Das Buch Daniel

Daniel 12

Die große Drangsal

In diesem abschließenden Kapitel werden wir mit in die letzten dreieinhalb Jahre genommen, die der Herrschaft Christi vorausgehen – die Zeit der großen Drangsal, die die Leiden der Juden und die Zerstreuung von Gottes irdischem Volk vollenden wird (12,7).

„Und in jener Zeit wird Michael aufstehen, der große Fürst, der für die Kinder deines Volkes steht; und es wird eine Zeit der Drangsal sein, wie sie nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis zu jener Zeit. Und in jener Zeit wird dein Volk errettet werden, jeder, der im Buch geschrieben gefunden wird“ (12,1).

Zu seinem Trost und der Ermutigung des gottesfürchtigen Überrestes wird Daniel versichert, dass zu dieser Zeit – der Zeit des Endes – Michael, der große geistliche Fürst, der als der Hüter über Gottes irdisches Volk gesetzt ist, in ihrem Namen aufstehen wird. Nach all den Prüfungen, die es durchstehen muss, wird ihm die Unterstützung durch geistliche Mächte in der unsichtbaren Welt zugesichert. Der besondere Aufruf für diese geistliche Hilfe wird sein, dass es für das jüdische Volk „eine Zeit der Drangsal sein [wird], wie sie nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis zu jener Zeit“. Dennoch wird diese große Drangsal die Leiden des Volkes beenden und zur Befreiung der Gottesfürchtigen führen, deren Namen im Buch des Lebens niedergeschrieben gefunden werden.

Offenbarung 12,7–17 gibt uns weitere Details über diese besonderen Handlungen Michaels und seiner Engel zu dieser Zeit. Es ist offensichtlich, dass diese Abschnitte sich auf denselben Zeitabschnitt beziehen – die dreieinhalb Jahre (vergleiche Dan 12,7 mit Off 12,14). Dort erfahren wir von dem Kampf im Himmel zwischen Michael und seinen Engeln und dem Drachen und seinen Engeln. Michael wird siegen, so dass im Himmel kein Platz mehr für Satan gefunden werden wird, der mit seinen Engeln auf die Erde hinabgeworfen werden wird. Unmittelbar darauf folgt auf der Erde für die Bewohner der Erde und des Meeres eine Zeit unvergleichlicher Leiden. Der besondere Gegenstand der Verfolgung Satans wird „die Frau“ (oder Israel) sein, die das männliche Kind, Christus, geboren hat. Darüber hinaus macht der Abschnitt deutlich, dass die Wut Satans sich insbesondere gegen das gottesfürchtige Israel richten wird, das als die „Übrigen ihrer Nachkommenschaft, die die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben“ bezeichnet wird (Off 12,12.13.17).

Demnach ist es eindeutig, dass es zur Zeit des Endes während der Herrschaft des Antichristen inmitten des abgefallenen Volkes einen gottesfürchtigen Überrest geben wird, der Jesus Christus bekennen und die Gebote Gottes halten wird. Dieser wird dem Herrn sehr wertvoll sein und, wie der Überrest in den Tagen Maleachis, namentlich in das Gedenkbuch Gottes eingetragen werden (Mal 3,16).

Von zwei weiteren Schriften wird Licht auf diese unvergleichliche Zeit der Leiden geworfen. In Jeremia 30 sagt der Prophet, indem er in die Zukunft schaut: „Denn siehe, Tage kommen, spricht der HERR, ... und ich werde sie in das Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe, damit sie es besitzen. Und dies sind die Worte, die der HERR über Israel und über Juda geredet hat. Denn so spricht der HERR: Eine Stimme des Schreckens haben wir gehört; da ist Furcht und kein Frieden. Fragt doch und seht, ob ein Mann gebiert! Warum sehe ich die Hände eines jeden Mannes auf seinen Lenden, einer Gebärenden gleich, und jedes Angesicht in Blässe verwandelt? Wehe, denn groß ist jener Tag, ohnegleichen, und es ist eine Zeit der Drangsal für Jakob! Doch er wird aus ihr gerettet werden“ (Jer 30,3–7).

