1. Chr 5,26). Ahas machte einen Bund mit Tiglat-Pileser gegen Rezin, den König von Damaskus. Rezin wurde getötet und die Stadt eingenommen. Dort traf Ahas auch den König von Assyrien (2. Kön 16,1-10; 2. Chr 28,16-21). Dieser machte sich unter dem Namen Pulu auch zum Herrn über Babylonien, weshalb er in der Bibel an manchen Stellen auch Pul genannt wird. Unter Merodak-Baladan erlangte das babylonische Reich später jedoch seine Unabhängigkeit wieder.

Im Jahr 727 v. Chr. bestieg Salmaneser (Salmanassar) V. den assyrischen Thron. Hosea, der König von Israel, war ihm untertan. Als offenbar wurde, dass Hosea einen Bund mit dem König von Ägypten eingegangen war, belagerte Salmaneser Samaria (2. Kön 17,3-5).

Im Jahr 722 v. Chr. folgte ihm Sargon II. auf den Thron. Offenbar war es dieser König, der Samaria einnahm. In einer von ihm verfassten Inschrift in Khorsabad heißt es: „Ich belagerte die Stadt Samaria und führte 27.280 Menschen, die dort wohnten, in die Gefangenschaft. Ich nahm fünfzig Wagen von ihnen und ordnete an, dass auch die restlichen Wagen genommen werden sollten. Ich setzte Richter über sie und erlegte ihnen das Tribut der vorherigen Könige auf." Er brachte auch Siedler nach Samaria, aber es wird anhand der Namen der erwähnten Orte, von wo aus diese gesandt wurden, vermutet, dass dies nicht sofort geschah. Sargon eroberte Karchemis, bestrafte den König von Syrien, zog dem König von Hamat bei lebendigem Leib die Haut ab und überwältigte dann So oder Sabako. Sargon wird namentlich in Jesaja 20,1 erwähnt, wo von ihm gesagt wird, dass er seinen General nach Asdod sandte, welcher die Stadt einnahm. Eine Inschrift erwähnt ebenfalls den Fall dieser Stadt. Sargon besiegte Merodak-Baladan in Babylonien, aber er fiel 705 v. Chr. in einer Schlacht. Er wurde Sarrum-Ken, „treuer König", genannt.

Sanherib folgte Sargon, seinem Vater, im Jahr 705 v. Chr. nach. Er hatte allerdings vorher schon mehrere Jahre (mind. seit 713 v. Chr.) an der Seite seines Vaters regiert. Hiskia war ihm tributpflichtig gewesen, doch als er sich gegen Sanherib erhob, nahm dieser im Jahr 713 v. Chr. die befestigten Städte Judas ein. Da sandte Hiskia ihm die Schätze seines Hauses und des Hauses des Herrn. Jerusalem wurde weiterhin angegriffen, und es wurden lästernde Worte gegen Gott gesprochen. Hiskia demütigte sich vor Gott und der Engel des Herrn tötete von den Assyrern 185.000. Sanherib kehrte in sein Land zurück und wurde schließlich von zweien seiner Söhne ermordet (2. Kön 18,13-37; 19,1-37). In Sanheribs eigenem Bericht heißt es: „Hiskia selbst schloss ich wie einen Vogel in Jerusalem, seiner königlichen Stadt, ein … zusätzlich zu seinem vorherigen Tribut und jährlichen Geschenken fügte ich weiteren Tribut und die meiner Majestät zukommende Huldigung hinzu und erlegte es ihnen auf." Dieser zweite Angriff auf Judäa und die damit verbundene Belagerung Jerusalems fanden wohl erst im Jahr 701 v. Chr statt.

Eine Tafel zeigt Sanherib sitzend auf einem Thron, um die Beute aus der Stadt Lachis in Empfang zu nehmen. Es wird angenommen, dass er nach der Rückkehr aus Palästina noch 20 Jahre lebte, bevor er umgebracht wurde.

Esar-Haddon folgte im Jahr 681 v. Chr. auf den Thron. Von ihm wird gesagt, dass er vom Euphrat bis zum Nil herrschte. Er eroberte auch Ägypten und teilte es in 20 Provinzen auf, die von Assyrern verwaltet wurden. Gemäß einer Inschrift beanspruchte er die Oberhoheit über Babylon und hielt dort Hof. Das erklärt, warum er als König von Assyrien Manasse gefangen nach Babylon wegführte (2. Chr 33,11). In Esra 4,2 wird von ihm gesagt, dass er die Siedler nach Judäa gesandt hatte. Nach einer Regierungszeit von etwa zehn Jahren verband er sich in seiner Herrschaft mit seinem Sohn, dem bekannten Assurbanipal (in der Bibel Osnappar genannt), der ab 669 v. Chr. allein regierte. Unter ihm wurde Ägypten erneut erobert. Er baute eine berühmte Bibliothek in Kouyunjik auf, deren Terrakotta-Tafeln erhalten geblieben sind. Assurbanipal starb im Jahr 631 v. Chr. Die Herrlichkeit des assyrischen Reiches nahm stetig ab, und im Jahr 612 v. Chr. wurde Ninive eingenommen und zerstört (Nah 1 - 3).

