Das Kommen des Herrn, Israel und die Gemeinde

Gottes Fürsorge für treue Gläubige

Absonderung vom Bösen ist, wie wir gesehen haben, der erste Schritt auf dem Weg des Gehorsams. Die Christenheit mit ihren ganzen Splittergruppen, ihren menschlichen Organisationen, ihrem Abweichen von der reinen Wahrheit Gottes ist zu einem großen Haus geworden. Die Gehorsamen sollen sich von allem, was nicht mit den Gedanken Gottes in Übereinstimmung ist, reinigen. Wir haben festgestellt, dass das Versuchung und Isolation mit sich bringen kann. Und obwohl es möglich sein kann, dass der Gläubige auf seinem Weg des Gehorsams, getrennt von allen konfessionellen Bindungen, völlig allein ist, ist das nicht die übliche Vorgehensweise des Herrn. Vielleicht will Er dadurch unseren Glauben auf die Probe stellen. Wann immer Er dies tut, sind die Umstände jedoch speziell und weichen aus einem bestimmten Grund von seinem vorgesehenen Plan ab. In den meisten Fällen, wo ein Gläubiger sich auf die Seite des Herrn gegen die Welt stellt, ist es allerdings so, dass er einen oder mehrere findet, die den gleichen Weg geführt wurden und die gleiche wunderbare Wahrheit für sich erkannten. Wenn dem so ist, können sie sich ganz einfach zum Namen des Herrn versammeln, nein, sie sind sogar dazu verpflichtet, denn Er hat es ja so bestimmt. „Lasst uns aufeinander Acht haben“, sagt der Apostel, „zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei einigen Sitte ist“ (Heb 10,24.25). Der Gläubige wird aufgefordert: „Stehe ab von der Ungerechtigkeit“, gleichzeitig wird ihm auch gesagt: „Strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (2. Tim 2,22). Er kann keine Gemeinschaft mit dem haben, was den Gedanken des Herrn entgegen ist und muss sich daher von sektiererischen Gruppierungen trennen. Er soll jedoch ein Verlangen haben nach der Gemeinschaft mit dem ganzen Volk Gottes. Daher gilt für ihn, dass wenn es jemanden gibt, der einen gottgemäßen Weg geht, der sich mit ihm allein zum Namen des Herrn Jesus Christus versammeln will, dann muss er ihn aufnehmen und sich mit ihm versammeln. Auch wenn es nur zwei Menschen auf der Welt gäbe, die sich auf diese Weise versammeln würden, so würden sich diese zwei nach den Gedanken und Grundsätzen des Herrn versammeln.

Aber obwohl diejenigen, die sich an einem bestimmten Ort im Namen des Herrn versammeln, dort eine Zusammenkunft bilden, ist diese Zusammenkunft nicht unabhängig von denen, die sich in gleicher Weise an einem anderen Ort versammeln. Trotz des Verfalls der Kirche, bleibt das Prinzip der Versammlung, so wie Gott sie eingerichtet hat, bestehen. Alle, die sich weltweit zum Namen des Herrn versammeln, sind eins, jede örtliche Zusammenkunft stellt nur die Einheit in ihrer Stadt oder ihremDorf dar. Das Ausüben von Zucht erfolgt nicht als unabhängige Körperschaft, sondern in wahrer Übereinstimmung mit dem ganzen Leib, dessen gemeinsames Handeln nicht durch eine menschliche Organisation oder durch gegenseitigen Austausch erfolgt, sondern sich dadurch zeigt, dass Christus in allen Versammlungen das Handeln bestimmt. Es ist eine Sache des Glaubens, nicht des Schauens, solange jedoch die Autorität Christi anerkannt und empfunden wird, wird es göttlichen Segen geben.

Ist das, so könnte man fragen, eine Wiederherstellung der Versammlung? Und bildet das örtliche Zusammenkommen die Versammlung an diesem Ort? Keineswegs. Der ganze Leib bildet die Versammlung, d. h. alle Gläubigen weltweit. Die Versammlung an einem Ort wird gebildet durch den ganzen Leib, also alle Gläubigen dieses Ortes. Wenn solche, die sich auf diese Weise versammeln, behaupteten, sei seien die Versammlung an diesem Ort, würde das nur Verwirrung stiften und zu Hochmut sowie ausgeprägter Parteienbildung führen. Sie sind weder die Versammlung, die aus der Gesamtheit der jetzt lebenden Gläubigen besteht, noch eine Kirche oder Gemeinde im heute gebräuchlichen Wortsinn, d. h. eine Gruppierung, die durch menschliche Regulierungen und Barrieren von den übrigen Gläubigen getrennt ist. Aber was sind sie denn dann? Sie sind die, die sich mitten in dem Verfall der Christenheit von den sektiererischen Gruppen getrennt haben, die die Christenheit untereinander spalten und für deren Existenz sie keine schriftgemäße Begründung gefunden haben. Sie haben dieses System verlassen, um sich allein zum Namen des Herrn Jesus zu versammeln, alles abzulehnen, was nicht durch das Wort Gottes autorisiert ist und die Leitung allein dem Heiligen Geist zu überlassen. Obwohl sie nicht die Versammlung sind, sind sie doch auf den Boden der Versammlung zurückgekehrt und ihre Zusammenkünfte finden nach dem gleichen Prinzip statt wie die der apostolischen Versammlungen. Sie befinden sich zwar mitten in einer Situation des allgemeinen Verfalls und zahlreiche Kinder Gottes versammeln sich nicht mit ihnen, weil sie sich weder innerlich noch äußerlich vom Verfall abgesondert haben und weiter in dieser ruinösen Umgebung bleiben. Sie sind nur eine kleine Handvoll, zahlenmäßig eine kleine Gruppe, sie haben keinen Einfluss in der Welt, sie haben nichts, was dem natürlichen Auge gefällt oder das menschliche Herz zufriedenstellen würde. Sie sind jedoch zu der göttlichen Grundlage zurückgekehrt und repräsentieren, zwar mit viel Schwachheit und Versagen, Gottes Ordnung mitten in dem Chaos der Menschen.

