Das Berufsleben des Christen
Biblische Grundsätze für das Berufsleben

Was für ein Gehalt sollte ein christlicher Arbeitgeber zahlen?

Das Berufsleben des Christen

Es gibt auch die andere Seite. Manche Christen sind nicht oder nicht nur Angestellte und Mitarbeiter eines Unternehmens und einer Abteilung, sie sind (auch) Vorgesetzte oder sogar Arbeitgeber. Für sie geht es nicht nur um das eigene Gehalt. Sie haben auch über das Gehalt ihrer Mitarbeiter zu entscheiden. Nach was für Kriterien sollten sie vorgehen?

Gerecht und billig

Zunächst einmal sollten Arbeitgeber und Vorgesetzte ihren Mitarbeitern ein Gehalt zahlen, das den Leistungen, der Verantwortung des Aufgabengebiets und dem zeitlichen Einsatz entspricht. Der Apostel Paulus schreibt an die Kolosser: „Ihr Herren, gewährt euren Knechten das, was recht und billig ist“ (Kol 4,1). Wenn das Gehalt „recht“ ist, bedeutet dies, dass man den Lohn als „gerecht“ und gerechtfertigt bezeichnen kann. Er wird gezahlt in Übereinstimmung mit dem Tarifvertrag und im Blick auf vereinbarte Leistungen, die heute im Tarifvertrag stehen oder mit dem Mitarbeiter persönlich vereinbart sind. Bei „Gerechtigkeit“ geht es also um allgemeine Maßstäbe, denen der Arbeitgeber bei der Entlohnung genügen muss. Dazu gehört, dass in einem Unternehmen gleiche Aufgaben und gleiche Leistungsfähigkeit vergleichbar bezahlt werden müssen.

„Billigkeit“ (billig) dagegen ist mehr ein subjektives Empfinden. Auch hier geht es um Gerechtigkeit, denn die Arbeiter und Angestellten können nicht einfach nach persönlicher Willkür bezahlt werden. Dennoch wird, wenn es darum geht, „billig“ zu verfahren, die konkrete Gehaltsentscheidung vom Unternehmen (bzw. vom Vorgesetzten) nach persönlichem Empfinden beurteilt. Es geht also um ein individuelles Entscheiden darüber, was gerecht ist und der persönlichen Situation des Arbeitnehmers angemessen erscheint.

Gerechtigkeit und Billigkeit gehören zusammen. Zunächst muss das Gehalt gerecht sein, das heißt, es sollte objektiv im richtigen Rahmen stehen. Innerhalb eines solchen Rahmens aber gibt es Ermessensspielräume. Hier ist das persönliche Gerechtigkeitsempfinden eines Vorgesetzten gefragt.

Es ist unmöglich, jede Leistung allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Nehmen wir das Beispiel einer Abteilung, in der mehrere Mitarbeiter vergleichbare Arbeiten ausführen. Die Bezahlung dieser Mitarbeiter kann man nicht in jeder Hinsicht von subjektiven Einflüssen befreien. Daher ist hier eine „billige“, das heißt eine angemessene Entscheidung nötig. Dennoch ist es wichtig, dass der Vorgesetzte möglichst rationale Kriterien bestimmt, nach denen er die Entscheidung des Gehalts trifft, aber auch zum Beispiel die einer variablen (veränderlichen) Vergütung. Sympathie und Antipathie dürfen keine Entscheidungsgrundlage sein.

Nicht ungerecht sein

Ungerechtes Verhalten von Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitern soll noch anhand einer Bibelstelle erörtert werden, die uns zu denken gibt:

„Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der von euch vorenthalten worden ist, schreit, und das Geschrei der Schnitter ist zu den Ohren des Herrn der Heerscharen gekommen. Ihr habt in Üppigkeit gelebt auf der Erde und geschwelgt; ihr habt eure Herzen gepflegt wie an einem Schlachttag“ (Jak 5,4.5).

Offensichtlich gab es zu allen Zeiten Arbeitgeber, die von ihren Mitarbeitern zwar profitieren wollten, selbst jedoch nicht bereit waren, einen gerechten Lohn zu zahlen. In diesem Fall wurde den Arbeitern sogar überhaupt kein Lohn gezahlt. Wie gut zu wissen, dass Gott das Schreien der Betrogenen hört und beantwortet! Das sollten Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter ausnutzen und keinen angemessenen Lohn zahlen, nicht vergessen. Gott nimmt sich immer besonders der Armen an.

Angemessen

Ein Kriterium bei der Festlegung des Gehalts ist somit, dass es gerecht bestimmt werden muss. Das heißt letztlich, dass es im Blick auf den Umfang und die Güte der Arbeitsleistung angemessen ist. Schon im Alten Testament finden wir den Grundsatz: „Du sollst dem Ochsen, der drischt, nicht das Maul verbinden“ (1. Tim 5,18; 5. Mo 25,34). An anderer Stelle fügt der Apostel Paulus diesem Zitat hinzu: „Ist Gott etwa um die Ochsen besorgt? Oder spricht er nicht durchaus um unsertwegen? Denn es ist unsertwegen geschrieben, dass der Pflügende auf Hoffnung pflügt und der Dreschende auf Hoffnung dreschen soll, um daran teilzuhaben“ (1. Kor 9,9.10).

