Der 1. Brief an die Korinther

Kapitel 15

Der 1. Brief an die Korinther

Die Anfangsworte von Kapitel 15 scheinen auf den ersten Blick recht merkwürdig zu sein. Warum, so mögen wir fragen, sollte der Apostel das Evangelium Menschen verkündigen, die es bereits empfangen hatten?

In seinen Worten lag wohl eine gewisse heilsame Ironie, die uns auch in den Versen 37 und 38 des vorhergehenden Kapitels begegnet ist. Wir haben früher schon mehrmals bemerkt, dass die Korinther von sich selbst, ihren Gaben und deren Ausübung eine aufgeblähte Meinung hatten, so dass der Geist Gottes ihnen die Wirklichkeit vor Augen malte. Der Intellektualismus, für den sie eine Vorliebe hatten, führte sie dahin, die Auferstehung von den Toten – eine fundamentale Wahrheit des Evangeliums – zu leugnen oder zumindest in Frage zu stellen. Deshalb musste der Apostel damit beginnen, ihnen das Evangelium noch einmal zu erklären.

Das Evangelium errettet uns, wenn wir seine Botschaft „im Gedächtnis behalten“ oder einfach „festhalten“. Wenn wir das Wort nicht festhalten, errettet es nicht. Einige lieben das „Wenn“ nicht, aber dennoch steht es da. Es ist leicht, zu sagen „Ich glaube“, und sich dann zu den Gläubigen zählen zu lassen. Doch mit der Zeit wird es offenbar werden. Der wahre Gläubige hält unentwegt fest, ein unechter tut das nicht. Mit diesem Vorbehalt können wir allen, die sich als Christen bekennen, sagen: „Das Evangelium hat euch errettet, und in ihm steht ihr.“ Wenn daher jemand die Wahrheit des Evangeliums durch Veränderungen verfälscht oder beeinträchtigt, dann zieht er sich selbst den Boden unter den Füßen weg.

Nun gibt uns das Evangelium Tatsachenberichte. Erstens die Tatsache des Todes Christi für unsere Sünden, wie die Schrift es vorausgesagt hatte (z.B. Jes 53,5.8). Zweitens die beiden Tatsachen Seines Begräbnisses und Seiner Auferstehung, die hier zusammengefasst sind als „nach den Schriften“ (z.B. Jes 53, 9. 10).

Es gab keine Frage hinsichtlich der ersten und zweiten dieser Tatsachen: sie waren öffentlich bekannt. Die dritte war nicht öffentlich bekannt, aber sie war das besondere Thema der apostolischen Predigt, wovon die Apostelgeschichte berichtet. Und eben die dritte Tatsache wurde hier in Frage gestellt, und darum erinnert Paulus die Korinther an die überwältigende Bezeugung dieser Wahrheit, die vorhanden war. Er führt sechs verschiedene Gelegenheiten an, bei denen Er als der Auferstandene gesehen wurde, und schließt dann diese Reihe mit seinem eigenen Erlebnis ab, wo der Herr ihm selbst als der Auferstandene und Verherrlichte erschienen war. Diese Liste ist dabei keineswegs erschöpfend, denn er übergeht die Gelegenheiten, bei denen der Herr den gläubigen Frauen erschien.

Nun, er selbst stand am Schluss einer langen Reihe von Zeugen, und dies erinnert ihn an die Tatsache, dass er, als die anderen Apostel ihren auferstandenen Herrn sahen, noch ein Gegner und ein Verfolger war, zumindest in seinem Herzen. Der Gedanke daran demütigte ihn und gab ihm ein Gefühl der Unwürdigkeit, zu den Aposteln gerechnet zu werden. Doch erfüllte dieser Gedanke ihn auch mit einer tiefen Empfindung für die Gnade Gottes – eine Gnade, die ihn nicht nur berufen, sondern auch in ein Leben der Arbeit für seinen Herrn geführt hatte, worin er alle anderen übertraf Doch was ihr Zeugnis betraf, so bestand kein Unterschied. Ob die Zwölf oder er selbst, sie alle hatten gleicherweise das Evangelium des auferstandenen Christus gepredigt. Die Korinther hatten von ihren Lippen kein anderes Evangelium als dieses gehört. Sie hatten an einen auferstandenen Christus geglaubt.

