Gekommen – um zu dienen

Kapitel 13

Gekommen – um zu dienen

In diesem Kapitel finden wir die letzte große prophetische Rede des Herrn. Diese Rede richtet sich an Jünger des Herrn aus dem Volk Israel. Er kündigt bevorstehende Ereignisse und Schwierigkeiten an, die seinen Jüngern in ihrem Dienst begegnen würden. Für diese Zeit gibt Er ihnen Trost und Unterweisungen, die hier bei Markus – ganz in Übereinstimmung mit dem Charakter des Evangeliums – besonders mit ihrem Dienst in Verbindung stehen.

In seiner Rede geht Er oft nahtlos von der nahen Zukunft für die Jünger – der Zeit nach seiner Kreuzigung – über zu der Zeit nach der Entrückung der Versammlung. Er verbindet das damals nah bevorstehende Gericht Jerusalems mit den zukünftigen Gerichten, die noch über die Juden kommen werden. Die Zeit der Gnade, in der die Versammlung auf der Erde ist, wird dabei übersprungen und ist hier nicht Gegenstand der Unterweisungen des Herrn. Aber trotzdem können auch wir manche Anwendung auf unsere Zeit machen.

Die Ankündigung der Zerstörung des Tempels

„Und als er aus dem Tempel heraustritt, sagt einer seiner Jünger zu ihm: Lehrer, siehe, was für Steine und was für Gebäude! Und Jesus sprach zu ihm: Siehst du diese großen Gebäude? Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen wird“ (13,1.2).

Anlass für diese Rede des Herrn sind die Worte eines Jüngers, der den Herrn auf die Schönheit und Größe der damals bestehenden Tempelgebäude hinweist. Der Herr antwortet ihm daraufhin, dass diese eindrucksvollen Gebäude zur Zerstörung bestimmt sind. Diese Prophezeiung fand eine erste Erfüllung bei der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n.Chr. Aber die Antwort, die der Herr hier und in den folgenden Versen gibt, geht über die Ereignisse, die direkt nach seinem Weggang folgen würden, hinaus bis hin zu der Zeit, wenn Er in Macht und Herrlichkeit zur Errichtung des 1000-jährigen Reiches kommen wird.

Unterweisungen des Herrn im Blick auf die Zukunft

„Und als er auf dem Ölberg saß, dem Tempel gegenüber, fragten ihn Petrus und Jakobus und Johannes und Andreas für sich allein: Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zeichen, wann dies alles vollendet werden soll? Jesus aber fing an, zu ihnen zu sagen: Gebt acht, dass euch niemand verführe! Viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: „ Ich bin es!“, und sie werden viele verführen. Wenn ihr aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören werdet, so erschreckt nicht. Dies muss geschehen, aber es ist noch nicht das Ende. Denn Nation wird sich gegen Nation erheben und Königreich gegen Königreich. Es werden Erdbeben sein an verschiedenen Orten; es werden Hungersnöte sein. Dies ist der Anfang der Wehen.

Ihr aber, gebt acht auf euch selbst: Sie werden euch an Synedrien und an Synagogen überliefern; ihr werdet geschlagen und vor Statthalter und Könige gestellt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis; und allen Nationen muss zuvor das Evangelium gepredigt werden. Und wenn sie euch hinführen, um euch zu überliefern, so sorgt euch vorher nicht, was ihr reden sollt, sondern was irgend euch in jener Stunde gegeben wird, das redet. Denn nicht ihr seid die Redenden, sondern der Heilige Geist. Und der Bruder wird den Bruder zum Tod überliefern und der Vater das Kind; und Kinder werden sich erheben gegen die Eltern und sie zu Tode bringen. Und ihr werdet von allen gehasst werden um meines Namens willen. Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird errettet werden“ (13,3–13).

Der Herr beginnt mit generellen Unterweisungen und Warnungen für seine Jünger. Zunächst waren sie für die Apostel, die zur Zeit des Herrn und bis in die Apostelgeschichte hinein ihren Dienst ausübten. Aber sie gelten besonders den Jüngern aus dem gottesfürchtigen Überrest der Juden, der in der Zukunft nach der Entrückung der Versammlung seinen Dienst aufnehmen wird.

