Ein Vermächtnis wird zum Appell

Das große Haus

Ein Vermächtnis wird zum Appell

Das zweite Kapitel ist das Herzstück des ganzen Briefes. Es zeigt uns einerseits den Verfall und den Niedergang innerhalb des christlichen Bekenntnisses. Die von Paulus aufgezeigte Entwicklung hatte bereits ihren Anfang genommen, als er noch lebte. Es ist bezeichnend, dass Timotheus sich zu dem Zeitpunkt, als er den Brief bekam, in Ephesus befand. Der Brief an die Epheser zeigt uns den guten Zustand, in dem diese Versammlung sich wenige Jahre vorher noch befunden hatte. Aber bereits in Apostelgeschichte 20 hatte Paulus die Ältesten dieser Versammlung vor Gefahren von außen und vor Gefahren von innen gewarnt (Apg 20,29.30). Diese negative Entwicklung hatte nun eingesetzt.

Hatte Paulus in seinem ersten Brief noch von dem „Haus Gottes“ und dem Verhalten darin gesprochen (1. Tim 3,15), so spricht er in diesem Kapitel nur noch von einem „großen Haus“. Damit ist die Christenheit gemeint, in der es echte und unechte Bekenner gibt.

Aber Paulus bleibt dabei nicht stehen. Er zeigt in diesem Kapitel andererseits, welchen Weg der echte Bekenner (der wiedergeborene Christ) in einer Zeit von Rückschritt und Niedergang gehen soll. Dieser Weg wird durch zwei Dinge gekennzeichnet: erstens durch das Abstehen und die Trennung von der Ungerechtigkeit, zweitens durch ein gemeinsames Streben mit Gläubigen, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen. Es gibt keinen Moment und keine Situation im Leben eines Kindes Gottes, in denen es nicht einen Weg gibt, den wir zur Ehre unseres Herrn gehen können.

Wir können folgende Kapiteleinteilung vornehmen:

  1. Verse 1–13: Ermunterung zum Dienst
    Paulus stellt Timotheus verschiedene Bilder vor, um ihm klar zu machen, welche Aufgabe er hat und dass er darin nicht nachlassen soll. Gott möchte, dass sein Wort auch in Tagen des Verfalls weiter läuft und ausrichtet, wozu Er es gegeben hat. Selbst wenn es Widerstand und Leiden gibt – der Herr bleibt treu.
  2. Verse 14–21: Das große Haus
    Paulus zeigt auf, welche verderblichen Einflüsse sich innerhalb des christlichen Bekenntnisses breitgemacht haben. Das Christentum wird mit einem großen Haus verglichen, in dem es je nach Beschaffenheit und Brauchbarkeit unterschiedliche Gefäße gibt. Nur wer sich von den Gefäßen zur Unehre reinigt, kann ein Gefäß zur Ehre des Hausherrn sein.
  3. Verse 22–26: Der Weg des Gläubigen
    Ein Christ, der zur Ehre seines Herrn lebt, wird dadurch gekennzeichnet, dass er gewisse Dinge unterlässt und gleichzeitig andere Dinge aktiv betreibt. Sich vom Schlechten zu distanzieren, führt nicht zwangsläufig in die Isolation, sondern auf einen Weg, den wir zusammen mit anderen glücklich gehen können. Dabei haben wir ein Auge auf andere, denen wir vielleicht eine Hilfe sein können, so dass sie den Weg zu Gott zurückfinden.

Du nun

Vers 1: Du nun, mein Kind, sei stark in der Gnade, die in Christus Jesus ist.

Paulus spricht nun Timotheus persönlich an. Am Ende von Kapitel 1 hatte Paulus Personen erwähnt, die sich von ihm abgewandt hatten. Das war für ihn ein großer Schmerz. Sie hatten sich offensichtlich nicht vom Herrn abgewandt, wohl aber von seinem Diener Paulus. Sie bewiesen damit einen schwachen geistlichen Zustand.

Demgegenüber hatte Paulus einen Mann namens Onesiphorus erwähnt, der es anders gemacht hatte. Er hatte sich der Kette des Paulus nicht geschämt, sondern den Gefangenen in Rom fleißig aufgesucht. Er hatte einen geistlich guten Zustand bewiesen. Die persönliche Ansprache von Paulus „du nun“ macht deutlich, dass Timotheus es Onesiphorus gleichtun sollte. Diese persönliche Ansprache finden wir in diesem Brief wiederholt.

Wir lernen, dass der Herr uns gerade in schwerer Zeit ganz persönlich anspricht. Es geht nicht um die Gesamtheit oder um die anderen, sondern um jeden Einzelnen persönlich. Bin ich bereit, den Weg zu gehen, den der Herr für mich vorgesehen hat? Es ist schön, wenn der Herr uns andere zur Seite stellt – und Er wird es ganz sicher tun –, aber die Verantwortung ist und bleibt eine ganz persönliche. Der Herr sagte zu Petrus: „Folge du mir nach“ (Joh 21,22).

Mein Kind

Paulus spricht Timotheus nicht als seinen Sohn an, sondern als sein Kind. Damit kommt die persönliche Beziehung dieser beiden Diener Gottes zum Ausdruck. Timotheus war nicht nur sein Kind, sondern er war sein „echtes Kind“ (1. Tim 1,2) und sein „geliebtes Kind (2. Tim 1,2). Der Ausdruck „Kind“ weist auf Beziehung hin. Zwischen Paulus und Timotheus bestand nicht nur eine geistliche Verwandtschaft, sondern ein ganz enges Verhältnis. Paulus liebte ihn und umgekehrt. Es hat wohl kaum einen Mitarbeiter gegeben, der Paulus so nahestand wie Timotheus.

Es ist ein Segen, wenn es im Volk Gottes eine enge und gute Beziehung zwischen älteren und jüngeren Geschwistern gibt. Es ist ein Segen, wenn es geistliche Väter (und Mütter) gibt, die sich in Liebe um ihre geistlichen Kinder kümmern. Es ist ein Segen, wenn dieses Band des Vertrauens und der Liebe da ist, das selbst in schweren Tagen nicht reißt.

Stark sein

Timotheus wurde aufgefordert, stark zu sein in der Gnade, die in Christus Jesus ist. Von Natur mag er ein eher furchtsamer Mensch gewesen sein. Deshalb hatte er diesen Hinweis besonders nötig. Paulus liebte ihn als sein Kind, dennoch fügt er diese klare Aufforderung an, die in der Form eines Appells (eigentlich sogar eines Befehls) ausgesprochen ist. In Kapitel 1 hatte er ihm schon gesagt, die Gnadengabe anzufachen, die ihm gegeben worden war (V. 6). Dazu brauchte er Kraft – und zwar nicht nur einmal, sondern permanent. Er sollte ständig an der Kraftquelle „angeschlossen“ bleiben. Man könnte auch übersetzen: „Lass dich immer wieder kräftigen“, oder: „Bleib in Verbindung mit der Kraft“.

Diese Kraft haben wir alle nötig und zwar ganz persönlich. Wir klagen oft darüber, dass wir in Tagen der kleinen Kraft, der Schwachheit, leben. Das ist wahr. Aber es ist doch keine Entschuldigung dafür, nicht stark zu sein in der Gnade, die in Christus Jesus ist. Wenn wir – jeder persönlich – in schwerer Zeit einen Weg zur Ehre des Herrn gehen wollen, dann brauchen wir gerade in Tagen des Niedergangs Kraft. Wer gegen den Strom schwimmen will – und genau das sollten wir tun –, kann das nur in der Kraft von oben.

Wir müssen erkennen, dass uns diese Kraft oft fehlt. Woran liegt das? Die Gründe können vielfältig sein. Es liegt jedoch immer an uns, nie an unserem Herrn. Vielleicht fühlen wir uns erschöpft, frustriert oder mutlos. Vielleicht stehen Hindernisse wie unüberwindbare Berge vor uns. Vielleicht vergeuden wir unsere Energie für andere und nutzlose Dinge. Gott weiß das. Deshalb finden wir in der Bibel – im Alten wie im Neuen Testament – immer wieder die Aufforderung, stark zu sein. An verschiedenen Stellen werden Männer Gottes dazu aufgerufen. Ein besonderes Beispiel ist Daniel, dem dies gleich zweimal gesagt wurde: „Fürchte dich nicht, du vielgeliebter Mann! Friede dir! Sei stark, ja, sei stark.“ Allein diese ermutigenden Worte gingen Daniel zu Herzen, so dass das Ergebnis nicht auf sich warten ließ: „Und als er mit mir redete, fühlte ich mich gestärkt und sprach: Mein Herr möge reden, denn du hast mich gestärkt“ (Dan 10,19).

Die Quelle unserer Kraft

Stark sind wir nicht in uns selbst, in unserem eigenen Können, unserer Intelligenz, unserer Weisheit oder unserer Erfahrung. Auch die Menge an Personen an unserer Seite oder die Anwesenheit begabter und erfahrener Brüder gibt uns keine Kraft. Nicht einmal das ewige Leben in uns und die uns geschenkte neue Natur bedeuten Kraft in sich. Nein, unsere Kraft ist die Kraft des Geistes, die wir nur in unserem Herrn finden. Wenn wir auf uns selbst vertrauen, werden wir keine Kraft bekommen. Nur wenn wir uns auf den Herrn stützen, haben wir Kraft. Sie liegt in der engen persönlichen und praktischen Beziehung zu Ihm. Paulus spricht von der Gnade, die in Christus Jesus ist.

Paulus hatte das selbst erfahren. In einer schweren Stunde hörte er die Worte seines Herrn: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9). Paulus hatte das gelernt, denn er schreibt weiter: „Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2. Kor 12,10). Das klingt paradox, ist aber wahr und muss gelernt werden. Die Gnade, von der hier die Rede ist, ist nicht die rettende Gnade. Es ist vielmehr das tägliche Empfinden, in der Gunst und Zuwendung Gottes zu stehen. Als gerettete Menschen haben wir Zugang zu der Gnade, in der wir stehen (Röm 5,2). Es liegt an jedem Einzelnen, für sich persönlich davon Gebrauch zu machen und zugleich darauf zu achten, dass niemand an der Gnade Gottes Mangel leidet (Heb 12,15). Wir haben es alle nötig, durch die Gnade zu erstarken, indem wir in der Gnade bleiben. Es ist das herrliche Wissen, dass Gott auf unserer Seite steht.

Die Gnade ist sozusagen der Weg oder das Mittel, auf dem uns diese Kraft zuteilwird. Die Quelle ist unser Herr selbst, der hier – wie mehrfach in diesem Brief – Christus Jesus genannt wird. Das wollen wir nicht überlesen. Es ist Christus, der auferstandene und im Himmel weilende Christus, der einst in Niedrigkeit auf dieser Erde war. In Ihm ist jede Kraft für uns zu finden. In Philipper 4,13 schreibt Paulus: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt.“ An dieser Kraftquelle wollen wir „angeschlossen“ bleiben.

Von Paulus gelernt

Vers 2: Und was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Leuten an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren.

Von Seiten Gottes ist alles getan: Erstens hat Er uns ein schönes Glaubensgut anvertraut. Wir besitzen die Wahrheit als ein zusammenhängendes Ganzes (Kap. 1,13). Zweitens besitzen wir den Geist Gottes, der in uns wohnt (Kap. 1,14). Drittens steht uns die Gnade des auferstandenen Christus, der die Quelle unserer Kraft ist, reichlich zur Verfügung (Kap. 2,1). Jetzt wird Timotheus aufgefordert, diese Glaubenswahrheit auch an andere weiterzugeben – und zwar an treue Leute.

Paulus hatte auf seinem Weg nach Damaskus eine entscheidende Begegnung mit dem verherrlichten Herrn im Himmel gehabt. Dieser hatte ihm viel anvertraut, besonders die Wahrheit von der Versammlung. Paulus hatte das, was er empfangen hatte, in Treue weitergegeben. Er hatte den Ungläubigen das Evangelium gepredigt. Er hatte das Reich Gottes und den Ratschluss Gottes verkündigt (Apg 20,24-27). Nichts hatte er zurückgehalten. Timotheus war als Reisebegleiter oft dabei gewesen. Er hatte gehört, was Paulus sagte. Vielleicht hatte niemand mehr von Paulus gehört und gelernt als gerade er. Paulus war sein Lehrmeister gewesen. Daran erinnert er ihn jetzt. Paulus hatte nicht im Verborgenen gelehrt. Im Gegenteil: Es war öffentlich. Paulus erwähnt viele Zeugen. Es waren nicht nur zwei oder drei Zeugen gewesen, die gehört hatten, was er lehrte, sondern „viele Zeugen“. Die Zeugen konnten einerseits bestätigen, was Paulus gesagt hatte. Andererseits schützen sie Timotheus davor, eigene Gedanken und Meinungen hinzuzufügen.

Das Glaubensgut weitergeben

Timotheus sollte nun das, was er selbst in Gegenwart dieser Zeugen gehört hatte, an andere weitergeben. Er sollte nicht nur persönlich stark sein, sondern auch andere im Auge haben. Was ihm anvertraut war, sollte er nicht für sich behalten. Und diejenigen, denen er es anvertraute, sollten ihrerseits wiederum das Glaubensgut weitergeben. Es sollte von Generation zu Generation laufen. Deshalb mussten die Leute, denen er es sagte, treue Leute sein. Sie sollten treu und tüchtig sein, andere zu lehren.

Timotheus hatte von Paulus ein geistliches Vermächtnis bekommen. Es war ihm anvertraut worden. Nun sollte er es wiederum anderen anvertrauen. Das Wort meint, dass etwas Wertvolles sorgfältig bewahrt wird. Es ist in diesem Sinn nicht unser eigenes Gut, sondern etwas, was uns zur Bewahrung anvertraut ist. Es ist die Wahrheit Gottes. Damit müssen wir sorgfältig umgehen. Das gilt bis heute. Das Glaubensgut muss erstens sorgfältig bewahrt und zweitens sorgfältig gelehrt werden.

Der Gedanke ist also, dass die Wahrheit Gottes von Generation zu Generation weitergegeben werden soll. In unserem Vers finden wir vier „Generationen“ vorgestellt:

  1. Die Generation der Apostel: Diese Generation gibt es nicht mehr. Die Apostel haben die Wahrheit direkt durch den Heiligen Geist empfangen und sie an die nächste Generation weitergegeben.
  2. Die Generation derer, die den Aposteln folgten und unmittelbar von ihnen gelernt hatte: Dazu zählen Männer wie zum Beispiel Timotheus und Titus. Sie bekamen den ausdrücklichen Auftrag, wiederum andere zu lehren. Auch diese Generation gibt es nicht mehr.
  3. Die nachfolgende Generation, die hier treu und tüchtig genannt wird und die ebenfalls den Auftrag bekommt, andere zu lehren: Darin können wir uns selbst sehen. Es ist jetzt unsere Aufgabe, die Wahrheit an die nachfolgende Generation – unsere Kinder und jungen Leute – weiterzugeben.
  4. Die Generation derer, an die das Glaubensgut heute weitergegeben wird: Sie sollen es hören und bedenken – und dann später selbst an andere weitergeben.

    Wir können diesen Prozess der Weitergabe des anvertrauten Guts mit einem Staffellauf von vier Athleten vergleichen. Der erste Läufer erhält den Staffelstab und gibt ihn dann jeweils an den nächsten weiter. Es ist undenkbar, dass ein Läufer ohne triftigen Grund plötzlich den Lauf abbricht und den Stab fallen lässt. Dennoch gibt es viele Christen, die genau das getan haben. Sie haben die Wahrheit von der vorigen Generation (z. B. von ihren Eltern) gehört und sie nicht an die nachfolgende Generation weitergegeben. Dieser Vers legt eine große Verantwortung auf uns alle, sowohl in der örtlichen Versammlung als auch in den Familien, besonders dann, wenn wir Kinder haben. Es ist unsere Aufgabe, die Glaubenswahrheit zu kennen, uns daran zu erfreuen und sie dann entsprechend an die nächste Generation zu übermitteln.

Keine apostolische Nachfolge

Neben dieser praktischen Belehrung erteilt der Vers dem Gedanken einer apostolischen Nachfolge oder einer Ordination zum Predigen eine klare Absage. Weder hier noch etwa in Apostelgeschichte 20 ist von einer Nachfolge im Sinn neuer Apostel oder fest angestellter Geistlicher die Rede. Als Paulus zu den Ältesten von Ephesus sprach, befahl er sie Gott und dem Wort seiner Gnade an (Apg 20,32). Hier ist die Rede von Männern, die treu und fähig sind, das anvertraute Gut von Generation zu Generation weiterzugeben. Es ist unsere ganz persönliche Aufgabe, uns selbst auf unseren allerheiligsten Glauben zu erbauen (Jud 20) und dann die Glaubenswahrheit an andere weiterzugeben. Es ist keine Rede davon, apostolische Autorität oder ein kirchliches Amt weiterzugeben, sondern die Wahrheit. Das ist einer der Gründe, warum wir heute weder Apostel noch fest angestellte Geistliche haben.

Apostolische Nachfolge ist im Übrigen gar nicht erforderlich, weil das Wort Gottes durch die Apostel abgeschlossen wurde. Es geht nicht um neue Wahrheiten, sondern darum, die durch die Apostel offenbarten Wahrheiten festzuhalten und weiterzugeben. Das Glaubensgut ist „ein für alle Mal“ übermittelt (Jud 3). Wir fügen diesem Glaubensgut nichts hinzu. Wir nehmen nichts weg und verändern auch nichts. Diese Wahrheit reicht für alle Zeiten aus – auch für Zeiten von Niedergang und Rückschritt.

Was wir aber sehr wohl finden, sind die Voraussetzungen, die diejenigen erfüllen müssen, die das Glaubensgut weitergeben. Natürlich gibt es die Seite Gottes, der eine Gabe gibt, um das Wort zu lehren. Aber wenn es um die Seite unserer Verantwortung geht, dann müssen drei Punkte erfüllt sein:

  1. Kenntnis der Wahrheit: Wir können Gottes Wort nur dann weitergeben, wenn wir es kennen und lieben. Gerade in Tagen des Niedergangs brauchen wir diese Kenntnis der Gedanken Gottes – aber eben nicht nur Kenntnis in unserem Kopf, sondern im Herzen (vgl. 5. Mo 6,6-9).
  2. Treue in der Nachfolge hinter dem Herrn her: Treu bedeutet vertrauenswürdig und zuverlässig. Von einem Verwalter erwartet man, dass er gerade diese Eigenschaft hat (vgl. 1. Kor 4,2).
  3. Fähigkeit (Tüchtigkeit): Gottes Wort muss in klarer und verständlicher Form geredet werden. Diese Fähigkeit ist nicht zuerst eine natürliche Fähigkeit, sondern eine geistliche Fähigkeit, die in Liebe und Treue zum Herrn ausgeübt werden muss.

Drei Bilder

Vers 3: Nimm teil an den Trübsalen als ein guter Streiter Christi Jesu.

In den folgenden Versen gebraucht Paulus drei Bilder, um Timotheus zu ermuntern. Es werden drei Beschäftigungen genannt, die in der Zeit, als Timotheus lebte, bekannt waren: das Bild des Soldaten, das Bild des Sportlers und das Bild des Ackerbauern. Alle drei Bilder lassen uns an Arbeit und Mühe denken, aber alle drei zeigen zugleich ein entsprechend positives Ergebnis.

  • Der Soldat hat jetzt Widerwärtigkeiten, aber er gefällt seinem Herrn
  • Der Sportler muss jetzt verzichten, aber er hat die Aussicht auf eine Krone
  • Der Ackerbauer muss sich jetzt abmühen, aber er wird einmal die Frucht genießen

Diese drei Bilder machen uns Mut, unserem Herrn im Dienst zur Verfügung zu stehen.

Erstes Bild: Der Soldat

Von dem Soldaten lernen wir zwei Dinge: Erstens müssen wir als Streiter Christi, die Ihm im Feindesland dienen, bereit sein zu leiden. Wir können uns nicht beklagen, wenn wir im Dienst für den Herrn Schläge einstecken werden oder Unannehmlichkeiten erleiden. Zweitens geht es darum, unserem „Kriegsherrn“ völlig zur Verfügung zu stehen, indem wir uns auf das Wesentliche konzentrieren.