Ihre Beziehung zu anderen Christen ist die engste überhaupt, Einheit in Christus, Glieder seines Leibes. Aber gerade deshalb lehnen sie es ab, sich zu Gemeinschaften zu formieren, die diese Einheit praktisch verleugnen. Sie erkennen ihre Glaubensbrüder in den verschiedenen Gemeinschaften als Glieder des Leibes Christi und als Glieder der Versammlung Gottes an. Diese sind jedoch Glieder, die die Zusammenkünfte von sich aus verlassen haben, die sich zu einem anderen Namen als dem Namen des Herrn Jesus Christus hin versammeln und die nicht dort ihren Platz einnehmen, wo allein sein Name und seine Autorität anerkannt wird. Daher haben sich diejenigen, die sich allein zum Namen des Herrn hin versammeln nicht von ihren Mitgeschwistern getrennt, sondern von den christlichen Gemeinschaften und Verbindungen, die ihre Mitgeschwister selbst gegründet haben. Die Spaltung ging nicht von ihnen aus, denn sie befinden sich auf dem einzigen Boden der Einheit, sondern sie geht auf die zurück, die dadurch, dass sie sich selbst zu anderen Gemeinschaften formiert haben – außerhalb der Einheit, die sie als Glieder des Leibes Christi haben – diese Einheit praktisch verleugnen.

Nachdem sie sich wieder auf die Grundlage der Versammlung begeben haben, wobei sie sich immer dessen bewusst sein müssen, dass sie nicht die Versammlung sind, können sie mit dem Segen, der Regierung und den Gaben, die Gott der Versammlung gegeben hat, rechnen, außen denen, die ihrer Natur nach, der Versammlung in ihrem vollkommenen Zustand angehören. Wenn sie sich nach den Gedanken des Herrn und zu seinem Namen hin versammeln, können sie mit seiner Gegenwart rechnen. Das trifft auf jedes örtliche Zeugnis zu, das sich auf dem Boden der Schrift versammelt, auch wenn dieses nur aus zwei oder drei Geschwistern besteht. Wo es echte Unterordnung gibt, wird die Einheit in Fragen der Zucht und der Ordnung auch innerhalb dieses Zeugnisses sowie mit anderen Zusammenkünften, die sich in gleicher Weise versammeln, erhalten bleiben.

Was die Ämter in örtlichen Zeugnissen angeht, so sehen wir in der Tat keine Möglichkeit, wie diese auf schriftgemäße Art und Weise ernannt werden könnten, noch gibt es irgendein Gremium, das der Schrift nach Autorität ausüben könnten. Denn Älteste und Diakone wurden in Verbindung mit der Versammlung an einem bestimmten Ort ernannt und wo gibt es eine solche Versammlung heute noch? Es gibt keine Gemeinschaft, die in irgendeiner Weise der apostolischen Versammlung von Ephesus oder Korinth entspricht und es wäre eine Anmaßung, wenn man in irgendwelchen anderen Gemeinschaften Ämter vergeben würde. Zweifellos können Menschen eigenwillig eine eigene Organisation errichten und Personen in ein Amt, dessen Bezeichnung sie aus der Schrift entnommen haben, wählen oder dafür ernennen. Die sogenannten Älteste oder Diakone der verschiedenen Gemeinschaften sind jedoch genauso wenig Älteste oder Diakone nach der Ordnung Gottes wie das „Höhenhaus“ Jerobeams ein Tempel des Herrn war. Ebenso wenig waren die Priester, die er einsetzte und die „nicht von den Kindern Levi“ waren, Priester des Herrn, und das Fest, das er „im achten Monat, in dem Monat, den er aus seinem Herzen erdacht hatte“ anordnete, ein Fest des Herrn (1. Kön 12,31.32).

Abgesehen davon wurden sowohl Älteste als auch Diakone von Aposteln oder apostolischen Vertretern ernannt, und da es heute weder Apostel noch apostolische Vertreter gibt, gibt es keine schriftgemäße Vorgehensweise zu deren Ordinierung. Was ist also zu tun? Muss man der Schrift etwas hinzufügen, indem man eine eigene Methode einführt? Oder von der Schrift abweichen, indem man es erlaubt, dass sie auf andere Art und Weise eingesetzt werden als dort angeordnet wird? Muss man aufgrund der nicht vorhandenen Angaben in der Schrift zu diesem Thema annehmen, dass Gott vergessen hat, uns dahingehende Anweisungen zu geben oder diese Angelegenheit unserem eigenen Ermessen überlassen hat? Weit gefehlt! Sie haben ein unerschütterliches Vertrauen in die Allgenügsamkeit der Schrift und sind sich sicher, dass Gott niemals auch nur das kleinste Detail für die Leitung der Seinen vernachlässigen würde; ihr Urteil über das Fleisch entspricht der Einschätzung Gottes darüber und in dem Wissen, dass fleischliche Weisheit die Wahrheit Gottes verdunkeln würde, ziehen sie aufgrund der fehlenden Angaben zur Besetzung von Ämtern den Schluss, dass Gott keine derartige Ernennung vorgesehen hat. Nach dem Ableben der Apostel und der von ihnen Beauftragten gab es für Letztere keine Nachfolger. Es blieben nur die bisher gewählten Bischöfe oder Älteste und Diakone. Nun gibt uns die Schrift keine Berechtigung für den Gedanken, dass Bischöfe oder Diakone durch andere Bischöfe oder Diakone eingesetzt werden könnten; auch nicht durch eine Synode von Bischöfen oder Diakonen oder durch irgendeine Amtsperson, die über beiden steht (denn nach der Zeit der Apostel gab es keine solche Person mehr) oder durch eine allgemeine Wahl in den verschiedenen Gemeinden. Doch in der einen oder anderen Weise, unendliche Male modifiziert und verändert, haben alle Ernennungen von Amtspersonen stattgefunden und müssen so stattfinden. Das heißt, es gibt überhaupt keine Möglichkeit, Amtspersonen zu ernennen, außer man wählt irgendeine Vorgehensweise außerhalb der Autorität Gottes.