Die ganze Wahrheit über die Auferstehung hing ab von der Auferstehung Christi, wie Vers 12 zeigt. Wie kann man die Auferstehung leugnen, wenn Christus auferstanden ist?

Paulus fährt fort, das Thema in umfassender und geordneter Form zu erörtern. Zuerst betrachtet er die Annahme, dass es überhaupt keine Auferstehung gebe, und zeigt, welche logischen Folgen sich daraus ergäben. Damit beschäftigen sich die Verse 13–19. Es ist völlig einleuchtend: Wenn es keine Auferstehung gibt, ist Christus nicht auferstanden. Und wenn Christus nicht auferstanden ist, was dann?

Dann hat das notwendigerweise eine Reihe von Folgen. Die Predigt des Paulus war dann vergeblich, denn er musste für schuldig erklärt werden, nicht eine Tatsache, sondern einen Mythos gepredigt zu haben. Ihr Glaube war ebenfalls vergeblich, denn sie hatten an einen Mythos geglaubt. Dies erklärt die Bemerkung am Schluss von Vers 2. Das „vergeblich geglaubt“ wie es dort heißt, bezieht sich nicht auf einen Glauben von schwacher oder mangelhafter Beschaffenheit, sondern auf einen Glauben, der – und wenn er noch so stark wäre – auf unwürdigem und falschem Grund ruht.

Und weiter würde das bedeuten, dass die Apostel keine wahrhaftigen Männer, sondern falsche Zeugen waren, und dass die Korinther selbst, trotz ihres Glaubens an deren Zeugnis, noch in ihren Sünden waren. Es würde bedeuten, dass die Gläubigen – darunter einige Korinther –, die schon gestorben waren, nicht zur Seligkeit eingegangen, sondern verloren gegangen waren. Es würde jeden Segen oder jede Hoffnung, die sich von Christus herleitet, auf die Dinge im Bereich dieses Lebens beschränken. Was für eine Tragödie! Jede leuchtende Hoffnung auf eine ewige Herrlichkeit wäre ausgelöscht in der Nacht des Todes, aus der es kein Erwachen gibt. Alles, was Christus uns zu geben vermag, würde zu einem Beispiel der Menschenliebe zusammenschrumpfen, dem wir folgen könnten und das dann unser kurzes Leben in dieser Welt ein wenig veredeln würde.

Es liegt keine Übertreibung in der Feststellung, dass, wenn das alles ist, „wir die elendsten von allen Menschen“ sind. Natürlich wären wir das! Jeder Christ, der des Namens würdig ist, hat wohlüberlegt den sündigen Vergnügungen der Welt den Rücken zugekehrt. Er verzichtet auf das, was er haben könnte, das Vergnügen im Befriedigen seiner Lüste, und er tut das im Blick auf eine Zukunft, die aber doch nie käme. In diesem Fall glichen wir tatsächlich dem Hund in der Fabel, der ein Stück Fleisch fallen ließ, als er nach dessen Schatten schnappte. Der ganz und gar weltliche Mensch hat wenigstens die Vergnügungen der Sünde, wohingegen wir in beiden Welten eine Niete ziehen würden.