Auf die Fragen der Jünger in Vers 3 antwortet der Herr nicht direkt. Stattdessen fordert Er sie in den Versen 5 und 6 zur Wachsamkeit auf. Er warnt sie vor solchen, die unter seinem Namen kommen und viele verführen werden – eine Verführung, die ihren Höhepunkt in dem Antichristen finden wird (2. Thes 2,4). Das ist nicht so sehr eine Gefahr für Gläubige der Gnadenzeit, die darauf warten, dass der Herr bis in die Wolken wiederkommt, um sie zu entrücken. Jedoch für den gottesfürchtigen Überrest, der darauf wartet, dass der Herr auf die Erde kommt, um das Reich aufzurichten, können solche Verführer eine große Gefahr sein.

Ähnliche Aufrufe zur Wachsamkeit finden wir in den Versen 9.23.33.35.37. Diese deutlichen Worte an die Jünger haben aber auch eine Bedeutung für uns. Als Diener des Herrn müssen wir unseren Weg wachsam und bewusst gehen. Denn auch heute gibt es viele Gefahren und falsche Stimmen, die uns zu Fall bringen wollen (z. B. Röm 16,17; 1. Joh 4,1).

In den Versen 7 und 8 sagt der Herr Unruhen und Kriege voraus, die die Jünger des Herrn in der Zukunft erleben werden. Es wird eine schlimme Zeit sein, aber Er tröstet sie durch die Worte „so erschreckt nicht“ und zeigt, dass dies „geschehen muss“, weil es in den Plänen Gottes so vorgesehen ist. Er sagt ihnen auch unmissverständlich, dass dies noch nicht „das Ende“ sein wird, sondern erst „der Anfang der Wehen“. An diesen Worten wird deutlich, dass der Herr nicht die Christenheit vor Augen hat. Denn wir werden im Neuen Testament darauf hingewiesen, dass das Ende aller Dinge nahe gekommen ist (1. Pet 4,7). Den Juden steht jedoch nach der Entrückung der Versammlung noch die Zeit der Drangsal bevor, durch die sie wegen der Verwerfung und Kreuzigung des Herrn gehen müssen.

Die Verse 9–13 schildern speziell das Schicksal der Diener und Jünger des Herrn in diesen Zeiten. Der Herr zeigt ihnen, dass sie in der Ausübung ihres Dienstes mit zunehmender Feindschaft aus verschiedenen Richtungen rechnen müssen.

Zunächst würde ihnen um seinetwillen die Feindschaft der Regierenden entgegenschlagen (V. 9). Etwas, was sich bereits in der Apostelgeschichte (vor)erfüllte, was aber besonders in der Zukunft wieder so sein wird.

Dann würden sie aber auch von ihren Familienangehörigen angefeindet werden. Der Hass gegen die Lehre der Wahrheit bricht selbst die engsten Familienbande entzwei.

Doch damit nicht genug: Am Ende dieses Abschnitts sagt der Herr ihnen, dass sie um seines Namens willen schließlich von allen gehasst werden würden.

Wie nötig würden die Jünger somit den Trost brauchen, den der Herr ihnen in so liebevoller Weise zu Beginn, in der Mitte und am Ende dieser Verse zusagt. In Vers 7 sagt Er ihnen: „So erschreckt nicht.“ In Vers 11 sichert Er ihnen den Beistand und die Hilfe des Heiligen Geistes zu, der für sie reden würde. Schließlich stellt der Herr ihnen die Errettung am Ende vor, d. h. den Eingang in das 1000-jährige Reich. Und nicht zuletzt tröstete Er sie auch dadurch, dass Er ihnen dies alles vorhersagte.

Die große Drangsalszeit

„Wenn ihr aber den Gräuel der Verwüstung stehen seht, wo er nicht sollte – wer es liest, beachte es –, dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge fliehen; wer aber auf dem Dach ist, steige nicht in das Haus hinab und gehe nicht hinein, um etwas aus seinem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um sein Oberkleid zu holen. Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet aber, dass es nicht im Winter stattfinde; denn jene Tage werden eine Drangsal sein, wie sie seit Anfang der Schöpfung, die Gott schuf, bis jetzt nicht gewesen ist und nicht wieder sein wird. Und wenn nicht der Herr die Tage verkürzt hätte, so würde kein Fleisch errettet werden; aber um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat, hat er die Tage verkürzt.

Und dann, wenn jemand zu euch sagt: „Siehe, hier ist der Christus! Siehe dort!“, so glaubt es nicht. Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und werden Zeichen und Wunder tun, um wenn möglich die Auserwählten zu verführen. Ihr aber gebt acht! Siehe, ich habe euch alles vorhergesagt“ (13,14–23).