Im Neuen Testament bezieht sich dann der Herr auf diese Zeit der Leiden, von denen Er sagt: „Dann wird große Drangsal sein, wie sie seit Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nicht wieder sein wird.“ Der Herr macht eindeutig klar, dass Er sich auf die Zeit bezieht, in der der „Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel, den Propheten, geredet ist“ am heiligen Ort gefunden werden wird (Mt 24,15.21).

Während dieser schrecklichen Zeit wird Satan hinter den Kulissen der Anstifter all der Leiden sein. Der Antichrist wird der Feind innerhalb des Landes sein, während das Oberhaupt des Römischen Reiches und der König des Nordens die großen Feinde außerhalb des Landes sein werden.

„Und viele von denen, die im Staub der Erde schlafen, werden erwachen: diese zu ewigem Leben und jene zur Schande, zu ewigem Abscheu“ (12,2).

Zu dieser Zeit wird es eine große Wiederbelebung des jüdischen Volkes geben. Der Engel verwendet das Bild der Auferstehung, um zu zeigen, dass das Volk aus seiner niedrigen Stellung als Staub der Erde wieder auferstehen wird, um seine eigenständige Position als abgesonderte Nation wieder einzunehmen.

„Und die Verständigen werden leuchten wie der Glanz der Himmelsfeste, und die, welche die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne, immer und ewig“ (12,3).

Die Gottesfürchtigen, die hier Verständige genannt werden, werden in der Zeit dieser großen Drangsal ein klares Zeugnis für Gott und Christus ablegen. Sie „werden leuchten wie der Glanz der Himmelfeste“. Durch das Zeugnis werden sie „die Vielen zur Gerechtigkeit weisen“.

„Und du, Daniel, verschließe die Worte und versiegle das Buch bis zur Zeit des Endes. Viele werden es durchforschen, und die Erkenntnis wird sich mehren“ (12,4).

Nachdem er diese Offenbarung vollendet hat, weist der Engel Daniel an: „Verschließe die Worte und versiegle das Buch bis zur Zeit des Endes.“ Für die Christen sind diese Dinge nicht versiegelt. In der Offenbarung wird Johannes, der die Versammlungen des Volkes Gottes bezeugt, gesagt: „Versiegle nicht die Worte der Weissagung dieses Buches; denn die Zeit ist nahe“ (Off 22,10).

Der Christ, der im Licht des kommenden Christus wandelt, sieht, dass die Zeit nahe ist und hat das volle Licht der Prophetie, das ihn in dieser dunklen Welt leitet. Solange die Versammlung noch hier ist, ist für die Welt und den Juden die „Zeit des Endes“, auf die sich diese Prophezeiung bezieht, noch nicht gekommen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind diese Dinge für sie unverständlich, ebenso wie ein versiegeltes Buch. Bis zu diesem Zeitpunkt setzt die Welt ihren Weg, völlig mit ihren eigenen Interessen beschäftigt, fort. Sie nimmt an Wissen zu und ist doch völlig unverständig in Bezug auf die Gedanken Gottes und die kommenden Gerichte.

„Und ich, Daniel, sah: Und siehe, zwei andere standen da, einer hier am Ufer des Stromes und einer dort am Ufer des Stromes. Und einer sprach zu dem in Leinen gekleideten Mann, der oben über dem Wasser des Stromes war: Wie lange wird das Ende dieser wunderbaren Dinge dauern? Und ich hörte den in Leinen gekleideten Mann, der oben über dem Wasser des Stromes war, und er erhob seine Rechte und seine Linke zum Himmel und schwor bei dem, der ewig lebt: Eine Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit. Und wenn die Zerschmetterung der Kraft des heiligen Volkes vollbracht sein wird, dann werden alle diese Dinge vollendet sein“ (12,5–7).