In Vers 20 wechselt der Apostel von dieser negativen Linie der Argumentation zu einer positiven Beweisführung über. Er geht jetzt von der herrlichen Tatsache aus, dass Christus eben doch aus den Toten auferweckt ist, und zwar auferweckt als der Erstling der entschlafenen Gläubigen. Letztere sind die darauf folgende Ernte und gehören derselben Art an wie Er selbst. Diese bedeutsame Wahrheit findet ihre ausführliche Erklärung im weiteren Verlauf dieses Kapitels, sie ist schon im Gebrauch des Wortes „Erstling“ enthalten. Niemand würde dir eine Kartoffel als Erstlingsfrucht der Weizenernte anbieten, oder eine Pflaume als Erstlingsfrucht der Apfelernte. Sie würden ja nicht zueinander passen. Aber hier gibt es nichts, was nicht zusammenpassen würde. Obwohl Christus Gott ist, wurde Er doch Mensch, und als der auferstandene Mensch ist Er der Erstling derer, die im Glauben gestorben sind. Seine Auferstehung schließt notwendigerweise die Auferstehung all der Seinen mit ein.

Dieser Punkt ist von solcher Bedeutung, dass die Beweisführung für einen Augenblick unterbrochen wird, um in den Versen 21–23 vertieft zu werden. Der Tod kam durch einen Menschen, so ist auch jetzt die Auferstehung durch einen Menschen. Durch Adam wurde der Tod in die Schöpfung eingeschleppt, und alle, die in ihm sind, das heißt, die sein Geschlecht sind, stehen unter dem Todesurteil. Christus führte die Auferstehung ein, und alle, die in Ihm sind, die zu Seinem Geschlecht gehören, werden „lebendig gemacht“ werden. Dieses Lebendig-gemacht-Werden ist das besondere Vorrecht derer, die des Christus sind. Obwohl die Ungerechten auferweckt werden, schließt ihre Auferstehung ein „Lebendigmachen“ nicht ein. Die Gläubigen werden eingehen in das, was eigentlich „Leben“ ist. Wie vollständig und herrlich ist die Antwort Gottes auf die Sünde des Menschen!

Bei der Auferstehung muss jedoch eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden: „Ein jeder aber in seiner eigenen Ordnung“, wie Vers 23 sagt. Christus ist zuerst aus den Toten auferstanden. Er hat den Vorrang. Später, bei Seiner Wiederkunft, werden alle, die Sein sind, auch aus den Toten auferstehen, während die nicht erretteten Toten in ihren Gräbern zurückbleiben. Und „dann [kommt] das Ende“, wenn die nicht erretteten Toten auferweckt werden, was hier nicht ausdrücklich gesagt wird, aber in Vers 26 eingeschlossen ist. Wenn wir Offenbarung 20,11 – 21,4 lesen, sehen wir, dass der Tod weggetan wird, wenn die ungerechten Toten auferweckt worden sind.

Hier wird deutlich gesagt, dass das Ende, das aufgrund der Auferstehung erreicht wird, die vollständige Unterwerfung jeder gegnerischen Macht bedeutet. Alles wird Gott unterworfen sein, „auf dass Gott alles in allem sei“. Das bringt uns zum ewigen Zustand, auf den auch in 2. Petrus 3,13 Bezug genommen und der in Offenbarung 21,1–5 genauer beschrieben wird. Das Tausendjährige Reich wird dem Vorsatz dienen, der ihm bestimmt ist. Es wird eine vollkommene Regierung geben, und sie wird nicht enden, bevor der letzte Feind weggetan ist.

Wenn dieses Ziel erreicht ist, werden das ganze Werk der Erlösung und die neue Schöpfung vollendet sein, und der Sohn wird das Reich dem Vater übergeben. Als der Sohn Mensch wurde, nahm er eine abhängige Stellung ein, und Er bewahrt sie in Ewigkeit: ein klarer Beweis dafür, dass Er für immer Mensch ist. Abhängigkeit, daran sei erinnert, bedeutet nicht notwendigerweise eine geringere persönliche Würde. Der Sohn war, als er hier auf der Erde war, in keiner Hinsicht geringer als der Vater, noch wird Er das in Ewigkeit sein. Im ewigen Zustand wird Gott alles in allem sein; aber natürlich müssen wir berücksichtigen: der Geist ist Gott, und der Sohn ist Gott, gleich mit dem Vater. Der Sohn behält jedoch Seinen Platz als Mensch, und als solcher ist Er das Haupt und der Träger des neu geschaffenen Universums, das als die Frucht Seines Werkes besteht, damit ist verbürgt, dass Böses nie mehr eindringen wird und diese Neuschöpfung ihre ursprüngliche Herrlichkeit bewahren kann.

