Betrachtung über Philipper (Synopsis)

Kapitel 2

Betrachtung über Philipper (Synopsis)

Der Apostel wünschte, dass die Freude der Philipper völlig und die Einheit unter ihnen vollkommen sein möchte; denn infolge seiner Abwesenheit war ein Same der Uneinigkeit und Unzufriedenheit aufgekeimt. Ihre Liebe hatten sie durch die Gabe, die sie dem Apostel gesandt, auf eine liebliche und kräftige Weise an den Tag gelegt. Ermunterung in Christus, Trost der Liebe, Gemeinschaft des Geistes, innerliche Gefühle und Erbarmungen waren in diesem Zeugnis der Zuneigung dargelegt worden und hatten ihm große Freude bereitet. Er bittet sie nun, diese Freude zu erfüllen durch die völlige Befestigung des gleichen Bandes der Liebe untereinander, einerlei gesinnt, einmütig und eines Sinnes zu sein, dieselbe Liebe zueinander zu haben und nicht zu erlauben, dass irgendwie Parteisucht oder eitler Ruhm sich offenbare. Das war der Wunsch des Apostels. Indem er ihre Liebe zu ihm anerkennt, wünscht er, dass ihr Glück durch die Vervollkommnung dieser Liebe unter ihnen selbst völlig werden möge; dadurch würde seine eigene Freude erfüllt werden. Eine schöne und rührende Liebe! Es war eine Liebe in ihm, die, obwohl empfänglich für ihre Liebe, doch nur an sie dachte. Mit welcher Zartheit fand eine Güte, die den Tadel zurückhielt, so einen Weg für das, was wirklich ein Tadel war, den ein Herz, das der Bruderliebe die Liebe hinzufügte, nicht unausgesprochen lassen konnte!

Das Mittel zu dieser Einmütigkeit unter den Heiligen, das Mittel zur Aufrechterhaltung dieser Liebe war die Selbstverleugnung, die Niedriggesinntheit und der Geist, der sich selbst erniedrigt, um anderen zu dienen. Das war es, was sich vollkommen in Christus offenbart hatte im Gegensatz zu dem ersten Adam. Dieser suchte sich durch einen Raub Gott gleich zu machen, als er in der Gestalt eines Menschen war und trachtete sich auf Kosten Gottes zu erheben (indem er zugleich ungehorsam war bis zum Tode). Christus hingegen, als Er in Gestalt Gottes war, entkleidete Sich selbst in Liebe all seiner äußeren Herrlichkeit, der Gestalt Gottes, und nahm die Gestalt eines Menschen an; und selbst als Er in dieser Gestalt war, erniedrigte Er sich noch. Es war ein zweiter Schritt, den Er in dieser Selbsterniedrigung tat. Als Gott entäußerte Er sich, als Mensch erniedrigte Er sich und wurde gehorsam bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuz. Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben; denn wer sich selbst erhöht, soll erniedrigt werden, wer aber sich selbst erniedrigt, soll erhöht werden. Vollkommene Liebe, herrliche Wahrheit, köstlicher Gehorsam! Ein Mensch ist durch das gerechte Urteil und die Hand Gottes zur Rechten des Thrones der göttlichen Majestät erhoben worden. Welch eine Wahrheit ist die Person Christi! Welch eine Wahrheit dieses Herniedersteigen und Hinaufsteigen, wodurch Er als Erlöser und Herr der Herrlichkeit alles erfüllt! Gott kam hernieder in Liebe, der Mensch stieg hinauf in Gerechtigkeit; vollkommene Liebe im Herniederkommen, und zugleich vollkommener Gehorsam durch Liebe. Was seine Person betrifft, von aller Ewigkeit her würdig, dort zu sein, ist Christus jetzt als Mensch von Gott zu seiner Rechten erhoben. Dass Er dort ist, ist eine Tat der Gerechtigkeit von Seiten Gottes; und unsere Herzen können daran teilnehmen, indem sie sich seiner Herrlichkeit freuen, auch sich darüber freuen, dass wir durch Gnade hinsichtlich unseres eigenen Platzes teil daran haben.

Seine Erniedrigung selbst ist ein Beweis, dass Er Gott ist. Gott allein konnte seinen ersten Zustand in den unumschränkten Rechten seiner Liebe verlassen; für jedes Geschöpf ist es Sünde, das zu tun. Diese Erniedrigung ist zugleich vollkommene Liebe. Aber dieser Beweis ist gegeben und diese Liebe vollendet in der Tatsache, dass Er Mensch wurde. Welch einen Platz in Ihm hat Er für uns erworben! Aber der Apostel denkt hier nicht an uns, die wir die Früchte davon sind, sondern an Ihn. Er freut sich in dem Gedanken an die Erhöhung Christi. Gott hat Ihn zu dem höchsten Platz erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, so dass jedes Knie, der himmlischen und irdischen und sogar der höllischen Wesen, sich beugen muss vor diesem erhöhten Menschen; ja, jede Zunge muss bekennen, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (V. 9 – 11).

Man wird bemerken, dass in dieser Stelle Christus als Herr dargestellt wird und nicht seine Gottheit an sich. Seine Gottheit ist freilich der Haupt-Ausgangspunkt. Alles hat in Wirklichkeit da seinen Ursprung: die Liebe, die Selbstentäußerung, die Erniedrigung, das wunderbare Herabsteigen. Nichts von alledem hätte stattfinden können oder hätte seinen Wert gehabt ohne seine Gottheit; aber hier wird Er als der Herr betrachtet, vollkommen in seiner Person in der Stellung, in die Er als Mensch eintrat. Es ist Der, der Sich selbst erniedrigte, und der, nachdem Er zu dem möglichst niedrigen Platz hinab gestiegen war, von Gott hoch erhoben wurde; es ist Christus, der, ohne sich zu erheben, Gott gleich sein konnte, der sich aber selbst entäußerte und sogar in den Tod hinab stieg. Von Ihm spricht der Apostel, von Jesu, dem Herrn über alles, der in dieser Stellung des erhöhten Menschen als Herr anerkannt werden wird in dem ganzen Bereich der Schöpfung, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters 1.

Das Herz des Apostels wird immer weit, wenn er von dem Herrn Jesus spricht. Doch jetzt wendet er sich zu den Gegenständen seiner Sorgfalt; und wie er von der Selbstverleugnung und der Erniedrigung Christi gesprochen hatte, als einem Mittel zur Bewahrung der Eintracht, das jeden Anlass zu fleischlicher Eifersucht wegnehmen würde, so war er auch dahin geleitet worden, von dem Gehorsam Christi im Gegensatz zu dem ersten Adam und dem Fleisch zu reden. Jetzt wendet er auch diesen Grundsatz zur Unterweisung der Philipper an: „Daher, meine Geliebten“, sagt er, „gleichwie ihr allezeit gehorsam gewesen seid“, – und nun wird die Wirkung seiner Abwesenheit und Entfernung vom Werk eingeführt – „nicht allein als in meiner Gegenwart, sondern jetzt vielmehr in meiner Abwesenheit, bewirkt eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern; denn“, fügt er hinzu, „Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken“ (V. 12. 13). Das will sagen: während der Apostel unter ihnen war, hatte er gearbeitet; jetzt standen sie selbst im Kampf mit dem Feind, ohne die Hilfe der Anwesenheit und der geistlichen Kraft des Apostels zu haben; aber Gott selbst wirkte in ihnen. Sie sollten deshalb, da sie in einem solchen Kampf standen, einen umso größeren Ernst beweisen, indem Gott selbst für sie beschäftigt war und für diesen Kampf in ihnen wirkte, und sie persönlich und unmittelbar gegen die Macht des Feindes zu streiten hatten. Der Augenblick war nicht dazu angetan, sich ihrer wenigen Gaben in Abwesenheit der Gabe des Apostels, die sie in den Schatten gestellt hatte, zu rühmen, noch auch miteinander zu streiten. Andererseits aber, wenn die Philipper auch des Apostels beraubt waren, waren sie doch nicht Gottes beraubt. Gott selbst wirkte in ihnen. Das ist der Hauptgrundsatz und der große Trost des Briefes. Die Christen, der wichtigen Hilfe des Apostels beraubt, waren unmittelbarer auf Gott geworfen. Der Apostel selbst, von der Versammlung getrennt, findet seinen Trost in Gott, und er übergibt die Versammlung, da sie seiner persönlichen Fürsorge ermangelte, Gott selbst, in dem auch er diesen Trost gefunden hatte.

Es muss hier sorgfältig beachtet werden, dass der 12. Vers das gerade Gegenteil ist von einer Ermahnung zu eigenem Wirken, im Gegensatz zu der wirksamen Kraft Gottes. „Eure eigene“ steht im Gegensatz zu Paulus, in seiner Abwesenheit; früher hatte er für sie gearbeitet, jetzt aber wirkte Gott in ihnen sowohl das Wollen als auch das Wirken. Sie sollten wirken, weil, wenn Paulus abwesend war, Gott in ihnen wirkte. Ich habe schon bemerkt, dass die Seligkeit, ja, jede Segnung in diesem Brief, stets als am Ende der Laufbahn des Christen liegend betrachtet wird, sogar die Offenbarung seiner Gerechtigkeit. Kapitel 3, 9 ist ein Beispiel davon. Im Neuen Testament wird der Geist [Christ?] in zwiefacher Weise gesehen. Er ist in Christus – da gibt es keinen Fortschritt, keine Frage mehr; er ist angenommen in Ihm: ein vollständiger, vollkommener, gegenwärtiger Zustand. Aber er ist auch ein Pilger auf der Erde, der das Ziel zu erreichen hat: so wird er stets in dem Brief an die Philipper betrachtet. Das gibt Anlass zu jeder Art von Ermahnung und Warnung und zu mancherlei „Wenn“. Auf diese Weise lernt der Christ Gehorsam und Abhängigkeit, die beiden Charakterzüge des neuen Menschen. Aber hierdurch wird er zu der sicheren und unfehlbaren Treue Gottes geleitet, die ihn bis ans Ende bringen wird, und er ist genötigt, auf sie zu rechnen. Siehe 1. Korinther 1, 8, die Stelle ich anführe, weil die Korinther sehr schlecht vorangingen; aber es gibt eine Menge ähnlicher Stellen.

Fleiß und Ernst sollen den Wandel des Christen kennzeichnen in diesen Umständen, in denen unmittelbare Verbindung mit Gott und persönlicher Kampf mit dem Feind verwirklicht werden müssen.

Der Apostel kommt dann auf den Geist der Sanftmut und des Friedens zurück, in dem die Früchte der Gerechtigkeit gesät werden. „Tut alles“, sagt er, „ohne Murren und zweifelnde Überlegungen, damit ihr tadellos und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr scheint wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens“ – eine sehr bemerkenswerte Stelle, weil jeder einzelne Teil derselben eine genaue Darstellung dessen ist, was Christus war. Welcher Art auch die Umstände sein mögen, in denen die Versammlung sich befindet, so sollte, was sie selbst betrifft, stets ihr Zustand und ihr Wandel sein. Die dazu erforderliche Gnade ist allezeit in Christus vorhanden.

Einheit des Geistes unter ihnen durch Gnade und ein Wandel Gott gemäß, damit sie wie himmlische Lichter scheinen möchten inmitten der Finsternis dieser Weit, stets das Wort des Lebens verwirklichend und also es darstellend – das war der Wunsch des Apostels für seine geliebten Philipper. Auf diese Weise lieferten sie durch die Standhaftigkeit und die praktische Ausübung ihres Glaubens den Beweis, dass er nicht vergeblich gelaufen und gearbeitet hatte; und sie selbst würden sein Ruhm sein an dem Tag Christi. Wenn nur die Versammlung in solcher Weise vorangegangen wäre! Doch wie dem auch sein mag, Christus wird verherrlicht werden. Der Apostel verbindet auf diese Weise seine Arbeit und seinen Lohn an dem Tag Christi mit der Segnung der Versammlung. Er würde in seinem Tod nicht davon getrennt sein. Diese Verbindung der Gefühle des Herzens mit dem Glauben ist sehr rührend. Paulus bietet sich (d. h. sein Leben) dar als fähig, wie ein Trankopfer gesprengt zu werden über das Opfer und den Dienst des Glaubens der Philipper. Sie hatten ihre Hingebung für Christus gezeigt, indem sie seines Knechtes gedacht hatten, und er betrachtet ihren ganzen Glauben als ein dem Heiland und Gott dargebrachtes Opfer. Er betrachtet sie, das Volk Christi, als den wesentlichen Bestandteil des Opfers, als die Hauptsache, sich selbst nur als ein Trankopfer, indem sein Leben über das Opfer ausgegossen wurde. Es war möglich, dass er sein Leben in dem Dienst des Evangeliums, dem die Philipper sich ihrerseits weihten, dahingeben musste, und das würde dann ein Siegel sein auf das Opfer ihrerseits, das Gott gewidmet war durch dieses heilige Band zwischen dem Apostel und ihnen. Paulus freute sich, wenn sein Leben also dahingegeben werden sollte: das würde sein Werk für die Nationen krönen. Er wünschte auch, dass die Philipper sich in demselben Geiste derselben Sache erfreuen möchten. Ihr und sein Glaube sowie ihr gemeinsamer Dienst, der Gott dargebracht wurde und Ihm wohlgefällig war, waren eine und dieselbe Sache; und der höchste Beweis, der davon geliefert werden konnte, sollte die Quelle der heiligsten Freude sein. Diese Welt war ja nicht der wirkliche Schauplatz dessen, was vorging; was wir hier in Verbindung mit dem göttlichen Werk erblicken, ist nur die Außenseite. Der Apostel spricht die Sprache des Glaubens, der die Dinge stets so sieht, wie sie vor Gott sind.

Dennoch hörte seine wachsame Sorge nicht auf, obwohl er die Philipper Gott übergab. So ist es immer. Die Liebe und der Glaube, der alles Gott übergibt, hören nicht auf, Gott gemäß an das zu denken, was Ihm teuer ist. So belehrt auch Johannes, während er in seinem ersten Brief (Kap. 2) sagt, dass die Kindlein in Christo nicht bedürfen, von jemand belehrt zu werden, diese dennoch mit aller Zärtlichkeit und Vorsorge. Auch in unserem Kapitel hofft der Apostel, voll heiliger Sorgfalt für diese Seelen, die Christus teuer waren, bald den Timotheus zu senden, damit er ihre Umstände erfahre. Aber die Lage, in welcher Paulus und das Werk Gottes sich befanden, tritt auch hier deutlich hervor: er sandte Timotheus, weil er niemand anderes hatte, in dessen Herz dieselben Gefühle für sie aus derselben Quelle der Liebe hervorkamen. Alle suchten ihre eigenen Interessen und nicht die Jesus Christus. Welch eine Übung für den Glauben! Aber auch welch eine Gelegenheit zur Ausübung desselben!

Doch was Timotheus betraf, so sollten die geliebten Philipper ihn mit einem Herzen aufnehmen, das dem Vertrauen des Apostels entsprach. Sie wussten, wie er dem Apostel in dem Evangelium gedient hatte. Die Bande der Liebe in dem Evangelium sind – Gott sei dafür gepriesen! – nur umso stärker, wenn alles erkaltet. Und lasst uns beachten, dass Gott sein Werk fortsetzte, als hinsichtlich des gewöhnlichen Zeugnisses der Versammlung alles fehlte wegen einer Kälte, die das Herz des Apostels niederdrückte; denn Gott ermüdet nicht in seinem Werk. Doch dieses Band der Liebe fehlte keineswegs zwischen Paulus und den Philippern. Sobald Paulus wusste, wie es mit ihm gehen würde, wollte er Timotheus zu ihnen senden; doch wie er bereits gesagt hatte, er hatte Vertrauen im Herrn, dass er selbst bald kommen würde.

Aber es gab noch eine andere Person, die des Apostels Liebe nicht übergehen konnte: Epaphroditus, der von den Philippern gekommen war, um ihm den Beweis ihrer Liebe zu überbringen, und der, als das treue Werkzeug und der Ausdruck dieser Liebe, zur Erfüllung ihres Dienstes sein Leben gewagt und an einer gefährlichen Krankheit gelitten hatte. Dieses schöne Zeugnis christlicher Liebe strahlt hier auf allen Seiten hervor. Epaphroditus rechnet so auf die Liebe der Philipper, dass er ganz betrübt ist, weil sie gehört hatten, dass er krank war. Er rechnet auf die Gefühle, die sie gegen ihn hegten, auf den Platz, den er in ihrer Liebe hatte. Würde es nicht ebenso sein bei einem liebenden Sohn, wenn er erführe, dass seine Mutter eine solche Nachricht über ihn erhalten hätte? Er würde sich beeilen, ihr seine Wiederherstellung mitzuteilen, um ein Herz zu beruhigen, dessen Liebe er kennt. Das ist christliche Liebe: zärtlich und einfach. Sie vertraut, weil sie rein und ohne Argwohn ist; sie wandelt im Licht Gottes; sie wandelt mit Ihm und in den Gefühlen, die Christus als Mensch offenbart hat. Göttliche Liebe steigt ohne Zweifel höher; aber brüderliche Liebe, die vor den Menschen und als die Frucht jener göttlichen Liebe unter den Menschen tätig ist, offenbart sich also in Gnade.

Der Apostel entspricht dieser Liebe der Philipper zu Epaphroditus, der sie unterwiesen und in dem Herrn für sie gearbeitet hat (der Heilige Geist bringt auch das hier in Erinnerung), und sendet Epaphroditus zurück, indem er dieses Gefühl in den Herzen der Philipper zu beleben und zu stärken sucht. Er selbst nimmt daran teil und bringt Gottes eigene zärtliche Liebe hinein. Paulus würde Traurigkeit auf Traurigkeit gehabt haben (und er hatte schon viele), wenn die Philipper ihren geliebten Arbeiter und Boten verloren hätten durch die Dienste, die dieser ihnen erwiesen hatte; aber Gott hatte sich über Epaphroditus und über den Apostel selbst erbarmt. Jedoch wollte der Apostel, dass die Philipper völlig davon versichert werden sollten durch die erneute Gegenwart des Epaphroditus unter ihnen, und so würde sein Herz, befreit von aller Besorgnis, auch erleichtert werden. Welch ein Bild gegenseitiger Liebe und herzlicher Teilnahme!

Beachten wir auch die Weise, wie Gott in Rücksicht auf den Apostel hieran teilnimmt. Was uns hier dargestellt wird, sind seine Erbarmungen, nicht die Ratschlüsse seiner Liebe, sondern Erbarmungen, die Gottes würdig sind, und Zuneigungen, denen Er unter den Menschen seine Anerkennung gibt. Man fürchtet zuweilen solche Zuneigungen zu den Arbeitern und den Wert, den man ihnen beilegt, und das umso mehr, weil die Versammlung in der Tat sich von einer falschen Abhängigkeit von Menschen losreißen muss. Aber hier entfaltet der Geist Gottes, weil durch die Abwesenheit des Apostels die sonst durch ihn offenbarte Kraft und das äußerlich organisierte Band gänzlich mangelte, die Tätigkeit dieser inneren Gefühle und Bande zur Unterweisung der Versammlung; und zugleich erkennt Er alles an, was von dem zerstörten ursprünglichen Verhältnis und den äußeren Banden noch vorhanden war. Er schafft diese nicht von neuem, sondern Er erkennt das an, was noch davon bestand. Nur in dem ersten Vers dieses Briefes spricht der Heilige Geist von diesen äußeren Banden – mehr war nicht nötig; aber die inneren Bande bespricht er ausführlich, nicht als Lehre, sondern als eine Tatsache. Gott selbst, der Apostel, sein treuer Timotheus, der wertgeschätzte Diener der Philipper (der ihnen so teuer war) und der Mitarbeiter des Paulus, des Knechtes des Herrn, die Philipper selbst – alle bilden ein Glied in dieser kostbaren und schönen Kette der Liebe. Die Lieblichkeit des christlichen Lebens wird so in jedem Teil dieses Kapitels entfaltet: die Zartheit, womit der Apostel seinen Tadel wegen des Geistes der Uneinigkeit ausspricht; die Sendung des Timotheus, sobald er den Philippern mitteilen kann, wie es um ihn steht, während er den Epaphroditus sofort zu ihnen zurücksendet, weil sie gehört hatten, dass er krank gewesen sei. Diese Güte und Rücksicht gegen andere steht, man beachte es, mit einem Christus in Verbindung, der sich erniedrigte. Ein demütiger Christus, der von der Gestalt Gottes bis zum Tode hinab stieg, ist die Quelle der demütigen Güte; ein erhöhter Christus, zu dem man in der Herrlichkeit aufschaut, ist die Quelle einer Kraft, die alles für Verlust und Dreck achtet, um Ihn zu gewinnen.

Fußnoten

  • 1 Beachten wir auch, dass uns Christus hier nicht als unser Vorbild dargestellt wird, in dem, was Er infolge seiner Unterwerfung unter den Willen Gottes in der von Ihm eingenommenen Stellung litt. Wir sind berufen, Ihm nachzufolgen in seiner freiwilligen Erniedrigung, in der Tatsache, dass Er in Liebe den letzten, den niedrigsten Platz einnahm. Die Liebe dient, die Liebe erniedrigt sich selbst, nimmt gern den geringsten Platz ein (den geringsten für den Hochmut des Menschen), um zu dienen, und findet Wohlgefallen daran. Christus handelte aus Liebe; Er wollte dienen. Christus erwählte den untersten Platz, Er, der imstande war, Sich selbst zu erniedrigen. Und wir?
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