Unser Kampf

Es wird hier nicht erläutert, worin der Kampf besteht. Das wird an anderen Stellen vorgestellt. Allgemein können wir sagen, dass der Kampf des Christen zwei große Seiten hat:

  1. Es ist ein Abwehrkampf. Das schließt ein, dass wir bereit sind, für die Glaubenswahrheit einzustehen. Judas fordert dazu auf, für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen (Jud 3). Damit ist nicht der rettende Glaube gemeint, sondern die Glaubenswahrheit. Sie wird heute mehr denn je angegriffen. Deshalb ist der Kampf für die Wahrheit sehr aktuell.
  2. Es ist ein Angriffskampf. Wir sind aufgefordert, das Evangelium in dieser Welt zu verbreiten. Das geht nicht ohne Kampf. In Philipper 4,3 spricht Paulus von zwei Schwestern, die mit ihm im Evangelium gekämpft hatten.

    Paulus kannte sowohl den Verteidigungs- als auch den Angriffskampf. Wie kein Zweiter hatte er für die Wahrheit der Lehre des Wortes Gottes gekämpft, aber gleichzeitig konnte er gar nicht anders, als das Evangelium zu verkündigen.

Trübsale

Soldat zu sein ist kein Vergnügen, sondern mit Entbehrungen verbunden. Das galt damals mehr als heute. Ein Soldat im Einsatz geht im Wesentlichen an dem normalen bürgerlichen Leben vorbei. Insofern verstehen wir die Aufforderung an Timotheus, als Streiter Christi Jesu an den Trübsalen teilzunehmen. Wörtlich könnte man diesen Ausdruck übersetzen: „Sei bereit, Schlechtes zu erleiden.“ Für das Evangelium zu kämpfen bedeutet, Entbehrungen und Trübsal zu erleben. In Kapitel 1,8 wird Timotheus aufgefordert, Trübsal mit dem Evangelium zu leiden. Die Wahrheit zu kennen und für sie einzustehen, ist ebenfalls nicht immer einfach. Davor schrecken wir von Natur aus zurück. Aber der Herr ist es wert, dass wir Widerwärtigkeiten auf uns nehmen, weil Er es ist, der uns angeworben hat. Außerdem wird der Zeitpunkt kommen, an dem die Leiden ein Ende haben und wir mit Ihm herrschen werden. Gerade die Aussicht auf die kommende Herrlichkeit stärkt uns jetzt und hilft uns, Trübsale und Schwierigkeiten zu akzeptieren. Das wird uns im weiteren Verlauf des Kapitels noch beschäftigen.

Es gibt also im Kampf für den Herrn ganz sicher Schwierigkeiten und Nöte. Paulus hatte das stark erlebt – er war ja gerade deswegen ein Gefangener in Rom. Wir heute erleben es nur noch wenig. Doch auch wir erfahren zum Beispiel Widerstand (Kap. 2,25), Verfolgung (Kap. 3,12), Einsamkeit (Kap. 4,10) und Boshaftigkeit (Kap. 4,14) – und das sogar manchmal von Menschen, die sich Christen nennen. Auch die Jünger des Herrn hatten das in der Nachfolge und im Dienst erfahren und der Herr weiß es besonders zu würdigen (vgl. Lk 22,28).

Streiter Christi Jesu

Wir stehen im Kampf für den Herrn – aber wir haben einen Anführer, der uns angeworben hat. Er ist der Anführer unserer Errettung. Er selbst ging durch Leiden zur Herrlichkeit. Er ist unser Vorbild (1. Pet 2,23).

Beachten wir, dass von Streitern „Christi Jesu“ die Rede ist. Auf die Besonderheit der Reihenfolge hatten wir weiter oben schon hingewiesen. Es ist Christus, der zur Rechten Gottes erhöhte Mensch, der einst selbst durch tiefe Leiden und Trübsale gegangen ist.

Darüber hinaus sollen wir nicht einfach nur Kämpfer sein, sondern wir sollen „gute“ Streiter Christi sein. Das Wort meint das, was „edel“ ist. Gute Streiter sind wir dann, wenn man uns nichts vorwerfen kann.

Aktive Soldaten

Vers 4: Niemand, der Kriegsdienste tut, verwickelt sich in die Beschäftigungen des Lebens, damit er dem gefalle, der ihn angeworben hat.

Jetzt heißt es nicht mehr einfach „Streiter Christi Jesu“, sondern wir lesen von Leuten, die „Kriegsdienste tun“. Das bedeutet, dass jemand tatsächlich in den Krieg zieht. Gemeint ist ein aktiver Dienst für den Herrn. Man kann Soldat sein und doch nicht kämpfen. Es gibt Soldaten, die in der Kaserne oder zu Hause sind. Aber hier ist ein aktiver Kampf gemeint. Als Christen befinden wir uns auf dieser Erde nie im Ruhestand. Unsere Aufgabe, für den Herrn zu arbeiten, ist eine „Vollzeitaufgabe“ – jedenfalls solange wir die nötigen Kräfte haben.

Konzentration auf das Wesentliche

Der aktive Soldat verwickelt sich nicht in „die Beschäftigungen des Lebens“. Er weiß, worauf es ankommt. Darauf konzentriert er sich. „Verwickeln“ meint, in etwas aufzugehen. Das Wort wird, außer an dieser Stelle, noch in 2. Petrus 2,20 gebraucht, wo es um das Verwickeln in die Befleckung der Welt geht. Wörtlich heißt es so viel wie „weben“. Man könnte also von einem „Verflechten“ sprechen.

Es geht hier um die Frage, was das Wesentliche in unserem Leben ist und worauf wir uns konzentrieren. Welchen Stellenwert haben die Dinge des täglichen Lebens und welchen Stellenwert haben der Dienst und der Kampf für unseren Herrn? Ein Ausleger hat das einmal in etwa so ausgedrückt: „Kümmern wir uns um andere Dinge als um den Herrn, geben wir die Absonderung, die Hingabe und den Gehorsam an Ihn auf.“

Es wird an dieser Stelle nicht gesagt, dass ein Streiter Christi nicht den täglichen Beschäftigungen des Lebens nachgehen sollte. Das ist nicht gemeint. Die meisten Christen gehen einer regelmäßigen Berufstätigkeit nach oder kümmern sich um den Haushalt. Das ist nach den Gedanken Gottes unbedingt richtig. Wir sollen im Berufsleben fleißig sein. Paulus selbst war selbst in einem gewissen Sinn berufstätig. Gleiches gilt für die jungen Leute in der Schule und in der Ausbildung oder für die Arbeit zu Hause. In all diesen Dingen sollen wir im Fleiß „nicht säumig“ sein (Röm 12,11). Der Punkt, auf den wir hier aufmerksam gemacht werden, ist der, dass wir uns darin nicht verwickeln – oder einwickeln – lassen. Die Beschäftigungen des Lebens sollen uns nicht „auffressen“. Sie sollen uns nicht so vereinnahmen, dass wir ganz darin aufgehen. Der Alltag mit seinen Anforderungen an uns kann uns so sehr die Luft wegnehmen, dass wir nicht mehr dazu kommen, für unseren Herrn im Kampf dazustehen. Die Alltagsgeschäfte dürfen nicht zur Hauptsache in unserem Leben werden. Der Dienst für Christus muss immer den ersten Platz in unserem Leben haben. Den Korinthern, die wohl überwiegend berufstätig waren, wird gesagt, dass sie allezeit überströmend sein sollten im Werk des Herrn (1. Kor 15,58). Das gilt für uns alle. Jeder von uns ist gemeint.

Die Gefahr, in die Beschäftigungen des Lebens verwickelt zu werden, ist für uns alle sehr groß – ganz besonders in den letzten Tagen und schweren Zeiten, in denen man das Vergnügen mehr liebt als Gott (Kap. 3,4). Neben den Erfordernissen des Berufslebens bietet Satan uns gerade heute eine bunte Palette von Beschäftigungen des Lebens an, die in sich nicht böse sein müssen. Das Problem ist nur: Sie rauben uns den Blick für das Wesentliche. Die entscheidende Frage ist, wem unsere Kraft, unsere Zeit, unsere Energie gilt.

Dem gefallen, der uns angeworben hat

Ein Streiter Christi Jesu will dem gefallen, der ihn angeworben (rekrutiert) hat. Wir gehören nicht uns selbst, sondern wir gehören unserem Herrn. Er hat uns angeworben – und zwar um einen hohen Preis. Es wird hier nicht erwähnt, aber wir können es nie vergessen: Der Herr Jesus ist für uns gestorben. Sein Blut war der Preis (1. Pet 1,19). Deshalb stellt sich jetzt die Frage für jeden: Wollen wir Ihm gefallen? Er hat alles für uns gegeben. Und nicht nur das. Er tat es aus Liebe. Der Herr Jesus hat uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben. Paulus erinnert die Korinther daran, dass sie um einen Preis erkauft waren und fügt hinzu: „Verherrlicht nun Gott“ (1. Kor 6,20).

Der Herr Jesus selbst ist darüber hinaus unser Vorbild. Er wollte, als Er als Mensch auf der Erde war, seinem Gott in allem „gefallen“. Er tat immer und zu jeder Zeit das Ihm „Wohlgefällige“. Es war seine Speise, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte. Paulus ist uns darin ebenfalls ein Ansporn. Es war für ihn keine weltfremde Aussage, als er den Philippern schrieb: „Das Leben ist für mich Christus“ (Phil 1,21). Er wollte nur für Christus da sein. Die Frage stellt sich für uns: Was macht unser Leben aus? Für wen oder was leben wir? Ist es der Beruf, die Karriere, der Sport, die Musik, das Hobby – oder ist es Christus? Wem wollen wir gefallen? Wenn es der ist, der uns angeworben hat, dann geht es uns im Dienst nicht darum, anderen Menschen oder gar uns selbst zu gefallen.

Zweites Bild: Der Sportler

Vers 5: Wenn aber auch jemand kämpft, so wird er nicht gekrönt, es sei denn, er habe gesetzmäßig gekämpft.

Als zweites Bild stellt Paulus einen Sportler vor. Der „Kämpfer“ ist hier nicht ein Soldat, sondern gemeint ist das „Kämpfen im Kampfspiel“. Es geht um einen sportlichen Wettkämpfer. Sportliche Wettkämpfe waren im alten Griechenland bekannt und beliebt. Denken wir nur an die Olympischen Spiele, die in Griechenland ihren Ursprung haben. Deshalb spricht Paulus in seinen Briefen öfter darüber und erläutert auf diese Weise geistliche Wahrheiten.

Wir wollen am Rand bemerken, dass der Sport in der Gesellschaft, in der wir leben, einen sehr hohen Stellenwert hat. Für viele Kinder Gottes stellt er eine reale Gefahr dar. Paulus schreibt an Timotheus: „Die leibliche Übung ist zu wenigem nützlich“ (1. Tim 4,8). In Maßen betrieben ist Sport durchaus für einen Christen akzeptabel und hat einen gesundheitlichen Wert. Die Gefahr besteht jedoch, dass er schnell einen zu hohen Stellenwert in unserem Leben einnimmt (aktiv wie passiv) und uns auf diese Weise Zeit für den Herrn wegnimmt.

Voraussetzungen

Im alten Griechenland gab es – soweit wir heute wissen – hauptsächlich drei Voraussetzungen, um an den großen sportlichen Wettkämpfen teilnehmen zu können:

  1. Der Teilnehmer musste seine Herkunft nachweisen können. Es musste klar sein, woher er kam. Übertragen auf uns Christen könnten wir sagen, dass ein Knecht des Herrn wiedergeboren sein muss, um im Dienst für Ihn stehen zu können. Auf die Frage „echt“ oder „unecht“ kommt Paulus im weiteren Verlauf des Kapitels noch zu sprechen.
  2. Der Teilnehmer musste bereit sein, sich einem intensiven Training von mehreren Monaten zu unterziehen. In dieser Zeit galt es, auf alles andere zu verzichten. Auf uns übertragen denken wir daran, dass wir uns als Christen zur Gottseligkeit üben sollen (1. Tim 4,7). Im Dienst für den Herrn gilt es darüber hinaus, auf manches zu verzichten, was dem Fleisch angenehm erscheint.
  3. Der Teilnehmer musste seine Bereitschaft erklären, sich den geltenden Regeln zu unterwerfen. Tat er das nicht, wurde er disqualifiziert oder ihm wurde – wenn es später bekannt wurde – der Sieg aberkannt. Als Diener des Herrn müssen wir bereit sein, uns den Regeln des Wortes Gottes zu unterwerfen und nicht eigenmächtig zu handeln.

Die Art und Weise ist wichtig

Genau um diesen dritten Punkt geht es in unserem Text. Der Sportler wird aufgefordert, gesetzmäßig zu kämpfen. „Gesetzmäßig“ bedeutet wörtlich „nach den Gesetzen (Regeln) des Kampfspiels“. Das Wort wird noch einmal in 1. Timotheus 1,8 in Verbindung mit dem Gesetz vom Sinai gebraucht. Hier ist es allgemein zu verstehen. Wer die geltenden Regeln nicht einhält, wird nicht gekrönt. Die Krone ist die Belohnung. Davon spricht Paulus an mehreren Stellen. Es ist die Aussicht auf das, was vor uns liegt.

Im Dienst für den Herrn und in seiner Nachfolge sollten wir uns verschiedene Fragen immer wieder stellen. Eine davon lautet: Was soll ich tun? Diese Frage bewegte den Apostel Paulus bei seiner entscheidenden ersten Begegnung mit dem verherrlichten Herrn: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Eine weitere Frage lautet: Wann soll ich es tun? Manchmal tun wir das Richtige, wir tun es jedoch nicht zum richtigen Zeitpunkt. Aber die Frage, um die es hier geht, lautet: Wie soll ich es tun? Das ist die Frage nach der Art und Weise.

In der Welt hört man manchmal die Aussage: „Der Zweck heiligt die Mittel.“ Das will sagen: Entscheidend ist nicht, wie ich etwas tue, sondern dass ich es überhaupt tue. Das mag sich auf den ersten Blick gut anhören. Es ist aber mit den Gedanken Gottes nicht vereinbar. Es ist durchaus wichtig, was wir tun. Es ist zugleich wichtig, wann wir es tun. Und es ist ebenso wichtig, wie wir etwas tun. Die gute Absicht allein reicht nicht aus. Im Sport ist das übrigens bis heute nicht anders. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird disqualifiziert. Paulus konnte am Ende seines Lebens sagen, dass er den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet und den Glauben bewahrt hatte. Danach spricht er von der Krone der Gerechtigkeit, die er bekommen würde (2. Tim 4,8). Paulus hatte das befolgt, wozu er uns hier aufruft.

Es geht im Dienst für den Herrn nicht primär darum, dass wir große Dinge tun, sondern dass wir den Willen unseres Herrn in Treue erfüllen – und zwar so, wie Er es will. Es geht um Treue und Gehorsam. Menschen glänzen gerne durch große Taten. Wir sollen vielmehr durch Treue und Gehorsam glänzen. Selbst in Tagen von Verfall und Niedergang halten wir die „Spielregeln“ ein. Zeiten ändern sich – die Regeln Gottes nicht.

Das große Vorbild ist auch in diesem Punkt unser Herr selbst. Als Er in Gethsemane im ringenden Kampf war, betete Er zu seinem Vater. Markus schildert den Inhalt dieses ergreifenden Gebets mit den Worten: „Nicht, was ich will, sondern was du willst“ (Mk 14,36). Der Herr wollte den Willen seines Vaters tun und nicht seinen eigenen. Matthäus hingegen berichtet es so: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Mt 26,39). Hier geht es um die Art und Weise, wie der Herr das Werk vollbringen wollte. Der Unterschied ist beachtenswert.

Drittes Bild: Der Ackerbauer

Vers 6: Der Ackerbauer muss, um die Früchte zu genießen, zuerst arbeiten.

Der Beruf des Ackerbauern war in der damaligen Zeit weit verbreitet. Es war ein Beruf, der mit harter Arbeit und großer Mühe verbunden war. Dem Soldaten stehen in der Regel andere zur Seite, die ihn anspornen und unterstützen. Im sportlichen Wettkampf gibt es Mitsportler und Zuschauer, die den Kämpfer anspornen. Der Ackerbauer hingegen arbeitet oft ganz allein. Auch das will gelernt sein. Im Alltag sind wir im Dienst für den Herrn häufig auf uns allein gestellt. Die Arbeit des Bauern ist oft monoton, ermüdend. Sie erscheint wenig attraktiv. Da brauchen wir vor allem Geduld.

Saat und Ernte

Das Bild von Saat und Ernte wird in der Bibel an mehreren Stellen gebraucht, um geistliche Wahrheiten zu illustrieren. Hier geht es konkret um die Belehrung, dass Ergebnisse im Werk des Herrn nicht „von selbst“ kommen, sondern – aus der Sicht unserer Verantwortung – das Ergebnis von Mühe und Arbeit sind. Auf eine kurze Formel gebracht, lautet die Belehrung: „Von nichts kommt nichts“, oder anders ausgedrückt: „Ohne Fleiß kein Preis“.

Paulus erwähnt an anderer Stelle einen Gedanken, den wir ebenfalls beachten wollen. Er zeigt uns die Seite Gottes: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum gegeben“ (1. Kor 3,6). Uns fällt es oft schwer, auf das Wachstum und die Ergebnisse zu warten. Deshalb spricht Jakobus von der Geduld (vgl. Jak 5,7.8). So viel an uns liegt, sollen und müssen wir arbeiten. Aber weder die Wetterbedingungen noch das Wachstum können wir beeinflussen. Dafür sorgt Gott.

Ohne Fleiß kein Preis

Der Vers spricht demnach von Fleiß und Bemühung. Das für „arbeiten“ gebrauchte Wort meint hier „sich abplagen und sich im Schweiß seines Angesichts bis zur Erschöpfung anstrengen“. Der Beruf des Landwirts beinhaltete damals ein Höchstmaß an harter körperlicher Arbeit. Es war wirkliche Anstrengung damit verbunden. Diese Anstrengung und Mühe soll uns im Dienst kennzeichnen. Arbeit im Werk des Herrn ist kein gemütlicher Spaziergang im Sonnenschein, sondern bedeutet mitunter echte Mühe und Einsatz.

Wir lernen, dass „jetzt“ die Zeit des Arbeitens ist. Die Zeit der Ernte und der Ruhe liegt noch vor uns. Aber sie kommt ganz sicher. Lohn – den Genuss der Früchte – gibt es „an jenem Tag“ (Kap. 4,8). Damit sind der Richterstuhl Christi und das darauf folgende Reich gemeint. Natürlich lässt der Herr uns oft zur Ermunterung die Ergebnisse unserer Arbeit schon hier auf der Erde sehen. Aber der eigentliche Tag der „Abrechnung“ oder „Vergeltung“ – im positiven Sinn – liegt noch vor uns.

In Psalm 126,5.6 lesen wir: „Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Er geht hin unter Weinen und trägt den Samen zur Aussaat; er kommt heim mit Jubel und trägt seine Garben.“ Das bezieht sich prophetisch auf den Überrest aus Israel. In der Anwendung denken wir zuerst an unseren Herrn. Auf Golgatha hat Er den Samen zur Aussaat gebracht – das Weizenkorn ist in die Erde gefallen –, um sich dann später von der Frucht der Mühsal seiner Seele zu sättigen. Aber wir können das ebenso gut auf uns anwenden. Wer jetzt mit Mühe – und manchmal mit Tränen – sät, wird einmal mit Jubel ernten. Das Versprechen Gottes gilt immer noch: „Wirf dein Brot hin auf die Fläche der Wasser, denn nach vielen Tagen wirst du es finden“ (Pred 11,1). Wer von uns wollte nicht einmal das Wort des Herrn hören: „Wohl, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; geh ein in die Freude deines Herrn“ (Mt 25,21)?

Paulus selbst ist uns in der Frage des Fleißes und des Einsatzes ein schönes Vorbild. Paulus war fleißig und bemühte sich – wie kein anderer – im Werk des Herrn. Er schreibt an die Korinther: „Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin; und seine Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war“ (1. Kor 15,10). Dieser Vers verbindet die Seite der Gnade Gottes mit unserer Seite der Verantwortung. Paulus beginnt mit der Gnade und endet mit der Gnade. Er wusste sich völlig abhängig von der Gnade. Aber was seine Verantwortung betraf, hatte er viel mehr gearbeitet als alle anderen.