Es gibt viele Monumente und Inschriften auf Tafeln, wobei es gewisse Schwierigkeiten bei der Erkennung von Eigennamen gibt, wie von M. Joachim Menant gezeigt wurde, der als Beispiel ein Zeichen angibt, das als kal, rip, dan oder lip gelesen werden kann. Dies ist eines der Zeichen, die „Polyphone" genannt werden.

In der folgenden Liste sind die assyrischen Könige ab Salmaneser I. bis zum Fall Ninives aufgeführt:

König Regierungs-
zeit (v. Chr.)1
König Regierungs-
zeit (v. Chr.)
Salmaneser I. 1263-1234 Assur-Dan II. 934-912
Tiglat-Adar I., sein Sohn 1233-1197 Adad-Nirari II. 911-891
Assur-Nadin-Apli, sein Sohn 1196-1193 Tiglat-Adar II., sein Sohn 890-884
Assur-Nirari III., sein Sohn 1192-1187 Assurnasirpal II., sein Sohn 883-859
Enlil-Kudurri-Usur, Sohn von Tiglat-Adar I. 1186-1182 Salmaneser III., sein Sohn 858-824
Ninurta-Apal-Ekur 1181-1179 Samsi-Adad V., sein Sohn 823-811
Assur-Dan I., sein Sohn 1178-1133 Adad-Nirari III., sein Sohn 810-783
Assur-Res-Isi I., Enkel von Assur-Dan I. 1132-1115 Salmaneser IV., sein Sohn 782-773
Tiglat-Pileser I., sein Sohn 1114-1076 Assur-Dan III., Sohn von Adad-Nirari III. 772-755
Asared-Apil-Ekur, sein Sohn 1075-1074 Assur-Nirari V., Sohn von Adad-Nirari III. 754-745
Assur-Bel-Kala, Sohn von Tiglat-Pileser I. 1073-1056 Tiglat-Pileser III. 744-727
Eriba-Adad II., sein Sohn 1055-1054 Salmaneser V., sein Sohn 726-722
Samsi-Adad IV., Sohn von Tiglat-Pileser I. 1053-1050 Sargon II., Sohn von Tiglat-Pileser III. (?) 721-705
Assur-Nasir-Pal I., sein Sohn 1049-1031 Sanherib, sein Sohn 704-681
Salmaneser II., sein Sohn 1030-1019 Esar-Haddon, sein Sohn 680-669
Assur-Nirari IV., sein Sohn 1018-1013 Assurbanipal, sein Sohn 668-631
Assur-Rabi II., Sohn von Assur-Nasir-Pal I. 1012-972 Assur-Etil-Ilani 630-627
Assur-Res-Isi II., sein Sohn 971-967 Sin-Sumu-Lisir 626
Tiglat-Pileser II., sein Sohn 966-935 Sin-Sar-Iskun 625-612

Die Assyrer waren Götzendiener - aus den Inschriften lassen sich die Namen von Hunderten von Göttern entnehmen.

Die assyrische Sprache gehörte zu den semitischen Sprachen und stammte vom Akkadischen ab. Sie wurde in Keilschrift geschrieben.

Assyrien wurde von Gott als seine Zuchtrute benutzt, um sein schuldiges Volk Israel zu bestrafen. Danach hatte das züchtigende Volk selbst wegen seines Stolzes und seiner Bosheit das Gericht Gottes zu ertragen, wie es auch in anderen Fällen geschah (siehe Jes 10,5-19; 14,25; Hes 31,3-17; Nah 3,18.19; Zeph 2,13). Einige Abschnitte, die von den Königen von Assyrien sprechen, sind prophetischer Natur und beziehen sich auch vom heutigen Standpunkt aus betrachtet noch auf die Zukunft, wenn sie als „Könige des Nordens" wieder mit Israel zu tun haben werden und von Gott gerichtet werden. Die Auflehnung gegen Israel endet in der Vernichtung des Assyrers (siehe Jes 10,12; 14,25; 30,27-33). Ein bemerkenswerter Abschnitt spricht davon, dass Assyrien zusammen mit Ägypten und Israel gesegnet werden wird (Jes 19,23-25). „Denn der HERR der Heerscharen segnet es und spricht: Gesegnet sei mein Volk Ägypten, und Assyrien, meiner Hände Werk, und Israel, mein Erbteil!" Wir sehen also, dass die Assyrer sowohl hinsichtlich der Vergangenheit als auch im Blick auf die Zukunft einen großen Platz in der Schrift einnehmen - zweifellos deshalb, weil sie mit Gottes irdischem Volk, dem „Israel Gottes", zu tun hatten und noch haben werden. Der Assyrer ist die überflutende Geißel des Zornes Gottes wegen Israels Hinwendung zum Götzendienst.

Fußnoten

  • 1 Bei den Jahreszahlen ist zu berücksichtigen, dass das erste Regierungsjahr eines assyrischen Königs nicht mit dem Jahr der Thronübernahme identisch sein muss. Nach mesopotamischer Tradition erfolgte die offizielle Vereidigung zu Beginn eines neuen Jahres, sodass das Todesjahr des alten Königs diesem noch in voller Länge zugerechnet wurde. Damit lassen sich auch mögliche Unterschiede zu den Angaben im Text erklären.