Elisa, der Prophet

Werkzeuge des Zorns

Als Elia sich am Horeb über Israel beklagte, nannte der Herr ihm drei Personen, die seinen Willen über die schuldige Nation ausführen sollten – Hasael, Jehu und Elisa (1. Kön 19,15–17). Von diesen wurde zuerst Elisa eingeführt mit seinem wunderbaren Dienst der Gnade. Das entspricht so sehr dem Wesen Gottes. Hätte Israel doch nur Augen gehabt, um das zu sehen, Elisas Dienst unter ihnen war das göttliche Intervall zwischen Gerichtsurteil und Vollstreckung. Es lag nun an Israel, ob das Urteil ausgeführt werden sollte oder nicht, denn der Herr setzt gerne eine angekündigte Strafe aus, wenn sich Menschen aufrichtig vor Ihm demütigen. Das ist das erklärte Handlungsprinzip in Jeremia 18,7.8. Das Handeln des Herrn mit Ninive zur Zeit Jonas illustriert uns das ganz wunderbar.

Elisas Dienst der Gnade war praktisch fruchtlos. Israel häufte Sünde auf Sünde auf und daher war die Zeit gekommen, das Schwert zu ziehen. Nun mussten also die Diener des Zorns ernannt werden – Hasael, in 2. Könige 8,7–15 und Jehu in 2. Könige 9,1–10.

Als Elisa den kranken König Ben-Hadad in Damaskus besuchte, sandte Hasael zu ihm, um zu fragen, ob der König von seiner Krankheit genesen würde. Wahrscheinlich hatten die gütigen Taten, die wir in 2. Könige 5 und 2. Könige 6,22.23 finden, dafür gesorgt, dass der Prophet Gunst in den Augen des syrischen Königs fand, wenn auch nur für kurze Zeit. Wie Naaman war er bereit, eine hohe Summe für jede Verbesserung seines Zustands zu zahlen und so sandte er dem Mann Gottes „allerlei Gut von Damaskus, eine Last für vierzig Kamele“. Dass Gott kein Händler, sondern ein Geber (und zwar ein überaus großzügiger) ist, scheint für den Menschen zu schwierig zu begreifen zu sein. In jeder Haushaltung sind die Menschen bereit, mit Gott zu verhandeln: für eine bestimmte Menge Geld/Arbeit wollen sie eine bestimmte Menge Segen erhalten.

Als Hasael mit seiner Botschaft zu ihm kam, merkte Elisa, dass für Israel ein schicksalhafter Moment gekommen war. Nachdem er seinen Besucher darüber informiert hatte, dass es keinen Grund gäbe, warum sich der kranke Mann nicht erholen sollte, dass er jedoch trotzdem sterben würde, weil Hasael dazu bestimmt war, König von Syrien zu werden, weinte er. Er dachte an die ganzen Grausamkeiten, die der Krieg mit sich bringen würde, und obwohl er wusste, dass Israel den Stab der Züchtigung absolut verdient hatte, liebte er das Volk und trauerte um ihre bevorstehende Verwüstung.

Als der weinende Prophet Hasael aufzählte, was dieser den Kindern Israel antun würde (ihre festen Städte in Brand stecken, ihre jungen Männer mit dem Schwert töten, ihre Frauen und Kinder zerschmettern), rief der Syrer mit Erstaunen aus: „Was ist dein Knecht, der Hund, dass er diese große Sache tun sollte?“ Hasael ist nicht der einzige, der offensichtlich unfähig ist, zu begreifen, zu welch bösen Taten das Fleisch fähig ist. Sehr wahrscheinlich hatte er bis dato nie derartige Abscheulichkeiten im Sinn gehabt und schreckte vor diesen furchtbaren Andeutungen zurück. Später, als er eine mächtige Stellung innehatte, zeigte sich jedoch, dass er all die furchtbaren Taten, vor denen Elisa ihn gewarnt hatte, verübte. Es ist wahr, wenn man sagt, dass viele von uns nur deshalb harmlos sind, weil unsere Position in der Gesellschaft uns kein anderes Verhalten erlaubt.

Vielleicht haben einige der Leser noch nicht gelernt, wie hoffnungslos böse das Fleisch – ihr Fleisch – ist. Sie mögen erstaunt sein, welche abscheulichen Dinge in Kolosser 3,5 als „eure Glieder“ bezeichnet werden. Oder es mag schmerzlich für sie sein, wenn sie über die scheußlichen Werke des Fleisches, die uns in Galater 5,19–21 aufgezählt werden, nachdenken. Das arme, erschrockene Herz ist geneigt, zu rufen: „Was ist dein Knecht, der Hund, dass er diese große Sache tun sollte?“

Lasst uns festhalten, es gibt nichts Böses, dessen das Fleisch nicht fähig ist. Es ist am Kreuz Christi im Gericht vor Gott zu einem Ende gekommen und alle, die des Christus sind, haben durch ihre Annahme des göttlichen Urteils das Fleisch samt seinen Leidenschaften und Begierden gekreuzigt (Gal 5,24). Fortan ist es für uns unmöglich, Vertrauen in das Fleisch zu haben. Christus ist alles.

Wie erschrocken Hasael durch die Ankündigung des Propheten auch gewesen sein mag, in der Folge tat er all das, was von ihm vorhergesagt wurde. Nach seiner Rückkehr nach Damaskus ermordete er zuerst seinen Herrn in seinem Bett um und bemächtigte sich seines Throns. Dann führte er viele Jahre lang einen erbarmungslosen Krieg sowohl gegen Israel als auch gegen Juda und brachte schreckliches Leid über das Volk. Hasaels zerstörerisches Werk wird in folgenden Bibelstellen skizziert: 2. Könige 8,28.29; 2. Könige 10,32.33; 2. Könige 12,17.18; 2. Könige 13,3–7, 22–24.

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