Jetzt stellt sich die Frage, was denn nun die richtige Haltung eines Gläubigen zu diesem Thema ist: soll er nach eigenem Gutdünken handeln, ohne die Billigung der Schrift oder soll er jegliches Handeln seinerseits unterlassen, weil ihm die Billigung durch die Schrift fehlt? Als Israel am Ufer des Roten Meers stand, vor sich das Wasser, hinter sich die Ägypter, lautete die Anweisung Gottes: „Steht und seht die Rettung des HERRN“ (2. Mo 14,13). Der Mensch mit seinem rastlosen Unglauben möchte etwas tun. Gott sagt ihm, er soll nichts tun, sondern auf sein Wort und sein Handeln warten. In der Wüste war es ähnlich: „Nach dem Befehl des HERRN brachen die Kinder Israel auf, und nach dem Befehl des HERRN lagerten sie; alle Tage, an denen die Wolke auf der Wohnung ruhte, lagerten sie“ (4. Mo 9,18). So ermüdend es für sie sein mochte, Monat für Monat, Jahr für Jahr an dem gleichen Ort zu bleiben, wie langsam ihnen ihr Vorankommen auch erschien, wie sehr fleischliche Energie sie zum Weitergehen drängte, „sie lagerten“, bis sie von Gott die ausdrückliche Aufforderung zum Aufbruch erhielten. Der Mensch mag sich über ihre Untätigkeit lustig machen und sie töricht nennen; er mag ihre langen Aufenthalte kritisieren und sie als Schwäche bezeichnen. Aber „das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“ (1. Kor 1,25). Der Herr führte sie zu seiner Zeit und auf seinem Weg in das Land. Einmal jedoch waren sie „so vermessen, auf den Gipfel des Gebirges hinaufzuziehen“, in eigener Kraft und ohne den Herrn, „da kamen die Amalekiter und die Kanaaniter, die auf jenem Gebirge wohnten, herab und schlugen und zersprengten sie bis Horma“ (4. Mo 14,44.45).

Schauen wir uns einmal den zurückgekehrten Überrest in den Tagen Serubbabels an. Einige glaubten, sie seien priesterlicher Herkunft und „suchten ihr Geschlechtsregister-Verzeichnis, aber es wurde nicht gefunden“. Was war zu tun? Die natürliche Antwort darauf ist, diese Angelegenheit nach menschlichen Beweisregeln zu klären, ihren Status anhand der aussagekräftigsten Hinweise festzulegen. Damit würde der Mensch wieder seine Weisheit in die Dinge Gottes einbringen. Aber Serubbabel war ein Mann des Glaubens. Er wollte nicht ohne Gott handeln. Er hätte sie nicht aus zweckdienlichen Gründen, um das Priestertum zu stärken, ohne göttliche Billigung aufgenommen, im Gegenteil: „Und der Tirsatha sagte zu ihnen, dass sie vom Hochheiligen nicht essen dürften, bis ein Priester für die Urim und die Tummim aufstände“ (Esra 2,61–63). Was für eine Lektion in der Zeit des Verfalls! Wie wunderbar und erfrischend ist doch dieser Glaube, der nicht ohne konkrete Anweisung Gottes, d. h., nicht in fleischlicher Weisheit oder aus praktischen Gründen handelt, sondern einfach stillhält und geduldig auf Gott wartet!

Aber wenn die, die sich allein zum Namen des Herrn versammeln, in der Schrift keine Zustimmung für ein kirchliches Amt finden und daher schlussfolgern, dass es nicht Gottes Plan entspricht, in einer zerrütteten Kirche Ämter zu vergeben, sind sie dann ihrem eigenen Willen oder vollkommener Anarchie überlassen? Weit gefehlt, Gott hat uns in der apostolischen Geschichte wunderbar gezeigt, dass Versammlungen überhaupt nicht von Ämtern abhängig sind. Die Versammlungen, in denen Paulus und Barnabas Älteste ernannten, waren, wie wir gesehen haben, über einen längeren Zeitraum ohne irgendwelche Ämter ausgekommen und hatten in dieser Zeit sogar große Versuchungen und Schwierigkeiten erleben müssen. Auch Titus sollte in Städten Älteste ernennen, die bis dahin keine gehabt hatten. Wird die gleiche Gnade und Macht, die diese frühen Versammlungen in der Zeit vor der Ernennung von Ältesten gehalten hatte, nicht auch die halten können, die sich jetzt in der gleichen Situation befinden? Welche Ressourcen hatten sie? Gott selbst, den Gott, der „nicht ein Gott der Unordnung [ist], sondern des Friedens, wie in allen Versammlungen der Heiligen“ (1. Kor 14,33). Kann ich dann sagen: „Gott reicht mir nicht, ich brauche weitere Vorkehrungen, und da Er diesbezüglich nichts vorgesehen hat, bestimme ich das eben selbst“? Wie verunehrend sind doch diese ganze Vergabe von Ämtern, die Regelwerke und Vorschriften, die alle ohne seine Billigung, ja sogar im Widerspruch zu seinem Wort gemacht werden!

Und wenn wir auf die Mittel schauen, sehen wir, wie Gott handelt. Er hat uns Anweisungen gegeben, deren Befolgung Ordnung gewährleistet. Hat Er nicht gesagt: „Ebenso ihr Jüngeren, ordnet euch den Älteren unter. Alle aber seid gegeneinander mit Demut fest umhüllt“? (1. Pet 5,5). Hier haben wir eine Regel, die einerseits weit entfernt ist von demokratischen Richtlinien, andererseits aber auch keinen Bezug zu irgendeinem Amt hat. Sie beschreibt diese göttliche – natürliche – Unterordnung unter Ältere und Erfahrene, die das Wort Gottes uns immer wieder vorstellt. Wo Schlichtheit der Herzen war, gab es eine geistliche Beurteilung, wer geeignet war, Autorität auszuüben, abseits von jeglicher Ernennung zu einem Amt. Wir sehen das in der Ermahnung des Apostels an die Thessalonicher: „Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die erkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen“ (1. Thes 5,12). Hier ist nicht die Rede von einem Amt und da dieser Brief sehr bald nach dem kurzen Aufenthalt des Apostels geschrieben wurde, müsste er von seiner üblichen Vorgehensweise abgewichen sein, wenn er dort Ämter besetzt hätte. Abgesehen davon, wie konnte er sie ermahnen, sie zu erkennen, wenn sie offiziell ernannt worden wären? Die Bedeutung des Textes ist, dass es bestimmte Personen gab, die befähigt waren, die Versammlung zu leiten, und dass es in der Versammlung genügend göttliches Unterscheidungsvermögen geben sollte, um solche Personen zu erkennen, und genügend göttliche Unterordnung, um ihre Autorität anzuerkennen. Das ist also das, was der Herr für uns heute vorgesehen hat und dass dies völlig ausreichend ist, wird man mit einer Gesinnung der Unterordnung und in Schlichtheit des Glaubens schnell entdecken. Wenn wir uns jedoch die traurige Entwicklung der Kirche seit den Tagen der Apostel ansehen, werden wir eine tiefe und reine Dankbarkeit dafür empfinden, dass der Herr die Ämter in einer abgefallenen Kirche nicht aufrechterhalten hat. Er hat somit verhindert, dass die ganzen Abscheulichkeiten und Gräueltaten, deren blutige Spuren sich durch die ganze Zeit der Kirchenherrschaft ziehen, durch göttliche Besetzung von Ämtern gebilligt werden.

Ämter entbehren also jeder schriftgemäßen Grundlage und ein Amt vorzutäuschen, das sich auf eine andere Grundlage gründet, bedeutet ganz einfach, dass man „fremdes Feuer“ im Dienst für den Herrn verwendet. Es ist der „Widerspruch Korahs“, der, anstatt die Anordnung Gottes zu akzeptieren, menschliche Rechte einbrachte und diese den gottgegebenen Einrichtungen entgegensetzte. Es stimmt in der Tat, dass tausende wahre und ehrenvolle Diener des Herrn entweder selbst eine derartige nicht-schriftgemäße, offizielle Funktion ausüben oder deren Ausübung dulden. Dies zeigt, dass der Herr überaus gnädig ist und seinen Segen nicht wegen der Unwissenheit der Menschen zurückhalten wird; aber es ändert in keiner Weise seine Ordnung. Jeder Protestant weiß, welche gottesfürchtigen und hingebungsvollen Menschen sich in den Irrtümern und dem Aberglauben der römisch-katholischen Kirche verirrt haben, aber das macht diese Irrtümer und den Aberglauben nicht besser. Wir sind verpflichtet, alles anzuerkennen, was von Gott ist, und alle Gläubigen zu lieben; aber das sollte uns für die Wahrheit Gottes nicht blind machen. Eine große Quelle des Irrtums war zu aller Zeit, dass man eher guten Menschen Glauben schenkte als Gott.

Aber obwohl es die Ämter nicht mehr gibt, sind die Gaben das geblieben, was sie immer waren. Ämter in einer abgefallenen Kirche hätte der menschlichen Unordnung nur den Anschein gegeben, dass Gott die Dinge gutheißt. Aber menschliches Versagen und Unordnung haben nie den Strom der Gnade, der zu uns ausfließt, verhindert. Die „Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes des Christus“ (Eph 4,12) – all das gab es weiterhin, trotz der Gesetzlosigkeit und Verwirrung, die der Mensch durch seinen Eigenwillen eingebracht hatte. Wie vollkommen ist doch die Weisheit und Gnade Gottes! Wenn Er Gaben und Ämter miteinander verbunden hätte, so hätte Er entweder durch das Weiterbestehen von Ämtern die menschliche Unordnung gebilligt, oder hätte durch die Abschaffung von Ämtern (und dadurch auch von Gaben) die Seinen geistlich verhungern lassen. Er hat sie voneinander getrennt. So ist Ihm beides möglich: durch das Abschaffen von Ämtern vermeidet Er, dass menschlicher Unordnung der Stempel göttlicher Billigung aufgedrückt wird, und durch das Weiterbestehen der Gaben kann Er trotzdem den Bedürfnissen der Seinen entsprechen und das Evangelium der Gnade zu Sündern senden.

Gaben sind der Versammlung gegeben, selbst wenn ein allgemeiner kirchlicher Verfall da ist. Sie wurden zu keiner Zeit zurückgezogen. Der aufgestiegene Herr hat nie aufgehört für die Seinen zu sorgen, indem Er ihnen Evangelisten, Hirten und Lehrer gab. Was die Gaben angeht, so unterscheiden sich die, die sich abseits menschlicher Spaltungen zum Namen des Herrn versammeln, in keiner Weise von dem Rest der Gläubigen. Aber obwohl sie sich in Bezug auf den Besitz von Gaben nicht unterscheiden, so gibt es doch einen Unterschied darin, dass sie den Gaben ihren schriftgemäßen Platz geben. Gott hat in seinem Wort die Gaben nie auf ein bestimmtes örtliches Zeugnis beschränkt, Er hat nie die Kombination von Gaben und Ämtern gebilligt, wodurch die Gabe nur durch eine offiziell ernannte Person ausgeübt werden könnte, Er hat nie für irgendeine Person, offiziell oder inoffiziell, in der Versammlung Anweisungen gegeben, die Reihenfolge im Gottesdienst zu bestimmen, oder festzulegen, wer ein Gebet spricht, wer eine Danksagung äußert oder wer eine Gabe ausübt. Würde man sagen, das sei notwendig, um die Ordnung zu erhalten, unterstellt man damit Gott, dass Er im Gegensatz zum Menschen nicht wisse, wie man Ordnung erhalten könne. Damit fügt man zur Schrift etwas hinzu oder weicht vielmehr davon ab. Man verwirft die Vorstellungen Gottes, um menschlichen Gedanken Raum zu geben, man löscht damit den Geist aus, dessen Leitung als fanatische Wunschvorstellung angesehen wird und stattdessen legt man die Leitung in die Hände von offiziell ernannten Personen. Wer staunt da nicht über den Reichtum jener Gnade, die seiner Versammlung immer noch Gaben gibt, obwohl diese so schweren Missbrauch damit getrieben haben.

Solche, die einfach zum Namen des Herrn zusammenkommen, haben keine andere Wahl, als in dieser Angelegenheit zu seiner Ordnung zurückzukehren. Wo es ein wirkliches geistliches Verständnis davon gibt, was es heißt, sich zu diesem Namen zu versammeln, getrennt von allen menschlichen Systemen, da kann es keinen Gedanken daran geben, zu dem schriftwidrigsten Merkmal dieser Systeme zurückzukehren. Dieses besteht darin, dass die Ordnung Gottes durch eigene Bestimmungen ersetzt wird bzw. dass die Gaben des aufgestiegenen Christus durch Beschränkungen und Bedingungen begrenzt werden, die Er diesen niemals auferlegt hat. Das tun diese wiederum nicht. Anstatt Menschen per Ernennung in ein Amt zur Ausübung von Gaben zu autorisieren und im Gegenzug die Ausübung der Gabe durch diejenigen, denen Christus sie verliehen hat, auszuschließen, erkennen sie bei ihren Zusammenkünften allein die Leitung des Geistes an und überlassen Äußerungen des Lobes, das Sprechen von Gebeten, Danksagungen, Ermahnungen oder das Verkünden der Lehre ganz seiner Führung. Wenn der Evangelist Sündern die gute Botschaft verkündet, wenn ein begabter Lehrer die Gläubigen zur Unterweisung zusammenkommen lässt, dann ist das kein Zusammenkommen als Versammlung. Die Ausübung von Gaben erfolgt nicht in Verantwortung der Versammlung gegenüber, sondern Gott gegenüber. In der Schrift finden wir nichts darüber, dass die Versammlung die Ausübung von Gaben bestimmt, noch dass sie diese in ein Amt einbindet. Diejenigen, die sich allein zum Namen des Herrn in Unterordnung unter die Schrift versammeln, werden keine derartigen Versuche unternehmen, sondern alles so lassen, wie Gott es in seinem Wort vorgesehen hat.

Man könnte jedoch fragen, ob dadurch nicht eine große Unordnung entsteht. Selbst wenn dort, wo Glauben ist, die Führung des Geistes ausreichend ist, kann da nicht ein Mangel an Glauben ein Durcheinander verursachen? Zweifellos, wenn das Fleisch anstelle des Geistes handelt, wird Unordnung die Folge sein. Aber besteht die Lösung dieser Gefahr darin, dass man dem Wirken des Fleisches vorbeugt, indem man fleischliche Regeln aufstellt oder dass man auf Gott sieht, dass Er das Handeln des Fleisches unterbindet? Fleischliche Regeln können das Handeln des Fleisches nicht verhindern, sondern nur regulieren. Sie können die Dinge trotz des fleischlichen Wirkens in geordneten Bahnen halten und so das Böse überdecken, dass es nicht an die Oberfläche dringt. Ist es das, was eine wahrhaft geistliche Gesinnung zu erreichen sucht? Ist es nicht besser, dass, wenn das Fleisch in Aktion tritt, der wahre Charakter auch zutage treten sollte? Wie lautet die Lösung Gottes für dieses Problem? In der Versammlung in Korinth waren nämlich genau diese gefürchteten Dinge eingetreten, und zwar in einer ganz erschreckenden Form. In dieser Situation erinnert Gott sie an seine Anordnungen und seine Vorgehensweise. Er hätte ihnen nie geraten, seine Anordnungen durch eigene Regeln zu ersetzen. Wenn die Zusammenkünfte in einem derart fleischlichen Zustand waren, dass sie nicht Gottes Ordnung halten konnten, wie geistlich wären dann wohl die von ihnen erstellten Gemeinderegeln gewesen? Über diese Frage sollten diejenigen nachdenken, die meinen, dass Gottes Anordnungen nicht ausreichend seien und dass der einzige Weg zur Vermeidung von Unordnung darin bestünde, diese durch menschliche Anweisungen zu ersetzen.

Aber ist es nicht so, dass die Schrift einen geregelten Gottesdienst eines bezahlten Dieners gutheißt? „Wisst ihr nicht, dass die, die mit den heiligen Dingen beschäftigt sind, aus dem Tempel essen? Dass die, die am Altar dienen, mit dem Altar teilen? So hat auch der Herr für die, die das Evangelium verkündigen, angeordnet, vom Evangelium zu leben“ (1. Kor 9,13.14). Und auch an anderer Stelle: „Wer in dem Wort unterwiesen wird, teile aber von allem Guten dem mit, der ihn unterweist“ (Gal 6,6). Damit wird zweifellos erlaubt, dass diejenigen, die für den Herrn tätig sind, von solchen unterstützt werden, die über entsprechende Mittel verfügen. Jemand, der für den Herrn arbeitet, darf demnach materielle Gaben als vom Herrn gegeben empfangen. Er ist kein wahrer Diener, wenn er sich dadurch gedemütigt fühlt. Aber setzt diese Vorkehrung die Anordnungen Gottes in Bezug auf den Gottesdienst beiseite und ersetzt diese durch menschliche Regelungen? Man könnte einwenden, dass es für keine Seite eine Sicherheit geben kann, solange eine Person mit einer entsprechenden Begabung nicht einer bestimmten kirchlichen Gemeinschaft oder Kreis zugehörig ist, die Anzahl von Diensten nicht festgelegt wurde und solange es keine verbindlichen Lohnvereinbarungen gibt. Es könnte sein, dass entweder die Kirchengemeinde zu wenig für ihr Geld erhält oder der Prediger zu wenig Geld für seine Arbeit. Diese Überlegungen sind richtig und zeigen uns, dass in dem Moment, wo wir uns von den Anordnungen Gottes entfernen, unsere Gedanken und Beweggründe auf ein niedriges, fleischliches Niveau abfallen. Ich möchte damit jedoch nicht im Geringsten andeuten, dass alle, oder fast alle, von denen, die im sogenannten „kirchlichen Dienst“ stehen, von den hier erwähnten kommerziellen Motiven angetrieben werden. Gott sei Dank gab und gibt es viele, die den bloßen Gedanken, ihre Gabe mit Geld aufzuwiegen oder ihr Gehalt entsprechend dem Dienst zu bemessen, genauso abscheulich finden, wie es auch im Widerspruch zum Wort Gottes ist. Das ändert aber nichts am System. Wenn an die Stelle der Ordnung Gottes ein regelmäßiger, bezahlter, professioneller Gottesdienst eingeführt werden soll, dann wird das wirtschaftliche Argument zur Verteidigung herangezogen. Das zeigt jedoch nur, auf was für ein armseliges und niedriges Niveau wir uns begeben, wenn wir Gottes Prinzipien verlassen und stattdessen eigene Grundsätze einbringen.

Dieser Dienst ist menschlicher Dienst, der jeglicher Grundlage entbehrt und den die Schrift eindeutig verurteilt. Die oben zitierten Worte wurden geschrieben, bevor überhaupt irgendeines solcher menschlichen Systeme eingeführt wurde. Daher beziehen sie sich auf etwas ganz anderes als auf die organisierten Gottesdienste unserer Zeit. Ihre genaue Bedeutung sehen wir am Beispiel des Apostels. Obwohl er aus besonderen Gründen nichts von den Geschwistern in Korinth erhalten hatte, empfing er Gaben von anderen Versammlungen. Als er in Thessalonich war, hatten ihm die Philipper „einmal und zweimal für [seinen] Bedarf gesandt“ (Phil 4,16). Den Korinthern sagt er: „Andere Versammlungen habe ich beraubt, indem ich Lohn empfing zu eurer Bedienung“ (2. Kor 11,8). Wie sehr unterscheidet sich das doch von den Gottesdiensten eines bezahlten Dieners. Hier hatte einer durch Leitung des Geistes seine gesamte Zeit in den Dienst für den Herrn gestellt. Der Herr würde ihn keinen Mangel spüren lassen. Er sorgt für ihn, indem Er es einzelnen oder ganzen Versammlungen ins Herz gibt, für seine Bedürfnisse aufzukommen. Wird wohl irgendjemand sagen: Aber wie kann ein ordinierter Diener dem Herrn vertrauen? Wenn er kleingläubig ist, dann ist es offensichtlich, dass der Herr ihn nicht dazu berufen hat, auf diesem Weg weiterzugehen. Er und andere werden schweren Schaden nehmen, wenn er es trotzdem versucht. In solchen Fällen – und diese stellen die überwiegende Mehrheit dar – hat der Herr die Anweisung gegeben, dass er für seinen Lebensunterhalt aufkommen soll. Eine ehrliche Arbeit wird der ordnungsgemäßen Ausübung seiner Gabe in keiner Weise entgegenstehen.

Und solche, die somit zum Namen des Herrn zusammenkommen, jeglichen nicht von Ihm ernannten Dienst ablehnen, werden der Schrift auch in Bezug auf den Gegenstand ihrer Zusammenkünfte nachfolgen. Wo Gottes Gedanken einmal beiseitegesetzt wurden, werden sie bald insgesamt verachtet. Unser wunderbarer Herr hat an seinem letzten Abend mit seinen Jüngern, unmittelbar vor seinem ringenden Kampf im Garten Gethsemane und vor der noch schrecklicheren Finsternis des Kreuzes, ein Gedächtnismahl für sich selbst eingeführt, das besonders seinen Tod darstellte. In der Herrlichkeit wiederholt Er gegenüber dem einen Apostel, der Ihn auf der Erde nie gesehen hatte, sondern nur im Himmel, die Worte: „Dies tut zu meinem Gedächtnis“. Da dieses Mahl die Einheit der Versammlung darstellt, ist es im Wesentlichen eine Handlung der Versammlung und war, wie zu erwarten, der Hauptgrund für das Zusammenkommen als Versammlung. Der ganze Rest war sozusagen nebensächlich. Der große Gegenstand für die Zusammenkünfte war demnach das Gedenken an den Herrn nach der von Ihm vorgegebenen, berührenden Art und Weise. Man könnte meinen, wenn es etwas geben würde, was selbst eine Versammlung, die ihre erste Liebe verloren hat, nicht vernachlässigen würde, dann wäre es dieses Gedächtnismahl. Aber was hat man gemacht? In der überwiegenden Mehrheit der sogenannten Kirchen ist die ganze Bedeutung des Abendmahls verloren gegangen und wurde zu einem Gnadenmittel anstatt zu einer Gelegenheit der Danksagung und Anbetung. Selbst da, wo man den wahren Gegenstand des Mahls bewahrt, dachte der Mensch, es sei ausreichend, wenn man sich einmal im Monat oder Vierteljahr auf die von dem Herrn vorgegebene Weise an Ihn erinnere. Der erste Tag der Woche wird von ihnen nicht länger dazu genutzt, den Willen des scheidenden Herrn zu tun, sondern für sie dient dieser Tag nun vielmehr zur Erbauung nach ihren eigenen Vorstellungen. Das muss natürlich nicht heißen, dass sie ihre erste Liebe verloren haben, aber sie müssen zur Lauheit Laodizeas erkaltet sein, sonst könnten sie die Ablehnung bzw. Gleichgültigkeit der letzten Aufforderung des Herrn gegenüber nicht tolerieren.