Diese Verse führen in die Mitte der letzten Jahrwoche Daniels (Dan 9), zum Beginn der großen Drangsal für Jakob (Jer 30,7). Zu diesem Zeitpunkt wird im Tempel – der dann wiederaufgebaut sein wird – ein Götzenbild aufgestellt werden, wie ein Vergleich von Daniel 9,27 mit Daniel 12,11 und unserem Vers hier zeigt. Es ist ein Gräuel, d. h. ein Götze. Seine Aufstellung wird Verwüstung für die Juden und Jerusalem zur Folge haben. Aus Offenbarung 13,14 können wir entnehmen, dass dieser Götze wohl ein Bild des römischen Herrschers ist, das auf Initiative des Antichristen im Tempel aufgestellt werden wird.

Mit der Aufstellung dieses Götzen wird der echte Gottesdienst im Tempel aufhören und eine brutale Verfolgung der gottesfürchtigen Juden einsetzen, wie aus diesem Abschnitt und Offenbarung 13,15–17 deutlich wird.

Hinzu kommt, dass in dieser Zeit auch Satan und seine Engel aus dem Himmel auf die Erde geworfen werden (Off 12,7–14). Da Satan dann keinen Zutritt mehr zum Himmel hat, um dort als Verkläger der Brüder aufzutreten, wird er seine ganze Wut auf die Treuen auf der Erde konzentrieren. Und „da er weiß, dass er wenig Zeit hat“, wird er große Wut haben (Off 12,12).

Daher können wir gut verstehen, dass der Herr die „Seinigen“ auffordert, in die Berge zu fliehen, um dieser Gefahr zu entrinnen. Dabei werden sie keine Zeit zu verlieren haben. Denn die Eindringlichkeit, mit der der Herr in den Versen 15 und 16 auffordert zu fliehen, zeigt, mit was für einer Schnelligkeit die Gefahr und Verfolgung der großen Drangsal über das Volk hereinbrechen werden. Ihr ganzes Denken soll darauf gerichtet sein, zu fliehen, um ihr Leben zu retten.

Gott selbst wird ihnen in den Bergen einen Zufluchtsort bereiten, wo Er sie während der Zeit der Drangsal schützen und versorgen wird. Schriftstellen, die sich darauf beziehen, sind z. B. Jesaja 26,20.21, Hosea 2,14.15; Joel 4,16.17 und Offenbarung 12,13.14. Diejenigen, die nicht fliehen können, werden zum großen Teil getötet werden, wenn sie sich weigern, das Götzenbild anzubeten (Off 13,15–17).

Die Verse 17–20 machen das Mitgefühl und Erbarmen Gottes für die bedrängten Heiligen deutlich. Er ist zu allen Zeiten für seine Auserwählten besorgt und denkt an jede Einzelheit im Leben der Seinen. Es ist interessant, dass der Herr hier auffordert, zu beten, dass die Flucht nicht im Winter geschehe. Gott weiß den Zeitpunkt doch im Voraus. Aber es scheint, dass Er sich auch bezüglich dieser Dinge durch die Gebete der Seinen leiten lässt. Er hört auf die Gebete seiner Kinder und berücksichtigt sie in der Ausführung seiner Pläne, wie Er es bei Abraham in 1. Mose 18 getan hat.

Wie schrecklich es während der Zeit der großen Drangsal sein wird, können wir kaum erahnen. Der Herr selbst sagt hier, dass so eine Drangsal seit Beginn der Schöpfung nicht gewesen ist und auch nicht sein wird. Einen kleinen Eindruck von den Ereignissen in dieser Zeit bekommen wir in Psalm 79,1–3: „Gott! die Nationen sind in dein Erbteil gekommen, haben deinen heiligen Tempel verunreinigt, haben Jerusalem zu Trümmerhaufen gemacht! Die Leichen deiner Knechte haben sie den Vögeln des Himmels zum Fraß gegeben, das Fleisch deiner Frommen den wilden Tieren der Erde. Sie haben ihr Blut wie Wasser vergossen rings um Jerusalem, und niemand war da, der begrub.“

Wie gut ist es daher, dass der Herr den Seinen hier im Voraus den Trost gibt, dass die Tage der Drangsal „um der Auserwählten willen“ auf dreieinhalb Jahre verkürzt werden und dass Er ihnen die Fluchtmöglichkeit in die Berge zeigt.

