Elisa, der Prophet

Die Lektion der Pfeile

Es ist kaum vorstellbar, dass ein derartig böser Mensch wie Joas, König von Israel, Elisa auf seinem Sterbebett besucht, und doch war es so(2. Kön 13,14–19). Er empfand scheinbar etwas Respekt vor dem Mann Gottes, so wie Herodes später auch Johannes den Täufer respektierte, wenn er auch seinen Lebenswandel nicht nach dessen Lehre ausrichtete. Der Anblick des kranken Propheten rührte den König zu Tränen und er rief aus: „Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter!“ Wie wunderbar, dass ein Herrscher so etwas von einer einfachen Person, die weder Macht noch Reichtum besitzt, sagt. Aber der König empfand (und das musste er trotz seiner Verderbtheit anerkennen), dass die Gegenwart und die Gebete eines Mannes wie Elisa ein wertvolles Gut für sein Volk war. Der König hatte Recht und das gleiche gilt auch heute noch. Die Gegenwart und die Gebete der Heiligen Gottes sind auch heutzutage von unschätzbarem Wert für die Völker der Erde! Wenn die Geschichte der Erde gänzlich bekannt ist, wird sichtbar werden, wieviel die Staaten der Welt den Christen in ihrer Mitte verdanken. Aber von den Mächtigen heutzutage können wir nicht erwarten, dass sie das verstehen. Für sie zählen nur militärische Stärke, materieller Besitzt und Waffengewalt.

Der sterbende Prophet wollte den Blick des Königs auf den Herrn richten, den einzig wahren Erlöser für sein Volk. Israel war zu dieser Zeit schwer geprüft durch die Verwüstungen Hasaels, des Königs von Syrien. Elisa bat Joas, Pfeil und Bogen zu nehmen. Er wollte ihn ein Gleichnis lehren. Der Prophet legte seine Hände auf die Hände des Königs. Die Hände des Propheten sind ein Hinweis auf die Macht Gottes, ohne die alle menschlichen Bemühungen vergeblich sind. Sowohl Johannes auf Patmos (Off 1,17) als auch Daniel am Fluss Hiddekel (Dan 10,18) wurden dadurch gestärkt, dass der Herr seine Rechte auf sie legte.

„Öffne das Fenster nach Osten“, sagte Elisa. Wenn die geschlossene Tür in 2. Könige 4,4 ein Bild davon ist, dass sich der Mensch zurückzieht, um allein mit Gott zu sein, spricht das geöffnete Fenster in 2. Könige 13,17 von den Erwartungen des Menschen Gott gegenüber. Ach, dass wir doch alle aus eigener Erfahrung mehr davon wüssten! Daniel öffnete sein Fenster bei seinem täglichen Gebet Richtung Jerusalem (Dan 6,10). „Schieße!“, befahl der Prophet und der König schoss. Dann folgt die Auslegung: „Ein Pfeil der Rettung von dem HERRN und ein Pfeil der Rettung gegen die Syrer! Und so wirst du die Syrer in Aphek schlagen bis zur Vernichtung“. Für Joas und sein Königreich war ein entscheidender Moment gekommen, hätte er diesen nur erkannt! Die Andeutung, dass Segen und Errettung von seinen gefürchteten Feinden in den Pfeilen lag, hätte ihn auf ein entsprechendes Verhalten im nächsten Schritt vorbereiten sollen. Schade für ihn und für den Mensch im Allgemeinen! Gott möchte so gerne segnen und der Mensch ist immer so blind gegenüber dem, was für ihn wirklich zum Vorteil ist!

Als nächstes bat Elisa ihn, die Pfeile zu nehmen und sie auf den Boden zu schlagen. „Und er schlug dreimal und hielt inne“. Wie schade! Wundern wir uns, dass der Mann Gottes zornig auf Joas war? „Du hättest fünf- oder sechsmal schlagen sollen, dann würdest du die Syrer bis zur Vernichtung schlagen; nun aber wirst du die Syrer dreimal schlagen“ (V. 19). Durch seine Nachlässigkeit hatte der Mann die Errettung seines Volkes beschränkt. Gott gab ihm nach seinem Glauben, nicht mehr. „Da nahm Joas, der Sohn des Joahas, aus der Hand Ben-Hadads, des Sohnes Hasaels, die Städte wieder, die dieser aus der Hand seines Vaters Joahas im Krieg genommen hatte. Dreimal schlug ihn Joas und brachte die Städte Israels wieder zurück“ (V. 25).

Was für eine Lektion für uns alle! Wir haben es mit einem Gott zu tun, der unendliche Ressourcen hat und der die Seinen gerne segnen will. Unser Denken und Hoffen ist jedoch so armselig, dass wir Ihn ständig beschränken. Wir geben uns mit so wenig zufrieden. Wir sind so langsam, haben zu wenig geistliche Energie, um mutig voranzugehen und unsere Besitzungen wieder in Besitz zu nehmen. Hätten doch mehr von uns dieses heilige Verlangen, das den Apostel erfüllte, als er schrieb: „Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christus Jesus ergriffen bin. Brüder, ich denke von mir selbst nicht, es ergriffen zu haben; eins aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“ (Phil 3,12–14).

Elisa hatte allen Grund, zornig auf Joas zu sein, so wie Nehemia mit den verdorbenen Juden seiner Zeit zürnte (Neh 13,25). Mangel an Glauben auf der einen Seite und gottlose Verbindungen auf der anderen entehrten Gott und verhinderten den Segen seines Volkes. Ein heiliger Zorn (vielleicht nicht so stark ausgedrückt wie bei Nehemia) ist auch in unserer Zeit nicht unangemessen.

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