Bedenken

Vers 7: Bedenke, was ich sage; denn der Herr wird dir Verständnis geben in allen Dingen.

Paulus richtet in diesem Brief eine Vielzahl von Aufforderungen an Timotheus. Er sollte das Bild gesunder Worte „festhalten“ (Kap. 1,13). Er sollte das schöne anvertraute Gut „bewahren“ (Kap. 1,14). Er sollte in dem „bleiben“, was er gelernt hatte (Kap. 3,14). Hier wird ihm gesagt, dass er „bedenken“ soll, was Paulus ihm sagt. Paulus konnte Timotheus die Wahrheit vermitteln und erklären. Aber bedenken musste er selbst. Das kann keiner für den anderen tun. „Bedenken“ bedeutet so viel wie „nachsinnen“, „abwägen“, „überdenken“. Das Gehörte soll also kein intellektuelles Gepäckstück sein, sondern innerlicher Besitz werden. In 3. Mose 11,3 spricht Gott von Tieren, die Wiederkäuer waren. Das ist der Punkt, um den es hier geht. Wir sollen die göttlichen Gedanken verinnerlichen, indem wir sie „wiederkäuen“.

Dazu benötigen wir Zeit – und genau die fehlt uns oft in unserer hektischen Zeit. Das Bild einer Herde gibt uns Anschauungsunterricht. Im Alten Testament werden die Begriffe „nähren“ (weiden) und „lagern“ oft miteinander verbunden (z. B. Hes 34,14; Ps 23). Richtungweisend ist das Beispiel von Maria aus Bethanien. Sie verbrachte Zeit zu den Füßen des Herrn Jesus. Damit hatte sie das gute Teil erwählt (Lk 10,42). Je schwieriger die Zeit, umso mehr brauchen wir die Stille, um in Ruhe das Wort Gottes zu überdenken.

Verständnis in allen Dingen

Das genau ist der Weg, um wirkliches Verständnis zu bekommen. Das ist die Zusage, die Gott hier gibt. Das ist der Weg zu wahrer Einsicht. Er führt nicht über natürliche Intelligenz, sondern über das ruhige Nachdenken über Gottes Wort. Woher hatte Maria das Verständnis, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun – und dann noch auf die richtige Art und Weise? Sie hatte es zu den Füßen des Meisters bekommen. Jakobus schreibt dazu: „Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige aus dem guten Wandel seine Werke in Sanftmut der Weisheit. Wenn ihr aber bitteren Neid und Streitsucht in eurem Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit. Dies ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern eine irdische, sinnliche, teuflische. Denn wo Neid und Streitsucht ist, da ist Zerrüttung und jede schlechte Tat. Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, dann friedsam, milde, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt“ (Jak 3,13-17).

Es ist unsere Verantwortung, das zu bedenken, was wir hören und lesen. Dann handelt der Herr: Er gibt Verständnis. Wieder wird die Seite unserer Verantwortung mit seiner Seite des Handelns in Gnade verbunden. Es war der Herr, der den Jüngern am Auferstehungstag die Schriften öffnete und ihnen dann das Verständnis dafür gab (Lk 24,27.32.45). Wir brauchen dieses Verständnis in vielen Fragen, in denen wir nicht sofort klar sehen. Deshalb ist es ein gutes Prinzip, erst einmal darüber nachzudenken und zu beten. Oft sehen wir danach klar.

Im Gedächtnis halten

Vers 8: Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt aus den Toten, aus dem Geschlecht Davids, nach meinem Evangelium.

Es ist ohne Frage wichtig, mit unserem Dienst und unseren Aufgaben beschäftigt zu sein. Paulus hat das in den drei vorgestellten Bildern (Soldat, Athlet, Ackerbauer) gezeigt. Jetzt kommt er zu einem ganz zentralen Thema, nämlich zu der Person des Herrn Jesus selbst. Er lenkt Timotheus‘ Blick auf Christus hin. So wichtig unser Dienst ist, er ist nie Selbstzweck. Bei aller Arbeit für den Herrn dürfen wir Jesus Christus nicht vergessen.

Viele Stellen im Neuen Testament beschäftigen uns mit dem, was Christus für uns und mit uns getan hat. Andere Stellen zeigen uns, welche Folgen das Werk des Herrn Jesus für uns hat. Hier geht es jedoch primär um die Person des Herrn Jesus selbst und nicht so sehr um sein Handeln, auch wenn wir das nie voneinander trennen können. A. Remmers schreibt: „Christus ist der Prüfstein und das Wesen aller Wahrheit und zugleich der Gegenstand und die Erfüllung aller Verheißungen Gottes, aber Er ist noch mehr: Er ist der Zentralpunkt der Gedanken Gottes und muss es auch für uns sein und bleiben.“1 Es geht um Christus selbst, den wir im Gedächtnis halten sollen.

Im „Gedächtnis halten“ ist kein gut gemeinter und unverbindlicher Ratschlag. Es geht um eine klare Aufforderung. Timotheus konnte mit dieser Aufforderung nicht tun und lassen, was er wollte. Jesus Christus im Gedächtnis zu halten ist kein Wunsch, den man ohne Folgen einfach ignorieren kann. Darüber hinaus ist es nicht etwas Einmaliges, sondern eine Haltung, die uns ständig prägen sollte, etwas, das immer wieder geschehen sollte. Wir können und dürfen Ihn einfach nicht vergessen.

Jesus Christus

Paulus weist hier auf das große Vorbild hin. Der Weg des Dieners Gottes geht durch Leiden zur Herrlichkeit. Das genau war der Weg, den der Herr Jesus ging. Petrus schreibt: „Denn hierzu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten, euch ein Beispiel hinterlassend, damit ihr seinen Fußstapfen nachfolgt“ (1. Pet 2,21). Hier geht es nicht um die sühnenden Leiden des Herrn. Darin hat Er uns kein Beispiel hinterlassen. Es geht um die Leiden während seines Lebens. In Hebräer 12,2 lesen wir: „... hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete.“ Jesus Christus hat auf dieser Erde Gott gedient. Er hat gelitten. Er hat den Lauf vollendet. Jetzt ist Er in der Herrlichkeit. Einmal kommt der Tag, an dem Er in königlicher Herrlichkeit auf dieser Erde erscheinen wird, um das Tausendjährige Reich zu gründen. Die ständige Erinnerung an Ihn ist für jeden wichtig und unerlässlich, der im Dienst für den Herrn steht. Besonders dann, wenn es schwierig wird, gibt uns gerade dies Mut und Ausharren.

Drei Dinge werden in unserem Vers in Erinnerung gerufen. Erstens ist die Rede von „Jesus Christus“. Zweitens wird die Tatsache vorgestellt, dass Er auferweckt wurde. Drittens wird gezeigt, dass Er aus dem Geschlecht Davids ist.

  1. Es geht um die Person Christi selbst. Er ist „Jesus Christus“. Wir haben schon gesehen, dass dieser Brief auffallend oft den Titel „Christus Jesus“ gebraucht. Bezeichnenderweise ist die Reihenfolge in diesem Vers umgekehrt: „Jesus Christus“. Es ist die einzige Stelle in diesem Brief, an der der Ausdruck „Jesus Christus“ ohne weiteren Zusatz in dieser Reihenfolge vorkommt. Während uns die Reihenfolge „Christus Jesus“ auf den verherrlichten Herrn im Himmel hinweist, der einst in Niedrigkeit auf der Erde war, lässt uns die Reihenfolge „Jesus Christus“ zunächst an seinen Weg als Mensch hier auf der Erde denken. Es war ein Weg, der durch Leiden gekennzeichnet war und danach in der Herrlichkeit endete. Das ist an dieser Stelle eine Ermunterung für jeden, der Ihm nachfolgen und dienen möchte. Wie schwer die Zeiten sein mögen, wir denken an den, dessen Weg durch Leiden zur Herrlichkeit führte. Wir sollten den Leidensweg des Herrn Jesus Christus immer vor Augen haben. Das hilft und motiviert uns.
  2. Er ist aus den Toten auferweckt. Das beinhaltet zweierlei:
    Erstens
    werden wir daran erinnert, dass Er lebt. Er hat sein Leben in den Tod gegeben. Er hat durch den Tod den zunichtegemacht, der die Macht des Todes hatte. Er hat Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht (Kap. 1,10). Der Tod konnte Ihn jedoch nicht halten. Gott konnte nicht zusehen, dass sein Frommer die Verwesung sehen würde. Er hat Ihn auferweckt. Wir haben es nicht mit einem gestorbenen, sondern mit einem lebenden Christus zu tun. Die Tatsache, dass Er lebt, zeigt, dass Er der Sieger von Golgatha ist. Wir stehen jetzt auf der Seite des Siegers – selbst wenn unser Dienst mit Leiden und Trübsal verbunden ist. Die Erinnerung daran gibt uns Mut, in schwierigen Umständen auszuhalten und unseren Dienst zu tun.
    Zweitens zeigt uns die Auferstehung von Christus die Größe und Macht der Kraft Gottes. Es ist „die Macht seiner Stärke, in der er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte“ (Eph 1,19.20). Die überragende Größe seiner Kraft ist an uns, den Glaubenden, wirksam geworden, als wir mit Christus lebendig gemacht wurden. Diese Kraft Gottes steht uns jetzt im Dienst und in der Nachfolge zur Verfügung. Obwohl es äußerlich viel Schwachheit gibt, obwohl das christliche Zeugnis insgesamt am Boden liegt – die Kraft Gottes ist immer noch da. Die Tatsache, dass Christus lebt, ist der Beweis dafür. Auch darin liegt eine große Motivation, nicht aufzugeben.
  3. Er ist aus dem Geschlecht Davids. Diese Aussage hat erneut zwei Aspekte:
    Erstens
    ist Er als Nachkomme Davids derjenige, der einen rechtmäßigen Anspruch auf das Königtum hat. Er wird einmal kommen – als König der Könige und Herr der Herren –, um über diese Erde zu regieren. In Ihm werden alle Zusagen Gottes aus dem Alten Testament ihre Erfüllung finden. Das im Alten Testament angekündigte Königreich wird einmal auf dieser Erde gegründet werden. Der Herr Jesus wird als Sohn Davids die Regierung antreten. Diese Herrschaft werden wir, die Seinen, mit Ihm teilen. Diejenigen, die jetzt in schwerer Zeit treu zu Ihm stehen, werden dann vom Himmel aus mit Ihm regieren.
    Zweitens
    erinnert uns der Ausdruck „aus dem Geschlecht Davids“ daran, dass der Herr Jesus wirklicher Mensch ist. In Offenbarung 22,16 wird Er als die Wurzel und das Geschlecht Davids vorgestellt. „Wurzel“ meint „Ursprung“, „Geschlecht“ meint „Nachkomme“. Nur der Herr Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch kann beides sein – Ursprung und Nachkomme. Von niemand anderem könnte so etwas gesagt werden. Der Hinweis auf seine Menschheit zeigt also nicht nur den Anspruch auf das Königtum. Er weist uns gleichzeitig darauf hin, dass Er als Mensch gelitten hat und deshalb Verständnis für uns hat, wenn wir in schwierigen Zeiten leben. Er weiß, wie wir uns im Kampf fühlen. Er weiß, was es bedeutet, den Wettlauf zu laufen. Er weiß, was es bedeutet, in Mühe und Entbehrung für Ihn zu arbeiten.

Nach meinem Evangelium

Die Predigt des Evangeliums nimmt in diesem Brief einen wichtigen Platz ein. Es ist das „Evangelium Gottes“, weil Gott der Ursprung dieser guten Botschaft an uns Menschen ist. Dennoch nennt Paulus es hier „mein Evangelium“. Das zeigt uns einerseits, wie sehr er sich persönlich damit identifizierte. Andererseits sehen wir, wie gerade dem Apostel Paulus die Predigt und Verbreitung dieses Evangeliums als besonderer Dienst anvertraut war. Der zentrale Mittelpunkt des Evangeliums ist Jesus Christus.

Der Römerbrief gibt uns besondere Belehrungen über das Evangelium. Dieser Brief beginnt mit dem Hinweis auf das „Evangelium Gottes .... über seinen Sohn (der aus dem Geschlecht Davids gekommen ist dem Fleisch nach und erwiesen ist als Sohn Gottes dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung)“ (Kap. 1,3.4). Diese beiden Seiten (Sohn Davids und Totenauferstehung) klingen auch in unserem Vers an. Paulus gibt hier keine Erklärung über das Evangelium an sich, aber er deutet doch mit diesen wenigen Worten an, wer der zentrale Mittelpunkt dieser guten Botschaft Gottes ist.

Trübsal leiden

Vers 9: Worin ich Trübsal leide bis zu Fesseln wie ein Übeltäter; aber das Wort Gottes ist nicht gebunden.

Hier sehen wir die Folgen, die der Apostel Paulus in Kauf nahm, um das Evangelium zu verbreiten. Er hatte Timotheus aufgefordert, an den Trübsalen als ein Streiter Christi teilzunehmen. Jetzt zeigt er ihm, wie er selbst das verwirklichte.

Die Zeit des Herrschens war für Paulus noch nicht gekommen. Sie war für Timotheus noch nicht gekommen. Sie ist für uns noch nicht gekommen. Jetzt ist die Zeit, in der wir für das Evangelium und mit dem Evangelium leiden. Die Welt unter der Führung Satans stellt sich immer gegen die, die das Evangelium verbreiten. So war es bei Paulus. Er war ein Gefangener in Rom. Obwohl das so war, nennt er sich trotzdem ein Gefangener des Herrn (Kap. 1,8). Er litt Trübsal. Wir sahen in Vers 3 – wo das gleiche Wort benutzt wird –, dass es „Schlechtes erleiden“ bedeutet. Dem Apostel Paulus ging es wirklich schlecht. Das deutet schon der Ausdruck „Fesseln“ an.

„Worin“ bedeutet „aufgrund dessen“. Der Grund für die Trübsale war das Evangelium. Paulus wurde wie ein Übeltäter behandelt, obwohl er keiner war. Das Wort für „Übeltäter“ finden wir in Lukas 23,32 wieder, wo zwei Übeltäter mit dem Herrn Jesus gekreuzigt wurden. Das zeigt, auf welche Stufe man den Apostel Paulus von Seiten der römischen Behörden stellte. Und doch war er kein Übeltäter. Petrus erinnert uns daran, „dass doch niemand von euch leide als Dieb oder Übeltäter ... wenn aber als Christ, so schäme er sich nicht“ (1. Pet 4,15.16). Das traf auf Paulus zu. Aus Sicht der Römer war er ein Übeltäter. Aus Gottes Sicht litt er als Christ. Damit nahm er teil an den Leiden Christi (Phil 3,10).

In Kapitel 3,12 schreibt Paulus: „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.“ Niemand von uns wird sich mit Paulus vergleichen wollen. Auch nicht mit Timotheus. Wir denken an viele Gläubige, die im Lauf der Jahrhunderte ihr Leben für Christus gegeben haben. Wir denken an Glaubensgeschwister, die bis heute wegen ihres christlichen Bekenntnisses in Gefängnissen und Lagern sind und große Not leiden. Wenn uns – den meisten jedenfalls – so etwas bis heute erspart geblieben ist, dann wollen wir unserem Herrn dafür danken. Die Frage aber bleibt, warum wir so wenig von der Schmach des Christus empfinden und tragen. Liegt es daran, dass unser Glaubensleben so lasch geworden ist? Jeder Leser mag über die Frage selbst nachdenken.

Das Wort Gottes ist nicht gebunden

Der Teufel hat immer versucht, die Verbreitung des Wortes zu verhindern. Seine beiden großen Taktiken sind erstens Gewalt und zweitens List. Im Fall von Paulus versuchte er es mit Gewalt, denn er war im Gefängnis. Der sichere Tod stand ihm bevor. Hatte Satan damit einen Sieg errungen? Keineswegs. Paulus sagt mit großer Gewissheit: „Das Wort Gottes ist nicht gebunden.“ Heute versucht der Teufel vielfach, die Verbreitung des Wortes durch List – Verfälschung, Vermischung, Relativierung etc. – zu verhindern. Die Bibelkritik ist in vielen christlichen Kreisen „gesellschaftsfähig“ geworden. Dennoch wissen wir: „Das Wort Gottes ist nicht gebunden.“

Es mag Satan gelingen, Prediger und Verkündiger des Wortes zu binden. Es wird ihm nicht gelingen, das Wort selbst zu binden. Es wird laufen und verherrlicht werden (2. Thes 3,1). Als Paulus den Philipperbrief schrieb, war er ebenfalls ein Gefangener. Auch dort bringt er seine Zuversicht zum Ausdruck: „Ich will aber, dass ihr wisst, Brüder, dass meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums geraten sind“ (Phil 1,12). Seine Fesseln trugen zur Förderung des Evangeliums bei. Es gibt zahlreiche Beispiele in der Kirchengeschichte, die genau das belegen. In Zeiten der schlimmsten Christenverfolgungen schien das Licht des Evangeliums umso heller und zahlreiche Menschen kamen zum Glauben. Schon im Alten Testament ließ Gott ausrichten: „So wird mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern es wird ausrichten, was mir gefällt und durchführen, wozu ich es gesandt habe“ (Jes 55,11). „Das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit“ (Jes 30,8).

Ermunterung in Trübsalen

Vers 10: Deswegen erdulde ich alles um der Auserwählten willen, damit auch sie die Errettung erlangen, die in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit.

Paulus litt im Gefängnis wegen des Evangeliums. Er empfand das tief. Dennoch fand er Trost. Sein Trost bestand erstens in der Tatsache, dass das Wort Gottes nicht gebunden ist. Den Boten konnte man binden, das Wort Gottes nicht. Es würde laufen und ausrichten, wozu Gott es gesandt hatte. Zweitens tröstete Paulus sich mit dem Gedanken, dass seine Leiden im Hinblick auf seine Mitgeschwister nicht vergeblich waren. Was er für Christus erduldete, war zum Nutzen der Auserwählten. Drittens fand Paulus Trost darin, dass er die Grundsätze der Regierung Gottes kannte. Einige dieser Grundsätze zeigt er in den Versen 11–13 auf.

„Deswegen“ bedeutet „um dieser Ursache willen“. Vordergründig litt Paulus, weil man ihn angeklagt und für schuldig befunden hatte. Doch zum einen sah Paulus sich nicht als einen Gefangenen der Römer, sondern als „Gefangenen des Herrn“ (Kap. 1,8); so war es auch während seiner ersten Gefangenschaft gewesen. Zum anderen war er ein Gefangener „für die Gläubigen“. Den Ephesern schreibt er: „Deshalb ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen ...“ (Eph 3,1). Es war die Predigt von dem Auferstandenen und seiner Verbindung mit der Versammlung – die aus ehemaligen Juden und Heiden bestand –, die ihm die Gefangenschaft eingebracht hatte. Hier denkt Paulus nicht so sehr an die Wahrheit der Versammlung, sondern an die einzelnen Gläubigen. Er nennt sie „Auserwählte“. Das nimmt Bezug auf einzelne Menschen, denn die Versammlung als Ganzes ist nicht auserwählt. Sie hat ohne Frage einen Platz im Ratschluss Gottes, aber auserwählt sind die einzelnen Gläubigen, die diese Versammlung bilden.

Auserwählung und Errettung

Paulus litt nicht aus Gründen, die er selbst verschuldet hatte. Sein Dienst für die „Auserwählten“ hatte ihn in diese Lage gebracht. Trotzdem war er nicht verbittert. Er litt für seine Glaubensgeschwister. Er wusste, welchen Wert sie in den Augen Gottes hatten. Sie waren nicht nur „Heilige“ und „Geliebte“. Sie waren ebenso „Auserwählte“. Paulus wusste, dass Gott schon in der Ewigkeit vor der Zeit in Zuneigung und Liebe an sie gedacht hatte. In Kapitel 1,9 hatte er Timotheus schon an die Gnade erinnert, „die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten“ gegeben worden ist. Paulus wusste, dass sie – genau wie er – die Errettung erlangen würden, „die in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit“. Für Paulus, der kurz vor seinem leiblichen Tod stand, war diese Errettung sicher – doch er wünschte, dass auch andere Glaubende in schwerer Zeit diese Errettung finden würden.