Die „Auserwählten“ – das sind hier die Gläubigen des jüdischen Überrestes, die nach der Entrückung der Versammlung das Evangelium des Reiches angenommen haben. Sie werden in dieser Zeit nicht nur äußere Verfolgung und Not erleiden, sie werden auch jeder Art von Verführung ausgesetzt sein. Satan, der zu allen Zeiten der Widersacher Christi gewesen ist, wird seine Verführungskünste dann auf die Spitze treiben. Dazu wird er insbesondere den Antichristen benutzen (2. Thes 2,9–12). In ihrer Not warten die bedrängten Gläubigen auf das Kommen des Herrn, dass Er sie befreie. Daher können sie in Gefahr stehen, auf falsche Stimmen zu hören, die von der Ankunft Christi sprechen. Aber Gott selbst wird dafür sorgen, dass es nicht möglich sein wird, seine Auserwählten zu verführen. Sie aber sollen wachsam sein und auf die kommenden Ereignisse achten, da der Herr ihnen alles vorhergesagt hat.

Die Erscheinung des Herrn

„Aber in jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte in den Himmeln werden erschüttert werden. Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in Wolken mit großer Macht und Herrlichkeit. Und dann wird er die Engel aussenden und seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels“ (13,24–27).

Zum Ende der Drangsalszeit wird Gott in Macht einschreiten und alle Ungerechtigkeit und Drangsal beenden. Er wird jede Art von irdischer Ordnung und Autorität – davon sind die Himmelskörper in der Schrift oft ein Bild – umstoßen und auflösen. Aber es ist nicht auszuschließen, dass die Schöpfung auch buchstäblich betroffen ist, wie es auch bei der Kreuzigung des Herrn geschah.

Dann wird der Herr selbst als der Sohn des Menschen in Wolken mit großer Macht und Herrlichkeit kommen.

Er, der einst in Niedrigkeit auf diese Erde kam und in einer Krippe lag, Er, dem man einst ins Gesicht spuckte und den man schlug, ist dann Der, der in Macht und Herrlichkeit kommt, um Gericht auszuüben an allen, die Ihm entgegen sind, und sein Reich anzutreten. Dann wird sich Offenbarung 1,7 und Johannes 5,27 erfüllen und alle Not des Überrestes ein Ende haben.

Wenn in Vers 27 von der Sammlung seiner „Auserwählten“ die Rede ist, geht das über die Gläubigen des Überrestes der Juden hinaus. Zu den „Auserwählten“ scheinen auch die Gläubigen aus den übrigen zehn Stämmen Israels zu gehören. Die zehn Stämme sind nach der Wegführung in die assyrische Gefangenschaft nie wieder zurückgekehrt. Sie sind bis heute über die ganze Erde zerstreut. Aber nach der Erscheinung des Herrn in Macht und Herrlichkeit, zu Beginn des 1000-jährigen Reiches, wird sich Gott auch aus diesen Stämmen einen Überrest absondern, den Er in das Land der Verheißung zurückbringen wird (Jes 18,7; 66,19–22; Hes 36,24; 37,15–28). So wird Gott auch in dieser Hinsicht seine Wege bezüglich seines Volkes zum Ziel bringen.

Wacht!

„Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon weich wird und die Blätter hervortreibt, so erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch ihr, wenn ihr dies geschehen seht, so erkennt, dass es nahe an der Tür ist. Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist. Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen. Von jenem Tag aber oder der Stunde weiß niemand, weder die Engel im Himmel noch der Sohn, sondern nur der Vater.

Gebt acht, wacht und betet; denn ihr wisst nicht, wann die Zeit ist. Wie ein Mensch, der außer Landes reiste, sein Haus verließ und seinen Knechten die Gewalt gab, einem jeden sein Werk, und dem Türhüter einschärfte zu wachen. Wacht also, denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, abends oder um Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder frühmorgens; damit er nicht, wenn er plötzlich kommt, euch schlafend finde. Was ich aber euch sage, sage ich allen: Wacht!“ (13,28–37).

Der Herr beschließt dieses Kapitel mit einem Gleichnis und der eindringlichen Aufforderung zu wachen, bis Er kommt. Mit dem Gleichnis vom Feigenbaum benutzt der Herr ein bekanntes Bild aus der Natur, um seinen Jüngern die Geschehnisse in der Zukunft zu verdeutlichen. Wenn der Feigenbaum (ein Bild von Israel als Nation) anfangen würde, weich zu werden und Zweige zu treiben, sollten sie erkennen, dass der Sommer nahe ist. Damit wird die Sammlung und Rückführung der Juden in das Land Israel angedeutet und die Erscheinung des Überrestes in der Zeit der Drangsal. Dies wird ein Zeichen sein, dass der Sommer, d. h. die Zeit des 1000-jährigen Friedensreiches, nahe ist.

Wenn der Herr in Vers 30 „dieses Geschlecht“ anspricht, hat das mehr eine moralische als eine zeitliche Bedeutung. So nennt der Herr das Volk z. B. auch in Kapitel 9,19, wenn Er von dem ungläubigen Geschlecht spricht, oder in 5. Mose 32,5, wo Er es ein verkehrtes und verdrehtes Geschlecht nennt (s. a. Spr 30,11–14; Lk 11,29). Das ungläubige Volk der Juden wird nicht vergehen, bis all das, was in diesem Kapitel vorgestellt wurde, geschehen ist.

Auch die Worte des Herrn werden nicht vergehen, bis dies alles erfüllt sein wird, sie werden bleiben bis in alle Ewigkeit. Seine Worte – auch die des Gerichts – stehen fest. Das ist in der Anwendung auf unsere Tage ein ernster Gedanke in Bezug auf jeden, der keine Buße tun will.

Der Zusatz „noch der Sohn“ in Vers 32 hat manche Frage aufgeworfen. Doch die Schwierigkeiten verschwinden, wenn wir bedenken, dass wir den Herrn in diesem Evangelium als den vollkommen abhängigen Mensch und Diener vor uns haben, der sich auf das beschränkt, was Gott Ihm gibt. Wenn Gott nichts über den Tag oder die Stunde sagt, weiß auch Er nicht mehr.

In den letzten Versen finden wir die deutliche Aufforderung des Herrn an seine Knechte, zu wachen. Er vergleicht sich mit einem Hausherrn, der auf eine Reise ging, sein Haus verließ und seinen Knechten Gewalt gab und einem jeden Knecht sein Werk und dem Türhüter einschärfte, zu wachen. Das ist ein Bild von der Art und Weise, in der der Herr die Jünger inmitten der Juden zurückließ. Sie wussten nicht, wann Er wiederkommen würde, und sollten daher wachen, damit sie bei seinem Kommen nicht schlafend gefunden würden. Wenn Er in Vers 35 von seinem Kommen spricht, fällt auf, dass Er nur die vier römischen Nachtwachen und keine Tageszeiten erwähnt. Die Zeit der Abwesenheit des Herrn ist auf dieser Erde durch moralische Finsternis gekennzeichnet.

Die Aufforderung zu Wachen wird in Vers 37 erweitert und gilt somit auch uns ganz persönlich.

Wir finden verschiedene Aufforderungen zur Wachsamkeit im Neuen Testament. Einen etwas anderen Aspekt der Wachsamkeit finden wir in 1. Thessalonicher 5,6, wo wir aufgefordert werden, zu wachen, damit wir uns nicht von dem Zeitgeist dieser Welt einschläfern lassen. In 1. Petrus 5,8 ist erneut von Wachsamkeit die Rede, da es viele Feinde um uns her gibt, deren Anführer Satan ist. Diese beiden Stellen zeigen uns, dass Wachsamkeit zu unserem eigenen Schutz erforderlich ist. Hier werden wir jedoch aufgefordert zu wachen, damit wir zur Freude unseres Herrn sind, wenn Er kommt.

Als Knechte des Herrn sollen wir in unserem Bereich und Dienst („einem jeden sein Werk“) fleißig, treu und wachsam sein und Ihn erwarten, wie es die Thessalonicher taten. Sie hatten sich „zu Gott bekehrt …, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten“ (1. Thes 1,9.10).

Wenn wir täglich bewusst mit dem Kommen des Herrn rechnen, kommt Er für uns nicht „plötzlich“ (V. 36), sondern es hat einen außerordentlich positiven Einfluss auf unser Leben (1. Joh 3,3). Dann werden wir den Wunsch haben, unseren Weg so zu gehen, dass wir jederzeit mit Freuden an sein Kommen denken. Und Er hat verheißen: „Ich komme bald“ (Off 22,7.12.20).

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