Betrachtung über den Propheten Amos (Synopsis)

Kapitel 9

Betrachtung über den Propheten Amos (Synopsis)

Dieses Kapitel stellt uns Jehova selbst vor Augen, wie Er das Gericht in solcher Weise vollzieht, dass Israel auf keine Art demselben entrinnen kann. Gott wollte das Volk so behandeln, wie Er mit den Nationen, die Ihm fremd gegenüberstanden, verfahren würde, mit den Philistern oder den Syrern, die Er in seiner Vorsehung aus anderen Ländern heraufgeführt hatte. Trotzdem vergaß Gott Israel nicht. Er führte das Gericht selbst aus, damit, wenn Israel unter allen Nationen gesiebt werden würde, auch nicht ein Körnchen verlorenginge. Die Gottlosen, die nicht an das Gericht glaubten, würden von demselben ereilt werden.

An jenem Tag (nämlich am Tag des Endgerichts des HERRN) würde Er nicht die Hütte Jerobeams und Jehus aufrichten, obwohl Er denselben während der Dauer seiner langmütigen Regierung eine Zeitlang einen Platz eingeräumt hatte, Er würde vielmehr (indem Er die Gnadenabsichten ausführte, die in seinem Herzen waren) die Hütte Davids, Seines Auserwählten, aufrichten und sie wieder in ihrer Herrlichkeit bauen. Er wird diese Hütte vollständig aus ihren Trümmern aufrichten, auf dass Sein Same den Überrest Edoms und alle die Nationen in Besitz nehme, die dereinst dazu gebracht werden sollen, den Namen des HERRN zu kennen 1. Zu jener Zeit wird der HERR auch Israel aus seiner Gefangenschaft zurückführen und es aufs neue in eine Stellung einsetzen, in der ihm Segen in Fülle zuteil werden wird. Dann wird es die Früchte seines Landes genießen. Der HERR wird sein Volk in seinem Land pflanzen, und es soll nicht mehr herausgerissen werden. Es war das Land, das Er selbst ihm gegeben hatte.

Wir finden also in dem Propheten Amos das Gericht des Reiches Israel. Dieses Gericht betraf indessen ganz Israel als Nation. Sodann wird die gewisse Wiederherstellung des Volkes angekündigt, und zwar in Verbindung mit dem Wiederaufbauen des Hauses Davids in den letzten Tagen – ein Werk, das Gott ausführen will und das durch nichts wieder zerstört werden wird. Er will sie pflanzen, und niemand wird sie herausreißen: eine Weissagung, die sicher noch nicht in Erfüllung gegangen ist, die aber ebenso gewiss in Erfüllung gehen wird. Israel wird in seinem eigenen Land sein und nie wieder aus demselben entfernt werden.

Im Ganzen genommen stellt uns demnach dieser Prophet nicht bedeutende äußere Ereignisse vor Augen, die im Verlauf der Regierung Gottes eintreten sollten; vielmehr schildert er die Art und Weise, wie Gott mit seinem Volk um seines inneren Zustandes willen verfahren wollte, wobei die zehn Stämme oder das Reich Israel so betrachtet werden, als ob sie ganz Israel als verantwortliche Nation darstellten. In welcher Weise der Zustand des Volkes zu der damaligen Zeit mit seiner ursprünglichen Stellung zusammenhing (als sie dank der Gnade und Macht des HERRN aus Ägypten heraufgezogen waren), das zeigten die goldenen Kälber von Sinai und Bethel.

Wie wir gesehen haben, schließt die Weissagung damit, dass das ganze Volk aufgrund der unumschränkten Gnade Gottes, der sich niemals verändert, aufs neue unter dem Haus Davids in eine Stellung des Segens versetzt wird. Das werden die gewissen Gnaden Davids sein, an denen die ganze Nation teilhaben soll.

Fußnoten

  • 1 In Apostelgeschichte 15 wird diese Stelle durch den Apostel Jakobus angeführt. Hier (bei Amos) ist es ganz klar, dass sich dieselbe auf die letzten Tage bezieht. Man hat demzufolge manchmal versucht, dieselbe auch in der Apostelgeschichte auf die nämliche Zeit zu beziehen, indem man auf die Worte „nach diesem“ einen besonderen Nachdruck legte. Indessen bin ich überzeugt, dass alle, die das tun, nicht richtig verstanden haben, was der Apostel mit seiner Beweisführung sagen will. Er führt diese Stelle nur um eines einzigen Ausdrucks willen an, ohne sich mit dem Übrigen zu beschäftigen; und das ist auch, wie ich nicht zweifle, der Grund, warum er sich mit der Übersetzung der Septuaginta begnügt. Es ist dies der Ausdruck: „Alle die Nationen, über die mein Name angerufen ist.“ Die Frage, um welche es sich handelte, war, ob Gläubige aus den Nationen aufgenommen werden können, ohne vorher Juden zu werden. Nachdem der Apostel diese Frage bejaht hat, zeigt er, dass die Propheten mit seiner Erklärung übereinstimmten. Er spricht keineswegs von der Erfüllung der Weissagung; er zeigt nur, dass die Propheten den Grundsatz bestätigen, dass solche aus den Nationen den Namen des HERRN tragen würden: „alle die Nationen, über die mein Name angerufen ist“. Es würde demnach solche geben. Gott waren alle seine Werke von Ewigkeit her bekannt, was auch die Zeit sein mochte, wann dieselben offenbart werden sollten.
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