Auserwählung und Errettung sind nicht identisch. Auserwählung reicht weiter. Was Auserwählung bedeutet, wird an anderen Stellen erklärt. Gott hat uns vor Grundlegung der Welt auserwählt, damit wir heilig und untadelig vor Ihm seien in Liebe. Er hat uns die Kindschaft und die Sohnschaft geschenkt (vgl. Eph 1,3-5). Wir sind zuvor bestimmt, „dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein“ (Röm 8,29). Das wird hier nur angedeutet, wenn Paulus von den „Auserwählten“ und der „ewigen Herrlichkeit“ spricht, die einmal unser Teil sein wird.

Errettung bedeutet ganz allgemein die vollständige Befreiung aus aller Art von Gefahren, die uns bedrohen. Das Neue Testament zeigt uns drei Seiten unserer Errettung:

  1. Wenn es um unsere Seelen geht, wissen wir, dass wir errettet sind. Der Herr hat uns durch sein Werk von den ewigen Folgen der Sünde (der Verdammnis) befreit. Das Gericht, das wir verdient hatten, trifft uns nicht mehr. Satan hat keine Verfügungsgewalt mehr über uns. Wir sind errettet (Eph 2,5). Das ist der Aspekt der Vergangenheit.
  2. Wenn wir an das tägliche Leben mit seinen vielen Gefahren für den Gläubigen denken, wissen wir, dass Er völlig zu erretten vermag, die durch Ihn Gott nahen (Heb 7,25). Das ist der Aspekt der Gegenwart.
  3. Wenn es um die Zukunft geht, wissen wir, dass unsere Errettung dann vollständig sein wird, wenn der Herr Jesus als unser Erretter (Heiland) gekommen sein wird. Dann wird Er unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3,20.21). Das ist der Aspekt der Zukunft.
    Welche der drei Seiten unserer Errettung wir auch immer vor uns haben – unsere Errettung ist immer „in Christus Jesus“, dem verherrlichten Menschen im Himmel, der einst in Niedrigkeit auf der Erde war und unser Heiland geworden ist. Getrennt von Ihm gibt es keine Errettung.
    Der Zusammenhang unseres Verses lässt darauf schließen, dass Paulus wohl an den zukünftigen Aspekt der Errettung denkt (ohne dass man den gegenwärtigen Aspekt ganz ausschließen kann). „Errettung“ ist die notwendige Voraussetzung, damit wir das ewige Teil der Erlösten, zu dem Gott uns auserwählt hat, erreichen können. Diese Gewissheit gab Paulus Trost und Kraft in schwierigen Umständen – und das ist bei uns nicht anders. Während wir jetzt durch Trübsale gehen und leiden, so tragen wir doch die Gewissheit mit uns, dass wir einmal an dieser vollständigen Errettung teilhaben werden.
    Es gibt Menschen, die meinen, dass es wegen der Wahrheit der Auserwählung nicht erforderlich sei, das Evangelium des Heils (der Errettung) einer verlorenen Welt zu verkündigen. Sie argumentieren, dass es bei Gott von vornherein feststeht, wer errettet wird und wer nicht. Wer so argumentiert, verwechselt Auserwählung und Errettung. Natürlich dürfen wir Auserwählung und Errettung nicht voneinander trennen (vgl. 2. Thes 2,13), dennoch müssen wir beide Wahrheiten unterscheiden und dürfen die Souveränität Gottes nicht gegen die Verantwortung des Menschen ausspielen. Wenn es um diese Verantwortung geht, so muss ein Mensch das Evangelium im Glauben und Gehorsam annehmen. Wir sehen im Leben von Paulus, wie er auf der einen Seite von der Auserwählung spricht, auf der anderen Seite aber wie kein anderer das Evangelium verkündigt hat. Er hatte Juden und Griechen „die Buße zu Gott und den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus“ bezeugt (Apg 20,21). Die Predigt der Botschaft ist unsere Verantwortung. Paulus war sogar bereit, dafür den Tod zu erdulden. Die Kenntnis von der Wahrheit der Auserwählung hat Paulus nie in seinem Eifer für das Evangelium gebremst. Dafür war er bereit, alles zu erdulden – die Leiden im Gefängnis in Rom eingeschlossen.

Ewige Herrlichkeit

Diese Errettung schließt die ewige Herrlichkeit ein bzw. führt dorthin. Petrus spricht ebenfalls von einer „ewigen Herrlichkeit“. „Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, nachdem ihr eine kurze Zeit gelitten habt...“ (1. Pet 5,10). Petrus stellt mehrfach die Leiden der Jetztzeit der Herrlichkeit des zukünftigen Reiches gegenüber. Wenn er von der ewigen Herrlichkeit spricht, meint er offensichtlich nicht das Vaterhaus, sondern das Reich, in dem wir mit Christus herrschen werden, wobei die Regierung über das Reich hinausgeht. Wir werden in Ewigkeit mit Christus herrschen (Off 22,5). Es mag sein, dass Paulus hier ebenfalls an diese Herrlichkeit denkt, die mit der Herrschaft des Christus in Verbindung steht. Es mag aber auch sein, dass es hier – in Verbindung mit der Erinnerung an die Auserwählten – tatsächlich um die ewige Herrlichkeit des Himmels geht. Entscheidend ist, dass er den Glaubensblick auf die kommende Herrlichkeit richtet.

Eine zuverlässige Aussage

Vers 11: Das Wort ist gewiss; denn wenn wir mitgestorben sind, so werden wir auch mitleben.

Die Formulierung: „Das Wort ist gewiss“ gebraucht Paulus insgesamt fünfmal in den Briefen an Timotheus und Titus. Das Wort „gewiss“ selbst kommt häufiger vor. Es meint „zuverlässig“, „sicher“, „treu“. Im Zusammenhang der jeweiligen Stelle kann sich die Aussage: „Das Wort ist gewiss“ auf das beziehen, was vorher gesagt worden ist, oder auf das, was der Aussage folgt. Jedenfalls soll damit eine Aussage ganz besonders betont und unterstrichen werden. Es scheint nahezuliegen, dass hier das Folgende bestätigt werden soll.

Die nachstehenden Aussagen sind wichtig, allerdings nicht ganz einfach zu erklären. Wenn man verschiedene Bibelkommentare geschätzter Ausleger miteinander vergleicht, wird man gewisse Unterschiede finden. Ich gebe hier eine eigene Meinung wieder, maße mir aber kein endgültiges Urteil an. Es sei dem Leser überlassen, unter Gebet selbst intensiv darüber nachzudenken.

Es scheint um gewisse Grundsätze zu gehen, die wir in der Regierung Gottes finden. Gottes Regierung mit uns Menschen ist grundsätzlich in zweifacher Hinsicht wirksam:

  1. im Blick auf die wahren Gläubigen: Für sie gibt es in der gegenwärtigen Zeit Leiden und Trübsale. In der Zukunft gibt es dafür Anerkennung und Belohnung. Für Paulus und Timotheus war das eine große Ermunterung. Das ist es für uns ebenfalls.
  2. im Blick auf Menschen, die eine christliche Form haben, ohne dabei Leben aus Gott zu besitzen: In der gegenwärtigen Zeit mag ihr Tun ohne Folgen sein. In der Zukunft wird es jedoch nicht nur Missbilligung, sondern sogar Vergeltung geben.
    In gewissem Sinn sind das die beiden Seiten der Regierung Gottes, die uns im ersten und zweiten Petrusbrief vorgestellt werden. In seinem ersten Brief spricht Petrus von der Regierung Gottes mit den Gläubigen. Im zweiten Brief geht es um die Regierung Gottes mit den Ungläubigen. Das ist eine ernste Seite. Dennoch bleibt wahr, dass der Herr bei aller Untreue auf unserer Seite sich selbst treu bleibt.

Insgesamt haben wir in den Versen 11 und 12 vier Aussagen vor uns, die jeweils einen Gegensatz vorstellen:

  • Mitsterben – Mitleben
  • Ausharren – Mitherrschen
  • Wir verleugnen – Er verleugnet
  • Wir sind untreu – Er bleibt treu

Mitsterben und Mitleben

Für jeden Gläubigen gilt, dass er – was seine Stellung betrifft – mit Christus gestorben ist. Unser Leib (Körper) lebt zwar noch auf der Erde, aber Gott sieht uns jetzt schon als mit Christus gestorben. Das ist die Grundlage unserer christlichen Stellung. Darüber belehrt uns speziell der Römerbrief. Unser Leben ist jetzt verborgen mit dem Christus in Gott. Einmal wird sichtbar werden, wem wir angehören. Paulus schreibt den Kolossern: „Wenn der Christus, unser Leben, offenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,4). Dieser Gedanke mag Paulus im Gefängnis ermutigt haben.

Die Tatsache, mit Christus gestorben zu sein, hat indes praktische Konsequenzen für unser Verhalten in dieser Welt. Wir müssen diesen Platz auch tatsächlich im Blick auf diese Welt einnehmen. Wenn wir praktisch verwirklichen, mit Christus gestorben zu sein, können uns Trübsale und Gefahren nicht vom Weg des Gehorsams abbringen. Dann haben wir den Mut, das Sterben Jesu allezeit an unserem Leib herumzutragen (2. Kor 4,10). Wir tun es im Hinblick auf die vor uns liegende Zeit, in der wir mit Christus leben und verherrlicht werden. Wir leben zwar jetzt schon auf der Erde in der Kraft der Auferstehung, aber wir werden tatsächlich „mitleben“, wenn wir bei Christus sind und mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen.

„Wir werden mitleben“ nimmt eindeutig Bezug auf die Zukunft. Es ist wahr, dass Paulus an anderen Stellen von unserem Leben spricht, das wir jetzt auf dieser Erde führen (z. B. Gal 2,20; Röm 14,8). Hier jedoch geht es darum, dass Paulus uns an die lebendige Hoffnung erinnert, die wir haben. Wir werden mit Ihm leben, wenn wir bei Ihm sind und Er offenbart werden wird.

Ausharren und Mitherrschen

Vers 12: Wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen werden, so wird auch er uns verleugnen.

Leiden und Ausharren gehören eng zusammen. Beides prägt die gegenwärtige Zeit. Die Zeit des Ausharrens ist jetzt. Die Zeit des Herrschens ist zukünftig. Dennoch besteht zwischen beiden Aussagen ein enger Zusammenhang. Wenn wir jetzt mit Ihm ausharren, werden wir in Zukunft mit Ihm herrschen. Das Ausharren ist der notwendige Weg für diejenigen, die einmal mit Christus herrschen werden. Der Weg des Herrn selbst war ein Weg durch Leiden zur Herrlichkeit. Davon hatten die Propheten gezeugt. Auch Christus hat ausgeharrt. Das ist unser Weg, der jetzt durch Trübsale und Drangsale in das zukünftige Reich Gottes führt (Apg 14,22). Wenn wir jetzt bereit sind, mit Christus zu leiden und auszuharren, werden wir einmal mit Ihm verherrlicht werden und herrschen. In Offenbarung 1,9 wird das „Königtum in Jesus“ (das bedeutet „mitherrschen“) ausdrücklich mit der „Drangsal in Jesus“ und dem „Ausharren in Jesus“ verbunden.

Wir wollen Gott danken, dass Er uns bisher davor bewahrt hat, unser Leben für Ihn geben zu müssen. In den meisten demokratischen Ländern sind die wenigsten Christen davon bedroht. Aber wir alle müssen ausharren – manchmal sogar in schwierigen Umständen. Wer sich treu zu Christus stellt, erfährt etwas von der Wahrheit, an die Paulus in Kapitel 3,12 erinnert: „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden.“ Die ersten Christen freuten sich, für Ihn zu leiden und für den Namen Schmach zu tragen (Apg 5,41). Dazu war Ausharren nötig. In gewisser Hinsicht ist das ein Kennzeichen jedes Christen – allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. Wir denken zu unserer eigenen Ermunterung an die Worte des Herrn Jesus an seine Jünger: „Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen“ (Lk 22,28). Das sagte der Herr, kurz bevor alle Ihn verließen.

„Herrschen“ steht eindeutig mit dem Reich in seiner sichtbaren Form in Verbindung. Es ist ein „Mitherrschen“. Der Herrscher selbst ist Christus. Er ist der Erbe. Er ist der Sohn des Menschen, dem Gott einmal alles zu Füßen legen wird (Ps 8,7). Er ist von Gott zum Erben über alle Dinge und zum Herrscher über alle Dinge gesetzt. Wir sind seine Miterben. Die Zeit des Herrschens ist jetzt noch nicht gekommen – weder für Christus noch für uns. Christus sitzt jetzt auf dem Thron des Vaters, aber noch nicht auf seinem eigenen Thron. Gott hat Ihn wohl zum Herrscher über alle Werke seiner Hände bestimmt, die Herrschaft ist jedoch noch nicht angetreten. Das wollen wir nicht vergessen.

Das Herrschen bezieht sich unmittelbar auf das Tausendjährige Reich, das einmal auf dieser Erde gegründet werden wird. Allerdings wird es auch danach im ewigen Zustand noch Regierung und Herrschaft geben (Off 22,5). Unser Eingang in dieses Reich wird unterschiedlich sein. Für einige gibt es einen „reichlichen Eingang“ (2. Pet 1,11). Andere werden zwar gerettet werden, „doch so wie durchs Feuer“ (1. Kor 3,15). Das sind diejenigen, deren Werke verbrennen werden und für die es keinen – oder nur geringen – Lohn gibt. In dem Gleichnis von den Knechten gibt es Knechte, die über zehn Städte gesetzt sind, während andere über fünf Städte gesetzt sind (Lk 19,17-19). Am Richterstuhl wird es Lohn geben – und dieser Lohn fällt unterschiedlich aus. Sichtbar wird dieser Lohn, wenn wir öffentlich mit Christus erscheinen, um mit Ihm zu herrschen.

Wir verleugnen – Er verleugnet

„Wenn wir verleugnen werden, so wird auch er uns verleugnen.“ Diese Aussage ist überaus ernst. Sie ist eine eindringliche Warnung für diejenigen, die das tun. Dabei ergibt sich natürlich die Frage, auf wen diese Aussage Bezug nimmt. Sind nur Ungläubige gemeint oder kann man die Aussage ebenso auf Gläubige beziehen?

Der Ausdruck „verleugnen“ wird zum Beispiel in Matthäus 10,33 benutzt: „Wer aber irgend mich vor den Menschen verleugnen wird, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater, der in den Himmeln ist“ (vgl. weiter Lk 12,9). In Johannes 13,38 gebraucht der Herr dieses Wort in Bezug auf das, was Simon Petrus im Begriff stand zu tun. „Verleugnen“ kann sich also sowohl auf Ungläubige als auch auf Gläubige beziehen. Es wird in den Versen 12 und 13 unseres Kapitels dreimal gebraucht. Kenner der griechischen Sprache geben folgende alternative Übersetzung an: „Nein sagen, widersprechen, abweisen, verweigern, abschlagen, leugnen, in Abrede stellen, bestreiten, sich lossagen“. Andere übersetzen: „die Bekanntschaft abstreiten“. Das war, was Simon Petrus getan hatte.

Die Frage ist, ob es hier um ein einmaliges oder zeitweiliges Verleugnen geht oder ob Paulus grundsätzlich spricht. Meint er das, was Petrus getan hat – und was jedem von uns passieren kann? Oder ist gemeint, dass jemand dauerhaft und gewohnheitsmäßig durch Wort und/oder Wandel zu erkennen gibt, dass er grundsätzlich nichts mit Christus zu tun haben will? Im zweiten Fall ist klar, dass der Herr sich niemals zu so jemand bekennen wird – wie immer sein äußeres Bekenntnis gewesen sein mag. Das ist – wie es W. Kelly einmal geschrieben hat – eine Verunehrung der Person des Herrn, die Gott niemals hinnehmen wird. Es wird tatsächlich Menschen geben, die sich äußerlich zu Ihm bekannt haben, ohne je Leben aus Gott gehabt zu haben. Es sind Menschen, zu denen der Herr einmal sagen wird: „Ich habe euch niemals gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!“ (Mt 7,23). In unserem Vers scheint das tatsächlich die Hauptbedeutung zu sein. Es sind Menschen, die nur eine Form der Gottseligkeit haben. Judas sagt, dass sie sich nebeneingeschlichen haben und „unseren alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen“ (Jud 4). „Verleugnen“ wird hier ohne Objekt gebraucht. Es wird nicht gesagt, wer oder was verleugnet wird. Das unterstützt den Gedanken, dass es hier um eine prinzipielle und dauerhafte Grundhaltung geht, die jemand einnimmt.

Dem könnte entgegengehalten werden, dass es in den Versen 11–13 immer um „wir“ geht. Demzufolge könnte immer die gleiche Gruppe (also Gläubige) angesprochen sein. Das Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings fällt auf, dass es in den beiden ersten Fällen einfach heißt: „Wenn wir mitgestorben sind ...“, und: „Wenn wir ausharren ...“, während es hier heißt: „Wenn wir verleugnen werden ...“. Ersteres ist offensichtlich eine Tatsache, zweites eine Möglichkeit. Es scheint mir so zu sein, dass Paulus hier tatsächlich an Menschen denkt, die sich zwar unter den Gläubigen befinden, jedoch nur ein äußeres Bekenntnis – und damit kein Leben aus Gott – haben. Diese Mischung aus „echt“ und „unecht“ ist es ja gerade, die in diesem letzten Brief von Paulus vor uns kommt.

Allerdings wollen wir die vorsichtige Anwendung auf Gläubige nicht ganz ausschließen. Es mag im Leben eines Gläubigen Situationen geben, in denen er sich – ähnlich wie Petrus – nicht zu seinem Herrn bekennt und Ihn verleugnet. Dann kann er nicht damit rechnen, dass sein Herr sich in dieser Situation zu ihm bekennt und auf seine Seite stellt. Fatal wäre es allerdings, aus dieser Stelle abzuleiten, dass ein untreuer Gläubiger doch einmal verloren gehen könnte, indem der Herr ihn dann einmal im Hinblick auf die Ewigkeit verleugnen würde. Das lehrt die Bibel an keiner Stelle und das ist ganz sicher nicht die Bedeutung dieses Verses.

Wir sind untreu – Er bleibt treu

Vers 13: Wenn wir untreu sind – er bleibt treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.

Erneut stellt sich die Frage, an welche Personengruppe Paulus denkt. Sind es echte oder unechte Bekenner oder sind beide eingeschlossen? Wenn Paulus an Gläubige denkt, dann liegt in dem zweiten Teil des Verses durchaus eine Ermunterung. Trotz unserer Untreue – und wer wollte von sich behaupten, immer treu (zuverlässig) gewesen zu sein? – bleibt der Herr treu. Wenn Paulus an Ungläubige denkt, dann ist dieser Vers eine ernste Mahnung und Warnung.

Ganz allgemein gilt, dass der Herr sich niemals mit Untreue eins machen kann. Er bleibt sich selbst treu, d. h. seinem Wesen und seiner Natur. Er kann nicht anders. Menschliche Untreue wird Ihn nicht daran hindern können, seine Pläne auszuführen. Er kann sich nicht verleugnen. Das gilt für alle Zusagen, die Er gegeben hat. Dabei wollen wir nicht nur an die Mut machenden Zusagen denken, sondern ebenso an die ernsten Gerichtswarnungen, die das Wort Gottes enthält. Der Herr wird alles erfüllen, was Er zugesagt hat – in Gnade wie in Gericht. Das war bei seinem irdischen Volk Israel so. Das ist bei seinem himmlischen Volk so. Er handelt immer gemäß seiner Treue.

Wenn wir an unechte Bekenner (also Ungläubige) denken, ist dies ein sehr ernster Gedanke. Was Gottes Handeln mit dem Menschen betrifft, werden alle Vorhersagen eintreffen. Es würde dem Wesen Gottes widersprechen, wenn Er Gläubige und Ungläubige gleich behandeln würde. Das tut Gott nicht. Wenn ein Mensch im Glauben seine Sünden bekennt, dann ist Gott nicht nur „gerecht“, sondern auch „treu“, wenn Er ihm die Sünden vergibt (vgl. 1. Joh 1,9). Umgekehrt ist Gott (seinem Wort) treu, wenn Er Menschen, die das Evangelium nicht annehmen, einmal für ewig verdammen wird. Gott bleibt – in Ehrfurcht gesagt – seinem Charakter immer treu und wird die Menschen dementsprechend behandeln.