Bevor wir weitergehen, wollen wir uns diesen Gegensatz noch einmal deutlich vor Augen führen: Während die Leugnung der Auferstehung in ihren logischen Auswirkungen uns in unseren Sünden und in hoffnungslosem Elend zurücklässt, bringt uns die Tatsache der Auferstehung, die in Christus Wirklichkeit geworden ist, in einen ewigen Zustand der Herrlichkeit.

Die Verse 20–28 sind eine Einschaltung, und deshalb nimmt Vers 29 den Faden von Vers 19 wieder auf und führt ihn weiter, obwohl seine Bedeutung vielleicht etwas schwierig zu erfassen ist. Wir glauben, dass „für“ in diesem Vers soviel wie „anstelle von“ bedeutet. Ein großer Teil der Toten unter den frühen Christen war als Märtyrer gestorben. Daher sieht Paulus die Neubekehrten durch die Taufe die Stelle der Abgeschiedenen einnehmen und dann auch selbst zu Zielscheiben für den Widersacher werden. Das erforderte viel Mut, aber es wäre natürlich töricht und unnütz gewesen, wenn es keine Auferstehung der Toten gibt.

Diese Auslegung von Vers 29 wird durch Vers 30 bestätigt. Warum sollten der Apostel und seine Genossen sich dem Widersacher aussetzen, wenn es keine Auferstehung der Toten gäbe? Und indem er so fragt, gebraucht er nicht einfach eine Redewendung. Bei ihm war es harte und täglich erfahrene Wirklichkeit. Es war noch nicht lange her, dass er den schrecklichen Aufruhr im Theater in Ephesus erlebt hatte, wovon Apostelgeschichte 19 berichtet, als Menschen wie wilde Tiere gegen Ihn kämpften und jeder Tag Lebensgefahr für ihn brachte. Was für ein törichter Mensch musste er sein, ein solches Leben zu leben! Ohne die Tatsache der Auferstehung übernähme man doch besser den Leitspruch dieser gottlosen Welt: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir.“ Noch einmal tritt uns vor Augen, zu welchen logischen Folgen die Preisgabe der Wahrheit von der Auferstehung führt. Wir wären nicht nur die elendsten von allen Menschen, für uns bliebe wirklich nichts Besseres mehr übrig als die Befriedigung unserer körperlichen Bedürfnisse und Triebe.

An dieser Stelle seiner Ausführungen appelliert der Apostel nicht ohne Schärfe an die Korinther. Sie ließen sich verführen, und alle bösen Lehren haben eine moralische Auswirkung. Wenn wir verkehrt denken, können wir nicht recht handeln. Das wirft ein Licht auf die Unmoral unter ihnen, die in den Kapiteln 5 und 6 gebrandmarkt wurde. Dadurch, dass sie die Auferstehung des Leibes in Frage stellten, waren sie umso leichter in solche Sünden gefallen, die mit dem Missbrauch des Leibes einhergingen. Sie mussten in rechter Weise nüchtern werden und Kenntnis über Gott erlangen.

Doch die Korinther waren, obwohl sie wenig Kenntnis über Gott und die Gerechtigkeit besaßen, kluge und scharfsinnige Leute. Deshalb werden zwei Fragen, die sie sicherlich stellen würden, in Vers 35 vorweggenommen. Bei der ersten geht es um das Wie der Auferstehung, bei der zweiten um das Was. Den Antworten zu diesen beiden Fragen ist fast der gesamte Rest dieses Kapitels gewidmet. Auf die zweite Frage, die in ihrer Form vielleicht bestimmter ist, geht Paulus zuerst ein.