Der Apostel will damit sagen, dass nicht nur Tiere ihrer Arbeitsleistung entsprechend Nahrung erhalten sollen. Gott will, dass der Mensch für seine Arbeit eine angemessene Entlohnung erhält. Natürlich ist „angemessen“ ein sehr dehnbarer Begriff. Ein Vorgesetzter sollte sich Gott zum Vorbild nehmen. Unser Schöpfer ist nicht kleinlich, sondern sehr freigiebig. Es ist klar, dass ein Arbeitgeber sein Unternehmen nicht durch zu hohe Löhne und Gehälter ruinieren darf. Inzwischen weiß jedoch jeder, dass nur motivierte Mitarbeiter dauerhaft gute Leistungen bringen. Das Gehalt ist zweifellos ein wesentlicher Bestandteil der heute als „Motivationspaket“ bzw. „Zufriedenheitsfaktor eines Arbeitnehmers“ bezeichneten Gesamtentlohnung.

Nichtmonetäre Gehaltsbestandteile

Die wissenschaftliche Fakultät der Betriebswirtschaftslehre (BWL) beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Bedeutung von Mitarbeitergehältern und damit auch mit nichtmonetären Gehaltsbestandteilen1. Sie hat im Bereich des Personalwesens lange Zeit gebraucht, um herauszuarbeiten, dass Mitarbeiter bei Weitem nicht allein durch „geldliche Bestandteile“ motiviert werden. Man fand heraus, dass dem sogenannten nichtmonetären Bereich weitaus mehr Bedeutung zukommt, als man im Allgemeinen annimmt. Dazu gehören Lob, Beförderungen und auch der Einblick in die Unternehmensstrategie, die Möglichkeit, mit der Unternehmensspitze direkt zusammenarbeiten zu können, usw. Das alles motiviert Angestellte und Arbeiter zuweilen mehr als 100 Euro mehr am Monatsende auf dem Gehaltskonto.

Während die Wissenschaft für diese Erkenntnis viele Jahrhunderte nötig hatte, finden wir diesen Aspekt schon längst im Wort Gottes wieder. In Matthäus 25 lesen wir von einem Gleichnis, das der Herr Jesus seinen Jüngern erzählt hat. Ein Mensch reiste außer Landes und übergab seinen Knechten Kapital. Einer bekam fünf, ein anderer zwei Talente, ein Dritter ein Talent. Die Knechte sollten mit diesen Vermögenswerten handeln, bis ihr Herr von seiner Reise zurückkäme.

Zwei dieser drei Knechte waren treu. Sie arbeiteten mit vollem Einsatz und verdoppelten jeweils ihr Kapitel. Ihr Herr belohnte sie nach seiner Rückkehr für diesen Einsatz. Zweifellos ist er ein Bild vom Herrn Jesus, der die Seinen in vergleichbarer Weise belohnen wird, wenn Er wiederkommen wird.

Arten von Belohnung/Lohn

Dieses Gleichnis soll uns in erster Linie zeigen, wie ein Erlöster sein Leben als Dienst für seinen Herrn führen soll und dass er dafür belohnt wird. Daraus kann man einige Grundsätze ableiten, die für unser Thema von Bedeutung sind. Die dort genannte Belohnung – vergleichen wir sie einmal mit einem Gehalt – bestand aus drei Teilen:

  • „Wohl, du guter und treuer Knecht!“ Das ist ein ausdrückliches Lob des Vorgesetzten. So wie dieser Herr, also wie der Herr Jesus, sollten auch irdische Vorgesetzte ihre Mitarbeiter loben, wenn sie gute Arbeit geleistet haben. Jeder von uns hat Lob nötig – der eine mehr, der andere weniger. Lob muss angemessen sein und darf nicht übertrieben wirken. Der Herr Jesus ist dafür unser Vorbild.
  • „Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen.“ Diesen zweiten Teil könnte man als Inbegriff monetärer Vergütung verstehen. Aus Lukas 19,17.19, wo wir ein ähnliches Gleichnis finden, können wir schließen, dass es bei der Belohnung darum geht, im 1000-jährigen Friedensreich über eine bestimmte Anzahl von Städten Herrschaft auszuüben. Je nach unserer Treue während unseres Lebens werden wir über viele oder wenige Städte herrschen. Bezogen auf die Vergütung von Arbeitnehmern kann man sagen, dass es darum geht, sie angemessen zu entlohnen. Vielleicht kann man sogar von einer Art „Beförderung“ als Ergebnis von guter und treuer Arbeit sprechen – denn das Setzen über Städte ist ja eine erweiterte Verantwortung, die der Jünger erhält.
  • „Geh ein in die Freude deines Herrn.“ Dieser dritte Teil ist weder Lob noch Gehalt. Schon das Lob stellt einen nichtmonetären Bestandteil des Gehalts dar. Dieser dritte Teil geht aber noch weit über den ersten hinaus. Hier geht es darum, dass der Herr die Seinen sogar an seiner eigenen Freude Anteil nehmen lässt. Kann man sich eine höhere Belohnung vorstellen? Es geht nicht um Geld und Materielles, sondern einfach um Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus.
    Tatsächlich ist es für einen Mitarbeiter höchst motivierend, wenn sein Vorgesetzter ihn über seine strategischen Überlegungen oder sonstige Pläne informiert. Der Leiter ist dazu nicht verpflichtet. Wenn er es dennoch tut, schafft dies ein Vertrauensverhältnis, das oft mehr motiviert als zusätzliche 100 Euro.

