Betrachtungen über die Briefe des Petrus

1. Petrus 1

„Petrus, Apostel Jesu Christi, den Fremdlingen von der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien, auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi: Gnade und Friede sei euch vermehrt!“ (V. 1–2)

Von Petrus, dem Apostel der Beschneidung, sind uns im göttlichen Wort nur zwei Briefe übermittelt, die von ihm selbst geschrieben wurden. Er schreibt an seine Landsleute, die Juden, die als Fremdlinge in alle Länder zerstreut waren und schon deswegen eine besondere Betreuung nötig hatten. Die Briefe sind nicht weniger wichtig, auch für die Gläubigen von heute, seien sie nun aus den Juden, oder aus den Nationen. Auch wir sind in dieser bösen Welt nur Beisassen und Fremdlinge.

Die Art, mit welcher der Apostel sich an die ihm anvertrauten Heiligen wendet, ist von großer Schönheit und Lieblichkeit. Er ist zwar immer noch der draufgängerische Petrus, aber es ist nicht mehr die Energie des Fleisches, das zum eisernen Schwert griff, sondern die Energie des Heiligen Geistes, die das geistige Schwert des göttlichen Wortes führt.

Schon in den beiden ersten Versen geht Petrus aufs Ganze und stellt uns die Dreieinigkeit Gottes vor Augen, was doch für die Juden ein großes Ärgernis war. Die drei Personen, Gott der Vater, Jesus Christus, Gottes Sohn, und der Heilige Geist waren als solche den Juden nicht bekannt. Dies anzuerkennen ist aber die Grundlage aller Erkenntnis über Gott.

Petrus betrachtet die Gläubigen als „auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters“. Das „Auserwählt-sein“ war den Juden nichts Fremdes, hatte Gott doch ihr Volk aus den Völkern herausgenommen und abgesondert, aber ihre Stellung und Berufung war nur für diese Erde. Nun hat Gott ein Volk, sowohl aus Juden als aus Nationen erwählt, das vom Vater zuvor erkannt war und für den Himmel bestimmt ist. Das war etwas ganz Neues. Ja, jeder Gläubige soll und darf nun im Verhältnis als Kind zum Vater stehen.

Diese Stellung beansprucht, mit dem Heiligen Geist versiegelt zu sein. Das ist eine andere Stellung als es bei Israel der Fall war, denn jene Heiligung war auf Vorschriften, Gesetze und Verordnungen gegründet. Auch war das Volk durch die Wasser des Roten Meeres von Ägypten getrennt, die Heiligen von heute sind es durch die Kraft des Geistes Gottes und dadurch abgesondert von der Welt und ihren Dingen.

Mehr noch, wir sind zum „Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi“ gekommen. Heiligung hat einen zweifachen Sinn: Erstens, wir gehören Gott an, denn die Welt liegt im Bösen und wir sind als Abgesonderte berufen, gehorsam zu sein und in den göttlichen Geboten zu wandeln. Wir sind trotz unserer Kraftlosigkeit dazu fähig. Denn, zweitens, sind wir nicht nur abgesondert, sondern auch gereinigt. Wir stehen auf dem sicheren und festen Grund des Erlösungswerkes von Golgatha. Das kostbare Blut Jesu Christi ist nicht nur die Quelle unseres Heils, sondern gleichzeitig auch die Kraft zur Reinheit und Heiligkeit. Gott sei gepriesen! Nichts aus uns, alles aus Ihm und in Ihm, unserem Herrn und Erlöser, in dem wir mehr als Überwinder sein können!

Der Weg in dieser Welt als „Pilger“ ist für den Glauben voller Hindernisse –  wir erfahren es täglich. Die Proben unseres Glaubens werden mehr werden, je näher wir dem Ende dieses Zeitalters kommen. Die jetzigen Zeugnisse bestätigen das vielfach. So hat auch Petrus, der den schweren Weg der Heiligen erkannte, gebetet: „Gnade und Friede sei euch vermehrt!“ Wenn Mühen und Leiden mehr werden, brauchen wir größere Gnade und der Herr gibt sie. In der Friedlosigkeit dieser Welt kommt unser Herzensfriede oft ins Wanken, der Herr weiß, wie er ihn wieder befestigen und vermehren kann. Das Gebet des Pilgers lautet:

Will uns der Weg ermüden,
Und wird der Kampf uns schwer,
Bewahr' uns deinen Frieden,
Die Gnad' in uns vermehr!

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten“ (V. 3).

Welch wunderbare, herrliche Tatsache ist die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten! Petrus ruft gleichsam in Begeisterung aus: „Gepriesen sei der Gott und Vater dafür!“ Mit der Auferstehung Jesu Christi aus den Toten steht und fällt das Christentum. Sie zu leugnen heißt die ganze Lehre des Christentums abzulehnen und zu verwerfen. „Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt aus den Toten!“ (2. Tim 2,8) ruft der Apostel Paulus seinem Knecht und Diener Timotheus zu. Die Auferstehung des Herrn ist auch unsere Auferstehung. „Seine große Barmherzigkeit“ hat uns Hoffnungslosen, tot in Sünden und Übertretungen, eine lebendige Hoffnung geschenkt. Es ist die kraftspendende Herrlichkeitshoffnung, zu „einem unverweslichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln aufbewahrt ist für euch“ (V. 4).

Dieses unverlierbare Erbe ist „unverweslich“, weil es nicht dieser Zeit, sondern der Ewigkeit angehört. Es ist der Macht des Fürsten der Finsternis entrückt, denn Christus ist durch seine Auferstehung Sieger über Tod und Satan geworden.

„Unbefleckt“ – alles in dieser Welt ist durch den Fall des Menschen befleckt. Wie gut, dass Gott das Erbteil nicht Menschenhänden anvertraut hat. Wie schnell wäre es von uns wieder befleckt worden. Dass Er es droben verwahrt, verbürgt seine Unantastbarkeit und Unverletzlichkeit. Die Neuschöpfung ist ohne Flecken. Die Sünde ist dort nicht mehr zugänglich.

„Unverwelklich“ – dieses Erbteil, von Christus erworben, von Gott uns geschenkt, wird nie etwas von seiner Schönheit und Frische einbüßen. „Der Baum des Lebens“ trägt Früchte in Ewigkeit und seine Blätter verwelken nicht – so wird auch unser gesegnetes Erbe die gleiche Wesensart haben, wie die des Herrn selbst.

„... die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit offenbart zu werden“ (V. 5).

Auf dem Weg zu diesem Ziel, dem Erbe droben im Licht, müssen wir bewahrt werden. Satan, der Feind der Seelen, setzt alles in Bewegung, um uns zu schaden und – wenn er es könnte – zu verhindern, dass wir das Ziel erreichen. Wie groß sein Widerstand ist, lässt sich daraus erkennen, dass wir die göttliche Macht brauchen um bewahrt zu werden. Aber vergessen wir nicht: Es ist eine Macht, die nur durch den Glauben in Tätigkeit gesetzt werden kann. Der Unglaube hat keine Verheißung, er empfängt nichts, er ist ein Spielball der Listen und Tücken Satans. Das, was der Glaube vor Augen hat, ist die Errettung (Seligkeit), „die bereit ist, in der letzten Zeit offenbart zu werden“. Es handelt sich nicht um die gegenwärtige Errettung, die die Vergebung der Sünden einschließt, sondern um die Errettung aus dem Wirrwarr und den Umständen dieser Zeit. Dies wird für uns stattfinden, wenn der Herr Jesus wiederkommt zur Entrückung – für Israel bei der Aufrichtung des messianischen Königreichs. Der Ausdruck „in der letzten Zeit“ will wohl den letzten Abschnitt der Gnadenzeit bezeichnen. Er ist identisch mit dem Wort „die letzte Stunde“ (1. Joh 2,18) des Apostels Johannes und „in den letzten Tagen“ (2. Tim 3,1; 2. Pet 3,3) des Paulus. Gemeinsam deuten sie darauf hin, „zu wachen“ und „bereit zu sein“.

„Worin ihr frohlockt, die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei Versuchungen; damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“ (Verse 6–7)

Die „mancherlei Versuchungen“, durch die der Gläubige zu gehen hat, könnten unser Herz und Gemüt traurig machen. Zwar ist Satan, dem Gott dieser Welt, nichts so lieb, wie die „Regenwetter-Christen“, die klagen, seufzen und tränen wie eine Dachrinne. Aber Gott will fröhliche Christen haben! Noch mehr, sie sollen „frohlocken“, das ist noch mehr als fröhlich sein: das ist jubilierende Fröhlichkeit. Dauern doch Mühsal und Not nur „eine kurze Zeit“, und nur „wenn es nötig ist“. Der Herr legt uns nicht mehr auf und nicht öfter als es notwendig ist, und Er selbst ist es, der Tragen hilft. Ein bewährter Mann Gottes hat in Bezug auf die schweren Wege, die der Geprüfte und Geübte zu gehen hat, gesagt: „Wenn der Herr es hätte anders machen können, würde Er es bestimmt anders gemacht haben!“ Darum lasst uns das Feuer der Erprobung nicht schrecken! Wie sollte unser Glaube sich bewähren können, wenn er nicht geübt würde? Der Herr lässt es zu, dass wir durch den Schmelztiegel gehen, damit wir umgestaltet werden in das Bild seiner Gleichförmigkeit. Bei der Offenbarung des Herrn, das heißt bei seinem Erscheinen, wird sich die Prüfung in Lob, Preis und Herrlichkeit seines kostbaren Namens wenden.

Die Heil'gen droben und uns, die noch hier,
Füllt eins nur – dein Lob, o glücksel'ger Gott;
Zu dir gebracht, erlöst durch Jesu Blut,
Bist du der Lobgesang – du, unser Gott!

Du, Gott und Vater, du bist unser Lied
An jenem Tage wolkenloser Pracht,
Wo deine Liebe alles überstrahlt,
Das Weltall füllt – o dir sei Preis gebracht!

„Indem ihr das Ende eures Glaubens, die Errettung der Seelen, davontragt – eine Errettung, über welche die Propheten nachsuchten und nachforschten, die von der Gnade euch gegenüber geweissagt haben“ (Verse 9–10).

Noch sind wir nicht am Ziel, noch leben wir durch Glauben, aber der Weg endet in der Herrlichkeit. Das ist der Triumph des Glaubens. Wie schwer der Kampf auch oft sein mag, der Glaube bleibt Sieger und Christus selbst wird den Siegespreis austeilen: die „Errettung der Seelen“. Überwunden durch des Lammes Blut schaut und schmeckt sie nun die Herrlichkeit des Herrn in ewiger Wonne und unaufhörlichem Glück. Schon die Propheten des Alten Bundes ahnten zukünftige Herrlichkeiten und weissagten von der Gnade, die solche austeilen würde:

„forschend, auf welche oder welcherlei Zeit der Geist Christi, der in ihnen war, hindeutete, als er von den Leiden, die auf Christus kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte“ (V. 11).

Welch köstlicher Trost für uns alle, dass nach den zeitlichen Leiden die Herrlichkeit folgt, und unser ewiges Teil sein wird! Es ist zwar unter den Christen ein geflügeltes Wort: „Durch Leiden zur Herrlichkeit!“, aber wie wenige sind bereit, sich mit den Leiden des Herrn eins zu machen. Manche denken, wenn sie krank, oder sonst von einer schweren Not geplagt sind, dass ihnen das dann ein Anrecht auf die Herrlichkeit geben würde. Davon sagt aber unsere Stelle und das ganze Wort Gottes nichts. Es sind die Leiden gemeint, die wir um Jesu Namen willen in einer gottfeindlichen Welt zu erdulden haben. Es sind die Leiden, welche diese von Gott abgefallene Welt, der ungläubige Zeitgeist, hervorruft und die wir so empfinden sollten, wie sie der Herr Jesus auf seinem Weg hier auf der Erde empfunden hat. Christus litt – Er litt auf dem Weg unter der Ungerechtigkeit der Menschen, dann litt Er am Kreuz. Das waren Leiden, an denen wir kein Teil haben können, denn dort litt Er wegen unserer Missetaten im Gericht. Er starb für unsere Sünden, Er wurde auferweckt und Er sitzt heute zur Rechten der Majestät Gottes. Aber in Herrlichkeit wird Er wiederkommen und uns, nachdem wir hier eine kleine Zeit gelitten haben, in das Vaterhaus führen. Mit Christus zu leiden und mit Christus verherrlicht zu werden ist der Grundsatz den Petrus uns nahe bringen will. Er bezieht sich auf alle „Haushaltungen“, auf alle Zeitabschnitte, in denen sich Gott mit den Menschen beschäftigte und beschäftigen wird. So bezeugte sich Gott an den Propheten:

„denen es offenbart wurde, dass sie nicht für sich selbst, sondern für euch die Dinge bedienten, die euch jetzt verkündigt worden sind durch die, die euch das Evangelium gepredigt haben durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist – Dinge, in welche die Engel hineinzuschauen begehren“ (V. 12).

Wie sehr begnadigt sind doch Kinder Gottes! Die Propheten des Alten Testaments wussten viel von dem kommenden Messias, von seinen Leiden und von seinen Segnungen und Herrlichkeiten, aber sie wussten nicht, wann dieses stattfinden und der Erlöser auf der Erde erscheinen würde. Die Engel Gottes, die Cherubim und Seraphim, umgeben den Thron Gottes und rufen: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen!“ (Jes 6,3), aber das Geheimnis seines Ratschlusses und das Geheimnis seines Evangeliums kennen sie nicht. Der Geist Gottes, der an Pfingsten auf die kleine Schar der Jünger herabkam, Er allein kann „in die ganze Wahrheit leiten“ (Joh 16,13). Nicht, dass der Heilige Geist die Herrlichkeit gibt, aber Er kündigt sie an.

Möchte gern auf ewig droben leben
Mit der auserwählten sel'gen Schar,
Ewig meines Heilands Ruhm erheben
Und mich seiner freuen immerdar.

Nicht zur Stadt mit ihren gold'nen Gassen
Geht des Herzens tiefste Sehnsucht hin;
Ewig möchte Ihn ich nur umfassen,
Dessen teures Eigentum ich bin.

O mein Jesus! Stille bald das Sehnen
Deiner Heil'gen noch im Pilgerkleid;
Trockne bald des Heimwehs heiße Tränen,
Hol' sie heim in deine Herrlichkeit.

„Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi“ (V. 13).

Es liegt auf der Hand, dass eine so große Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll, uns verpflichtet. Einen Gürtel gebrauchen wir für den Lebensweg und für den Kampf. Die herabfallenden Kleider des Morgenlandes waren hinderlich für beides, darum mussten sie mit einem Gürtel geschürzt werden. Nur so war man fähig zu marschieren und zu kämpfen.Wir brauchen den Gürtel, um die „Lenden unserer Gesinnung“ zu umgürten, wie Gottes Wort sagt. Die Kraft unserer Gesinnung wird sich auswirken, wenn wir dieselbe Gesinnung haben, wie sie auch in Christus Jesus war. Seine Gesinnung aber war Demut, Heiligkeit und Gehorsam. Das offenbarte sich bei Ihm in allem Wandel. Bei uns sollte es nicht anders sein! Umgürtet zu sein heißt konzentriert zu sein. Der Liederdichter Albert Knapp singt:

Eines wünsch' ich mir vor allem andern,
Eine Speise früh und spät;
Selig lässt im Tränental sich wandern,
Wenn dies eine mit uns geht:
Unverrückt auf
Einen Mann zu schauen,
Der mit blut'gem Schweiß und Todesgrauen
Auf sein Antlitz niedersank
Und den Kelch des Vaters trank.

„Nüchternheit“ ist eine Tugend, die in der gegenwärtigen Zeit besonders wertvoll ist. Betrachten wir den Herrn: In seinem Wesen, in seinen Worten, in seinen Werken war absolut nichts, was nicht nüchtern war! So wollen wir uns bemühen, nüchtern zu sein und uns nicht auf irgendwelche religiösen Schwärmereien einzulassen, die nur auf die Gefühle wirken, aber nie auf das Gewissen.

„Hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi“ will uns ohne Frage sagen: Überschwänglich groß wird die Gnade erscheinen, wenn Christus offenbart wird. Petrus spricht allgemein vom Kommen des Herrn und erwähnt weder die Entrückung noch sein Kommen in Herrlichkeit. Er legt lediglich Wert darauf, festzustellen, wie völlig und überschwänglich groß die Gnade an seinem Tag sein wird.

„Als Kinder des Gehorsams bildet euch nicht nach den vorigen Begierden in eurer Unwissenheit, sondern wie der, der euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel! Denn es steht geschrieben: „Seid heilig, denn ich bin heilig“ (Verse 14–16).

Gehorsam und Heiligkeit sind nicht voneinander zu trennen. Christus kam auf diese Erde und sagte: „Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,7). Dies ist nun heute die Aufgabe der Heiligen. Israel maß sich an zu sagen: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun!“ (2. Mo 19,8; 24,7). Armes Volk! Der Gläubige hingegen darf in der Kraft des Geistes Gottes wie Paulus auf dem Weg nach Damaskus sagen: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Das war Gehorsam ohne Vorbehalt. Ein solcher führt ohne Weiteres zur Heiligkeit. Wir wachsen in der Heiligkeit in dem Maß wie wir gehorchen und bereit sind, den Geboten des Herrn zu entsprechen und keinen eigenen Willen zu haben. Das hat nicht nur Bezug auf den Wandel, sondern auch auf die Lehre. Dem geliebten Gajus schreibt Johannes: „Ich habe keine größere Freude als dieses, dass ich höre, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln“ (3. Joh 4).Gott ermahnte das Volk Israel, nachdem Er es daran erinnert hatte, dass Er es mit mächtiger Hand aus Ägypten herausführte: „Seid heilig, denn ich bin heilig“ (3. Mo 11,45). Sollten wir nicht alle, die wir einst „Kinder des Ungehorsams“ waren und nun „Kinder des Gehorsams“ geworden sind, allen Fleiß anwenden in „allem Wandel“ heilig zu sein!

Drum gehört Dir unser Leben,
Unser Lob nur Dir allein;
Selig ist's, sich Dir ergeben,
Deinem Dienste sich zu weih'n,
Und gehorsam deinem Wort
Dir zu folgen, teurer Hort!

„Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht“ (V. 17).

Was mag das für einen Juden, auch wenn er bekehrt wurde, gewesen sein, dass er den dreimal heiligen Gott, von dem er nichts anderes kannte, als vor Ihm zu zittern, nun mit Freimut und ohne Furcht als Vater anrufen durfte! Welch herrliches Vorrecht ist doch die Gotteskindschaft! Wie zart und innig das Verhältnis mit dem himmlischen Vater! Und Gott nahm uns an, ohne Unterschied, so wie wir waren. Sollten wir nun bei den Mitmenschen Unterschiede machen und Personenkult betreiben? Das wäre ein Gräuel vor Gott. Die Heilige Schrift sagt in unserem Vers sehr ernst: „der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk.“ Der Nachsatz ist wichtig. Man hört oft sagen: Wenn eine Seele verloren geht, geht sie nicht um ihrer Sünden willen verloren, sondern weil sie nicht geglaubt hat. Dieser Satz ist unbedingt falsch. Gott urteilt und richtet nach den Werken. Selbstverständlich können wir nur durch den Glauben an das Erlösungswerk von Jesus Christus gerettet werden, niemals durch Werke. Gott aber wird den richten, der nicht geglaubt hat, nach seinen Werken. In dem Bewusstsein unserer Schwachheit werden wir gewiss mit Furcht und Zittern wandeln. Nicht mit sklavischer Furcht, als ob Gott uns wie ein Tyrann begegnen würde, nein – aber in ernstem Zittern und Beben, ich könnte durch Sünde die Gemeinschaft mit dem Herrn unterbrechen, meine Seele beflecken, und den Heiligen Geist betrüben.

„Indem ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“ (Verse 18–19).

Selige Gewissheit! Nicht vergängliche Dinge, nicht Silber oder Gold, wie wertvoll diese auch in den Augen der Menschen sein mögen, sind die Grundlage unseres Heils, sondern allein „das kostbare Blut ... eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“. Wie unendlich groß ist der Preis, den Christus für unsere Errettung bezahlt hat! Es war ein eitler, wertloser und fruchtloser Wandel, den wir im Fleisch gegangen sind, aber das Werk unseres Heilandes hat uns frei gemacht, frei gemacht, um nun den Lauf in Heiligkeit zu vollenden, nicht mehr uns selbst zu gefallen, sondern dem, der uns um einen unendlich kostbaren Preis erkauft hat.

Wir beugen uns vor Dir und loben
Dich voller Freude, voller Glück,
Durch Ihn, den Du so hoch erhoben,
Auf dem mit Wonne ruht dein Blick;
In Dessen Blute nun gereinigt
Der deinen Menge ohne Zahl,
Die Du auf ewig Ihm vereinigt
Zu deinem Preise allzumal.

„Der zwar zuvor erkannt ist vor Grundlegung der Welt, aber offenbart worden ist am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn an Gott glaubt, der ihn aus den Toten auferweckt hat und ihm Herrlichkeit gegeben hat, damit euer Glaube und eure Hoffnung auf Gott sei“ (Verse 20–21).

Ein Glaube und eine Hoffnung, die auf Gott gegründet sind, können niemals „zuschanden werden“ (Röm 10,11), denn die Grundlage unseres Glaubens ist Christus, das „vor Grundlegung der Welt von Gott zuvor erkannte“ Lamm Gottes. Jetzt aber, am Ende der Zeiten – sie beginnen mit dem Kommen des Herrn auf diese Erde – ist das Lamm Gottes erschienen. Als Johannes der Täufer Ihn sah, rief er vor Bewunderung aus: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!“ (Joh 1,29). Und dieses Lamm ist „als Sohn Gottes in Kraft erwiesen ... durch Toten-Auferstehung“ (Röm 1,4). Bis in den Tod ist er hinabgestiegen, denn die Sünde brachte uns in den Tod und damit auch ihn – ihn, der ohne Sünde war. Aber Gott hat ihn auferweckt und ihn damit geehrt, dass er, hier der Verworfene, droben mit Herrlichkeit gekrönt ist. So ist Er unser Heiland-Gott geworden. Jeder, der an Ihn glaubt, empfängt ewiges Leben und hat Teil an derselben Herrlichkeit, die Gott seinem Sohn gegeben hat. „Um euretwillen“ zeigt uns die ganze Erlöserliebe Gottes, die nicht will, dass der Mensch verloren gehe, sondern errettet werde.

Preis Dir, o großer Erretter,
Du hast es vollendet!
Wer sich im Glauben zu Dir
Und dem Gnadenstuhl wendet,
Der wird versöhnt,
Der wird mit Gnaden gekrönt;
Ruh' wird ins Herz ihm gesendet!

„Da ihr eure Seelen gereinigt habt durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe, so liebt einander mit Inbrunst aus reinem Herzen, die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“ (Verse 22–23).

An die Epheser schreibt der Apostel Paulus: „... wie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“ (Eph 5,25.26). Der Gehorsam gegen die Wahrheit hat zwei Wirkungen: Er reinigt unsere Herzen, denn wir gehören nicht mehr dem ersten Adam an, sondern dem zweiten. In diesem, in Christus Jesus, sind wir ohne Sünden, und unsere Seelen sind gereinigt von aller Befleckung des Fleisches. Der Gehorsam gegen die Wahrheit verbindet uns aber auch mit allen denen, die den gleichen Glauben an Jesus Christus haben. Die Bruderliebe ist das Wesen des neuen Lebens, das uns in ihm geworden ist. Wie könnte es anders sein? Wenn ich Gott liebe, der mir ewiges Leben geschenkt hat, ein Leben, das sich in Liebe offenbart, wie könnte ich dann den nicht lieben, der der Gegenstand der Liebe und Fürsorge Gottes ist?

Was ist „ungeheuchelte Bruderliebe“? Was geheuchelt ist, das ist nicht echt. Wir sollten echte Bruderliebe betätigen. Wenn ich bedenke, mit welcher Liebe ich von Gott geliebt bin, kann ich dann noch mangelnde Liebe gegen den haben, der mit der gleichen Liebe geliebt ist? Unmöglich! Alle Erlösten sind unsere Brüder, und wir sind berufen, sie „mit Inbrunst“ zu lieben, denn damit ehre ich den Herrn. Wie schön, wenn die Welt von uns sagen kann: „Siehe, wie lieb haben sie sich!“

Wir sind „nicht wiedergeboren aus verweslichem Samen“. Leibliche Brüder, die aus verweslichem (menschlichem) Samen gezeugt sind, können sich zanken und streiten – Kinder Gottes sind aus unverweslichem (göttlichem) Samen gezeugt, durch das lebendige Wort. In Johannes 17,17 betet der Herr: „Heilige sie durch die Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit.“ Alles was der Mensch hervorbringt, trägt den Stempel der Verweslichkeit und vergeht – aber alles was von Gott ist, ist unverweslich und ewig. Wer mit seinem Wort wirklich in Verbindung kommt, empfängt das Leben. Das Leben aber ist keine vorübergehende Sache, es ist wie das Wort Gottes selbst, es ist bleibend.

„Denn ‚alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und die Blume ist abgefallen; das Wort des Herrn aber bleibt in Ewigkeit.‘ Dies aber ist das Wort Gottes, das euch verkündigt worden ist“ (Verse 24–25).

Welch demütigendes Bild, das Gottes Wort von dem natürlichen Menschen entwirft! Ja, es zeigt uns das, was wir in uns selbst sind. Völlig wertlos, dem Feuer verfallen! Der Mensch mag sich noch so sehr seiner „Kultur“ und seines „Fortschritts“ rühmen, der Hauch Gottes weht ihn an, und aller irdische Glanz und alle menschliche Herrlichkeit verwelkt an einem Tag wie eine Blume. Aber mitten in dieser Welt des Stolzes und der Feindschaft gegen Gott, inmitten einer Welt von Sünde und Vergänglichkeit, ertönt der Gnadenruf Gottes, den Menschen zu erretten und den Gebundenen hinauszuführen in die Freiheit. Inmitten des Totenackers dieser armen Erde ertönt das Wort vom Leben inmitten aller Vergänglichkeit kündet der Herr das Wort der Unvergänglichkeit und Unverweslichkeit, das, was ewig bleibt. Damit schließt Petrus den ersten Abschnitt seines überaus interessanten und lehrreichen Briefs: „Dies aber ist das Wort, das euch verkündigt worden ist.“

Nun so trage
Deine Plage
Fein getrost und mit Geduld!
Wer das Leiden
Will vermeiden,
Häufte seine Sündenschuld.

Amen, Amen!
In dem Namen
Meines Jesus halt' ich still.
Es gesehene
Und ergehe,
Wie und wann und was Er will.

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