Diejenigen, die zum Namen des Herrn zusammenkommen, werden zwangsläufig auch in diesem Punkt zu den apostolischen Praktiken und Lehren zurückkehren. Man wird nicht das Argument der Zweckmäßigkeit oder den Vorwand des aktiven Dienstes am Evangelium vorbringen, um dieses wunderbare und ausdrucksstarke Andenken an den abwesenden Herrn zu vernachlässigen. War Er, der dieses Mahl einführte, den Bedürfnissen der Sünder gegenüber gleichgültiger als die modernen religiösen Bekenntnisse? War Paulus einer, der sich dem selbstsüchtigen Genuss der Segnungen hingab, die er besaß, oder war er der geistigen Finsternis und dem Tod, die um ihn herum herrschten, gegenüber gleichgültig? Wenn nun solche, die nicht nach ihren eigenen Überlegungen handeln, sondern dem Gebot des Herrn und dem Beispiel des Apostels folgen, diesem Vorwurf ausgesetzt sind, so wird ihnen gesagt: „Freut euch und frohlockt“ (Mt 5,12). Sie antworten ihren Anklägern: „Ob es vor Gott recht ist, auf euch mehr zu hören als auf Gott, urteilt ihr“ (Apg 4,19) oder an anderer Stelle: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen“ (Apg 5,29). Die Frage ist: Wer soll Richter sein, der Mensch oder Gott? Ist das Wort der Wahrheit den Gläubigen gegeben, damit sie es korrigieren und verändern können oder damit sie diesem gehorchen?

Das ist also der Weg, der denen offen bleibt, die sich von dem Verfall und der Verwirrung der Christenheit trennen und mit dem Herrn wandeln wollen. Eine Wiederherstellung ist unmöglich. Genauso gut könnte man versuchen, den Mensch wieder in den Garten Eden zu stellen. Aber die Wege des Eigenwillens und des Ungehorsams zu verlassen, wieder auf dem alten Fundament aufzubauen, sich vor der souveränen Autorität des Wortes niederzuwerfen – all das ist noch möglich; und wir sehen, welch reiche Vorsorge der Herr für diejenigen getroffen hat, die diesen Weg gehen möchten. Wer würde sich nicht freuen, wenn er inmitten von bewusstem Versagen und Schwachheit, diese ermunternden Worte hören würde: „Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft, und du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet“ (Off 3,8).

Aber bevor wir dieses Thema abschließen, könnte man fragen: „Haben nicht diejenigen, die diesen Platz einzunehmen suchten, kläglich versagt? Haben sie jemals diese vollkommene Einheit dargestellt? Haben sie nach außen hin etwas ausgestrahlt, das andere dazu gebracht hat, ebenfalls diese Glaubensüberzeugung zu haben?“ Haben sie versagt? „Sehr, in jeder Hinsicht.“ Haben sie die vollkommene Einheit dargestellt? „Nein, in keiner Weise.“ Der Grund dafür ist, dass das Fleisch in ihnen das gleiche ist, wie bei den anderen. Aber es ist eine Sache, zu versagen und eine andere ist es, Gottes Fundament aufzugeben. Wir sollen wandeln, wie Christus wandelte. Kein Gläubiger wird leugnen, dass er darin jämmerlich versagt hat. Was soll er nun tun? Soll er sagen: „Gottes Standard ist mir zu hoch. Ich werde ihn für mich auf ein niedrigeres Niveau senken“? Allein der Gedanke ist abscheulich. Und doch ist es genau das, was Christen in Bezug auf die Versammlung Gottes gemacht haben. Sie haben nach eigenen Überlegungen gehandelt, anstatt Gottes Anordnungen zu folgen. Da sie dem Maßstab des Fleisches gerecht werden können, während solche, die sich nach dem Maßstab Gottes richten, nie die Messlatte des Geistes erfüllen können, ruhen sie sich zufrieden auf ihrem eigenen System aus und lehnen die Lehre des Wortes Gottes ab. Diejenigen, die versucht haben, diesem Wort als einzigem Führer zu folgen, hatten viele Misserfolge vorzuweisen, sie hatten „eine kleine Kraft“; aber solange sie das alles bekennen, können sie sich darüber freuen, dass sie durch Gottes Gnade in der Lage waren, das Wort Christi zu halten und seinen Namen nicht zu verleugnen.

Viele sind zweifellos in Gemeinschaft gekommen, weil sie von der Schlichtheit des Gottesdienstes oder aus irgendeinem anderen Grund angezogen wurden, ohne dass sie die Stellung in Bezug auf die Versammlung völlig verstanden hätten. Als dann eine Frage aufkam, die die Einheit des Handelns in Zuchtfragen betraf, verfehlten einige den wahren Kern und obwohl sie sich selbst von der falschen Lehre distanzierten, nahmen sie doch solche auf, die noch mit dem in Verbindung standen, der diese Lehre verkündete. Dadurch wurden sie persönlich verantwortlich für diese Lehre, denn das Wort sagt: „Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt“, das ist die Lehre des Christus, „so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“ (2. Joh Verse 10.11). Es war daher nötig, dass man sich von denen, die eine persönliche Verantwortung für diese Lehre trugen, absonderte. In vielen Fällen hat sich dabei vielleicht ein Mangel an Gnade und Liebe gezeigt. Aber das ändert nichts an dem Prinzip, egal wie sehr es die demütigt, die dieses hochhalten und egal wie ernst und dringlich es sie ermahnt, für die zu beten, von denen man sich auf so schmerzliche Weise trennen musste.

Aber sind dann nicht die, die sich auf dieser Grundlage versammeln, parteiisch, weil sie es ablehnen, Christen aufzunehmen, die mit den sie umgebenden Denominationen in Verbindung stehen? Dem entgegne ich entschieden, dass das ganz und gar nicht ihrem Grundsatz entspricht, obwohl so etwas natürlich gewiss das eine oder andere Mal (durch Unwissenheit oder Fehlverhalten) in der Praxis vorgekommen ist. Der Tisch gehört dem Herrn und jeder Gläubige, nicht nur die gerade erwähnten, die für die falschen Lehren verantwortlich waren, hat das Recht, dort seinen Platz einzunehmen. Ein Gläubiger aus einer evangelischen Glaubensgemeinschaft, der um Aufnahme in die Gemeinschaft bäte, würde auch aufgenommen werden, vorausgesetzt, sein persönlicher Glaube an Christus wäre ordnungsgemäß akkreditiert, und er wäre durch seine Stellung nicht in Verbindung mit irgendeiner falschen Lehrmeinung. Aber das ist etwas ganz anderes als eine Abendmahlsgemeinschaft. Diejenigen, die sich im Namen des Herrn und nach seinen Grundsätzen versammeln, nicht als Sekte, sondern nach dem wahren Prinzip der Versammlung Gottes, könnten unmöglich etwas zu Sekten sagen, wenn sie selbst eine Sekte wären. Sie haben diese hinter sich gelassen als etwas, das nicht von Gott ist. Sie können sich nicht auf derartige Arrangements einlassen, dass Gläubige das eine Mal innerhalb einer christlichen Gruppierung das Brot brechen und beim nächsten Mal bei ihnen teilnehmen. Wenn jemand das tun will, dann gebietet es sich sowohl ihm als auch dem Herrn gegenüber, dass er auf den Unterschied im Grundsatz hingewiesen wird. Er sollte verstehen, wie widersprüchlich es ist, sich das eine Mal dort zu versammeln, wo dem Grundsatz nach jegliche Art von Parteiung verurteilt wird und sich ein anderes Mal auf einer sektiererischen Basis zu versammeln. Kein verständiger Mensch, der diesen Unterschied wahrnimmt, würde einen solchen Kurs weiter verfolgen wollen. Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass die, die sich zum Namen des Herrn hin versammeln, diese Person ausschließen wollen, sondern ergibt sich aus der offenkundigen Widersprüchlichkeit des Verhaltens.