Die Erinnerung an die Treue des Herrn ist jedoch gleichzeitig eine Ermunterung für Gläubige. Wir können leicht müde und mutlos werden. Wir können bisweilen in Kleinglauben, in Zweifel und sogar Unglauben verfallen. Aber Er bleibt immer treu und steht zu seinen Zusagen. Wenn wir Leben aus Gott haben, wird Er uns immer nachgehen und uns niemals ins Verderben laufen lassen.

Dieser Gedanke darf uns allerdings keinesfalls leichtfertig machen. Es wäre vermessen, wenn wir uns deshalb Untreue „leisten“ würden, weil wir schon vorher mit der Treue des Herrn rechnen. Ein solcher Gedanke ist dem Wort Gottes völlig fremd. Dennoch ist es wahr, dass das Handeln Gottes in seiner Regierung nie Gottes eigenen Vorsatz und seine Gnade aufheben kann oder ihr entgegensteht. Auch als Kinder Gottes unterstehen wir seiner Regierung. Er handelt mit uns zu unserem Nutzen und zu seiner Ehre. Trotzdem können wir immer mit seiner Gnade rechnen. Die Gnade gründet sich auf das, was Er in sich selbst ist. Das kommt in den Worten zum Ausdruck: „Er kann sich selbst nicht verleugnen.“

Ein irdischer Vater muss sein Kind strafen, wenn es ungehorsam ist und eigene Wege geht. Die Strafe mag mitunter schmerzhaft sein und die praktische Gemeinschaft trüben. Dennoch wird ein guter Vater nie zulassen, dass die grundsätzliche Beziehung zu ihm durch die Strafe abgebrochen wird. So handelt der himmlische Vater in seiner Regierung mit uns. Wenn wir als seine Kinder untreu sind, dann muss Er uns manchmal wehtun –, aber das ändert nichts daran, dass Er in Liebe und Gnade auf uns sieht. Gerade darin zeigt sich seine Treue.

In Erinnerung bringen

Vers 14: Dies bringe in Erinnerung, indem du ernstlich vor dem Herrn bezeugst, nicht Wortstreit zu führen, was zu nichts nütze, sondern zum Verderben der Zuhörer ist.

Der Ausdruck „dies“ nimmt Bezug auf die vorigen Verse. Insofern ist Vers 14 ein Bindeglied zwischen dem, was Paulus bereits vorgestellt hat und dem, was er nun sagen will. Mit Vers 14 beginnt der zweite Teil des Kapitels. Es geht immer noch um den Diener Gottes, aber jetzt wird besonders ein Bezug zu anderen hergestellt. Der Mensch Gottes ist seinem Gott verantwortlich. Er soll sich persönlich seinem Herrn zur Verfügung stellen. Er soll gleichzeitig – besonders in schwerer Zeit – in seinem Verhältnis zu anderen klar stehen. Er befindet sich innerhalb des christlichen Zeugnisses, das in Vers 20 mit einem großen Haus verglichen wird. Da gibt es besondere Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen.

In Vers 2 wurde Timotheus zum Hören aufgefordert. In Vers 7 sollte er etwas bedenken. Jetzt wird er aufgefordert, etwas in Erinnerung zu bringen. Das ist immer der Weg für einen zuverlässigen Diener des Herrn. Zuerst lernt er selbst, indem er etwas aufnimmt. Er hört oder liest. Danach kommt das Bedenken. Was man gelernt hat, muss verinnerlicht werden. Das Wort Gottes wird erforscht, erkannt und vor allen Dingen auf Herz und Gewissen angewandt. Das Bedenken schließt selbstverständlich ein, dass man in dem bleibt, was man gelernt hat und dass man es praktiziert. Dann kommt als Drittes hinzu, dass man das Gehörte und Überdachte bezeugen und andere lehren kann.

„In Erinnerung bringen“ ist ein permanenter Vorgang. Die Wahrheit Gottes an sich ist uns vollständig übermittelt. Es gibt keine neuen Wahrheiten mehr. Das Glaubensgut ist ein für allemal den Heiligen überliefert (Jud 3). Es muss jedoch immer wieder neu in Erinnerung gebracht werden. Der Ausdruck steht außer an dieser Stelle noch in Titus 3,1. Wir lernen daraus, dass es im Dienst des Wortes nicht nur darum geht, faktische Informationen (Sachwissen) zu vermitteln, sondern die Wahrheit soll sich im Herzen der Zuhörer einprägen. Sie soll dort etwas bewegen. Wenn wir das Wort vorstellen – sei es in den Zusammenkünften, in der Familie oder bei anderen Gelegenheiten –, geht es nicht darum, möglichst neue Dinge zu sagen oder möglichst interessant zu sein, sondern darum, an sich bekannte Wahrheiten in Erinnerung zu bringen. Dabei mag es durchaus so sein, dass die vorgestellten Dinge für den einen oder anderen Zuhörer neu sind (z. B. für heranwachsende junge Menschen oder jung Bekehrte), aber das ist nicht wesentlich. Petrus zum Beispiel wollte durch Erinnerung die lautere Gesinnung seiner Briefempfänger aufwecken (2. Pet 3,1). Erinnerung ist ein wichtiges biblisches Prinzip.

Bezeugen

Die Art und Weise, wie das geschehen soll, wird als ein ernsthaftes Bezeugen beschrieben. Ernsthaft bezeugen meint, dass man jemand beschwört und ihn warnt. Dieser Grundsatz ist ebenfalls allgemein gültig. Wir sollen, wenn wir das Wort Gottes vorstellen, nicht leichtfertig oder oberflächlich sein. Es gibt natürlich Bibelabschnitte, die einen ermunternden Charakter tragen, während andere eher ermahnend sind. Dennoch müssen wir Gottes Wort immer in einer würdigen Weise vorstellen. Die Bibel ist keine Unterhaltungslektüre. Sie ist Gottes Heiliges Wort. Dazu gehört ohne Frage ein würdiger Ernst. Es hat sehr befähigte und begabte Ausleger und Redner gegeben, die in ihrer Predigt sehr darauf geachtet haben, die Zuhörer nicht durch witzige und spaßige Bemerkungen zu „unterhalten“ oder gar zum Lachen zu bringen. Niemand, der Gottes Wort vorstellt, sollte meinen, die Zuhörer müssten durch derartige Mittel „bei Laune gehalten“ werden (was nicht heißt, dass wir nicht fröhliche Christen sein sollten).

Vor dem Herrn

Die Bedeutung dieser Aussage wird durch den Zusatz „vor dem Herrn“ verstärkt. „Vor dem Herrn“ bedeutet „im Angesicht des Herrn“. Der Diener soll stets das Bewusstsein haben, dass er vor seinem Herrn steht, der alles sieht und beurteilt. Nicht umsonst wird Er hier „der Herr“ genannt – ohne jeden weiteren Zusatz. Ihm gehört alle Autorität. Wir schulden Ihm Gehorsam und sollen nie vergessen, dass Er der Herr der Diener ist. Alles, was wir tun, geschieht unter den Augen des Herrn. Er sieht und beurteilt alles. Taten, Worte und Motive. Wir denken an das Beispiel eines großen Gottesmannes aus dem Alten Testament, der auch etwas zu bezeugen hatte, nämlich an Elia. Er handelte und redete in dem Bewusstsein, dass er es mit dem Herrn zu tun hatte, vor dessen Angesicht er stand. Wenn wir das verinnerlicht haben, wird das ein prägendes Element in unserem Leben als Diener des Herrn sein.

Aber es liegt noch etwas in dieser Aussage: Der Diener hat in sich keine Autorität. Sie kommt von dem Herrn. Wenn wir in diesem Bewusstsein unseren Dienst tun und aus der Gegenwart des Herrn kommen, werden wir „Aussprüche Gottes“ reden. (1. Pet 4,11). Ebenso gilt für den Zuhörer, dass er durch das Wort in die Gegenwart und das Licht des Herrn gestellt wird.

Kein Wortstreit

Paulus legt großen Wert darauf, dass Wortstreit vermieden wird. Wortstreit ist zum Verderben der Zuhörer. In der griechischen Welt damaliger Tage führte man gerne zu allen möglichen Themen Wortstreit. Die Juden waren ebenfalls in dieser Untugend geübt. In Apostelgeschichte 18,15 ist die Rede von Streitfragen über Worte, Namen und das Gesetz. Gerade bei großer Gelehrsamkeit ist die Gefahr vorhanden, sich in endlosen Diskussionen und Spekulationen zu ergehen. In 1. Timotheus 6,4 wird deutlich gemacht, dass Streitfragen und Wortgezänk Kennzeichen falscher Lehrer sind.

Es ist wahr, dass wir nicht in allen Fragen der Auslegung eine einheitliche Meinung haben. Es gibt manchmal unterschiedliche Ansichten, über die wir uns miteinander austauschen. Ein derartiger Austausch ist völlig in Ordnung. Er soll aber in keinem Fall in Wortstreit ausarten, der dann unter Umständen sogar lautstark ausgetragen wird. Der Diener Gottes tut so etwas selbst nicht, und er achtet darauf, dass andere es nicht tun. Leider waren es in der Vergangenheit oft besonders begabte Brüder, die die Wahrheit gut kannten und dennoch über einzelne Worte in Wortstreit geraten sind.

Wortstreit bleibt nicht ohne Folgen und diese sind niemals positiv. Deshalb sagt Paulus: Es ist „zu nichts nütze“. Mehr noch, es hat direkt schädliche Folgen. Die Zuhörer werden durch solchen Wortstreit nicht nur verwirrt, sondern Paulus geht weiter und sagt, dass es zu ihrem Verderben ist. „Verderben“ meint hier nicht die ewige Verdammnis. In 2. Petrus 2,6 wird das Wort noch einmal gebraucht. Dort geht es um die „Zerstörung“ Sodoms zur Zeit Noahs. Aus dem griechischen Wort ist unser Wort „Katastrophe“ abgeleitet. Die Folgen von Wortstreit sind jedenfalls katastrophal.

Befleißige dich

Vers 15: Befleißige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen, als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt.

Paulus spricht Timotheus jetzt mit einer neuen positiven Aufforderung an. Sie steht im Gegensatz zu den vorangegangenen Warnungen. Timotheus sollte sich befleißigen, d. h., er sollte Mühe aufwenden, um sich selbst Gott bewährt darzustellen. „Befleißigen“ meint „sorgfältig und diszipliniert nach etwas streben“. Es geht um Fleiß und um Einsatz. Was hier gezeigt wird, kommt nicht von selbst. Dafür muss Energie und Fleiß eingesetzt werden. Fleiß hat in der Bibel einen hohen Stellenwert. Gott möchte, dass wir fleißig sind – sowohl in natürlichen als auch in geistlichen Belangen. Das Buch der Sprüche zeigt uns mit großem Nachdruck den generellen Wert des Fleißes. Die Aufforderung, uns zu befleißigen (oder Fleiß anzuwenden), finden wir im Neuen Testament wiederholt.

Gott bewährt

Der Diener soll danach streben, sich selbst Gott bewährt vorzustellen. Das will sagen, dass der Diener jemand sein soll, der sich durch beständige Prüfung als zuverlässig und treu erweist. Durch sein Beispiel soll er andere anleiten, es ebenso zu machen. Das legt eine besondere Verantwortung auf diejenigen, die in der Öffentlichkeit dem Herrn dienen und das Wort predigen. Wenn jemand ein Diener des Herrn ist, dann sollen nicht Menschen beeindruckt werden, sondern der Diener soll vor Gott bewährt stehen. Gott sieht und hört und bewertet alles.

Bewährung trägt den Gedanken in sich, dass jemand auf den Prüfstand gestellt wird und die Prüfung besteht. Wir lesen zum Beispiel von der Bewährung des Werkes (1. Kor 3,13), der Bewährung des Dienstes (2. Kor 9,13), der Bewährung des Glaubens (Jak 1,3; 1. Pet 1,7) und der Bewährung von Personen (Röm 14,18; 16,10; 1. Kor 11,19 u.a.). Letzteres haben wir auch hier. Der Diener soll sich selbst Gott bewährt darstellen. Dabei zeigt sich die Bewährung nicht so sehr in dem, was jemand sagt, sondern in dem, was jemand lebt. Worte und Taten müssen übereinstimmen. „Darstellen“ ist mehr als nur einfach „zeigen“. Darstellen meint, anderen zum Nutzen, zur Verfügung zu stehen. Das gilt zuerst im Hinblick auf Gott. In 1. Thessalonicher 2,4 schreibt Paulus: „... sondern so, wie wir von Gott als bewährt befunden worden sind, mit dem Evangelium betraut zu werden, so reden wir, nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft.“

Das Wort der Wahrheit recht teilen

Der Arbeiter ist ein vierter Beruf, den Paulus in diesem Brief erwähnt. Es geht hier nicht – wie in Vers 6 – um die harte und mühsame Arbeit eines Ackerbauern. Es geht ebenfalls nicht um die Arbeit eines Sklaven, der keine Einsicht in die Absichten seines Herrn hat. Gemeint ist vielmehr ein „Facharbeiter“, der sich mit seiner Arbeit auskennt. Es wird nicht gesagt, aus welcher „Branche“ dieser Arbeiter kommt. Es wird nur im übertragenen Sinn gesagt, dass er das Wort der Wahrheit recht teilt, d. h. in gerader Richtung schneidet.

Das Wort „teilen“ kommt im Neuen Testament nur an dieser Stelle vor. Es meint wörtlich „gerade schneiden“. Es kann sein, dass Paulus an die Arbeit des Landwirts denkt, der eine gerade Furche zieht und nicht im Zickzack arbeitet. Wir könnten auch an einen Schreiner denken, der ein Holz gerade sägt und nicht krumm, oder an jemand, der mit der Sense Getreide schneidet. Wie auch immer – es ist offensichtlich, dass man dazu eine gewisse Fertigkeit benötigt. Um Gottes Wort öffentlich vorzustellen, braucht es eine bestimmte geistliche Übung. In 1. Timotheus 3,6 wird von dem Aufseher gesagt, dass er kein Neuling sein soll. Nun geht es hier nicht um einen Aufseher, sondern um einen Diener des Herrn. Dennoch ist das Prinzip übertragbar. Wer Gottes Wort öffentlich vorstellt, sollte über ein bestimmtes Maß an geistlicher Erfahrung verfügen. Es geht darum, dass wir mit dem Wort Gottes richtig umgehen, dass wir es richtig lehren und richtig anwenden.

Wenn Gottes Wort recht geteilt wird, dann wird es nicht einseitig oder verzerrt dargestellt. Dann wird nicht eine Seite der Wahrheit überbetont und eine andere bewusst vernachlässigt. Dann werden einzelne Textpassagen nicht aus dem Zusammenhang genommen. Dann werden wir Gottes Wort nicht so „hinbiegen“, dass es sich unserem Verhalten anpasst, sondern es wird gerade umgekehrt sein.

Wir haben es mit dem „Wort der Wahrheit“ zu tun. Es geht dabei nicht um einzelne Aussagen (Worte) Gottes, sondern gemeint ist das ganze Wort Gottes. Das „Wort der Wahrheit“ zeigt uns, wie Gott alle Dinge sieht und beurteilt. Das müssen wir erst einmal für uns persönlich lernen, bevor wir es an andere weitergeben.

Gottes Wort ist natürlich immer wahr. Erst dann, wenn wir Menschen es anwenden, können wir Fehler machen und es einseitig oder verzerrt vorstellen. Da ist zum Beispiel jemand, der nur die Seite der Verantwortung sieht, aber nicht über die Gnade spricht. Da ist jemand, der nur über die Wahrheit der Versammlung spricht, aber nicht über die Wahrheit des Reiches Gottes. Da ist jemand, der nur über das Werk Christi für uns spricht, aber nicht über das Werk Christi in uns. Da ist jemand, der scheinbar nur die Briefe des Paulus kennt, aber nie von den Schriften des Johannes spricht.

Wir müssen also zuerst das Wort der Wahrheit selbst kennen, es dann aber auch richtig anwenden. Man kann einfach nicht mit jeder Bibelstelle alles Mögliche belegen wollen. Wir müssen lernen, Textpassagen nicht beliebig aus dem Zusammenhang zu nehmen. Keine Weissagung der Schrift ist von eigener Auslegung (2. Pet 1,20). Leider wird dieser einfache und doch so wichtige Grundsatz bei der Textauslegung (mündlich wie schriftlich) oft missachtet. Natürlich können – und sollen – wir Gottes Wort auf unsere täglichen Umstände anwenden. Aber wir sollten uns immer vor eigenen und einseitigen Auslegungen und Erklärungen hüten. Das gilt im öffentlichen Dienst genauso wie im privaten Dienst (z. B. in der Familie). Sonst stiften wir nur Verwirrung und säen Zweifel. Wenn wir es richtig machen, ist das Ergebnis positiv. Dann gibt es Wachstum und Auferbauung.

Keine Scham

Wer als Arbeiter bewährt vor Gott steht und das Wort der Wahrheit recht teilt, hat keinen Grund, sich zu schämen. Das Wort „schämen“ ist ein starker Ausdruck. Es will sagen, dass niemand dem Diener etwas vorwerfen kann und dass er selbst sich nichts vorzuwerfen hat. Um das zu erreichen, ist große Sorgfalt im eigenen Leben und Verhalten erforderlich. Wer Gottes Wort vorstellt und in gerader Richtung teilt, muss das Wort zuerst auf sich anwenden. Sonst klagt er sich selbst an.

Nicht schämen bedeutet zugleich, dass er sich als jemand erweist, dessen Werk nicht wertlos ist, sondern Lohn bringt. Dazu sagt Johannes: „Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er offenbart wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft“ (1. Joh 2,28).

Ungöttliches und leeres Geschwätz

Vers 16: Die ungöttlichen, leeren Geschwätze aber vermeide; denn sie [d. h. die Menschen, die solche Geschwätze führen] werden zu weiterer Gottlosigkeit fortschreiten.

Jetzt erfolgt wieder eine Warnung an den Diener. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Satan alles daran setzen wird, um uns davon abzuhalten, das Wort der Wahrheit recht zu teilen. Seine List ist groß. Hier sind es ungöttliche und leere Geschwätze, die zu Gottlosigkeit führen. Schon im ersten Brief an Timotheus hatte Paulus von Menschen gesprochen, die vom Glauben abgeirrt waren und sich stattdessen zu leerem Geschwätz gewandt hatten (1. Tim 1,6). Am Ende des ersten Briefes kommt Paulus ebenfalls darauf zu sprechen: „... indem du dich von den ungöttlichen, leeren Geschwätzen ... wegwendest“ (1. Tim 6,20).

Es ist die Aufgabe des Dieners Gottes, das Wort der Wahrheit recht zu teilen, aber sich nicht über unsinnige Dinge zu ereifern. Das sollten wir vermeiden. Gleichzeitig sollen wir uns von Menschen, die das tun, distanzieren. Titus wird ebenso dazu aufgefordert: „Törichte Streitfragen aber und Geschlechtsregister und Zänkereien und Streitigkeiten über das Gesetz vermeide, denn sie sind unnütz und wertlos“ (Tit 3,9).

Das Wort „ungöttlich“ kommt im Neuen Testament nicht sehr oft vor. Außer in den Briefen an Timotheus wird es noch in Hebräer 12,16 erwähnt, wo Esau ein Ungöttlicher genannt wird. Das Wort bezeichnet ursprünglich einen Ort, der – im Gegensatz zu einer heiligen Stätte – von jedermann betreten werden konnte. Daraus entstand die Bedeutung „ungöttlich“ oder „unheilig“. „Leeres Geschwätz“ bedeutet wörtlich „leerer Klang oder Ton“. Es sind Worte ohne Wert. Sie haben für den Zuhörer keinen Nutzen. Es ist klar, dass solches Geschwätz vermieden werden soll. Der Grund dazu wird angegeben: Es führt nur zu weiterer Gottlosigkeit. „Fortschreiten“ wird an anderen Stellen mit „zunehmen“ (Gal 1,14) oder „vorrücken“ (Röm 13,12) übersetzt. Wo sich Böses unkontrolliert ausbreiten kann, wird es immer zum Schlimmeren führen.

Gottlosigkeit bedeutet nicht nur einfach „ohne Gott“, sondern meint, dass man Gott nicht ehrt und Ihm nicht das gibt, was Ihm zusteht. Es ist ein Verhalten, das der Gottseligkeit direkt entgegengesetzt ist. Gottlosigkeit drückt sich in einem falschen Verhalten (Wandel) aus. Wir sehen erneut, dass falsche Lehre zu einem Fehlverhalten führt. Das gilt für den, der das Wort vorstellt genauso wie für den, der dessen Worte hört.

Paulus spricht einerseits von ungöttlichen und leeren Geschwätzen, andererseits von den Personen, die dieses Geschwätz führen. Das Böse kann nicht von der Person getrennt werden, die es ausübt. Das Vermeiden dieses Geschwätzes bringt notwendigerweise die Konsequenz mit sich, dass man sich von denen abwenden muss, die derartiges Geschwätz praktizieren. Das ist die persönliche Verantwortung des Dieners in schwerer Zeit. Es geht hier nicht um die Frage, wie eine örtliche Versammlung mit solchen Dingen umgehen soll, wenn sie in ihrer Mitte sichtbar werden. Für die örtliche Versammlung gilt es, den „Sauerteig“ auszufegen. Hier geht es nicht um die örtliche Versammlung, sondern um den Diener in Tagen des Niedergangs. Für ihn heißt es weggehen, sich wegwenden und vermeiden. Eine andere Möglichkeit hat er nicht. Wir müssen also einerseits die Geschwätze selbst vermeiden, andererseits Menschen meiden, die sie führen. Das wird im späteren Verlauf des Kapitels deutlicher werden.

Das Fortschreiten des Bösen

Vers 17: Und ihr Wort wird um sich fressen wie Krebs; unter welchen Hymenäus ist und Philetus.

Das Fortschreiten und Wachsen der Gottlosigkeit wird mit einem Krebs verglichen. Es handelt sich bei dem Ausdruck „um sich fressen“ um einen zusammengesetzten Ausdruck, der an anderer Stelle mit „Weide finden“ übersetzt wird (Joh 10,9). Der Vergleich mit einem Feuer, das durch trockenes Holz Nahrung bekommt und sich ausbreitet, liegt nahe.

Das Wort „Krebs“ steht im Neuen Testament nur an dieser Stelle. Ursprünglich bezeichnete man so in der medizinischen Sprache einen „Brand“, d. h. Verwesung, die auftritt, wenn ein Teil des Körpers von der normalen Blutzirkulation abgetrennt ist und nicht mehr mit Nährstoffen versorgt wird. Die Wiedergabe als „Krebs“ ist heute ein gut verständliches Bild. Wenn die Krebszellen nicht ausgeschaltet werden können, verseuchen sie schnell den ganzen Körper und führen früher oder später zum Tod.

Ein anderes ähnliches Bild im Neuen Testament ist das des Sauerteigs. Er wird den ganzen Teig durchsäuern, wenn er nicht weggetan wird. Wenn man nicht rechtzeitig Einhalt gebietet, verdirbt alles und geht kaputt. Das gilt für eitles Geschwätz, für fremde Lehre und für jede Form des Irrtums. Aber es gilt ebenso für Menschen, die diesen Irrtum bringen. Wer einmal falsch lehrt und sich nicht davon abbringen lässt, wird immer noch mehr und deutlicher falsch lehren. Das können wir deutlich beobachten, wenn wir mit offenen Augen durch die (christliche) Welt gehen. Deshalb nimmt als Folge die Gottlosigkeit zu. Wenn wir das dulden, ohne uns persönlich davon zu distanzieren, stehen wir in Gefahr, uns anzustecken.

Hymenäus und Philetus

Paulus nennt konkret zwei Männer mit Namen, die Timotheus wohl persönlich kannte. Der Name Hymenäus wird schon im ersten Brief erwähnt (Kap 1,20). Er selbst hatte, was den Glauben betrifft, Schiffbruch erlitten. Nun zerstörte er darüber hinaus den Glauben anderer. Wir gehen vermutlich recht in der Annahme, dass es sich hier um den gleichen Mann handelt, ohne dass wir es ganz fest behaupten könnten. Über Philetus wissen wir weiter nichts. Dennoch ist die Tatsache bemerkenswert, dass hier zwei Personen konkret mit Namen genannt werden. Das bestätigt, was wir weiter oben schon sahen, dass das Böse nicht von den Personen getrennt werden kann, die es ausüben. Man hat den Eindruck, dass Paulus seinen Mitbruder langsam auf das vorbereitet, was er wenig später in Vers 21 ausdrücklich als allgemeinen Grundsatz vorstellt, dass er sich nämlich von den Gefäßen zur Unehre wegreinigen soll, indem er sich von ihnen absondert.

Von der Wahrheit abirren

Vers 18: Die von der Wahrheit abgeirrt sind, indem sie sagen, dass die Auferstehung schon geschehen sei, und den Glauben einiger zerstören.

Statt die Wahrheit persönlich festzuhalten und das Wort der Wahrheit recht zu teilen, waren diese Männer von der Wahrheit abgeirrt. Abirren meint, das Ziel verfehlen (vgl. 1. Tim 6,21). Es gibt Fälle, in denen jemand aus Unkenntnis abirrt. Oft geschieht es aber ganz bewusst. Dahinter steht Satan, der immer versucht, uns zu schaden. Er tut es mit Gewalt (wie bei Paulus, der im Gefängnis war). Er tut es gleichermaßen mit List. Diese Taktik finden wir hier. Diese Männer verwendeten christliche Ausdrucksweisen. Sie redeten von der Auferstehung, sagten aber, dass sie schon geschehen sei. Damit leugneten sie offensichtlich die Wahrheit von der Auferstehung des Leibes. Das Gefährliche daran war, dass Wahrheit und Lüge miteinander vermischt wurden. Die Gefahr ist bei Vermischung immer besonders groß. Ein glattes Leugnen der Wahrheit ist schneller zu erkennen. Aber wenn Wahrheit und Lüge gemischt werden, hat das fatale Folgen. Man irrt selbst von der Wahrheit ab und der Glaube anderer wird zerstört.

Die Wahrheit der Auferstehung

Das Abirren bestand im Fall von Hymenäus und Philetus darin, dass sie sagten, die Auferstehung sei schon geschehen. In einem gewissen Sinn stimmte das sogar. Es war allerdings nur die halbe Wahrheit und damit eine ganze Lüge. Eine solch einseitige Sichtweise der Auferstehung ist ein Beispiel dafür, wie das Wort der Wahrheit nicht recht geteilt wird (vgl. V. 15).

Der Epheserbrief lehrt uns, dass wir, die wir tot waren, mit dem Christus lebendig gemacht worden sind. Und nicht nur das: Gott hat uns jetzt schon mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus (Eph 2,6). Das ist unsere Stellung „in Christus“. Wenn es um diese Stellung geht, sind wir tatsächlich bereits auferstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Epheserbrief den ewigen Ratschluss und Plan Gottes zeigt. Gleichzeitig ist es wahr, dass wir noch auf dieser Erde leben und einen „Leib der Niedrigkeit“ haben. Die Auferstehung des Leibes steht in der Tat noch bevor. Sie ist eine zentrale Wahrheit des Neuen Testaments. Paulus schreibt darüber ausführlich in 1. Korinther 15. Er zeigt, dass die Auferstehung des Herrn Jesus fundamental für den Glauben ist und dass die entschlafenen Gläubigen ebenfalls – was ihren Körper betrifft – auferstehen werden. Wir, die Lebenden, erwarten den Herrn Jesus als Heiland, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3,21). Das wird bei der Auferstehung bzw. Entrückung geschehen. „Die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen“ (1. Kor 15,52.53). „Denn der Herr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen“ (1. Thes 4,16). Dieser Teil der Wahrheit wurde offensichtlich von den beiden Männern verschwiegen, oder er wurde so „umgedeutet“, dass der Eindruck entstand, dass keine Auferweckung mehr zu erwarten sei.

Den Glauben zerstören

Wenn gelehrt wird, dass die Auferstehung schon geschehen sei, hat das gravierende Konsequenzen. Eine wesentliche Konsequenz ist, dass die Hoffnung des Christen verloren geht. Warum sollten wir noch auf das Kommen des Herrn warten, wenn die Auferstehung schon geschehen ist? Dann hätten wir ja jetzt schon unseren endgültigen Zustand erreicht. Ein Christ ohne Hoffnung verliert seine himmlische Gesinnung. Er richtet sich sein Zuhause auf der Erde ein. Er mischt sich in die Politik dieser Erde ein und versucht, das Reich Gottes hier auf der Erde zu gründen. Heute würde man das in etwa so formulieren: „Gottes neue Welt auf dieser Erde schaffen“. Damit fällt das christliche Leben, so wie es uns das Neue Testament beschreibt, wie ein Kartenhaus zusammen. Deshalb gebraucht Paulus diesen deutlichen Ausdruck: „Der Glaube etlicher wird zerstört.“ Wer solchen Lehren Gehör schenkt, steht nicht mehr fest im Glauben. Zerstören bedeutet so viel wie „umwerfen“. Das Wort steht zum Beispiel in Johannes 2,15, wo der Herr die Tische der Geldwechsler umwarf. „Der Glaube“ (hier mit Artikel) meint das Glaubensgut des Gläubigen. Es ist die Glaubenswahrheit, auf die der Gläubige sich abstützt. Sein Vertrauen in die Aussagen Gottes geht völlig verloren. Das bedeutet nicht, dass jemand, der den Herrn Jesus im Glauben angenommen hat, sein Heil verliert, wohl aber, dass ihm ein Teil des biblischen Fundaments unter den Füßen weggezogen wird und er so völlig verunsichert wird.

Der feste Grund Gottes und sein Siegel

Vers 19: Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die sein sind; und: Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!

Falsche Lehre erschüttert und zerstört. Demgegenüber steht jedoch ein festes Fundament. Dieses Fundament ist von Gott. Es ist unerschütterlich und standhaft (so übersetzt in 1. Pet 5,9). Der Grund (Apg 16,26 übersetzt „Grundfeste“; Heb 11,10 „Grundlage“) ist ein Fundament, das nichts und niemand zerstören kann – weder falsche Lehren noch Verfall. Der „feste Grund“ ist hier allgemein zu verstehen. Es geht nicht – wie in Matthäus 16,18 – um Christus als das Fundament der Versammlung. Es geht auch nicht um bestimmte Lehren. Es ist einfach Gottes feste Grundlage, auf die wir uns ganz sicher verlassen können. Wir werden auf das hingewiesen, was selbst in Tagen des Niedergangs und der Degeneration immer fest bleibt.

Das Siegel hat hier die Bedeutung einer Inschrift. Es zeigt uns zwei Seiten der Wahrheit, die wir im Neuen Testament oft nebeneinander finden. Es ist erstens die Seite Gottes, sein Vorsatz, seine Absicht, seine Gnade. Zweitens ist es die Seite der Verantwortung des Menschen. Gnade und Verantwortung stehen hier nebeneinander. Diese beiden Seiten können und müssen wir wohl unterscheiden, aber wir dürfen sie nie trennen. Es ist wie bei einer Münze: Wir können immer nur eine der beiden Seiten für sich betrachten, nie beide zusammen. Dennoch gehören sie untrennbar zusammen. Das Siegel selbst spricht von Eigentum und von Echtheit. Ein versiegelter Gegenstand zeigt den Eigentümer an, der es versiegelt hat. Ein versiegeltes Dokument deutet darüber hinaus auf dessen Echtheit hin.

Die Seite Gottes: Der Herr kennt, die sein sind

Die Gott zugewandte Seite des Siegels lautet: „Der Herr kennt, die sein sind.“ „Kennen“ geht weiter, als dass der Herr lediglich weiß, wer Ihm gehört. Es schließt ein, dass der Herr diejenigen, die sein sind, liebt und anerkennt, weil sie mit Ihm auf ewig verbunden sind. Gemeint ist ein liebevolles Erkennen in Zuneigung. In 1. Korinther 8,3 schreibt Paulus: „Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt.“ Das ist der Gedanke. Der Herr Jesus selbst hat von seinen Schafen gesagt, dass Er sie kennt und von ihnen gekannt ist (Joh 10,14). Wir haben die Sicherheit, dass uns niemand aus seiner Hand rauben kann (Joh 10,28). In dieser Zusage liegt ein großer Trost. Wie schwer die Zeit sein mag, in der wir leben, dieses Versprechen bleibt immer wahr.

Ein treuer Christ könnte gerade in Tagen der geistlichen Verflachung meinen, er allein wäre übrig geblieben. Dieser Gedanke darf nie aufkommen. Das wäre geistlicher Hochmut. Auf der ganzen Erde gibt es viele, die dem Herrn gehören und die Ihn lieben. Er kennt sie, wir vielleicht nicht. Er weiß, wo sie zu finden sind. Einer der großen Gottesmänner des Alten Testaments hat diesen Fehler begangen, zu glauben, er wäre allein übrig geblieben. Es war Elia, der einmal zu Gott sagte: „Die Kinder Israel haben deinen Bund verlassen ... und ich allein bin übrig geblieben“ (1. Kön 19,10). Dieser Vergleich war fatal und er war falsch. Gott muss ihm sagen: „Ich habe 7000 in Israel übrig gelassen, alle die Knie, die sich nicht vor dem Baal gebeugt haben“ (1. Kön 19,18). Dieser Fehler war so gravierend, dass Gott ihn im Neuen Testament erwähnt (Röm 11,3.4) und dann von einem „Überrest nach Auswahl der Gnade“ spricht. Einen solchen Überrest wird es immer geben. Der Herr kennt ihn. Er weiß, wer Ihm angehört – egal, in welcher Kirche oder christlichen Gemeinschaft sich der Einzelne befinden mag. Das wollen wir nie vergessen.

Oft können wir erkennen, wer Ihm gehört. Paulus wusste von den Thessalonichern, dass sie auserwählt waren (1. Thes 1,4). Woher wusste er das? Hatte er Einsicht in das Buch des Ratschlusses Gottes? Ganz sicher nicht. Aber er sah es an ihrem Verhalten. Manchmal können wir es jedoch nicht erkennen. Es gibt Menschen, die fromm reden, aber anders handeln. Wir machen ein Fragezeichen hinter ihr Bekenntnis. Was dann? Wir überlassen es dem Herrn und freuen uns in dem Gedanken, dass Er weiß, wer Ihm gehört und wer nicht.

Es ist gut möglich, dass Paulus hier auf eine Begebenheit aus dem Alten Testament anspielt. In 4. Mose 16 wird die Sünde Korahs und seiner Rotte berichtet. Gleich am Anfang sagt Mose: „Am Morgen, da wird der Herr kundtun, wer sein ist und wer heilig ist“ (4. Mo 16,5). Das Volk konnte das nicht unmittelbar erkennen, aber Gott wusste es.

Die Seite unserer Verantwortung: Abstehen von der Ungerechtigkeit

Manche möchten gern bei der ersten Seite des Siegels stehenbleiben. Doch die zweite Seite ist genauso wahr. Wir dürfen sie nicht übersehen. Sie wendet sich an unsere Verantwortung und lautet: „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit.“ Zum rechten Teilen des Wortes der Wahrheit (V. 15) gehört, dass wir beide Seiten sehen. Es genügt nicht, dabei stehenzubleiben, dass der Herr die Seinen kennt. Das ist nur die halbe Wahrheit.

Ungerechtigkeit ist das, was im Widerspruch zu Gott, zu seinem Wesen und zu seinem offenbarten Willen steht. Sie ist einerseits das Gegenteil von praktischer Gerechtigkeit, zu der wir an manchen Stellen aufgefordert werden. Sie ist andererseits der Wahrheit entgegengesetzt. Praktische Gerechtigkeit bedeutet, sein Leben (Handeln, Reden) in Übereinstimmung mit dem Willen und Wesen Gottes zu führen. Ungerechtigkeit ist das Gegenteil. Das gilt sowohl sittlich/moralisch als auch der Lehre nach. Ob Leben aus Gott vorhanden ist, entzieht sich oft unserer Kenntnis. Ob aber Ungerechtigkeit vorhanden ist, kann man an der Lebensführung sehen.

„Abstehen von der Ungerechtigkeit“ bedeutet, sich von ihr zu trennen, davon abzulassen oder sich zu entfernen. Das Wort kommt im Neuen Testament einige Male vor und bezieht sich meistens auf Personen, manchmal jedoch auch auf Dinge. Die Aufforderung gilt zuerst in der Hinsicht, dass jeder von uns in seinem eigenen Leben von der Ungerechtigkeit abstehen muss. Dazu ist es erforderlich, den Willen Gottes aus seinem Wort erkannt zu haben und zwar „in aller Weisheit und geistlicher Einsicht“ (Kol 1,9). Im Blick auf sittlich Böses und fundamentale Irrlehren, die in Gottes Wort ausdrücklich erwähnt werden, ist das noch relativ einfach, wenn es jedoch um andere Formen von Ungerechtigkeit geht, ist es nicht immer ganz einfach, sie zu erkennen. Es mag manchmal ein Mangel an Belehrung oder an Einsicht in die Gedanken Gottes vorliegen.

„Ungerechtigkeit“ wird in unserem Vers nicht weiter spezifiziert; deshalb betrifft die Aufforderung, von der Ungerechtigkeit abzustehen, alle Formen und darf nicht willkürlich eingeschränkt werden. Soweit mir bewusst wird, dass etwas in meinem Leben nicht dem Wesen und offenbarten Willen Gottes entspricht, soll ich davon abstehen. Das ist meine persönliche Verantwortung, der ich entsprechen möchte. Der Maßstab dafür muss natürlich das Wort Gottes und nicht mein eigenes Empfinden sein. Absonderung von Ungerechtigkeit darf nicht im Geist der Pharisäer erfolgen, deren Absonderung nur eine äußerliche Absonderung war (Mt 23,25-28).

Ein großes Haus

Vers 20: In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre.

Der Gedanke, von der Ungerechtigkeit abzustehen, wird jetzt vertieft und erweitert, indem Paulus deutlich macht, dass die Beziehungen, in denen wir uns befinden, ebenfalls von Bedeutung sind. Paulus verwendet dazu das Bild eines großen Hauses. Es ist ein Bild aus dem täglichen Leben. In einem großen Haus gibt es verschiedene Gefäße, die dem Hausherrn zum Gebrauch dienen. Das Wort „Gefäß“ kommt im Neuen Testament mehrfach vor. An einigen Stellen wird es mit „Gerät“ oder „Hausrat“ übersetzt (z. B. Lk 17,31; Mt 12,29), an anderen Stellen sind damit Menschen gemeint (z. B. Apg 9,15; Röm 9,21-23; 1. Thes 4,4). In unserem Vers geht es offensichtlich auch um Menschen, und zwar um solche, die für den Hausherrn – das ist Gott – arbeiten. Die Gefäße in dem Haus unterscheiden sich. Es gibt nicht nur goldene und silberne Gefäße, sondern ebenso hölzerne und irdene. Aber es gibt noch eine andere Unterscheidung. Einige Gefäße sind zur Ehre, andere zur Unehre.

Das Bild des großen Hauses hat eine symbolische Bedeutung. Viele Ausleger zweifeln nicht daran, dass Paulus mit dem großen Haus mehr meint, als einfach nur das Beispiel eines beliebigen Hauses. Es deutet auf die Christenheit hin, auf den Bereich also, wo man den Namen des Herrn nennt. Im ersten Brief an Timotheus hatte Paulus schon von einem Haus gesprochen. Allerdings nicht von einem großen Haus. Er spricht dort von dem Haus Gottes, „das die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim 3,15). Davon spricht Paulus jetzt nicht mehr. Der zweite Timotheusbrief ist ein Brief für die Endzeit. Der Niedergang war bereits eingetreten. Viele Christen hatten sich von dem Apostel Paulus abgewandt. Es wurde Lauheit, Bosheit und falsche Lehre gefunden und toleriert. Sogar die Person des Herrn selbst wurde angegriffen. Das alles hat leider Platz in dem Haus gefunden. Das Haus Gottes gibt es immer noch, doch wenn es um die Verantwortung der Menschen geht, nennt Paulus es hier „ein großes Haus“. Es ist also durchaus nicht positiv zu verstehen, wenn dieses Haus „groß“ genannt wird.

Jeder, der sich Christ nennt, ist ein Teil der Christenheit. Er befindet sich in diesem Haus – unabhängig davon, ob sein Bekenntnis zu Christus echt ist oder nicht. Es ist nicht möglich, aus diesem Haus hinauszugehen, es sei denn, wir hören auf, Christen zu sein. So wie es in dem großen Haus unterschiedliche Gefäße gibt, befinden sich in der Christenheit unterschiedliche Menschen. Sie werden hier nach zwei Kriterien unterschieden, die den beiden Seiten des Siegels entsprechen.

  1. Das erste Unterscheidungsmerkmal ist das Material, aus dem sie hergestellt sind – einerseits Gold und Silber, andererseits Holz und Erde.
  2. Das zweite Unterscheidungsmerkmal ist die Brauchbarkeit der Gefäße – sie sind entweder zur Ehre oder zur Unehre des Hausherrn.

Das Material der Gefäße

Gold und Silber spricht von dem, was echt ist und Bestand hat. Gold ist in der Bibel oft ein Bild göttlicher Gerechtigkeit und Herrlichkeit (vgl. 2. Mo 25,18; Heb 9,5). Silber deutet den Preis an, der für die Erlösung bezahlt wurde (vgl. 2. Mo 30,11-16). Gefäße aus Gold und Silber sind also die Gläubigen, die mit göttlicher Gerechtigkeit und Herrlichkeit bekleidet sind und durch das Blut des Herrn Jesus erlöst sind. Durch die Erlösung sind wir in die Gegenwart Gottes gebracht worden. Holz und Erde lassen uns an das denken, was aus dieser Erde kommt. Es sind Materialien, die dem Feuer des Gerichts (der göttlichen Beurteilung) nicht standhalten können. Es sind Menschen, die kein Leben aus Gott haben. Sie gehören dieser Erde an und nicht dem Himmel. Genauso präsentiert sich die Christenheit heute. Es gibt eine Mischung aus Echtem und Unechtem. Man kann den Gefäßen nicht immer ansehen, aus welchem Material sie gemacht sind. Ein goldenes und irdenes Gefäß kann so beschmutzt sein, dass das Material, aus dem es besteht, nicht mehr zu erkennen ist. Allein der Herr kann es erkennen. Deshalb entspricht diese Unterscheidung der ersten Seite des Siegels („Der Herr kennt, die sein sind“).

Eigentlich gehören in das Haus nur goldene und silberne Gefäße. Die Tatsache, dass andere Gefäße vorhanden sind, ist ein Beweis von Unordnung und Niedergang.

Die Brauchbarkeit der Gefäße

Auf den ersten Blick scheint Paulus hier den ersten Gedanken zu wiederholen, wenn er von dem Zweck der Gefäße spricht. Man könnte denken, dass die goldenen und silbernen Gefäße zur Ehre und die hölzernen und irdenen Gefäße zur Unehre sind. Doch so ist es nicht. Goldene und silberne Gefäße sind nicht „automatisch“ (per Definition) zur Ehre des Hausherrn. Paulus wiederholt nicht einfach etwas, sondern er zeigt einen zweiten Gesichtspunkt, der von dem ersten zu unterscheiden ist. Das wird durch den Gebrauch des Wortes „und“ in unserem Vers unterstrichen. Ein goldenes und silbernes Gefäß kann leider so schmutzig sein, dass es für den Hausherrn unbrauchbar ist. Die entscheidende Frage ist, ob ein Gefäß zur Ehre ist oder nicht, ob es nützlich (brauchbar) ist oder nicht. Das entspricht der zweiten Seite des Siegels („Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit“). Es gibt leider Gläubige, die durch ihr eigenes Leben und durch böse Verbindungen so verunreinigt sind, dass sie zur Unehre des Hausherrn sind und Er sie nicht gebrauchen kann.

Das Wort „Ehre“ – an anderen Stellen mit „Preis“ oder „Herrlichkeit“ oder „Kostbarkeit“ übersetzt – lässt uns daran denken, dass unser Gott Freude und Nutzen an uns haben möchte. Er möchte, dass unser Handeln und unser Dienst in seinem Sinn geschehen und deshalb Wert für Ihn haben. Demgegenüber steht der Ausdruck „Unehre“. In Römer 1,26 wird er mit „schändlich“ übersetzt. Das macht deutlich, dass es sich nicht um eine Nebensächlichkeit handelt, ob ein Gefäß zur Ehre oder Unehre ist.

Machen wir uns das an einem kleinen Beispiel klar: Im Keller eines Hauses stehen in einem Regal verschiedene Gefäße. Durch äußere Einflüsse sind alle Gefäße mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Nun kommt der Hausherr und nimmt ein goldenes Gefäß aus dem Regal und staubt es sorgfältig ab. Das Gold strahlt, und es ist auf den ersten Blick erkennbar, aus welchem Material das Gefäß ist. Doch statt das Gefäß mit in den Wohnraum zu nehmen, stellt der Hausherr das Gefäß wieder in das gleiche Regal. Was wird passieren? Es wird nur kurze Zeit dauern und das goldene Gefäß ist wieder mit Staub bedeckt und unbrauchbar. Was ist nötig, damit das Gefäß wirklich nützlich sein kann? Es muss von den staubigen Gefäßen separiert (getrennt, abgesondert) werden. Genau das macht der nächste Vers klar.

Eine persönliche Ansprache

Vers 21: Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.

Dieser Vers beantwortet die Frage, wie ein Gläubiger (also ein goldenes und silbernes Gefäß) innerhalb der Vermischung von Gut und Böse ein Gefäß zur Ehre sein kann. Dabei ist die Ansprache persönlich gehalten. Es heißt: „Wenn nun jemand...“. Wir müssen bedenken, dass dieser Brief nicht an eine örtliche Versammlung gerichtet ist, sondern an eine einzelne Person. Es geht um den Menschen Gottes persönlich und nicht um Zucht in der örtlichen Versammlung. Die Frage der Zucht wird in 1. Korinther 5 behandelt. Dort lautet die Aufforderung: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (1. Kor 5,13). Das ist ein Auftrag, der sich an eine ganze Versammlung richtet. Hier lautet die Aufforderung hingegen, dass wir uns persönlich von den Gefäßen zur Unehre innerhalb des christlichen Bekenntnisses trennen sollen. Der Ansatz in 2. Timotheus 2 unterscheidet sich also von 1. Korinther 5. Dennoch kann es sein, dass eine örtliche Versammlung aus Mangel an geistlicher Kraft der Aufforderung des Herrn nicht (mehr) nachkommt und offenkundiges – und nicht gerichtetes – Böses in ihrer Mitte duldet. Dann wiederum ist der Einzelne gefragt, sich nach den Belehrungen von 2. Timotheus 2 von denen zu trennen, die Gefäße zur Unehre sind.

Sackgassen

Bevor wir darüber nachdenken, was diese Aufforderung beinhaltet, ist es nützlich, kurz zu bedenken, was sie nicht beinhaltet. Es gibt Sackgassen oder Irrwege, die wir nicht beschreiten sollten.

  1. Es gibt keine Aufforderung, aus dem großen Haus herauszugehen, sonst würden wir aufhören, Christen zu sein. Das Haus zu verlassen, ist für einen Gläubigen unmöglich.
  2. Wir werden nicht aufgefordert, das Haus zu reformieren, indem wir die Gefäße zur Unehre aussortieren und aus dem Haus entfernen. Es ist sehr wohl die Aufgabe einer örtlichen Versammlung, das Böse hinauszutun, aber es ist nicht Aufgabe eines Einzelnen in der Christenheit, andere aus diesem Bereich des Bekenntnisses zu entfernen. Durch unsere Unachtsamkeit ist Böses in dieses „große Haus“ hineingekommen, und wir müssen warten, bis der Herr das Gericht über die bekennende Christenheit bringt. Beim Reich Gottes ist das ebenso (vgl. Mt 13,24-30).
  3. Wir sollen und dürfen dem Bösen gegenüber nicht gleichgültig sein und so tun, als ob alles in Ordnung wäre. Das wäre eine Toleranz, die Gottes Wort nicht kennt.

Der Weg Gottes: Trennung vom Bösen

Es gibt einen klaren Weg, den Gott uns weist. Es ist ein Weg, den wir persönlich zu gehen haben. Gleichzeitig ist es ein Weg, auf dem wir uns nicht allein befinden werden. Dieser Weg ist der Weg der Reinigung durch Absonderung (Trennung) von den Gefäßen zur Unehre.

Es ist völlig klar, dass wir nur dann ein Gefäß zur Ehre sein können, wenn wir uns persönlich rein erhalten. Das gilt für moralische Ungerechtigkeit wie für lehrmäßige Ungerechtigkeit. „Wer den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit.“ Das müssen wir zuerst persönlich in unserem Leben wahr machen. „Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist“ (1. Joh 3,3).

Doch hier geht der Gedanke weiter. In unserem Vers steht nicht so sehr diese Seite vor uns – obwohl die persönliche Reinheit eindeutig die Voraussetzung dafür ist –, sondern hier geht es darum, dass wir nur dann ein Gefäß zur Ehre sein können, wenn wir keine gemeinsame Sache mit denen machen, die Gefäße zur Unehre sind. Wenn wir dazu nicht bereit sind, können wir wohl ein goldenes und silbernes Gefäß sein, aber wir sind dann nicht zur Ehre und Freude des Hausherrn. Hier wird ein wichtiger Grundsatz erkennbar, der leider oft übersehen wird, dass nämlich Verbindung mit Bösem verunreinigt.

Der Weg ist also die Reinigung von den Gefäßen zur Unehre. Das Wort „reinigen“ bedeutet auch „wegreinigen“, „herausreinigen“ oder „gründlich ausfegen“. Es wird außer an dieser Stelle noch in 1. Korinther 5,7 gebraucht, wo es um Sauerteig geht, der ausgefegt werden soll. Dort geht es allerdings um eine Handlung der örtlichen Versammlung, die einen Bösen aus ihrer Mitte hinaus tut. Hier sondern wir uns selbst von einem Gefäß zur Unehre ab. Es ist ein ganz bewusster und oft schmerzlicher Vorgang. Wir sondern uns von denen ab, die Ungerechtigkeit als Dauerzustand bewusst in ihrem Leben dulden, d. h., die in Lehre oder Praxis zeigen, dass sie im deutlichen Widerspruch zum Wesen und Willen Gottes stehen und die deshalb klar und eindeutig als Gefäße der Unehre erkennbar sind. Dabei muss klar sein, dass die Ungerechtigkeit offenkundig ist und dass man trotz Warnung nicht davon lassen will. Einen deutlichen Hinweis darauf finden wir bereits im Alten Testament: „Weicht, weicht, geht von dort hinaus, rührt nichts Unreines an! Geht hinaus aus ihrer Mitte, reinigt euch, die ihr die Geräte des Herrn tragt!“ (Jes 52,11). Es ist gut möglich, dass Paulus hier gerade an diesen Vers denkt.

Eine ähnliche Stelle findet sich in 4. Mose 16, wo es um die Rotte Korahs geht. Im Auftrag Gottes sagt Mose zu dem Volk: „Weicht doch von den Zelten dieser gottlosen Männer und rührt nichts an, was ihnen gehört, dass ihr nicht weggerafft werdet in allen ihren Sünden!“ (4. Mo 16,26). Das war die Verantwortung des Volkes. Hier ging es nicht um die Frage, ob Gott wusste, wer sein war. Es ging vielmehr darum, dass sich alle von Korah und seinen Leuten distanzieren mussten. Andernfalls würden sie mit ihnen weggerafft werden.

Ein Gefäß zur Ehre

Trennung von den Gefäßen zur Unehre hat ein konkretes Ziel. Wir sollen Gefäße zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn und zu jedem guten Werk bereitet.

  • Ein Gefäß zur Ehre: Es geht um die Ehre des Herrn und um seine Beurteilung. In den Augen der Menschen mag es nicht erstrebenswert sein, sich von anderen zu trennen. Das kann sogar Schmach und Verachtung mit sich bringen. Aber es geht nicht um das Lob der Menschen, sondern um die Ehre Gottes und um seine Beurteilung.
  • Geheiligt: Geheiligt zu sein bedeutet abgesondert zu sein. Das Neue Testament zeigt uns zwei große Seiten der Heiligung des Christen. Erstens gibt es die grundsätzliche Heiligung (vgl. z. B. 1. Kor 1,30; 6,11; Heb 10,10; 1. Pet 1,2). Gott sieht uns so, dass wir heilig sind. Zweitens gibt es die praktische oder fortlaufende Heiligung (vgl. z. B. 1. Pet, 1,15; 2. Pet 3,11; 2. Kor 7,1).Wir sollen im täglichen Verhalten das wahr machen, was unserer Stellung entspricht. Wir sollen der Heiligkeit nachjagen. Das kommt nicht von selbst, sondern ist ein ständiger Prozess, in dem wir uns üben (vgl. z. B. Röm 6,19; Heb 12,14; 1. Tim 2,15). Heiligung oder Absonderung haben häufig einen eher negativen Unterton. Wir wollen bedenken, dass es dabei zwei Zielrichtungen gibt. Die eine ist tatsächlich negativ. Wir sollen uns vom Bösen und von der Ungerechtigkeit trennen. Die andere Seite ist positiv. Heiligung bedeutet nicht nur Trennung, sondern gleichzeitig Hinwendung und Weihe an unseren Herrn. Heilige Gefäße zur Ehre des Hausherrn zu sein bedeutet deshalb zuerst, unserem Herrn im Dienst zur Verfügung zu stehen.
  • Nützlich dem Hausherrn: Nützlich ist brauchbar. Es ist ein Trugschluss zu denken, dass Trennung von den Gefäßen zur Unehre bedeutet, dass das Arbeitsfeld eingeschränkt wird. Es gibt Christen, die so denken. Aber das Gegenteil ist der Fall. In 2. Mose 33 finden wir dazu ein passendes Beispiel. Mose trennte sich von dem Volk und schlug sein Zelt außerhalb des Lagers auf. War er deshalb weniger nützlich? Im Gegenteil: Gerade dort, in der Trennung vom Volk, war Mose wirklich brauchbar. Es klingt paradox, ist es aber nicht. Wir stehen vor dem Herrn und können nur dann nützlich sein, wenn wir seinen Anweisungen folgen. Der Ausdruck „Hausherr“ ist hier aufschlussreich. Er bedeutet hier tatsächlich „despotes“ (siehe unser Wort Despot). Der Herr herrscht natürlich nicht wie ein Despot über uns. Aber es wird doch deutlich, dass Er das Sagen hat. Es geht im Dienst für Ihn nicht um unseren Willen, sondern um seinen Willen.
  • Zu jedem guten Werk bereit: Ein Gefäß (oder Gerät) soll etwas bewirken. Das zeigt sich in den guten Werken, die wir tun. Der Christ tut keine guten Werke, um etwas zu bekommen (schon gar nicht das Heil seiner Seele), sondern er tut gute Werke, weil er etwas bekommen hat. Der Herr möchte, dass wir eifrig sind in guten Werken. Es sind Werke, die Er zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen (Eph 2,10) Der Ausdruck „zu jedem guten Werk“ kommt mehrmals im Neuen Testament vor. In 2. Korinther 9,8 lesen wir, dass wir überströmend sein sollen zu jedem guten Werk. In 2. Timotheus 3,17 lernen wir, dass wir zu jedem guten Werk völlig geschickt sein sollen. In Titus 3,1 geht es darum, zu jedem guten Werk bereit zu sein. Das dort für „bereit“ gebrauchte Wort ist dem in unserem Vers ähnlich. Wir sollen innerlich darauf vorbereitet sein, jedes gute Werk zu tun.

Fliehen

Vers 22: Die jugendlichen Begierden aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.

Trennung von den Gefäßen zur Unehre wird äußerlich sichtbar. Zu der äußeren Seite kommt jedoch zwingend die innere Seite. Beides können wir nicht voneinander trennen. Die Gefahr besteht, dass wir uns zwar äußerlich von dem Verderben innerhalb des christlichen Bekenntnisses trennen, dann aber den Verlockungen der alten Natur zum Opfer fallen.

Der Befehl Gottes lautet deshalb: Fliehen! Die Zeitform macht klar, dass es eine fortdauernde Handlung ist. Wir müssen immer wieder fliehen. Es gibt Situationen, in denen wir widerstehen sollen (z. B. 1. Pet 5,9). Es gibt ebenso Situationen, in denen wir fliehen müssen. Die Frage ist, wann welche Reaktion angesagt ist. Allgemein können wir sagen, dass wir dann widerstehen sollen, wenn die Wahrheit angegriffen oder unser Glaube geprüft wird. Fliehen müssen wir dann, wenn der Teufel es auf unser Fleisch (die alte Natur) abgesehen hat. Wenn es um Lüste und Befriedigungen des Fleisches geht, ist immer Flucht angesagt. Das beste Beispiel dazu ist Joseph. Er floh, als Potiphars Frau ihn zur Sünde verführen wollte.

Begierde meint eine leidenschaftliche Sehnsucht, ein Verlangen. Es kann sich durchaus um sinnliche und sexuelle Begierden handeln. Allerdings sollten wir den Ausdruck nicht darauf beschränken. Er ist umfassender und geht über das hinaus, was fleischliche Sinneslust ist. Der Zusammenhang des Abschnitts macht klar, dass Paulus hier wohl eher andere Begierden im Auge hat. Sie werden „jugendliche Begierden“ genannt, weil sie wohl im jugendlichen Alter eine besondere Gefahr sind. Aber niemand – selbst wenn er älter geworden ist – ist vor diesen jugendlichen Begierden gefeit.

Es ist natürlich nichts verkehrt daran, jung zu sein. Im Gegenteil. Die Begeisterung, Kraft, Energie und Frische der Jugend ist im Dienst für den Herrn sehr nützlich. Dennoch ist gerade in der Jugend die Gefahr vorhanden, manchmal schneller laufen zu wollen als der Herr. Da ist man vielleicht hin und wieder zu stürmisch. Auch Hochmut, Leichtsinn, Ungeduld und Selbstvertrauen sind Gefahren, die uns gerade in jungen Jahren besonders naheliegen. Junge Leute sind zudem bisweilen eher geneigt, sich ein Urteil über andere zu bilden, das nicht angemessen ist. Gerade im Zusammenhang mit den vorherigen Versen ist das eine besondere Gefahr für alle. Wenn wir uns von Gefäßen zur Unehre gereinigt haben, könnten wir leicht ein unangemessenes Urteil haben. Davor werden wir gewarnt.

Streben

Dem „Fliehen“ steht das „Streben“ gegenüber. Das ist positiv. Wer immer auf der Flucht ist und dabei kein Ziel hat, wird kein glückliches Christenleben führen. In Psalm 34,15 schreibt David: „Weiche vom Bösen und tue Gutes.“ Beide Seiten gehören untrennbar zusammen. Wir haben klare positive Ziele in unserem Leben nötig. Hier werden einige genannt. „Streben“ wird an anderen Stellen mit „verfolgen“ oder „jagen“ (Phil 3,14; Heb 12,14) übersetzt. Dazu sind Energie, Hingabe und Entschlossenheit erforderlich. Die Zeitform deutet wie beim Fliehen darauf hin, dass es eine Aufforderung ist, der wir permanent nachkommen sollen. Es ist ein ständiger Prozess, so lange wir auf der Erde sind.