Die Prophezeiung endet mit diesem letzten Gesicht der Engel, von denen einer auf der einen Seite des Ufers des Flusses Hiddekel und einer auf der anderen Seite steht. Daniel hört jemanden fragen: „Wie lange wird das Ende dieser wunderbaren Dinge dauern?“ „Diese wunderbaren Dinge“ beziehen sich auf die „Zeit der Drangsal“, von der der Engel gesprochen hatte. Nun lernt Daniel von den Worten Gottes, bestätigt durch einen Schwur, dass die Zeit der Drangsal dreieinhalb Jahre anhalten wird. Weiterhin wird nach Ablauf dieser Zeit die Zerstreuung des irdischen Volkes Gottes vollbracht sein, die Prüfung der Gottesfürchtigen wird aufhören und die Gerichte Gottes über die lebenden Völker werden enden.

„Und ich hörte es, aber ich verstand es nicht; und ich sprach: Mein Herr, was wird das Ende davon sein? Und er sprach: Geh hin, Daniel; denn die Worte sollen verschlossen und versiegelt sein bis zur Zeit des Endes. Viele werden sich reinigen und weiß machen und läutern, aber die Gottlosen werden gottlos handeln; und alle Gottlosen werden es nicht verstehen, die Verständigen aber werden es verstehen“ (12,8–10).

Angesichts aller dieser Offenbarungen muss Daniel eingestehen, dass er zwar gehört, aber nicht verstanden hat. So fragt er erneut: „Was wird das Ende davon sein?“ Daniel hatte das tiefe Verlangen, zu wissen, zu welchem Ende diese Dinge führen würden. Wir wissen, dass sie zu der Herrlichkeit und Segnung des Königreiches Christi führen werden. Doch während die Offenbarung, die Daniel gegeben wird, von den Gerichten spricht, die dem Königreich vorausgehen und uns somit zum Königreich hinführen, wird es Jesaja und anderen überlassen, die Herrlichkeiten der Regierung Christi zu entfalten.

Daniel wird gesagt, dass er hingehen soll, da die Worte bis zur Zeit des Endes versiegelt sind. Niemand aus dem gottlosen Volk, das gottlos handeln wird, wird es verstehen, „die Verständigen aber werden es verstehen“. Dies scheint die Antwort auf Daniels Äußerung zu sein, „ich verstand es nicht“. Ihm wird gesagt, dass er warten und Gott fürchten soll, und zur rechten Zeit würde er verstehen, denn die Furcht Gottes ist der Anfang der Weisheit.

„Und von der Zeit an, da das beständige Opfer abgeschafft wird, und zwar um den verwüstenden Gräuel aufzustellen, sind 1290 Tage. Glückselig der, der ausharrt und 1335 Tage erreicht!“ (12,11.12).

Daniel wird deutlich gesagt, dass von der Zeit an, da das beständige Opfer abgeschafft werden wird, 1290 Tage vergehen werden. Weiter sollen die glückselig sein, die ausharren und die 1335 Tage erreichen. Beide Zeitabschnitte sind größer als die dreieinhalb Jahre, die mit der Abschaffung des Opfers beginnen (vgl. Dan 9,27 und Mt 24,14). Der Grund hierfür ist unklar, doch es könnte sein, dass Zeit für die Sammlung von ganz Israel nach dem Gericht des Antichrists gelassen wird. Der Tag wird die genaue Bedeutung der Zahl offenbaren. Alles was wir wissen, ist, dass von der Abschaffung des Opfers bis zum Ende der Regierung des Antichrists dreieinhalb Jahre, oder (nach jüdischer Rechnung) 1260 Tage liegen werden, und bis zum Beginn des vollen Segens 1335 Tage.

„Du aber geh hin bis zum Ende; und du wirst ruhen und wirst auferstehen zu deinem Los am Ende der Tage“ (12,13).

Angesichts dieser ernsten Ereignisse wird Daniel ermutigt, zu warten und in Frieden der Seele zu ruhen, denn es wird ihm versichert, dass er auferstehen und an dem Platz stehen wird, auf dem er im kommenden Königreich am Ende der Tage eingesetzt sein wird.

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