Die Gewissensfrage lautet nicht, ob diejenigen, die auf dieser Grundlage stehen, versagt haben, sondern ob sie auf der Grundlage des Herrn stehen. Parteiungen und Systeme, die der Mensch eingeführt hat, haben sich als Gegensatz zum Wort Gottes erwiesen. Würde man der vielfach vertretenen Meinung zustimmen, dass es keine Möglichkeit gibt, dem zu entkommen, würde man damit behaupten, dass Gott für die Seinen keine Vorkehrungen für einen gehorsamen Wandel getroffen hätte. Gewiss wird jeder mit der richtigen geistlichen Gesinnung diesen furchtbaren und verunehrenden Gedanken sofort verwerfen. Wenn Gott jedoch einen Weg vorgezeichnet hat, den der gehorsame Gläubige gehen soll, welcher ist es? Es ist ganz klar, dass wir diesem Weg nicht folgen können, solange wir noch auf dem Pfad des Ungehorsams sind. Daher sollten wir uns zuerst von allen Parteiungen und Systemen trennen, die, wie wir gesehen haben, keine Autorität durch das Wort Gottes haben, sondern vielmehr durch dieses verurteilt werden. Wenn wir dann den Pfad des Ungehorsams verlassen haben, stellt sich die Frage, welchen Fingerzeig Gott uns gibt, um uns direkt auf den Weg des Gehorsams zu bringen. Diese Hinweise hat Er uns in seinem Wort gegeben. Wenn wir diesem Wort folgen und uns allein zum Namen des Herrn versammeln, dann hat Er uns die Verheißung gegeben, dass Christus in unserer Mitte sein wird. Wenn wir in Gehorsam und in Abhängigkeit gegenüber seinem Wort zu dem Zweck zusammenkommen, den das Wort uns vorgibt, wenn wir alles Fleischliche außen vor lassen und stattdessen alles Gott überlassen, dann – so hat Er uns versprochen –, wird sein Geist uns leiten. Was wollen wir mehr? Was ist mit einer Satzung? Wir haben das Wort Gottes. Was ist mit der Wahrung der Ordnung? Wir haben die Leitung des Heiligen Geistes. Was ist mit Gaben und Talenten? Wir haben die Gaben und Talente eines aufgestiegenen Christus. Wir mögen in unserem Glauben versagen, Gott jedoch wird niemals versagen.

Lasst uns nun zum Schluss einen kurzen Blick auf den Bereich werfen, den wir durchquert haben. Wir haben gesehen, dass Gott den Gläubigen eine gegenwärtige und kostbare Hoffnung gegeben hat, die darin besteht, dass der Herr kommen wird, um sie heimzuholen in die von Ihm vorbereiteten Wohnungen. Die Welt hat den verworfen, der der Mittelpunkt aller irdischen Verheißungen war und die Erde wird die ihr zugedachten, reichhaltigen Verheißungen erst nach dem Gericht empfangen. In der Zeit der Ablehnung Christi durch die Welt sammelt Gott ein himmlisches Volk für sich – sein Leib und seine Braut –, und der Heilige Geist wurde auf die Erde gesandt, damit dieses Volk in eine Einheit mit dem himmlischen Haupt gebracht wird. Dieses Volk hat himmlischen Charakter, hat eine himmlische Hoffnung und wird als seine himmlische Braut mit Christus über die Schöpfung herrschen. Sie haben kein irdisches Teil und sollen nicht nach irdischer Macht streben; sie sollen sich nicht mit der Welt vermischen, als gehörten sie zu ihr, sondern als Teilhaber der irdischen Verwerfung Christi sollen sie sich von ihr absondern und den himmlischen Bräutigam erwarten. Sie sollen hier auf der Erde ein Zeugnis für Christus sein, den himmlischen Charakter und die himmlische Einheit, in die sie gebracht wurden, nach außen sichtbar zeigen. Wir haben jedoch auch gesehen, dass sie in diesem Punkt offensichtlich gescheitert sind, da sie in keiner Weise den Gedanken Gottes entsprechen, sondern völlig von seinem Wort abgewichen sind, seine Anordnungen beiseitegesetzt haben und gegenüber der Welt einen zerteilten Christus darstellen. Der wahre Weg des Gehorsams und der Unterordnung, den der Gläubige nun gehen soll, besteht darin, sich von allen Systemen zu lösen und sich in Schlichtheit zum Namen des Herrn hin zu versammeln, keinen Dienst zu akzeptieren, den Er nicht gegeben hat, keine Autorität außer der des Heiligen Geistes anzuerkennen und keine Regeln und Anordnungen außerhalb des Wortes Gottes aufzustellen. Das mag ein einsamer und schwieriger Weg sein, aber es ist der Weg des Gehorsams, der Weg des Glaubens und der Weg des Segens. Mögen unsere Herzen bereit sein, diesen Weg einfach zu gehen.

« Vorheriges Kapitel