Dann wird konkretisiert, wonach wir streben sollen:

  • Nach Gerechtigkeit: Es geht hier nicht um die Gerechtigkeit aus Glauben. Wer gerechtfertigt ist, muss nicht mehr nach dieser Gerechtigkeit streben, er hat sie ja. Es geht hier vielmehr um praktische Gerechtigkeit. Sie wird an erster Stelle genannt, weil sie im Gegensatz zu der Ungerechtigkeit steht, von der wir abstehen sollen. Wir sind oft geneigt, die Liebe an den Anfang zu stellen. Es ist wahr, dass die Liebe wichtig ist. Ohne Liebe ist alles nichts. Dennoch ist die Liebe nicht alles. Gerade hier geht es zuerst um die Übereinstimmung mit dem Willen und Wesen Gottes. F.B. Hole bringt es auf eine ganz knappe Formel: „Gerechtigkeit ist das, was vor Gott richtig ist.“
  • Nach Glauben: Gemeint ist nicht der rettende Glaube, der das Heil ergreift, das Gott uns anbietet. Es geht hier auch nicht um das Glaubensgut. Paulus denkt vielmehr an das tägliche und praktische Glaubensvertrauen auf Gott. Dieser Glaube verbindet uns mit einer unsichtbaren Welt. Solange wir hier noch im Kampf stehen, benötigen wir diese Verbindung nach oben. Wir leben nicht durch Schauen, sondern durch Glauben. Dieser Glaube steht dem Vertrauen auf die eigene Kraft und das eigene Können entgegen. Wenn wir in dem großen Haus Gefäße zur Ehre sein wollen, brauchen wir dieses Vertrauen. Das Wort für „Glaube“, das hier steht, wird im Neuen Testament an anderen Stellen mit „Treue“ übersetzt (z. B. Gal 5,22; Tit 2,10). Selbst in schwerer Zeit, in der viele sich vom Herrn abgewandt haben, kann Er diese Treue von uns erwarten.
  • Nach Liebe: Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen. Wie sich das im täglichen Leben zeigt, sehen wir zum Beispiel in 1. Korinther 13. Es geht einerseits um unsere Liebe zu Gott, andererseits – und das mag hier im Vordergrund stehen – um unsere Liebe zu den Kindern Gottes, wo immer sie sich befinden mögen. Wir sind nicht nur fähig, sie zu lieben, sondern wir sollen es tatsächlich tun. In der Liebe selbst sollen wir keinen Unterschied machen. Etwas anderes ist es, dass sich die Ausdrucksform der Liebe den Umständen entsprechend ändern kann. Die Gefahr, dass die Liebe erkaltet und dass wir hart werden, besteht besonders dann, wenn wir uns von Gefäßen zur Unehre getrennt haben. Deshalb bleibt die Aufforderung, nach Liebe zu streben.
  • Nach Frieden: Der Friede wird als Letztes genannt. Er ist das Ergebnis der anderen Tugenden. Jesaja 32,17 verbindet ebenfalls die Gerechtigkeit mit dem Frieden und sagt: „Das Werk der Gerechtigkeit wird Frieden sein“ (vgl. Jak 3,18). Frieden hat ganz allgemein mit unseren Umständen und den Menschen zu tun, die uns begegnen. Es geht hier nicht um den Frieden mit Gott. Den haben wir durch das Werk unseres Herrn. Er hat Frieden gemacht durch das Blut seines Kreuzes. Es geht hier ebenfalls nicht primär um den Frieden Gottes. Er ist die Voraussetzung dafür, dass wir nach Frieden streben können. Was Paulus hier vorstellen möchte, ist der Friede, den wir mit unseren Geschwistern und darüber hinaus mit allen Menschen haben sollen.

Keine Isolation

Auf diesem Weg der Absonderung von den Gefäßen zur Unehre sind wir nicht allein. Trennung führt nicht in die Isolation. Es wäre fatal, wenn wir „Separatisten“ würden, die ihren Weg ganz alleine gehen und keine Kontakte zu anderen Gläubigen hätten. Nein, es gibt immer Gläubige, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen. Wir erinnern uns noch einmal an Elia, der genau diesen Fehler machte, nämlich nur noch sich selbst sah.

„Den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ steht in einem gewissen Gegensatz zu „den Namen des Herrn nennen“ (V 19). Es gibt heute viele Menschen, die diesen Namen nennen. Es sind Menschen, die sich nach Christus nennen, aber oft gar keine Lebensverbindung zu Ihm haben. Hier jedoch handelt es sich um Gläubige. Es sind Leute, die den Namen des Herrn anrufen – und zwar aus reinem Herzen.

Beachten wir, dass es um den „Herrn“ geht. Unser Bekenntnis zu Ihm muss sich als echt erweisen, indem wir seinen Willen tun. Hier geht es um das Innere des Menschen. Es geht um Personen, die sich gereinigt haben. Deshalb rufen sie den Herrn aus einem reinen Herzen an. Es ist wahr: Wir können niemand direkt ins Herz sehen. Doch wir können sehr wohl sehen, ob Hingabe an Christus und Entschiedenheit für Ihn und seine Sache da ist. Wo wir ein klares Zeugnis zu Ihm hin finden und eine gesunde Gesinnung, dürfen wir davon ausgehen, dass es sich um Menschen handelt, mit denen wir gemeinsam nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe und Frieden streben können. Wenn wir den Herzenszustand anderer beurteilen, wollen wir sehr vorsichtig sein, denn nicht unser eigenes Gewissen und unsere eigene Kenntnis der Gedanken Gottes sind das Maß aller Dinge.

Es ist gut zu wissen, dass Gott uns gerade in den letzten Tagen und schweren Zeiten Glaubensgeschwister an die Seite stellt, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen. Es sind Menschen, die das verwirklichen wollen, was Paulus seinem Kind Timotheus vor fast 2000 Jahren geschrieben hat. Wir stehen nicht allein. Gott gibt uns andere an die Seite, mit denen wir gemeinsam nach den genannten Tugenden streben können.

In Jesaja 51,1 ist die Rede von Menschen, die der Gerechtigkeit nacheifern. „Hört auf mich, die ihr der Gerechtigkeit nachjagt, die ihr den Herrn sucht!“ Unmittelbar danach ist die Rede von Abraham. Wenn sich einer wirklich allein auf dem Weg des Glaubens befand, dann war es Abraham. Gott sagt gerade an dieser Stelle: „Ich rief ihn, den Einen (als Einzelnen).“ Dennoch war Abraham nicht ganz allein, denn wir lesen: „Blickt hin auf Abraham, euren Vater, und auf Sara, die euch geboren hat“ (Jes 51,2). Sara war ihrem Mann nicht immer eine Hilfe – trotzdem hatte Gott sie ihm zur Seite gestellt. Gemeinsam jagten sie der Gerechtigkeit nach. Es ist der Wunsch unseres Herrn, dass wir diesen Herzensentschluss fassen.

Törichte und ungereimte Streifragen

Vers 23: Die törichten und ungereimten Streitfragen aber weise ab, da du weißt, dass sie Streitigkeiten erzeugen.

Das Thema „Streit“ und „Streitfragen“ nimmt in den beiden Timotheusbriefen einen breiten Raum ein. Immer wieder warnt Paulus davor. In 1. Timotheus 1,4 spricht er von Fabeln und endlosen Geschlechtsregistern, die mehr Streitfragen hervorbringen, als die Verwaltung Gottes fördern. In 1. Timotheus 6,4 ist die Rede von Menschen, die krank sind an Streitfragen und Wortgezänken. In Vers 24 unseres Kapitels wird Timotheus daran erinnert, dass ein Knecht des Herrn nicht streiten soll. Es geht also einerseits darum, dass wir selbst nicht streiten sollen, andererseits wird gezeigt, wie wir mit denen umgehen sollen, die derartige Streitfragen im Volk Gottes aufbringen.

In Vers 14 wird Timotheus aufgefordert, ernstlich vor dem Herrn zu bezeugen, keinen Wortstreit zu führen. In Vers 16 sollten die ungöttlichen und leeren Geschwätze vermieden werden. Jetzt wird Timotheus gesagt, dass er törichte und ungereimte Streitfragen abweisen soll. Der Gebrauch des Wortes „aber“ macht klar, dass solche törichten und ungereimten Streitfragen der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe und dem Frieden im Wege stehen.

Es wird hier nicht eindeutig gesagt, worin diese Streitfragen im Detail bestanden. Es ist gut möglich, dass es sich um Fragen über das Gesetz handelte. Tatsache ist jedenfalls, dass die Ursache derartiger Streitigkeiten immer in den ungöttlichen Begierden des Fleisches liegt (Jak 4,1). Paulus nennt diese Streitfragen töricht und ungereimt. „Töricht“ bedeutet so viel wie „dumm“ oder „einfältig“. „Ungereimt“ meint so viel wie „ungelernt“, „ungeübt“ oder „undiszipliniert“. Streitfragen dieser Art sollten abgewiesen werden, d. h., wir sollten ihnen aus dem Weg gehen.

Streitfragen im Sinn dieses Verses sind Kontroversen über Dinge, die umstritten sind und kein begründetes Fundament haben. Das Neue Testament spricht an anderen Stellen von Streitfragen, die sehr wohl zu klären sind. Römer 14,1 erwähnt strittige Überlegungen, die zwingend entschieden werden müssen. Ein Beispiel davon finden wir in Apostelgeschichte 15. In Vers 2 ist ausdrücklich von einer „Streitfrage“ die Rede, die zu besprechen war: ob die Gläubigen aus den Heiden beschnitten werden mussten. Hier jedoch geht es um Streitfragen, die töricht und ungereimt sind. Sie sind abzulehnen, weil es sinnlos ist, sich darauf einzulassen. Wir müssen also lernen zu unterscheiden, um welche Art von „Streitfragen“ es sich handelt.

Für uns gilt, dass wir nicht jedem kontroversen Gespräch über biblische Fragen aus dem Weg gehen sollen. Petrus fordert uns auf, allezeit zur Verantwortung gegenüber jedermann bereit zu sein, der Rechenschaft von uns fordert. Nicht ohne Grund fügt er hinzu: „... aber mit Sanftmut und Furcht“ (1. Pet 3,15.16). Wenn wir jedoch merken, dass es sich um törichte und ungereimte Streitfragen handelt, die von dem Herrn und seinem Wort wegziehen, müssen wir sie konsequent abweisen. Die Diskussion solcher Streitfragen führt nur zu weiteren Streitigkeiten.

Knechte des Herrn streiten nicht

Vers 24: Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern gegen alle milde sein, lehrfähig, duldsam.

Paulus spricht hier allgemein von solchen, die dem Herrn dienen, hat dabei aber Timotheus besonders im Auge. „Knecht“ bedeutet hier „Sklave“. Paulus nennt sich selbst häufig einen „Sklaven Christi Jesu“. Wir sind unserem Herrn gegenüber verantwortlich für das, was Er uns zu tun gibt.

Als Knechte des Herrn sollen wir nicht streiten. Dazu haben wir kein Recht. Im Gegenteil: Wir sollen durch die drei genannten Eigenschaften gekennzeichnet sein, nämlich Milde, Lehrfähigkeit und Duldsamkeit. Diese drei Eigenschaften finden wir vollkommen bei unserem Herrn. Von Ihm lesen wir in Matthäus 12,19, dass Er nicht streiten und schreien wird. Damit erfüllte sich das Wort Jesajas über den Knecht des Herrn (vgl. Jes 42,1-4). Wie kein anderer wurde der Herr Jesus als Knecht Gottes durch Milde, Lehrfähigkeit und Duldsamkeit ausgezeichnet. In 2. Korinther 10,1 erinnert Paulus an die „Sanftmut und Milde des Christus“. Der Herr selbst fordert seine Jünger auf: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Als Knechte des Herrn verteidigen wir uns nicht selbst, sondern wir erfüllen unsere Aufgabe in Gehorsam und Treue, und zwar ohne bittere Empfindungen, ohne Wut und Rachegefühle. Wir sind nicht harsch und herrisch. Wir handeln anderen gegenüber konsequent und dennoch in Güte, Freundlichkeit und Langmut.

Milde zu sein bedeutet, dass wir nicht auf unseren Rechten bestehen, wenn wir angegriffen werden. Duldsam meint, etwas zu ertragen, ohne beleidigt zu sein. Lehrfähigkeit ist eine Eigenschaft, die in 1. Timotheus 3,2 von einem Aufseher verlangt wird. Es geht nicht in erster Linie darum, großes Wissen oder ein exzellentes Bibelverständnis zu haben, sondern darum, das Wissen gut zu vermitteln und zu erklären. In dieser Gesinnung sollen wir anderen gegenüber auftreten, besonders denen gegenüber, die streiten wollen.

Ein guter Knecht des Herrn wird also dadurch gekennzeichnet, dass er das Böse ertragen kann, das ihm selbst zugefügt wird. Kritik einzustecken ist nicht einfach – besonders dann nicht, wenn sie ungerechtfertigt ist. Aber der Herr Jesus hat es uns so vorgelebt. Wir sollen den Fußspuren dessen folgen, der, „gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet“ (1. Pet 2,23). Gleichzeitig wird ein guter Knecht immer bereit sein, liebevoll das vorzustellen, was der Wahrheit Gottes entspricht.

Sanftmütige Zurechtweisung

Vers 25: Der in Sanftmut die Widersacher zurechtweist, ob ihnen Gott nicht etwa Buße gebe zur Erkenntnis der Wahrheit.

Den drei in Vers 24 genannten Eigenschaften wird eine vierte hinzugefügt. Der Knecht des Herrn soll in der Lage sein, die Widersacher in Sanftmut zurechtzuweisen.

Sanftmut ist eine Eigenschaft, die wir in der Bibel öfter finden, sowohl im Alten wie im Neuen Testament. Von Mose lesen wir, dass er sehr sanftmütig war, „mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren“ (4. Mo 12,3). Dass gerade Mose so ausgezeichnet wird, macht klar, dass es hierbei nicht um eine natürliche Eigenschaft geht. Von Natur war Mose alles andere als sanftmütig. Er war ein Mörder. Doch in der Schule Gottes war er gereift, so dass Gott ihm dieses Zeugnis ausstellen kann. Bemerkenswert ist der Zusammenhang, in dem diese Auszeichnung erwähnt wird. In 4. Mose 12 sehen wir, wie seine eigenen Geschwister gegen ihn auftraten und ihn zu Unrecht angriffen. Die Sanftmut eines Menschen zeigt sich weniger in guten Tagen als vielmehr dann, wenn er attackiert wird.

Im alten Griechenland wurde das Wort „Sanftmut“ für junge Pferde benutzt, die eingeritten wurden. Der Wille der jungen Tiere musste vorsichtig gebrochen werden, damit sie dem Reiter gehorchten. Es musste dabei allerdings darauf geachtet werden, dass die Energie und der Tatendrang der Pferde darunter nicht litt. Sanftmut (oder Milde) sind also durchaus kein Zeichen von Schwäche. Deshalb kann man das Wort alternativ mit „bewusst unter Kontrolle gehaltene Macht oder Kraft“ übersetzen.

Diese geistliche Energie ist in der Tat erforderlich. Denn der Knecht des Herrn soll in dieser inneren Gesinnung die Widersacher zurechtweisen. Das finden wir vollkommen bei unserem Herrn. Niemand war so sanftmütig wie Er. Dennoch hat Er die Auseinandersetzung mit seinen Widersachern nicht gescheut. Mehr als einmal wies Er sie mit deutlichen Worten in die Schranken. Denken wir nur an das siebenfache „Wehe“ in Matthäus 23.

Der Ausdruck „die Widerspenstigen“ macht deutlich, dass es an dieser Stelle nicht einfach um Meinungsverschiedenheiten oder Fragen der Schriftauslegung geht. Offensichtlich bezieht Paulus sich – zumindest in erster Linie – auf diejenigen, die ungöttliche Streitfragen hervorbrachten. Gott lässt sie nicht einfach laufen und der Knecht des Herrn soll das auch nicht tun. Diese „Widerspenstigen“ sollten zurechtgewiesen werden. „Zurechtweisen“ bedeutet so viel wie „belehren“, „unterweisen“ oder „anleiten“. Das Mittel dazu kann deshalb nur das Wort Gottes sein, das unter der Leitung des Heiligen Geistes benutzt wird.

Die Zurechtweisung hat eine klar umrissene Motivation: Der Knecht des Herrn wartet darauf, dass Gott den Widerspenstigen Buße zur Erkenntnis der Wahrheit gibt. Paulus nennt das Ziel und das Mittel der Zurechtweisung. Das Ziel ist zunächst die Erkenntnis der Wahrheit. „Erkenntnis der Wahrheit“ meint nicht eine spezielle Glaubenswahrheit, sondern ganz allgemein das, was wahr ist. Im Grundtext fehlt der Artikel. Es geht also darum, dass die Dinge so gesehen werden, wie Gott sie sieht. Das war bei diesen Widerspenstigen offenkundig nicht mehr der Fall.

Das Mittel dazu ist die Buße. Buße ist eine innere Sache des Herzens. Buße tun bedeutet, anders zu denken als bisher. Wenn ein Sünder Buße tut, dann denkt er erstens anders über sich und zweitens anders über Gott. Am Beispiel des verlorenen Sohnes in Lukas 15 wird das sehr deutlich. Dort lernen wir auch, dass die Buße immer mit Umkehr und Bekenntnis in Verbindung steht.

Buße ist mehr, als das Böse zu bereuen. Buße geht weiter als Reue. Reue ist, wenn uns leidtut, was wir getan haben. Beispiele für Menschen, die ihr Tun bereut haben, ohne wirklich Buße getan zu haben, sind Saul (im Alten Testament) und Judas (im Neuen Testament). Buße ist Sinneswandlung und Herzensveränderung. Wir erkennen beim Lesen der Bibel zwei Seiten. Einerseits wird der Mensch aufgefordert, Buße zu tun (z. B. Apg 3,19; Off 2,16). Andererseits – und das steht hier im Vordergrund – ist es Gott, der einen Menschen zur Buße bringt. Sehr schön wird das in Römer 2,4 ausgedrückt, wo Paulus schreibt, dass es der Reichtum der Gütigkeit und die Geduld und Langmut Gottes sind, die den Sünder zur Buße leiten. Unter diesem Blickwinkel ist Buße nichts anderes als ein Ergebnis der souveränen Gnade Gottes.

Buße tut der Sünder, wenn er zu Gott kommt. Doch auch der Gläubige tut Buße, wenn er in die Irre gegangen ist. Paulus schreibt den Korinthern: „Jetzt freue ich mich, nicht, dass ihr betrübt worden seid, sondern dass ihr zur Buße betrübt worden seid; denn ihr seid Gott gemäß betrübt worden, damit ihr in nichts von uns Schaden erlittet. Denn die Betrübnis Gott gemäß bewirkt eine nie zu bereuende Buße zum Heil; die Betrübnis der Welt aber bewirkt den Tod“ (2. Kor 7,9.10).

Das Ziel der Zurechtweisung

Vers 26: Und sie wieder nüchtern werden aus dem Fallstrick des Teufels, die von ihm gefangen sind, für seinen Willen.

Wer durch Buße vor Gott zur Erkenntnis der Wahrheit geführt ist, wird nüchtern werden und aus dem Fallstrick des Teufels herauskommen. Nur Gott kann bewirken, dass ein Irrender wieder nüchtern wird, d. h. geistlich zu Sinnen kommt. Wer unnüchtern ist, ist geistlich nicht urteilsfähig. Wir dürfen nicht vergessen, dass Satan einer der großen Feinde des Christen ist. Er steht gegen uns und legt seine Fallstricke aus. In 1. Timotheus 3,7 hatte Paulus schon von einem solchen Fallstrick gesprochen, in den ein Neuling fallen konnte. Hier sind diejenigen hineingefallen, die törichte und ungereimte Streitfragen hervorbringen. Wer in diesem Sinn von dem Teufel gefangen ist, kann nur den Willen des Teufels tun. Er ist ein Spielball des Teufels und somit unfähig, zur Ehre Gottes zu leben. Das Ziel Gottes hingegen ist es, Menschen aus dieser Gefangenschaft herauszuführen, damit sie wieder frei sind, den Willen Gottes zu tun.

Der Ausdruck „für seinen Willen“ kann sich sprachlich einerseits auf den Teufel beziehen. Wenn wir den Vers auf diese Weise lesen, bedeutet er, dass die Menschen, die so vom Teufel gefangen gehalten werden, den Willen des Teufels tun. Die Fußnote der Elberfelder Übersetzung weist andererseits darauf hin, dass es sich wahrscheinlich auf Gott bezieht. Die Bedeutung ist dann, dass Gott möchte, dass Menschen aus ihrer satanischen Bindung herauskommen, um in Zukunft Gottes Willen zu tun. Der Schreiber des Hebräerbriefes wünscht ganz am Ende, dass wir in jedem guten Werk vollendet werden, „um seinen Willen zu tun“ (Heb 13,21). Das ist letztlich die Absicht Gottes mit jedem von uns

Fußnoten

  • 1 Wenn es um das Vaterhaus geht, lesen wir an keiner Stelle von einem Unterschied. Jeder, der dort ist, wird dem „Bild seines Sohnes“ gleichförmig sein (Röm 8,29). Als Kinder und Söhne sind wir ohne Unterschied dort, um das ewige Leben in seiner ganzen Fülle zu genießen. Unterschiede gibt es in Verbindung mit dem Lohn. Dieser wird am Richterstuhl des Christus ausgeteilt. Lohn ist deshalb im Neuen Testament nicht mit dem Vaterhaus verbunden, sondern mit dem kommenden Reich in seiner öffentlichen Form.
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