Das Berufsleben des Christen
Biblische Grundsätze für das Berufsleben

Vorbildliche Arbeiter

Das Berufsleben des Christen

Im weiteren Verlauf gehen wir auf einzelne Aspekte des Arbeitslebens ein, wie sie im Neuen Testament vorgestellt werden. Zuvor sehen wir uns jedoch noch zwei herausragende Vorbilder aus dem Neuen Testament an, die uns zeigen, wie wir unseren Beruf ausüben sollten.

Paulus

Wir lesen mehrfach im Neuen Testament, mit was für einer Hingabe der Apostel Paulus seine Arbeit verrichtet hat. Obwohl er als Apostel das Recht hatte, zu nehmen, arbeitete er, um anderen geben zu können. Ein Beispiel: In Apostelgeschichte 20 lesen wir: „Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisst, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben. Ich habe euch in allem gezeigt, dass man, so arbeitend, sich der Schwachen annehmen und der Worte des Herrn Jesus gedenken müsse, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,33–35).

Paulus war ein Mann, der wie wir als Sünder geboren wurde. Nachdem er sich bekehrt hatte, stellte er sich ganz in den Dienst seines Retters und Herrn, Jesus Christus. Vielleicht kann man das als einen „vollzeitigen Dienst im Werk des Herrn Jesus“ nennen (vgl. 1. Kor 16,10). Paulus war aber erstaunlicherweise in Abständen immer wieder als Zeltmacher tätig. In seiner Zeit, aber auch bis heute, gab es wahrscheinlich niemand, der mit gleichem Einsatz oder in dieser Intensität seinem Meister gedient hätte (vgl. 1. Kor 15,10). Zudem hat Gott verordnet, dass Diener, die das Evangelium verkündigen, „vom Evangelium leben“ sollen (1. Kor 9,14), also von den Gläubigen finanziell unterstützt werden sollen, so dass sie keiner irdischen Arbeit mehr nachgehen müssen.

Vor diesem Hintergrund kann man mit Recht sagen, dass Paulus es nicht nötig hatte, einem säkularen (weltlichen) Beruf nachzugehen. Dennoch lesen wir mehrfach von seiner Arbeit als Zeltmacher (vgl. Apg 18,3; 1. Thes 2,9). Das muss uns beeindrucken. Wer hat wie er von seinem Meister gelernt? Daher verwundert es uns nicht, dass Paulus der einzige neutestamentliche Briefschreiber ist, der ein Wort des Herrn Jesus weitergibt, das nicht in den Evangelien zu finden ist: „Geben ist seliger als Nehmen.“ Nach diesem Wort hat Paulus wirklich gelebt.

Verzicht auf Rechte

In 1. Korinther 9,6 lesen wir, dass Paulus das Recht hatte, nicht zu arbeiten. „Haben allein ich und Barnabas nicht das Recht, nicht zu arbeiten?“ Warum arbeitete er dennoch? Es gab mehrere Gründe. Besonders wichtig war es ihm, den Christen nicht zur Last zu fallen. Ihm war es ein Anliegen, das Evangelium kostenfrei weiterzugeben. So konnte er den Ältesten aus Ephesus, als er mit ihnen in Milet zusammentraf, seine Hände zeigen. Diese Hände hatten körperliche Arbeit geleistet, sie hatten Zelte angefertigt. Paulus war den Ephesern nicht zur Last gefallen, im Gegenteil – er hatte sogar für sie gesorgt! Nacht und Tag, wie er einmal den Thessalonichern schreibt, hatte er gearbeitet. Wir lesen auch, dass er Nacht und Tag gebetet hatte. Nacht und Tag hatte er die Gläubigen zudem ermahnt (Apg 20,31; 1. Thes 2,9; 3,10; 2. Thes 3,8; 2. Tim 1,3). Man fragt sich, wie dieser Mann das alles geschafft hat und wann er geschlafen hat.

Schon damals hatten die Gläubigen die Pflicht, die Diener des Herrn finanziell zu unterstützen (vgl. z. B. 1. Tim 5,18). Aber bereits in der Zeit des Apostels Paulus sehen wir, dass viele sich dieser Pflicht entzogen. Im Gegensatz dazu stehen die Philipper – man könnte auch sagen: die Mazedonier im Allgemeinen. Sie kümmerten sich um den Apostel. Von den Korinthern wollte Paulus keine materielle Unterstützung annehmen, weil ihr schlechter moralischer Zustand dazu geführt hätte, dass sie sich auf ihre Unterstützung etwas eingebildet hätten. Viele andere dachten nicht an den Apostel. So arbeitete er selbst mit seinen eigenen Händen. Obwohl Paulus von Gamaliel, einem der gebildetsten jüdischen Theologen der damaligen Zeit geschult worden war (Apg 22,3), war er bereit, eine ganz einfache, praktische Tätigkeit auszuführen: Er war Zeltmacher. 1

Paulus ist für uns ein gewaltiges Vorbild. Dennoch sollte sich niemand überschätzen. Nicht wenige dachten, sie wären in der Lage, in der Kraft Gottes Übermenschliches zu vollbringen. Und tatsächlich schenkt Gott Kraft, um für Ihn tätig zu sein. Dennoch ist zu bedenken, dass Paulus weder eine Ehefrau noch eine Familie hatte. Zudem war er ein besonderes Gefäß in den Händen Gottes, das Er in einzigartiger Weise zubereitet und ausgewählt hatte (vgl. Apg 9,15).

Keiner sollte seine eigenen körperlichen und geistigen Kräfte überschätzen. Das ist ungeistlich und kann oft in einer Überforderung und folglich in einem Burn-out enden. Oder es besteht die Gefahr, dass andere wichtige Bereiche unseres Lebens, wie Ehe, Familie, Beruf, leiden oder dass durch häufige Abwesenheit die Mitarbeit in der örtlichen Gemeinde beeinträchtigt wird. Auch das wäre nicht gut.

Jesus Christus

Während der Apostel Paulus, so wie wir, in Sünde geboren wurde, schauen wir anbetend auf zum Herrn Jesus Christus, der durch den Heiligen Geist gezeugt und ohne Sünde war. Er ist der ewige Sohn Gottes, Gott gepriesen in Ewigkeit. Bevor Er auf diese Erde kam, war Er nicht nur der Schöpfer, sondern derjenige, der alles bestimmte und dem jeder und alles gehorchen musste. Hatte Er als Mensch nicht das Recht, sich bedienen zu lassen? Ja, das hatte Er! Was aber lesen wir von Ihm? „Ist dieser nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und ein Bruder von Jakobus und Joses und Judas und Simon?“ (Mk 6,3). Von frühster Jugend an arbeitete Er für seinen eigenen Unterhalt und für den seiner ganzen Familie.

Er ist der Herr über alle und machte sich selbst dennoch zum Diener. Er nahm auf dieser Erde den untersten Platz ein. Er ließ sich nicht bedienen, sondern diente selbst. Er suchte sich eine sehr schlichte, arme Familie aus, in der Er zur Welt kommen wollte. Er suchte sich einen Vater, der als sein Pflegevater einen einfachen Beruf ausübte. Wir wurden in diese Welt hineingeboren, ohne etwas bestimmen zu können. Das war bei dem Herrn Jesus völlig anders. Denn Er war bei Gott in der Herrlichkeit längst vor seiner Geburt. So bestimmte Er selbst, wer seine Mutter sein sollte, und damit auch, in was für einer (einfachen) Handwerker-Familie Er aufwachsen sollte.

Nebenbei bemerkt: Wir denken im Blick auf den Beruf unseres Retters daran, wie viele Nägel unser Herr als junger Mann in Hölzer trieb, die für Häuser oder Schiffe vorgesehen waren. Wie oft mag Er daran gedacht haben, dass ein Zeitpunkt kommen würde, an dem solche Nägel durch seine Hände und Füße in ein Fluchholz geschlagen würden. Allein diese Überlegung wird Erlöste zur Anbetung bringen. Aber auch der Gedanke, dass Er, der ewige Gott und Schöpfer, als Mensch bereit war zu arbeiten, führt uns zur Anbetung.

Schon früh in den Evangelien lesen wir nichts mehr von Joseph. Das lässt vermuten, dass er vergleichsweise früh gestorben ist. Daher kann man wohl davon ausgehen, dass Jesus als Marias ältester Sohn jedenfalls zeitweise für den Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner Geschwister sorgte (vgl. Joh 19,26.27). Er war bekannt als Zimmermann.

Bleibende Spuren

Heute besitzt Er einen Auferstehungsleib, einen verherrlichten Körper. Dennoch werden wir im Himmel seine Hände sehen können, diese Hände, die auch dann noch die Zeichen seiner Leiden tragen werden: Es werden durchbohrte Hände sein (vgl. Lk 24,40; Off 5,6). Es sind die Hände, welche die Füße der Jünger gewaschen haben, kurz bevor Jesus gefangen genommen wurde (Joh 13).

Es werden die Hände sein, die einmal hier auf der Erde Nacht und Tag, Tag und Nacht gearbeitet und gedient haben (vgl. Joh 3,2; Mt 14,22 ff.; Lk 6,12 ff.). Was für eine Hingabe Dessen, der nicht nur kam, um am Kreuz von Golgatha Sühnung zu bewirken! Er kam, um für Erlöste ein Vorbild zu sein, dem wir nachfolgen sollen. Denken wir an seine Ermahnung im Blick auf die Fußwaschung: „Wenn nun ich, der Herr und der Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen“ (Joh 13,14). Er ist für uns im Blick auf unsere irdische Arbeit Maßstab und Ansporn zugleich.

Fußnoten

  • 1 Es war damals übrigens für Schriftgelehrte und Pharisäer Pflicht, einen praktischen, handwerklichen Beruf auszuüben, der es ihnen ermöglichte, für das tägliche Leben aufzukommen.
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