Der Intellektualismus erweist sich für Gläubige immer wieder als eine gefährliche Schlinge. Manche haben im Glauben begonnen, sind aber geneigt, mit dem bloßen Verstand fortzufahren, ohne sich klarzumachen, dass die göttlichen Dinge (wie Kapitel 2 darlegte) von einer Tiefe sind, die auch den höchsten menschlichen Verstand überfordert. Nichts verwirrt menschliches Denken mehr als die Auferstehung, wie man bald feststellt, wenn man die Äußerungen der „liberalen Theologen“ nur ein wenig untersucht. Was diese liberalen Theologen von Gott denken, kann uns kaum verborgen bleiben, weil sie es laut genug ausrufen. Aber hier sehen wir, was Gott über die liberalen Theologen denkt. Er tut sie mit einem Wort ab: „Toren!“ Dieses eine Wort ist ebenso von Gott inspiriert wie Johannes 3,16.

Doch Paulus schrieb an Gläubige, selbst wenn sie von dieser besonderen Torheit angesteckt waren, die uns in der liberalen Theologie unserer Tage völlig ausgereift entgegentritt. Nachdem er sie unverblümt auf ihre Torheit hingewiesen hat, beantwortet er die Fragen.

Die Natur selbst liefert uns einen eindrucksvollen Vergleich zu diesem Thema, einen Vergleich, den schon der Herr selbst benutzt hatte. Als Er sagte: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht“, da sprach Er von Seinem Tod und Seiner Auferstehung.

Hier wird derselbe Vergleich benutzt, jedoch mit einer unterschiedlichen Anwendung. Ein Samenkorn wird in die Erde gesät, doch obwohl seine Identität gewahrt bleibt, kommt es mit einer völlig veränderten Gestalt hervor. Die Eichel wird begraben, aber eine Eiche wächst empor. Jeder Same hat das, was wir seinen eigenen besonderen Auferstehungsleib nennen könnten, in dem er wieder hervorkommt. Es ist klar, was das für unsere Frage bedeutet. Der tote Leib eines Gläubigen wird ins Grab gelegt, in der Auferstehung wird er völlig anders, aber doch mit einer unverändert bewahrten Identität, wieder daraus hervorkommen.

Und wiederum lehrt uns die Natur, dass dieser Vorgang für Gott keine Schwierigkeit darstellt, denn Sein Vermögen ist unbegrenzt. Schau auf die Mannigfaltigkeit in der Schöpfung. Es gibt verschiedene Ordnungen des Fleisches: Menschen, Tiere, Fische, Vögel. Und innerhalb dieser Klassen gibt es wieder große Unterschiede in der körperlichen Gestalt, Dann gibt es Leiber einer himmlischen Ordnung, von denen wir heute noch wenig wissen, und Leiber einer irdischen Ordnung, die wir besser kennen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch nicht zwei Sterne in jeder Hinsicht gleichen.

Dies führt uns zu der wunderbaren Erklärung der Verse 42–44. Der Leib, der in das Grab gesät wird, ist von Verweslichkeit, Unehre, Schwachheit und seelischem Wesen gekennzeichnet, um es einmal so zu sagen, denn das Wort „natürlich“ bedeutet genauer „seelisch“ – etwas, was mehr der Seele in ihren mit den menschlichen Sinnen verbundenen Funktionen angepasst ist als dem Geist. Er wird auferweckt in Unverweslichkeit, Herrlichkeit und Kraft, und zwar zu einem geistigen Leib, nicht mehr zu einem natürlichen Leib. Die Identität bleibt gewahrt, bezeugt durch das vierfache: „Es wird gesät .... es wird auferweckt.“ Nichtsdestoweniger gehört der Auferstehungsleib zu einer völlig anderen Ordnung. Das ist die Antwort auf die Frage: „Mit was für einem Leib kommen sie?“

Die erste Frage in Vers 35: „Wie werden die Toten auferweckt?“, wird ausführlich in den Versen 45–54 beantwortet. Der Sinn des „Wie“ in dieser Frage scheint eher „ln welchem Zustand?“ zu bedeuten als „Auf welche Weise?“ oder „Durch welches Mittel?“ Sonst hätten wir in diesem Kapitel nämlich keine abschließende oder überzeugende Antwort auf diese Frage. – Und außerdem, wenn Gott sich herabließe, die Weise oder den Vorgang, wie Er die Toten auferweckt, zu erklären, würden wir nicht klüger sein, weil eine solche Erklärung außerhalb unserer Fassungskraft läge. – Wir haben aber wirklich eine Antwort. In knapper Form lautet sie so: Wir werden in dem Bild des himmlischen Christus auferweckt werden.

Um das zu verstehen, müssen wir den Gegensatz zwischen den beiden Adams, dem ersten und dem letzten, betrachten. Der erste wurde eine lebendige Seele, wie 1. Mose 2 uns berichtet. Der letzte gehört zu einer gänzlich anderen Ordnung. Obwohl Er ebenso wahrhaftig ein Adam (das heißt: ein Mensch) ist wie der erste, so ist Er zugleich ein lebendig machender Geist. Der eine ist somit „natürlich“ oder „seelisch“, der andere geistig. Wir könnten erwartet haben, dass der Geistige dem Seelischen in der Zeit vorausgegangen wäre. Das ist aber nicht so, wie Vers 46 sagt. Der erste Adam wurde durch göttliches Einhauchen zu einer lebendigen Seele gebildet. Folglich war er „seelisch“, und er besaß einen „natürlichen“ oder „seelischen“ Leib (Vers 44), der von der Erde, von Staub, war. Er hat sich in reichem Maß fortgepflanzt, doch alle, die von ihm abstammen, sind ebenfalls von Staub, weil sie seiner Ordnung angehören (Vers 48).

Der letzte Adam steht in scharfem Gegensatz zu dem ersten. Obwohl Er wahrer Mensch ist, ist Er ein lebendig machender Geist, ist Er Gott. Er ist „vom Himmel“. Er ist nicht nur Mensch – der „zweite Mensch“ (Vers 47) –, Er ist Adam, das heißt, Er ist der, der dieses Geschlecht hervorgebracht hat und auch sein Haupt ist. Und Er ist der letzte Adam, denn ein anderes Haupt wird es nach Ihm nicht geben. In Ihm hat Gott mit dem Menschen die Vollkommenheit und das endgültige Ziel erreicht. Er sei dafür gepriesen! Wir gehören zu den Himmlischen, zu Seiner Ordnung.

Beachten wir es gut, dass Er nicht nur der „letzte Adam“ ist, sondern auch „der zweite Mensch“. Dieser letzte Ausdruck bedeutet, dass zwischen Adam und Christus kein Mensch in Betracht kommt. Kain war nicht der zweite Mensch. Er war nur Adam, fortgepflanzt in der ersten Generation. Und so ist es mit allen Menschen – sie sind nichts anderes als Adam, fortgepflanzt in ihren verschiedenen Generationen. Aber als Christus geboren wurde, war Er nicht etwa ein weiterer Adam in dieser Fortpflanzungslinie. Durch die „Jungfrauengeburt“ durch die Zeugung durch den Heiligen Geist wurde diese „Vererbung“ unterbrochen; es erschien ein neuer und ursprünglicher Mensch, der würdig war, „der zweite Mensch“ genannt zu werden. Er wurde seinerseits das Haupt eines neuen Geschlechts, Er trat hervor als „der letzte Adam“.

Wir alle haben unseren Anfang als Kinder des „Adam von Staub“ genommen und tragen sein Bild. Zu Christus gebracht, sind wir durch ein Werk Gottes aus dem natürlichen Adam von Staub in den himmlischen versetzt. Doch dieser Übergang hat bis jetzt nicht unseren Leib verwandelt, denn wir tragen noch das Bild dessen von Staub; folglich verfallen unsere Leiber und sind dem Tod und dem Grab unterworfen. In der Auferstehung werden wir „das Bild des Himmlischen“ tragen. Wir werden dem Bild des Sohnes Gottes gleichgestaltet werden, nicht nur hinsichtlich unseres Charakters, sondern gerade auch hinsichtlich unserer Leiber. Eine überaus herrliche Tatsache! Wie werden die Toten auferweckt? In einem Zustand der Vollkommenheit und der Herrlichkeit.

Lasst uns die Tatsache nicht übersehen, dass wir wohl auf den Eintritt dieser Vollkommenheit warten müssen, jedoch nicht darauf, schon jetzt unter der Herrschaft des letzten Adam zu stehen und mit dem zweiten Menschen verbunden zu sein. Der Schluss von Vers 48 sagt nicht „so werden auch die Himmlischen sein“, sondern „so [sind] auch die Himmlischen“. Wir werden „Himmlische“ genannt. Ist das nicht großartig! Scheint es zu großartig zu sein? Schrecken wir davor zurück? Fühlen wir vielleicht, dass wir den daraus hervorgehenden weittragenden Folgen und Forderungen, nicht entsprechen können? Hüten wir uns, Abstriche von der Wahrheit zu machen, um sie unserem mangelhaften Wandel anzupassen. Ein schlechtes, fleischliches, von irdischem Sinn geprägtes, weltliches Betragen geziemt sich nicht für solche, die himmlisch sind.

Mit Vers 50 geht der Apostel dazu über, von dem großen Augenblick zu sprechen, wo die Verwandlung vom Staub zum Himmlischen unseren Leib erreichen wird. Wir werden die himmlische Seite des Reiches erben und uns dann auf einem Schauplatz absoluter Unverweslichkeit befinden. In unserem gegenwärtigen Zustand von „Fleisch und Blut“, der der Vergänglichkeit unterworfen ist, können wir dort nicht eintreten.

„Siehe, ich sage euch ein Geheimnis“, schreibt er. Die Worte zeigen, dass er etwas mitteilt, das bisher nicht offenbart war. Dass es eine Auferstehung der Toten gibt und dass der Herr kommen würde, wussten sie. Bis jetzt aber hatten sie nicht gewusst, dass der Herr bei Seinem Kommen die entschlafenen Gläubigen zu einem Zustand herrlicher Unverweslichkeit auferwecken und die lebenden Gläubigen in den gleichen Zustand verwandeln würde. Es scheint, dass die alttestamentlichen Gläubigen sich die Auferstehung so vorstellten, dass die Toten zu einem verherrlichten Leben auf der Erde auferweckt würden. Es ist sicher, dass sie bis dahin keine Kenntnis von einer Heraus-Auferstehung aus den Toten hatten, wie die Gläubigen sie beim Kommen des Herrn erfahren werden. Bevor die Wahrheit von der himmlischen Berufung der Gläubigen, der Berufung der Kirche, nicht ans Licht getreten war, war auch der Augenblick noch nicht gekommen, die volle Wahrheit von der Auferstehung bekanntzumachen. Dieses geordnete Fortschreiten der Lehre kann durch das ganze Neue Testament hindurch beobachtet werden.

Jetzt ist diese Wahrheit klar offenbart. Wir werden nicht alle „entschlafen“ (das heißt: sterben), wir werden aber alle, ob lebend oder gestorben, verwandelt werden in dem Augenblick, wenn der Herr, für die Seinen kommt. Bei dieser Verwandlung wird all das in Leben und Sieg verschlungen, was an uns sterblich und verweslich ist. Wir werden „alle verwandelt werden“, beachten wir es, „in einem Nu, in einem Augenblick“ – nicht in vielen, oder zumindest mehreren unterschiedlichen Augenblicken, wie es der Fall wäre, wenn die Kirche dazu bestimmt wäre, durch eine nur teilweise Entrückung oder durch eine Serie von Teil-Entrückungen in die Herrlichkeit einzugehen.

Diese gewaltige Verwandlung wird durch die Kraft Gottes „in einem Augenblick“ bewirkt werden, bei der „Letzten Posaune“. In Vers 29 wurden die Gläubigen als Kämpfer gesehen, die durch die Taufe zu den Linien schritten, um die Plätze ihrer gefallenen Kameraden einzunehmen. In Vers 52 sehen wir sie alle – ob noch in den Linien der Krieger oder durch den Tod ausgefallen –, wie sie in einem Augenblick, bei der letzten Posaune, in den Bereich jenseits von Tod und Verwesung versetzt werden. Für sie ist der Kampf vorbei. Nie mehr muss eine Posaune für sie geblasen werden.

Was uns betrifft, so werden sich die Worte in Jesaja 25,8 erfüllen, wenn wir dem Leib nach in einen Zustand der Unsterblichkeit und Unverweslichkeit verwandelt werden. Das veranschaulicht, was wir soeben dargestellt haben. Das Alte Testament blickt hin auf die siegreiche Auferstehungsmacht Gottes, ausgeübt auf der Erde. Die Schriftstelle hier bringt eine größere Bedeutungsfülle ans Licht, die in diesem Vers in Jesaja verborgen ruhte, bis der Tag des Evangeliums anbrach. Wenn die Gläubigen das Bild des Himmlischen erreichen, wird der Tod in einen Sieg verschlungen sein, den niemand leugnen kann. Unsere Schriftstelle hier spricht jedoch nicht von der daran anknüpfenden „Entrückung“, der Aufnahme der Gläubigen. Dafür müssten wir 1. Thessalonicher 4 aufschlagen.

Die Empfindung für die Größe des Sieges an jenem Tag bewegt den Apostel zu einem Ausruf des Frohlockens. Seine triumphierende Kampfansage gilt dem Tod. Tatsächlich gehört uns der Sieg bereits jetzt. Er ist in der Auferstehung Christi errungen worden, die in diesem Kapitel so völlig nachgewiesen wurde. Die Auferstehung der Gläubigen ist bloß die Folgewirkung dieses Sieges, und wir können ihrer sicher sein, als ob sie schon geschehen wäre. Der Sieg ist heute schon unser – Gott sei Dank dafür!

Was für eine gewaltige Kraft nimmt die abschließende Ermahnung an! „Daher“. In diesem Wort liegt das ganze Gewicht der herrlichen Wahrheit, die in den vorhergehenden 57 Versen bewiesen worden ist. Weil sie Zweifel an der Wahrheit der Auferstehung gehegt hatten, mussten sie unsicher geworden sein, schwankend, schlaff und versucht, dem Motto zu huldigen: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir.“

Die Auferstehung ist jedoch eine wunderbare Gewissheit. Christus ist auferstanden, und wir, die wir Seiner himmlischen Ordnung angehören, werden Seinem Leib himmlischer Herrlichkeit gleichgestaltet werden. Das ist die Tatsache, DAHER geziemt uns eine unerschütterliche Festigkeit. Anstatt unsere Zeit mit Essen und Trinken zu vertrödeln, sollen wir im Werk des Herrn überströmend sein und wissen, dass nichts von dem, was wirklich für Ihn getan wird, verloren sein wird. Alles wird als eine Frucht in der Welt der Auferstehung wieder gefunden werden.

Leben wir im Licht dieser Auferstehungswelt? Wir mögen das Glaubensbekenntnis korrekt aufsagen und haben darin die Auferstehung als wichtigen Punkt, aber erst wenn sie deutlich vor unserer Seele steht, werden wir fleißige und unermüdliche Arbeiter im Dienst des Herrn sein, so wie es Ihm gefällt, uns zu leiten.

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