So lernen Vorgesetzte, wie wichtig es ist, ihre Mitarbeiter nicht nur monetär zu entlohnen, sondern auch eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Mitarbeiter wohlfühlen. Ein christlicher Arbeitgeber wird solche Dinge im Auge haben, die hier nur beispielhaft erwähnt werden.

Wir sollten auf den Herrn Jesus schauen, wie Er mit uns handeln wird, und Ihn in diesem Verhalten sogar nachahmen. Darüber hinaus lernen wir an dieser Stelle, dass der Herr Jesus schon damals ein weises Prinzip der nichtmateriellen (unentgeltlichen) Entlohnung gegeben hat.2 Der Mensch hat viele Jahrhunderte gebraucht, um diesen Grundsatz moderner Arbeitspsychologie zu entwickeln und in den Unternehmensphilosophien zu verankern. Gott ist weiser als wir. Er kennt den Menschen am besten und weiß, was ein Arbeitnehmer benötigt.

Leistung entscheidet

Uns geht es jetzt nicht um die eigentliche Belehrung des Herrn Jesus in diesem Gleichnis, die viel höherer Natur ist und die materielle Wirklichkeit fast unendlich überhöht. Uns interessiert für unser Thema, warum ein Knecht eine bessere Entlohnung erhält als ein anderer. Der Grund dafür liegt – menschlich gesprochen – in der höheren Leistung, das heißt in dem größeren Erfolg, den er im Vergleich zu den anderen Knechten erzielt hat. Das kann man auf die Entlohnung von Arbeit anwenden. Je größer der Einsatz eines Mitarbeiters ist – vor allen Dingen, je mehr Leistung er erbringt3 – und je höher sein Anteil am Erfolg des Unternehmens ist, desto höher sollte sein Lohn, sein Gehalt, sein. Es gibt noch einen zweiten, wesentlichen Faktor: die Verantwortung, die einem Mitarbeiter übertragen worden ist. Je höher die Gesamtverantwortung, die er für das Unternehmen hat, desto höher ist sein Gehalt.

Dabei dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass Leistung nicht auf „effektive Arbeitsproduktivität“4 reduziert werden kann, also auf Menge an Arbeitsergebnissen pro Zeiteinheit. Es gibt oft langsamere Mitarbeiter, die dafür einmal pro Woche/Monat eine innovative Idee haben, die für ein Unternehmen einen sehr wertvollen Fortschritt bewirkt. Man darf also hier nicht einseitig beurteilen wollen.

Heißt das: Leistung und Höhe der Verantwortung bestimmen das Gehalt? Im irdischen Bereich ist das so. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass bei Gott nicht die Leistung entscheidet, sondern die Treue. Das sollten wir nie aus den Augen verlieren. Treue ist sozusagen die Leistung, die jemand erbringt, gemessen an der Leistungsfähigkeit, die er überhaupt haben kann. So wie es große und kleine Gläser gibt, so gibt es größere und kleinere Kapazitäten, größere und kleinere Fähigkeiten. Das muss bei Beurteilungen von Mitarbeitern im Auge behalten werden. Was die Entlohnung in Unternehmen betrifft, geht es allerdings um andere Kriterien.

Fußnoten

  • 1 Damit sind Teile des Gehalts gemeint, die nicht in Geld ausbezahlt werden. Dazu kann beispielsweise zählen, dass jemand ein Einzelbüro bekommt oder einen zusätzlichen Tag Urlaub usw.
  • 2 Beim Herrn Jesus geht es nie um eine geldliche Entlohnung. Es geht uns hier um das Prinzip, das man aus den Worten des Herrn Jesus ableiten kann.
  • 3 Dabei wollen wir nicht verkennen, dass Einsatz nicht vollständig mit Leistung zu verbinden ist. Wenn man mit einer stumpfen Säge 24 Stunden tätig ist, erzielt man vielleicht – selbst wenn man großen Einsatz zeigt – dasselbe Ergebnis, als wenn man nur 6 Stunden mit einer geschärften Säge arbeitet.
  • 4 Arbeitsproduktivität ist Arbeitsergebnis/Arbeitseinsatz – also das Mengenverhältnis von Leistung und Einsatz: Der eine stellt 1000 Schrauben pro eine Stunde Arbeitszeit her, ein anderer vielleicht 800 Schrauben/Arbeitsstunde.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel